Zeit für Geist/Nummer 11/Text

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Gedanken fflr eine bessere W E L T

NO 11 ‘1995

TOLERANZ erster Schritt zum Weltbürger-Ethos

INHALT:

Toleranz:

  • Mehr als blosse

Duldung?

  • Religüise Toleranz
  • Geschichtliche

Beispiele

  • Einheit in der

Vielfalt

Wissenschafller sieht in ihr eine globale Notwendigkeil

Weltbürgerethos:

  • Globale Ethik für

nachhaltige Entwicklung

  • Das Wohlergehen

der Menschheit

  • Aktivitüten im Rahmen des Internationalen Jahres des

'1‘ oleranz

  • Buchvorstellung:

Report an UNESCO Rettet die Weltkulturen. Herausgeber: Ervin LASZLO

  • Graphik von

H.SEYHOUN: "Welt im Aufbruch„

[Seite 2]Toleranz, mehr als blosse Duldung?

Uber die menschengemachten Probleme fin den die Erdbewohner in diesenn Jahrhundert allmühlich zusammen, zunüchst als Schicksalsgemeinschaft, heute nun auch zunehmend als Verantwortungsgemeinschaft. Parallel zu diesem Prozess entwickeln wir auf allen Feldem ein wachsendes globales Bewusstsein — vom inzwischen zur Alltäglichkeit gewordenen interkulturellen Austausch bis hin zur sich rasch internationalisierenden Tagesordnung der Politik. Kein Bereich ist vom Prozess der Globalissierung, des Zusammenschmelzens zu einem immer komplexer organisierten Ganzen ausgenommen. Auch nicht jener Bereich, dessen be£timmungsméissiger Auftrag es würe dem menschlichen Leben und Zusammenleben die innere ethische Ondnung und

Richtung zu geben, nümlichz die Religion.

N och wenig bemerkt und diskutiert, vollzog

sich auf dem Feld der Religion in den letzten 150 Jahnen eine Globalisierung, eine Veränderung der Religionen untereinander. "

Weltkonferenz fordert religüise Toleranz

Im Jahre 1970 fand in Kyoto eine Weltkonfe renz über Religion und Frieden statt, in der die Forderung gestellt wurde, alle Religionen sollten ihre Anhünger dazu ermutigen, auch andere als die eigene Religion zu studieren; sie sollten sich für das gemeinsame Gesprüch und die gemeinsame Arbcit einsetzen, sowie an ihren höheren Unterrichtsstütten Fachleute austauschen.

Das Befolgen dieses guten Rates konnte

religiöser Intoleranz, die überall dort zu finden ist, wo Fanatismus, Fundamentalismus oder Bigotterie ihre Blüten treiben, sehr entgegenwirken. Auch kéime es so zu einer Wiederbelebung des Zustandes der Toleranz , der am Ursprung aller Religionen tatsüchlich bestand und erst viel spater in sein Gegenteil umschlug. Intoleranz gegen andere Religionen entstand immer dann, wenn die Religion sich mit politischer Macht vemetzte. Zum Beispiel hat Christus selbst nur die Nüchstenliebe, nicht aber Intoleranz gegen andere Religionen gelehrt und so enstand diese erst zu dem Zeitpunkt, als das Christentum zur Staatskirche wurde.

Beispiele rellgioser Toleranz in der Geschichte

In Europa gab es viele Beispiele von einem

toleranten Zusammenleben vetschiedener Religionen. Ein Paradebeispiel ist Spanien,wo unter fast 800 Jahre andauernder moslemischer Herrschaft,

sowohl Christen wie auch Juden und Muslime relativ friedlich und tolerant zusammenlebten. Die Christen hatten ihre Kitchen und ihnen Klerus, die Juden ihre Synagogen und ihre Rabbiner. Bis zu den Kreuzzügen konnte jeder Christ das Heilige Grab in Jerusalem besuchen und anléisslich der Krénung Karls des Grossen überreichte der Gesandte des Kalifen ihm feierlich die Schlüssel Jerusalems.

Auch in Asien pflegten Hindus und Budd histen einen freundlichen Umgang untereinander und mit Andersglüubigen, bis zu dem Augenblick, wo die Européier in Asien Fuss fassten.

