[Seite 1]ZEIT '**‘ GEIST
Bahá’í
Gedanken für eine
bessere W E L T
ND 1 2 Zum 50. Jahrestag der UNO 1 995
I N H A L T : £?rZ?ii$3f§iEf§g:V§£d§£“B1‘$$ WEN DEPUNKT
- DER NATIONEN
Bahá’í International Community
<BIC> zun REIFE
Aktive Zusammenarbeit mit der UNO
7':
Interview mit der Politologin Farah DUSTDAR über ihr neues Buch: „Abschied Von der Macht„ (Fischer-Verlag)
9:
Olya ROOHIZADEGAN besucht Luxemburg: Interview nlit der Autorin Von „ Olya’s Geschichte„.
Als Bahá’í wurde sie im Iran der 80ger J ahre zum Tode verurteilt Sie entkam und schrieb diesen Augenzeugenbericht (Verlag Bastei-Lübbe)
!!!Lesungen in Luxemburg!!! 3\'
Kulturkalender 7\'
Buchvorstellung
Titelphoto: BIC-Ausstellung in New York und Genf zum 50. J ubilüum der UNO
[Seite 2]Die Menschheit sieht sich am
Ende des 20. Jahrhunderts in
einer eigentümlichen Lage: der
Zusarnmenbruch Von Werten,
Traditionen und Institutionen, die
noch nie dagewesene Bedrohung
unserer Existenz, konstrastieren
scharf mit einem neuen Denken,
das die gegenseitige Abhangigkeit aller Nationen und Volker
erkennt und hieraus Vorstellungen für eine neue, gemeinsame
Ordnung unserer einen Welt
entwickelt.
Vor diesem Kontext wird der 50. J ahrestag der Gründung der Vereinten Nationen daher Von vielen als willkommene Gelegenheit begriffen, Vorschlage zur Weiterentwicklung der Vereinten Nationen zu unterbreiten. In einem ausfiihrlichen Papier sieht die Internationale Bahá’í-Gemeinde, als Nicht-Regierungsorganisation mit beratendem Status bei den Vereinten Nationen akkreditiert, den dringendsten Handlungsbedarf darin, den Vereinten Nationen Kompetenzen und Souveranitatsrechte in grosserem Umfang als es bisher der Fall ist zu übertragen, sowie die Rechte und Entwicklungsmoglichkeiten des einzelnen zu schützen und zu fordem. Die konkreten Vorschlage der Bahá’í-Gemeinde beziehen sich, stark zusammengefasst, auf folgende Bereiche:
I. Eine Neuorientierung der
Vereinten Nationen
I. Neue Aufgaben für die
Vollversammlung
Langfristig sollen die Volker der Welt wirkungsvoller und demokratischer reprasentiert werden und die Bindungswirkung der Beschhisse der VollVersammlung in für die Menschheit existentiellen Fragen durch die stufenweise Beschrankung einzelstaatlicher Souveranitat erhoht werden. Folgende Massnahmen könnten darüberhinaus kurzfristig dazu beitragen, das Ansehen und den Einfluss der Vollver MEN SCHHEIT AM WEN DEPUN KT
Zusammenfassung der Erklärung der Internationalen Baha’iGemeinde zum 50.Jahrestag der Gründung der Vereinten Nationen Oktober 1995
,,Lasst euren Blick weltumfassend sein, anstatt ihn auf euer Selbst zu beschrünken..
Verkehret mit den Anhängern aller Religionen im Geiste des Wohlwollens und der Brüderlichkeit...
Es rühme sich nicht der, welcher sein Vaterland liebt, sondern der, welcher die ganze Welt liebt.“
BAHA’U’LLAH
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sammlung zu starken und die
Staatengemeinschafl auf die Um setzung der langfristigen Ziele
vorzubereiten:
- Mitgliedstaaten sollen bindend verpflichtet werden, allgemei ne, freie und regelmassige Wahlen durchzuführen.
o Die UN-Mitgliedschafi ist an
‘ die Einhaltung dieses demo kratischen Mindeststandards zu koppeln.
0 Noch offene Grenzfragen zwischen Mitgliedsstaaten sollen durch eine intemationale Kommission sorgfaltig geprüft sowie abschliessend und verbindlich geregelt werden.