In China herrschte auch über Jahrhunderte

Religionsfrieden zwischen I-Iinduismus, Buddhismus, Taoismus und Konflzianismus.. .Auch ware die Christianisierung Mitteleuropas unmöglich gewesen, werm die Gallier, Kellen, Franken und Nordgermanen nicht eine gewissen Toleranz gegenüber neuen religiosen Ideen gehabt hatten.

H ier noch ein viel früheres Beispiel religio ser Toleranz in Verbindung mit einer gut funktionierenden multikulturellen Gesellschaft. Es handelt sich um das grosse Hethiterreich (1600-1200 v.Chr.) das sich von der heutigen Türkei bis nach Syrien und bis zum Irak hin etstneckte. Dort hatte eine indogermanische Henschetschicht die vorgefundenen Völkerschaften mit ihrer Kultursprache , ihren Gottem, Kulten und Priester, voll akzeptiert .

Ein interessanter Vorgang in Asien war das

Verhalten von Konig Ashoka - auch Piyadassi genannt - der Von 274-232 v. CHr. gelebt hat und als despotischer Eroberer und Herrscher eines indischen Grossreiches zum buddhistischen Glauben übertrat und so eine totale geistige Wandlung durchmachte. Er verfasste die bekannten Toleranzedikte und liess dieselben überall in seinem Reich an Séiulen und Felsen anbringen. Hier ein Auszug davon:

„Alle Religionen anderer Menschen sind es

wert, aus diesem oderjenem Grund geachtet zu werden. Indem man sie achtet, ehrt man seinen eigenen Glauben und erweist gleichzeitig dem Glauben anderer Gutes. Handelt man aber umgekehrt, dann verletzt man den eigenen Glauben und schadet dem anderen, denn wenn jemand den eigenen Glauben heraushebt und einen anderen herlmtetsetzt, gerade im Dienste des eigenen Bekenntnisses und um dieses zu vetherrlichen, so vergeht er sich schwerwiegend an seinem eigenen Glauben... Darum ist Eintracht allein gut: einer hore auf des anderen Glaubenserfahrlmg und gehe ihr nach... dass alle Religionen von einander lemen..„

[Seite 3]Solche geschichtlichen Tatsachen erleich tern die Toleranz gegenüber andem Völkern, Rassen und Religionen und könnten so manches Vorurteil im Keim ersticken wenn wir nur mehr Kenntnisse darüber hätten, denn da wo es religiose Toleranz gab, bildete sie die Grundlage für die allgemeine und politische Toleranz. Wo religiöse Vorurteile fehlen, wachsen auch weniger rassistische, soziale und politische Vorurteile. 2’

Einheit in der Mannigfaltigkeit Basis der Toleranz

"Bettachtet die Blumen eines Gattens. Ob wohl sie nach Art, Farbe, Form und Gestalt verschieden sind, werden sie doch vom Wasser einer Quelle erfrischt, vom selben Windhauch belebt und von den Strahlen einer Sonne gestärkt und so erhoht die Vetschiedenheit ihren Reiz und steigett ihre Schönheit. Wie unerfreulich wäre es für das Auge, wenn alle Blumen, Pflanzen, Blätter,Blüten, Früchte, Zweige und Büume jenes Gartens die gleiche Form und Farbe hätten! Vetschiedenheit...bereicheI1 und verschont den Garten und erhoht dessen Ausdruck. Werden verschiedene Schattierungen der Gedanken, Temperamente und Charakteren unter der Macht und dem Einfluss einer zentralen Quelle zusammengeführt, so wird in gleicher Weise die Schéinheit und der Glanz menschlicher Vollkommenheit offenbar ...werden. Nichts als die himmlische Macht des Wortes Gottes, die die Wirklichkeit der Dinge beherrscht und iibexsteigt, ist Faihig, die apseinandergehenden Gedanken, Gefühle, Ideen und Überzeugungen der Menschenkinder in Einklang zu bnngen.„„

Gelebte Einheit in der Mannigfaltigkeit

„Bahá’í' betrachten alle Menschen als unge mein wertvolle Mitglieder der Gesellschaft, deren Fähigkeiten und einzigartigen Beitrüge gleichwertige Faktoren beim Bau einer Weltordnung sind, Während einzelne Gruppen ennutigt werden sol]ten, ihre eigene Kultur, ihr Erbe und ihre Muttersprache mit Stolz und Bewunderung anzusehen, ist es gleichzeitig notwendig, dass wir alle 11ns einer mannigfaltigen Welt bewusst sind, in der wit in Harmonie mit anderen Völkern , Kultuten, Sprachen und mit Menschen von anderem Hintergrund leben und fie respektieren müssen...