- Die Finanzschwache der Vereinten Nationen soll durch die von einem Expertenteam vorgeschlagenen effektiveren Massnahmen behoben werden
0 Zusatzlich zur nationalen Sprache soll in allen Schulen der Welt eine gemeinsame Welthilfssprache unterrichtet werden. Eine hochrangige Kommission sollte eingesetzt werden, um die Auswahl einer Welthilfssprache sorgfaltig zu prfifen. ,
o Eine hochrangige Kommission soll unverzüglich die Vor-und Nachteile der Einfiihrung einer einzigen Weltwahrung prüfen.
2. Stdrkung der Exekutive
Um die derzeit politische Schwa che der Vereinten Nationen, nam lich ihre fehlende Exekutivfunktion, zu überwinden, schlagen wir folgende Massnahmen vor:
o Das Vetorecht der Standigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates ist einzuschranken. Eine Von den einzelnen Mitgliedstaaten unabhängige, permanente Internationale Militarstreitmacht soll gegründet werden.
0 Das Prinzip der kollektiven Sicherheit soll fiber den rein militarischen Aspekt hinaus auf andere Bereiche ausgedehnt werden, in denen die Menschheit global bedroht wird.
0 Die Exekutivfunktion der UN Hilfsorganisationen soll weiter ausgebaut werden.
[Seite 3]3. Stdrkung des Internationalen
Gerichtshofes .
Die Urteile des Intemationalen
Gerichtshofes könnten langfristige Bindungswirkung für die Mitgliedsstaaten erhalten.Kurzfristig
konnte die Zustandigkeit des Gerichtshofes, die derzeit auf Streitigkeiten zwischen den Mitgliedsstaaten beschrankt ist, auf Anliegen anderer UN-Einrichtungen
erweitert werden. Daruberhinaus
sollten spezielle Gerichte und
Kammem geschaffen werden, um
schwerwiegende intemationale
Verstosse und Verbrechen zu
verfolgen und zu verurteilen, z.B.
in den Bereichen Umweltzersto
rung, Terrorismus und Drogenhandel.
11. Das Potential des einzelnen sein Schutz und seine Forderung
Hochstes Ziel staatlichen Handclns, und mithin auch der Vereinten Nationen im uberstaatlichen Bereich, ist die gesellschafiliche und kulturelle Entwicklung. Solche Bem1"1hungen konnen auf intcmationaler Ebene nur erfolgreich sein, wenn neben der strukturellen Verbesscrung der Vereinten Nationen das Potential des einzelnen geschutzt und gefordert wird und so ein sich gegenseitig befruchtender Mechanismus entsteht. Hierzu schlagen wir vor:
1. Wirtschaftliche Entwicklung nicht ohne ganzheitlichen Ansatz
Zu einer wirtschafilichen Ent wicklung, die weltweit nachhaltig
gefordert werden muss, gehort ein ganzheitlicher Ansatz, der die
Erziehung und Ausbildung um fasst und sicherstellt, dass neben
der Wertschopfung deren moglichst gerechte Verteilung erfolgt und ein Bewusstsein des rechten
Umgangs mit unseren Ressour cen und materiellen Werten ge schaffen wird. Ein wichtiges
Instrument hierzu ist die Von der
UN-Umweltkonferenz verabschiedete ,,Agenda 21“, die zielstrebig weltweit umgesetzt werden sollte.
2. Stdrkere Uberwachung der Einhaltung der Menschenrechte
Menschenrcchte sind universell gtiltig, sie durfen nicht durch kulturelle, religiose oder politische Anschauungen relativiert oder verwehrt werden. Um diese elementare Forderung auch in der Praxis sicherzustellen, soll die Einhaltung der Menschenrcchte starker uberwacht und die Ratifizierung der intemationalen Menschenrechtskonventionen durch alle Mitgliedsstaaten beschleunigt werden. Migliedsstaaten, in denen nachweislich und anhaltend Menschenrechtsverletzungen staatlich geduldet oder gefordert werden, könnten von der Mitgliedschafi in der Menschenrechtskommission ausgeschlossen werden.
3. Stdrkung des Status der Frauen
Der Status der Frauen muss
eindeutiger gefordert werden.
Ihre Reprasentation in entschei dungserheblichen Gremien soll
institutionalisiert werden. Diskriminierung und Gewalt gegen
Frauen mussen endgultig besei tigt werden. Die Familie muss als
Basis der Gesellschaft anerkannt
sein. Im jetzigen Stadium gesell schaftlicher Entwicklung sollen
Frauen und Madchen als erste in
den Genuss von Ausbildung und
Erziehung kommen. Das Prinzip
der Gleichberechtigung wie der
Komplementaritat der Geschlech ter soll starker anerkannt werden.