W3: glauben, dass es moglich ist, die organische Einheit der gesamten menschlichen Rasse zustandezubringen und dass die Ausrottung von Rassismus und Rassendiskriminierung von der Bewusstheit für eine Welteinheit abhfiingt. Die Volker der Welt werden letztendlich dahin gelangen, zu erkennen,dass ihr eigenes Glück abhüngig ist von derE1'reichung des Wohlergehens für die gesamte menschliche Familie...

Wit müssen, so glauben wir, in emeuerten, geisti gen Werten und Lehren unterrichtet werden, die allein die Menschheit von dem Streben nach selbstischen lnteressen und der daraus resultierenden Unterdrückung ihrer Mitmenschen abhalten können.„*" So Wird aus Toleranz Anerkennung und Wertschätzung für den jeweils anderen Menschen.

Wissenschaftler verlangt praktizierte Einheit in der Vielfalt

Der bekannte Autor, Wissenschaftler und Mitglied des Club of Rome, Dr. E. Laszlo, Herausgeber des Buches: „Rettet die Weltkulturen/ Der multikulturelle Planet, Report einer unabhdngigen intemationalen Expertengruppe an die UNESCO „, nimmt in der Einleitung seines Buches Stellung zu dieser Frage:

„Die Balance von Einheit und Vielfalt muss

nicht nur verstanden, sondern in der Praxis ein geübt werden.In der Dekade des 20. Jahrhunderts müssen wir das Stadium von blosser Toleranz zwischen unterschiedlichen Menschen und Gesellschaften überwinden. Wir müsen lemen miteinander zu leben und das Leben der anderen zu ergünzen und zu vervollständigen.

In Familien und gesellschaftlichen Teilgrup pen praktizieren die Menschen schon immer die gegenseitige Ergéinzung und Vervollständigung. Bereits in den frühesten Jéiger— und Sammlerlebensgemeinschaften hing das Leben von dieser Art der Reziprozitéit ab. Zu jener Zeit waren jedoch die Beziehungen zwischen den Volksstéimmen selten integriert. Aussenstehende wurden von einer Gruppe entweder als Nichtexistierende behandelt — in diesem Falle waten die Gruppenangehotige zu solchen Aussenstehenden rneist indifferent —, oder sie wurden als Bednohung erlebt, woraufhin die Gruppe mit Feindseligkeit reagierte. Erst mit der Etablierung von Land— und Weidewirtschaft und der damit verbundenen Sesshaftigkeit schlossen sich Nachbardorfer zusammen und bildeten grossere Einheiten, wie etwa die antiken Imperien und Königreiche , in denen das Leben der Menschen differenzierter aufeinander abgestimmt wurde. Doch solcherart Integration umschloss bis heute niemals alle Menschen. Bis zum Ende des 20.Jahrhunderts haben sich alle Bedingungen gründlich verändert.

Wit leben jetzt in einer Welt, in der weder

einzelne Gruppen noch Staaten alle anderen weiterhin dominieren noch sich von ihnen isolieren können. Sowohl für ihre sozio-ékonomische Entwicklung als auch für ihre ékologische und territoriale Unversehrtheit wurde jede Gesellschaft, jeder Staat immer abhängiger von jedem anderen.Dadurch wurde es für jede Gesellschaft und für jeden Staat essentiell, ihre wechselseitigen Beziehungen so zu gestalten, dass sie in der Praxis auf eine höhere Einheit unter Beibehaltung der heutigen Vielfalt zulaufen.

[Seite 4]Es ist alles andere als utopisch zu erwatten,

dass sich die menschliche Gesellschaft zu einer Realisierung der Ideale der Einheit in der Vielfalt entwickeln wird. Interaktive und speziell sich wechselseitig ergänzende Verhaltensweisen haben sich bereits in vetschiedenen sozialen, okonomischen politischen und religiéisen Gemeinschaften in verschiedenen Teilen der Welt entwickelt.

Keine Utopie, da bereits sichtbare interaktive Verhaltensweisen

Das Beispiel EG: In der europäischen Gemeinschaft schliessen sich Staaten wie Frankreich und Deutschland, die histotisch in permanentem Antagonismus standen, heute zu einer Verteidigungsgemeinschaft zusammen und laden dazu ebenfalls die anderen Mitglieder der Européiischen Gemeinschaft ein. Innerhalb der EG erlauben sich ehemals konkurrierende Staaten wie England, Deutschland, Holland und Frankreich nicht nur wechselseitig, sich ohne Hindernisse zu entfalten, sie bilden sogar einen gemeinsamen Markt, schaffen eine gemeinsame Winschaftspolitik und fühten eine gemeinsame Wéihrung ein. Auf Gebieten, die so unterschiedlich sind wie die Wütschaft, die Finanzen, der Schutz der Umwelt, die technologische Entwicklung und die nationale Verteidigtmg, entwickeln die Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft eine abgestimmte Atméiherung, die alle die Früchte der Einheit geniessen léisst ohne die Gefahnen und die Nachteile der Uniformitéit.

Diese neuen Verhaltensregeln der wechsel seitigen Beziehungen weiten sich nun auch auf die iistlichen Regionen des Kontinents aus. Die EG offnet ihre Tote für die liberalisierten Staaten des chemaligen kommunistischen Blocks und akzeptien kurzfristige Opfer mit Blick auf die langfristigen Vorteile.

Das Beispiel Bahá’í: Religüiser Hader und religiose Intoleranz sind unübersehbar in der heutigen Welt. Kein Tag vergeht ohne Medienberichte von Zusammenstossen zwischen religiosen Gruppierunggen, ob in Iran oder Irak, in Lateinamerika, in Irland, in Kambodscha oder Vietnam. Doch es existieren bereits religiose Gemcinden, die die moralische und praktische Fühigkeit besitzen, in Frieden und gegenseitiger Unterstützung miteinander zu leben. Sie sehen ihren pelséinlichen Glauben als Ergéinzung und Vervollständigung des Glaubens anderer.

Die Realitat dieser Fähigkeit wird demon striert durch den Bahá’í'—Glauben, einer tasch wachsenden internationalen religiosen Gemeinschaft, die heute über 5 Millionen Mitglieder in fiber 170 Léindem zühlt... Sie leben friedlich zusammen in 25.000 kulturell und ethnisch vo'llig verschiedenen lokalen Gemeinden, den lokalen „Geistigen Réiten„, die integrativ 170 "Nationale Geistige Rite„ konstituieren und diese wiederum ihre gewühlte Einheit im „Univelsalen Hans der Gerechtigkeit" linden im Bahá’í’-Weltzentrum mit Sitz in Haifa.

Weltweite Realisierung der Einheit in der Vielfalt notwendig

Auf allen diesen Ebenen sind immer Men schen aller möglichen Hintergründe in gleicher Weise wahlbenechtigt und wéihlbar. Auf diese Weise nealisiert sich an zahllosen Orten der Welt ein gleichwertiges, gleichberechtigtes, aktives und sch6pfetisches Zusammenleben der in einer ortlichen oder nationalen Gemeinde vertretenen Ethnien, Kulturen oder neligioser Herkünfte.

S0 kann in einem „Nationaler1 Geistigen Rat"

z.B. in Déinemark durch Wahlvorgang von 9 gewählten Mitgliedem eine kenianische Studentin an der Uni Kopenhagen sein, ein Angehoriger der deutschen Minderheit, ein iranischer Kaufmann und eine russische Emigrantin.

Die Praxis dieser Religionsgemeinschaft ist

ein überprüfbarer Beleg dafür, dass eine solch praktizierte Gleichwertigkeit aller Menschen an allen Orten der Welt zu keiner kulturellen Verarmung oder Nivellierung fühit, sondem ganz im Gegenteil zu einem weit überdurchschnittlichen alltaglichen „Kulturaustausch„. Interessanterweise hat sich die Bahá’í'-Weltgemeinschaft gerade die Pflege und Forderung aller Kulturen in besonderer Weise auf ihre Fahnen geschrieben.