Hierzu gehoren auch folgende
praktische Schritte:
0 Mehr Frauen als bisher sollen in intemationalen Delegationen und in diplomatischen Positionen vertreten sein,
0 die Ratifizierung der intemationalen Konventionen zum
Schutz der Rechte der Frauen und deren F orderung durch
0 alle Mitgliedsstaaten soll ermutigt werden,
0 die Umsetzung der Beschlusse der Weltfrauenkonferenz von Beijing muss nachhaltig verfolgt werden.
4. Weltweites Curriculum fur moralische Entwicklung
Die Grundsatze moralischer Entwicklung sollen deutlicher in den Vordergrund treten. Trotz unterschiedlicher kultureller Hintergrunde besitzt die Menschheit einen Schatz grundlegender Werte, der allen Religionen und Traditionen gemein ist. Daher sollte ein Curriculum für die moralische Erziehung entwickelt werden, das an allen Schulen der Welt unterrichtet wird. Ein solches Curriculum soll die Lehren der Religionen der Menschheit, wie auch die positive Kraft der Religion im allgemeinen , einbeziehen.
Die Internationale Bahá’í-Gemeinde appelliert an die Regierenden in aller Welt, sich ihrer besonderen und herausragenden Verantwortung bewusst zu werden und die Entscheidungen zu treffen, die für das Uberleben der Menschheit und ihr Wohlergehen lebensnotwendig sind.
,,Turning Point for all Nations“ A Statement of the Bahá’í International Community on the Occasion of the 50th Anniversary of the United Nations
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Deutsche Kurzfassung:
NGR der Bahá’í, Deutschland
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Das 36-seitige Dokument ist erhaltlich bei der Kontaktstelle der Bahá’í International Community in Lux.:
BUREAU d IN FORMATION CENTRE BAI-IA’I
[Seite 4]1844 wurde die Bahá’í—Gemeinschaft gegrundet. Als
Nicht-Regierungsorganisation
umfasst und vertritt die Internationale Bahá’í-Gemeinde
gleichermassen die weltweite
Anhangerschafi des Baha’iGlaubens, die aus Millionen
Frauen und Männern aus über
2000 ethnischen Gruppen besteht. Sie begreifi nahezu jede
Nationalitat, soziale Schicht
sowie Handels- und Berufsgruppe und hat bedeutende
Gemeinden in fiber 200 Landem und Territorien, davon
165 auf nationaler (oder regionaler) und 17.000 auf lokaler Ebene.
1945 haben Bahá’í ihre Gemeinde bei der historischen San-Francisco—Konferenz, welche die Geburtsstunde der Vereinten Nationen war, vertreten.
1947 wurde der Nationale Geistige Rat der Bahá’í in den USA und Kanada von den Vereinten Nationen in New York beim Buro für Offentlichkeitsarbeit als nichtstaatliche Organisation anerkannt, was ihn berechtigte, durch einen Botschafler vertreten zu sein.
1970 im Mai wurde der Internationalen Bahá’í-Gemeinde der beratende Status, Kategorie II beim Wirtschafis-und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC), zuerkannt. 1971 wurde das schon langer bestehende ,,Intemationale Bahá’í Buro in Gent“ in Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Menschenrechtskommission deutlich verstarkt, was vor allem durch die immer wiederkehrenden Verfolgungen der Bahá’í in islamischen Landern, vor allem aber in ihrem Ursprungsland Iran, notwendig geworden war. 1974 wurde die BIC bei der UNEP akkreditiert.
BAHA’I INTERNATIONAL
COMMUNITY (BIC)
Aktive Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen
Weltfriede ist nicht nur müglich, sondern unausweichlich...
Das Wohlergehen der Menschheit, ihr Friede und ihre Sicherheit sind unerreichbar, wenn nicht und ehe nicht ihre Einheit fest begründet ist...
Ob der Friede erst nach unvorstellbaren Schrecken erreichbar ist, oder ob er heute durch einen konsultativen Willensakt herbeigeführt wird, dies ist die Wahl, vor die alle Erdenbewohner gestellt werden.
Zitate aus den Bahá’í-Schriften
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4
0 1976 bekam sie beratenden Status beim Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen, UNICEF.