Die menschliche Gemeinschaft in

Ganzheit bmucht existentielle Verhaltensweisen in der An, wie sie in diesen und ähnlichen Gemeinschaften sichtbar werden. Neue Wege des Lebens und Handelns sind nötig, wenn die globalen Ziele von Frieden, okonomischer Entwicklung und gesicherter Umwelt effektiv werden sollen.

Wenn wir keine Einheit innerhalb der Vie] falt der Welt erreichen, wird es nicht mehr moglich sein, gleichzeitig mit der Existenz und Produktion nuklearer, biologischer, chemischer und der grossen Vielfalt an konventionellen Waffen fortzufahren und dabei auch noch ein friedenserhaltendes System zu kxeieren. Es wird nicht moglich sein, die Familiengrosse inneihalb schnell wachsender Populationen zu reduzieren, nützliche Fähigkeiten und Technologien und das notwendige Kapital mit armeren und weniger entwickelten Pattnem zu teilen, die nötigen Investitionen in die Erziehung, Kommunikation und allgemein die Entwicklung menschlichen Potentials umzulenken und die Gleichgewichte und Grenzen zu respektieren, die lebensnotwendig sind für die Integritat der Natur und damit auch für die Zukunft der gesamtcn Menschheit.

M it den neuen komplementéiren Verhaltens weisen kann andererseits die kulturelle Vielfalt der Welt am Ende des 20. J_ahrhunderts jene Einheit gewinnen, die sie für ihr Uberleben und ihre Entwicklung braucht, ohne dem Risiko der Uniformitüt ausgesetzt zu sein, die Ergebnis der Vorhettschaft von einer Kultur oder eines okonomischen und politischen Systems über die anderen ist.

[Seite 5]Wenn die kulturell sehr untetschiedlichen

Menschen dieses Planeten ihre potentiellen wechselseitigen Ergéinzungen erkennen und Beziehungen wechselseitigen Nutzens und gegenseitiger Unterstützung forcieren würden, so könnten sie zusammenspielen wie die Verschiedenen Organe eines einzigen Körpers, um das Gesarntsystem, Von dem sie ein Teil sind, fortzuentwickeln."

Laszlo schliesst mit der Feststellungz

„Dieses System ist heute die menschliche Gesellschaft in ihrem planetaren Heim. '5’

Weltbürgerethosz

Eine globale Ethik für eine nachhaltige Entwicklung

Auszug aus dem Vorschlag, unterbreitet Von

der Intemationalen Bahá’í'—Gemeinde im Geiste der Agenda 21, die ein „dynamisches Progmmm„ sein soll, dazu bestimmt/sich im Laufe der Zeit geméiss sich wandelnder Bedürfnisse und Umstände zu entwickeln,„ : Um die Volker der Welt dazu anzuregen, für eine nachhaltige Entwicklung einzutreten, sollten

die in der Agenda 21 geforderten Erziehungsprogramme und Bewusstmachungskampagnen das Konzept des Weltbürger-Ethos pflcgen.

„Weltbürger-Ethos" beginnt mit der Einsicht in die Einheit der menschlichen Familie und in die gegenseitige Verbundenheit der Vülker „der Erde, unserer Hcimal".(Rio-Deklaration über Umwclt und Entwicklung,Pr§iambe1) Sie ermutigt zu einem gesunden Patriotismus, bcstcht abcr glcichzcitig auf einer weiteren Loyalität, der Liebe zur Menschhheit.

Das bedeutet jedoch nicht, dass berechtigte

Loyalitfiten aufgegeben, kultunelle Vielfalt unterdrückt, nationale Autonomic abgeschafft oder Einheitlichkeit aufgezwungen werden. Ihr Kennzeichen

ist die „Einheit in der Vielfalt„.

Zum Weltbürger-Ethos gehören die Prinzipi en sozialer und wirtschafticher Gerechtigkeit sowohl innerhalb der Nationen, wie auch zwischen ihnen; konfliktfreie Entscheidungsfindung auf allen Ebenen der Gesellschaft; Gleichwertigkeit der Geschlechter; rassische, ethnische, nationale und religiose Harmonie; Bereitwilligkeit, zum Wohl des Ganzen Opfer zu bringen. Andere Aspekte des Weltb12rger—Ethos

— alle von ihnen betonen Menschenwürde, Vetständigung, Einvemehmen, Zusammenarbeit, Vertrauenswürdigkeit, Mitgefühl und das Bedfirfnis, dienstbar zu sein - konnen hiervon abgeleitet werden.

Die Forderung des Weltbürger-Ethos ist eine

praktische Strategic, um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Solange Uneinigkeit,


Feindseligkeit und Provinzialismus das soziale, politische und wirtschaftliche Vethältnis innerhalb und zwischen den Nationen bestimmen, kann eine globale und nachhaltige Form der Entwicklung nicht errichtet werden. (Rio-Dcklaration, Prinzip 25)

Vor mehr als einem Jahrhundert warnte Bah2iu'lléhI

"Das Wohlergehen der Menschheit, ihr Friede und ihre Sicherheit sind unerreichbar, wenn und ehe nicht ihre Einheit fest begründet ist. „ Xhrenlese 131:2

N ur auf der Grundlage einer echten Einheit,

Harmonie und Verständigung zwischen den verschiedenen Volkem und Nationen der Welt kann eine Weltgesellschaft dauerhaft errichtet werden. Die Vereinten Nationen, Regierungen und Erziehungsbehorden sollten sich bemühen, das Prinzip des Weltbfirger-Ethos zu einem Teil der Grundausbildung jedes Kindes zu machen. Auf der Grundlage der Einheit der Menchheit sollten sie zu Toletanz und Brüderlichkeit erziehen, die Anerkennung der Reichhaltigkeit und der Bedeutung der verschiedenen kulturellen, religiosen und sozialen Systeme der Welt pflegen, und jene Traditionen stärken, die zu einer fortschreitenden Weltkultur beitragen.Sie sollten das Prinzip der Einheit in der Vielfalt als den Schlfisselbegriff für das Wohlergehen der Nationen und der Weltgesellschaft allgemein lehren...„ ‘>

Quellennachweis:

1) H.Sabet, in „ Eine Welt für Alle„, Horizonte-Verlag

2) vergl. Dr. A. Kéircher, Religionen der Welt, Band 1, „Verschiedenheit und Einheit der Religionen „ ,Bahá’í-Verlag Dtschl., S.27-31

3) Abdu'l-Bahá: zitiert in Sh. Effendi, „Weltordnung Bahá’u’llahs„, Bahá’í-Verlag Dtschl., S.68

4) Eine mündliche Erklärung der InternationaIen Bahá’í—Gemeinde zur Bekfimpfung des Rassismus an die Menschenrechtskommission

der Vereinten Nationen, 37.Sitzung in Genf am 13.2.1981

5) Dr. Erwin Laslo:„Der Report an die UNESCO: Rettet die Weltkulturen„, HorizonteVerlag, Einleitung, S.15-19, gekürzte Fassung

6) Auszug eines Papiers der Intemationalen

Bahá’í-Gemeinde an den Weltsozialgipfel in Kopenhagen, 1995

[Seite 6]DAS WOHLERGEHEN

Am Weltsozialgipfel der Vereinten Nationen in Kopenhagen nahmen__250 Bahá’í aus 40 Ldndem teil. Das Büro für Offentliche Information der Intemationalen Bahá’í—Gemeinde verteilte dort 40.000 seiner in 10 Sprachen verfassten Dakamente an die Staats—und Regierungschefs, die Presse, die Nicht—staatlichen Organisationen, sowie an viele interessierte Menschen aus aller Welt. Eines dieser Dokumente über „Das Wohlergehen der Menschheit„, wurde vor dem Plenum vorgestellt. Hier die Kurzfassung davon:

Dieses Dokument hat 20 Seiten und

beginnt mit einer Einführung, in der die theoretische Grundlage der gegenwéirtigen Strategic fiir Sozial— und Wirtschaftsentwicklung beanstandet wird:

  • Der Materialismus wird zu stark betont;
  • Die geistige Dimension der Entwicklungsanstrengungen wur_den Vernachlüssigt;
  • Es fehlen richtige Uberlegungen über das

vernetzte Schicksal aller Bewohner dieses Planeten;

  • Eine echte Beteiligung des Grossteils der

Weltbevolkerung am Prozess der Entscheidungsfindung ist nicht vorhanden;

  • Die etablierten Religionen sind unfaihig

ihre Glaubensvorstellungen über die geistige Natur des Menschen so umzusetzen, dass daraus Vertrauen erwächst in die kollektive Fähigkeit der Menschheit über materielle Umstände hinauszuwachsen.