0 1985 entstand ein Büro für Cffentlichkeitsarbeit,
- 1989 Arbeitsverbindungen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sowie ein Buro für Frauenforderung.
Aktivitaten der BIC
Die Internationale Bahá’í-Gemeinde wirkt bei praktisch allen Projekten und Programmen des Zentrums für wirtschaftiche Entwicklung und und humanitare Angelegenheiten mit.
Sie nimmt aktiv an den Vorbereitungsprozessen und den entsprechenden Konferenzen teil und tragt deren Ziele und Anliegen durch Veranstaltuntungen ihrer ortlichen Baha’iGemeinden in die ganze Welt. Die dabei abgedeckten Arbeitsbereiche sind u.a.:
0 Kinder-Jugend-BehindertenAlten-und Frauenforderung;
0 soziale und wirtschaftliche Entwicklung, Projekte für Emahrung, Umwelt, Gesundheit und Drogen. Bevolkerungs- und Weltraumfragen; Menschenrechte, Abrfistung und Frieden.
Die Bahá’í-Gemeinden bringen
ihre grosse Erfahrungen in die
UN-Gremien ein, z.B. auf den
Gebieten:
0 der Ermutigung der Bevolkerung zur Teilnahme an Projekten; ‘
I der Entwicklung der Frau in ihrer Rolle als Entscheidungstragerin;
- der Verhutung von Drogenmissbrauch.
Programme für soziale und wirtschaftliche Entwicklung
Die ortlichen Bahá’í-Gemeinden, schaffen, entsprechend ihrer materiellen Möglichkeiten und nach dem Motto“Hilfe zur Selbsthilfe“, vielfaltige soziale und wirtschafiliche Entwicklungsprogramme für die Bedurfnisse der Menschen in ihrem Wirkungsbereich. Diese Projekte werden teilweise in Zusammenarbeit bzw. mit Unterstützung Von UNTeilorganisationen durchgefiihrt. Sie illustrieren das gute Zusammenwirken beider Gremien, das sowohl Unterstützung der UN-Bestrebungen als auch ein praktisches Erproben der in den Bahá’í—Lehren dargelegten geistigen Prinzipien zur Losung materieller Probleme darstellt.
INTERVIEW
Farah DUSTDAR
Buchautorin, Politikwissenschaftlerin und Mitglied unserer Redaktion, spricht über ihr neues Buch:
ABSCHIED VON DER MACHT
Demokratie und Verantwortung
ZfG:Die Redaktion freut sich mit Ihnen uber das neue Buch zu sprechen. Was hat Sie als Frau veranlasst, ein Buch uber dieses Thema zu schreiben?
F.D:Ich habe vor 10 Jahren ein Buch geschrieben über ,,Die Frau und der Weltfrieden“, in dem ich zu zeigen versuchte, dass die Frauen eine andere Auffassung Von der Macht haben und dass ihre Rollenmoral bedingt durch ihre Lebensaufgaben - viel friedlicher ist. Wenn mehr Frauen sich politisch betatigen, so karm dies nur forderlich sein für das Zustandekommen einer friedlicheren Politik. Auf meinen Vortragsreisen hatte ich viele Kontakte zu Frauen aus verschiedenen Organisationen und Gruppen. So konnte ich feststellen, dass es notwendig ist, die Machtfrage grfindlicher und sachgerechter zu erforschen. Der Begriff Macht, so wie er heute allgemein verstanden wird, erschien mir als das grosste Hindernis für das aktive Mitwirken der Frauen in der Politik. Das Thema interessierte mich so sehr, dass ich beschloss Politikwissenschafi zu studieren.
ZfG: Glauben Sie nicht auch, dass viele Vorschlage fiir politische Verbesserungen in der Theorie steckenbleiben und nur ganz langsam, falls uberhaupt, Eingang in die Praxis finden?
F.D:Man muss naturlich wissen, dass allen grossen Veranderungen, die in der menschlichen Kultur stattfinden, eine Veranderung des Bewusstseins vorausgeht. So lange man denkt,in der Demokratie gehe es hauptsachlich um Konkurrenz, Machtkampf, Gewinn und Verlust, so lange wird sich nichts andem.
ZfG:In ihrem Buch zeigen Sie, dass das Verantwortungsprinzip gestarkt werden muss um letztlich das Machtprinzip zu ersetzen.Wie soll das geschehen?
F .D:Im letzten Kapitel meines Buches ,,Abschied von der Macht“ habe ich auf praktische Schritte zur Bewaltigung dieses Problems hingewiesen. Am Beispiel der weltweiten Bahá’í-Institutionen, ihren Wahlen und ihrer Praxis der konfliktfreien Entscheidungsfindung, habe ich aufgezeigt, dass die Demokratie sehr wohl ausbau- und entwicklungsfahig ist.
ZfG:Liebe Farah, wir danken für das Gesprach und wunschen Ihnen und Ihrem Buch den verdienten
Erfolg.
» - ~ Fischer-Taschenbuch
’“"“°“‘“i.“‘ ISBN 3-596-12886-2 bschéfd ht ~ Ab Anfang Dezember
Von der ac
5 Das Buch befasst sich mit j aktuellen Problemen der
- Demokratien, die - in einer
sich schnell entwickelnden Welt mit ihren undurch schaubaren und schwierigen Problemen - nicht in der Lai ge sind, langfristige Losungen zu finden. Erschwerend kommt noch hinzu, dass
leider in allzuvielen Landem der Welt, Politiker und politische Parteien auf das Erzielen von Machtgewinn ausgerichtet sind. Dies fiihrt nicht selten zu Skandalen und zu Korruption. Auch werden oft Entscheidungen im Hinblick auf die nachsten Wahlen getroffen.
Die Erwartungen der Wahler in der Wohlstandsgesellschafi wachsen standig, wahrend sie eine immer grossere Abneigung gegen politische Parteien entwickeln und selbst zunehmend passiver werden. Die Autorin versucht zu zeigen, dass nicht nur die Politiker und die politischen Parteien, sondern genauso die politische Theorie die derzeitige Krise mitverursachen. Ein konkretes Beispiel zeigt, wie Demokratie nach Massgabe des Verantwortungsprinzips funktionieren kann.
Zur Person der Autorin:
Unser Redaktionsmitglied Farah DUSTDAR ist 1948 im Iran geboren, lebt seit 1967 in Europa, hat Politikwissenschaft, Soziologie und Sozialpsychologie studiert und mehrere Bucher geschrieben. Sie ist Mutter von zwei Tochtem und lebt mit ihrem Mann Farzin, der Buchverleger ist, in Ettelbrück. Ihr Zuhause ist als kultureller Treffpunkt bei vielen bekarmt und beliebt.
im Buchhandel erhaltlich.
[Seite 6]OLYA ROOHIZADEGAN
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Olyzis Geschiclite
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Die Redaktion freut
sich sehr, dass Sie die Zeit fanden für dieses Gesprach. Es wird unsere Leser interes sieren, warum Sie dieses Buch geschrieben haben?
O.R: Ich schrieb dieses Buch um mein Verprechen zu halten, das ich meinen 10 Freundinnen gab, die gemeinsam mit mir im Gefangnis von Schiraz zum Tode verurteilt, und spater leider gehangt wurden, Ich mochte betonen, dass alle Bahá’í die im Iran unschuldig hingerichtet wurden, das Leben liebten. Keiner wollte sterben. Sie alle wollten leben, um ihrem Land zu dienen. Die 10 Frauen, mit denen ich das Gefangnis teilte, waren sehr gebildet. Bei den Verhoren warfen ihre Peiniger ihnen ihre gute Schulbildung vor und sagten:
,,Ihr seia zwar Akademikerinnerz aber wir,
die wir nicht einmal den Abschluss der
Volksschule haben, wir sina eure Richter... “
In dem Punkt reagierten sie sehr empfindlich, es storte sie sehr, dass Frauen studiert hatten. Ihr Ziel war es, uns solange zu foltem, bis wir unserer Religion abschworen. Nach dem Ubertritt zum Islam ware dann unser Todesurteil annuliert worden.
Wahrend sie uns Frauen mit Elektrokabeln schlugen sagten sie:,,Seht ihr, wirfoltern euch und niemand wird spdter erfahrerz, was mit euch passiert ist... “
BESUCHT LUXEMBURG
I N T E R V I E W mit der Autorin Von ,,Olya’s Geschichte“
Verlag Bastei-Lübbe ISBN3-404-61322-8
ZfG: Was ist mit der Bahá’í-Religion, dass ihre Anhänger in Iran so sehr verfolgt werden?