Die sieben Teile des Dokumentes befassen sich mit folgenden Themen:

V 3- Eine neue Entwicklungsstrategie muss auf

dem Bewusstsein fussen, dass die Menschheit eine Einheit ist. Das Fundament einer wachsenden planetaren Zivilisation verlangt die Schaffung Von Gesetzen und Institutionen deren Charakter und Amtsgewalt beide weltumfassend sind.

b- Das aufkeimende Bewusstwerden der Ein heit der Menschheit braucht einen kollektiven Willen der sie antreibt, vertrauensvoll die notwendigen Strukturen für ein globales Gemeindeleben zu schaffen. Die Kräfte welche dies ermogliehen sind: Gerechtigkeit, Unparteilichkeit, Achtung der Menschenrechte und Anerkennung der Würde der Kulturen, die unser gemeinsames Erbe bereichern.

DER MENSCHHEIT

C‘ Diese neue Strategic verlangt eine grund legende Neudefinierung der zwischenmenschlichen Beziehungen. Wahre Beratung, die ganz verschieden von den heutigen„Verhandlungen und Kompromissen„ ist, wird zum einem Steuerungsinstrument, welches die gerechte Regelung menschlicher Belange erln6glicht.In einer solchen Beratung stellen die Teilnehmer die Suche nach Wahrheit sogar über ihren eigenen

Standpunkt und über ihre persönlichen InteresSCH.

d- Wissenschaft und Forschung sollten ihren Entwicklungsbeitrag in Ubereinstimmung mit Religion, Glauben und Ethik, beisteuem. Alle Menschen der Welt müssen einen leichten Zugang zum Wissen haben. Der Dialog zwischen

Wissenschaft und Religion muss Verstärkt werden.

6- Das wahre Ziel der Entwicklung besteht

darin, die Grundmauern für eine neue soziale Ordnung zu legen, welche imstande ist die latent vorhandenen, grenzenlosen Bewusstséinsmüglichkeiten des Menschen zu entwickeln. Eine neue Ethik für Arbeit und Umwelt ist notwendig. Die Volle Gleichstellung der Frauen Init den Méinnern ist ein weiteres wichtiges Prinzip der Entwicklungsstrategie.

f- Das Konzept von Macht und Von Führer schaft sollte auch neu definiert werden. Damit die menschliche Rasse Reife erlangen kann, muss sie sich Von ihrem ererbten Verständnis Von Macht und Machtausübung freimachen. Macht sollte nicht léinger verstanden werden als ein von Einzelpersonen und Gruppen begehrter Vorteil, der ihnen unter Umständen ermoglicht, andern Menschen ihren Willen aufzuzwingen. Macht sollte vielmehr verstanden werden als Möglichkeit den besten Interessen anderer zu dienen, als Verpflichtung in allen Angelegenheiten Gerechtigkeit zu üben und so das Vertrauen, den Respekt und die echte Unterstfitzung der Bevolkerung zu gewinnen. Die gewählten Amtstréiger, deren Aufgabe darin besteht menschliche Belange zu regeln, sollten sich selbst verantwortlich fühlen für das Wohlergehen der gesamten Menschheit.

g- Die heutige Welt schwindet dahin und

eine neue Welt ist im Entstehen begriffen. Die Weltbevolkerung hat nun die Aufgabe, sich selbst und ihre Institutionen auf diese neuentstehende Weltgesellschaft vorzubereiten.

[Seite 7]AKTIVIT{\TS-KALENDER IM RAHMEN DES EUROPAISCHEN JAHRES DER KULTUR UND DES INTERNATIONALEN JAHRES DER TOLERANZ

Wiltz: _ Konferenz liber

NEUE WERTE FUR DIE IINFORMATIONSGESELLSCHAFT

Referentin:

Farah DUSTDAR

Autorin des Buches:

„Abschied Von der Macht„ (ab Oktober im Fischer-Verlag)

Freitag, 12. Mai 1995 um 20.15 Uhr im Hétel "Beau-Séjour" 21, rue du Dix-Septembre

--EINTRITT FREI Organisator: Sektion Wiltz der ULFB (Union Luxembourgeoise des F emmes Bahá’í’ies )

Düdelingen: MULTIKULTURELLES FEST

Sonntag, 14. Mai 1995,

von 14 - 18 Uhr im Centre Paroissial St. Martin, 2, rue A.Zinnen

Programm:

  • Folklore-Gruppen

aus verschiedenen Ländern, die in Luxemburg vertreten sind.