O.R: Bahá’í ist eine unabhängige Weltreligion, die mit dem Kommen von Bab und Bahá’u’lláh vor 150 Jahren im Iran entstanden ist. Heute zahlt sie uber 6 Millionen Anhanger in der Welt und ist von der geographischen Verbreitung her die zweitgrosste Religion nach dem Christentum.
Ihre Gläubigen sind Frauen und Männer aus allen Rassen, sozialen Schichten und Religionen. Ihr Ziel ist die Einheit der Menschheit in ihrer ganzen Vielfalt, sowie die Errichtung des Weltfriedens durch eine neue Weltordnung. Diese begreift u.a.: Abschaffung aller Vorurteile, gleiche Rechte für Mann und Frau, Einheit der Religionen, Ubereinstimmung von Religion und Wissenschafi und neue ethische Werte.
Photos wührend des Interviews: M.Bayani
[Seite 7]Nun zu ihrer Frage, warum die Bahá’í im Iran
verfolgt werden? Nun, dies geschieht aus Vorurteilen
Ausserdem haben die Mullahs Angst ihre Macht zu
verlieren, denn die Bahá’í-Religion ist zu fortschrittlich und hat gar keine Priester. Hinzu kommt, dass sie
glauben, Muhammad sei der letzte Prophet, nach ihm
konne kein anderer mehr kommen. Wir Bahá’í glauben aber, dass alle grossen Offenbarungsreligionen ein
notwendiger geistiger Entwicklungsfaktor für die
Menschheit sind und immer gerade dann neu entstehen
wenn die Menschheit in Schwierigkeiten steckt und
dringend neue geistige Werte braucht. Dieser Offenbarungsvorgang wiederholt sich ofiers im Laufe der Geschichte und wird auch nie abgeschlossen sein.
Bahá’u’lláh ist zwar der jüngste, aber nicht der letzte
in der Reihe der Offenbarer, tausend Jahre nach Ihm
kommt ein anderer, weil die Menschheit dann andere
Probleme zu losen hat als heute. Ubrigens beweist die
Geschichte, dass Gottesoffenbarer seit jeher blutig
verfolgt werden. Denken sie nur an Christus. Andersdenkende zu unterdrucken ist nicht neu, es ist schon
fast zur Tradition der Menschheit geworden! Das wird
erst dann auflioren, wenn die Menschen anfangen ihre
Gemeinsamkeiten zu erkennen.
ZfG: Wie sehen Sie persünlich die Zukunft?
O.R: Ich hoffe sehr, dass alle Weltkonflikte die auf Vorurteilen der Rasse, Klasse, Nation oder Religion fussen, abgebaut werden und so die Volker der Welt anfangen sich zu mogen, um sich dann schliesslich so zu benehmen, wie es sich für gleichwertige Mitglieder der einen Menschheitsfamilie geziemt.
:
Im Rahmen des Internationalen Tages der Menschenrechte £uungen mit Olga Qoohizadeaan Sie erzühlt die ,,ganze Geschichte“ und beantwortet Fragen
Wiltz: Sonntag, l0.Dez. um 15.30 Uhr Aux Anciennes Tanneries
Luxemburg: Dienstag, 12.Dez. um 20 Uhr Centre Bahá’í, 17 Allée L.Goebel
Esch/Alzette: Donnerstag, 14.Dez. um 20 Uhr Hotel-Restaurant ,,Renaissance“ 2, place Boltgen
Organisatorz Union Luxembourgeoise des Femmes Bahaies
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ZfG: Was erhoffen Sie für ihr Heimatland?
O.R: Fur den Iran wunsche ich sehr, dass Gerechtigkeit einzieht und kein Andersdenkender mehr unterdruckt, verfolgt oder hingerichtet wird. Fur die dort lebenden Bahá’í erhoffe ich Freiheit und auch, dass der allen Religionen des Landes durch die Verfassung gewahrte Schutz, endlich auch auf sie ausgedehnt wird. Sie könnten dann wieder ein normales Leben fi‘ihren.Personlich empfinde ich keinen Hass. Weder auf die Regierung noch auf die Peiniger im Gefangnis. Sie sind wegen ihrer Vorurteile zu bedauem, und so bete ich, dass sie befahigt werden, dieselben abzulegen und nach der Wahrheit zu suchen, um schliesslich Andersdenkende so zu respektieren, wie Bahá’u’lláh das lehrt.
ZR}: Wir danken Ihnen sehr für dieses Gesprach. Die Menschen hier in Luxemburg sind sehr freiheitsliebend. Ihr Erfahrungsbericht wird bestimmt bei vielen auf grosses Interesse stossen.
Coulouns Ccifllzüelllos
LUl'1lN(ll/\lIlW\ZIV4Vl| ( ullun-llv «in L min.» “»|h(l
Ville hvnpécnm do I; fukuvc
- Nicole Lamargue: Porzellan und Kristall
,,Academie des Beaux-Arts“, Brüssel
- Bénéla Désauguste: Olmalerei
Neuartige Kunst aus Haiti
- Parvine Hatam: Aquarelle der Heiligen Statten
der Bahá’í-Religion in Haifa, sowie Stilleben.
Vom 25 Nov. bis 3.Dez. 1995 von 14 - 18 Uhr Salle Honor Kempton Centre Bahá’í - 17, Allée Leopold Goebel, Lux-Ville
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DAS BESONDERE BUCH UN organisierte
Welt
Pléidoyer f1"1r die grosse
Reform der Vereinten Nationen
Butros-Butros GHALI
Horizonte ISBN s94s3—0—2
Zum 50. Jubiléumsjahr der Vereinten Nationen im Jahr 1995 soll die UNO - wenn es nach Ghali geht - die ilberfallige innere Demokratisierung schafi°en, sich als die verbindliche Schlichtungsinstanz zwischen den Nationen bewähren und die massgebliche Rolle für eine tragfzihige Entwicklung der gesamten Menschheit spielen. Der Beginn eines neuen Zeitalters verlangt, dass das intemationale Leben durch Denken und Tun auf eine feste Grundlage gestellt wird. Die Form der neuen Ordnung, der Schutz vor Anarchie und Terrorismus, die Beseitigung althergebrachter Streitigkeiten hängen alle in grossem Masse von der Weisheit, der Voraussicht und dem Mitgefilhl der Führer dieser Welt ab.
LEIHBIBLIOTHEK
Centre Bahá’í 17, Allée Léopold Goebel
Gedlfnetz Montags bis Freitags: 9.30 - 11.30 Uhr
IMPRESSUM:
Die Zeitung ZEIT für GEIST erscheint alle 2-3 Monate und ist aus chlorfrei gebleichtem Papier. Jede Nummer befasst sich mit einem aktuellen Thema.
Herausgeber:“ Bahá’í-Arbeitsgruppe Gedanken für eine bessere Welt“, a.s.b.l
Druckerei: Imprimerie Print-Service, Lux-Ville
0 Ziele der Zeitung:
Völkerverständigung; Brücken bauen zu andern Glaubens- und Denkrichtungen; Impulse geben zu friedlicher Zusammenarbeit mit allen andem Gruppen deren lnteressen in die gleiche Richtung gehen; informieren über Vorstellungen, Ziele, Plane und Früchte der Bahá’í-Religion, hier und in der Welt, über andere Religionen und den Wert der Religion schlechthin; Dialog- und Begegnungsmöglichkeiten schaffen.
F fir die veröffentlichten Artikel sind die Autoren und für die Text- und Aitikelauswahl ist die Redaktion verantwoitlich.
DAS WORT AN DIE LESER:
Wir danken unseren Lesem, dass sie den Beitrag zur Völkerverständigung der Bahá’í-Arbeitsgruppe Gedanken fur eine bessere Welt - die ,,Geschenkaktion / J ahresabonnement“ auf diese Zeitung - so gut aufgenommen haben. Sollten Sie den Wunsch haben, noch weitere Freunde mit dieser Zeitung bekannt zu machen, so senden Sie uns bitte die Adressen zu. Bitte sagen Sie uns auch, wenn Sie diese Zeitung nicht haben möchten. Wir werden in beiden Fallen lhren Wunsch erftlllen. Wir freuen uns sehr über ihre Zuschriften und bedanken uns im voraus.
Redaktion für Süden und Zentrum: Anita und Bob Bontemps 30-32, Bd..J.F.Kennedy L-4170 Esch/Alzette Tel. und Fax: 54 33 37
Redaktion für Norden, Osten und Westen: Farah und Farzin Dustdar hp. 220 L—9003 Ettelbrtick Tel. 81 90 80 Fax: 81 62 66
Ubersetzer: J utta Bayani
Alle Mitarbeiter dieser Zeitung sind ehrenamtliche Helfer.