  • Verkauf von belegten Brütchen

-- EINTRITT: 100,- Franken-Der Erlfis aus dem Brütchenverkauf und den Eintrittskarten ist bestimmt für die Behinderten-Vereinigung, Dfidelingen

Organisalor: Bahá’í-Gemeinde Düdelingen

Düdelingen:

Rundtischgesprüch über TOLERANZ

Mittwoch, 17. Mai 1995 um 20 Uhr im Gemeindefestsaal

Teilnehmer: Vertreter von ASTI,

LIC RA,

ULFB und der Behinderten-Vereinigung

--EINTRITT FREl- Organisalor: Bahá’í—Gemeinde Düdelingen

Ettelbrück:

INTERKULTURELLES FREUNDSCHAFTSFEST

Sonntag, 21. Mai 1995 ab 15 Uhr

im Kino-Saal der Priméirschule

9:

Mazedonische Musik, Tanz und Unterhaltung

ic

--EINTRITT FREIOrganisalor: Bahá’í-Gemeinde Ettelbrück

[Seite 8]Das besondere Buch:

Report an die UNESCO:Rettet die Weltkulturen Der multikulturelle Planet Herausgegeben van Ervin LASZLO

Horizonte

ISBN 3—89483—014-X

Zehn international renommierte Kulturhistori ker schreiben die erste Kulturgeschichte der

Menschheit am Schnittpunkt ihrer globalen Be- V

gegnung. Wie werden sie sich in ihrer Vielfalt erhalten und trotzdem einbringen in den unansweichlichen globalen Dialog?

„Ein neues, globalvertrdgliches Entwicklungs konzept muss den in allen Kulturen 1'iberlieferten Werten von Recht und Gerechfigkeit zur universalen Geltung verhelfen. Nur unter dieser Voraussetzung besteht die Mfiglichkeit zum Erhal der Verschiedenheit der Kulturen und zum be ruchtenden gegenseitigen Austausch. Die Autoren dieses aussergewähnlichen Werkes führen uns gleichzeitig die Grüsse der Herausforderung var Augen als auch den Reichtum an Potential und Phantasie, der in den Weltkulturen zu ihrer Lösung zu finden ist. Bringen wir den Willen, den Wagemut und den nütigen Einfallsreichtum auf, um gemeinsam die Geschichte der zusammenwachsenden und trozdem weiterhin hüchst vielültigen Menschheit zu schreiben. „

Federico MA YOR Generalsekretdr der UNESCO

LEIHBIBLIOTHEK Cenne Bahá’í 17, Alléc L.Gocbel

Geüffnet: Votmittags: Montag bis Frcitag 9.30—l1.30

IMPRESSUM:

Die Zeitung „Zeit für Geist„ crscheint allc 2-3

Monatc und ist aus chlorfrci gcblcichtem Papicr.

J ode Nummcr bcfasst sich mit eincm aktucllen Thcma

Herausgeber : Bahá’í-Arbcitsgruppc "Gedanken für eine bessere Welt"

Druckerei: Imprimcric Print-Service, Luxemburg

ZIELE DER ZEITUNG:

Völkerverständigung ;

Brücken bauen zu andern Glaubens-und Denkrichtungen; Impulse geben zu friedlicher Zusammenarbeit mit allen andem Gruppen deren Interessen in die glciclne Richtung gehen; informieren über Vorstellungen, Ziele, Pline und Früchte der Bahá’í-Religion, hier und in der Welt, über andere Religionen und den Wert der Religion schlechthin; Dialog-und Begegnungsmüglichkeiten sclmffen.

Fir die venüffentliclnten Artikel sind die Autoren und für die Text—und Artikclauswalnl ist die Redaktion vernntwortlich.

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Wit danken unscrn Lesetn, dass sie den Beitrag zur Véilkcrvcrstündigung der Bahá’í- Arbeitsgruppc "Gcdankcn für eine bcsscrc Welt"- die Geschenkaktion "J ahxesabonncmcnt" auf dicse Zcitung — so gut aufgenommen haben.

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