One Country/2005 Nummer 2/Text

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„D/e Erde ist nur ein Land, und al/e Menschen sind seine Barger.“ — Bahdu’l/dh

1905 - 2005: 100 Jahre Bahá iGemeinde in Deutschland



[Seite 2]WELT-MAGAZIN


IMPRESSUM

On: Couumv wird herausgegeben von derBahá'i International Community, dieals Nicht—Regierungs-Organisation bei den Vereinten Nationen die weltweite Bahá’í-Gemeinde représentiert,

ONE (ouumv, Office of Public Information,Bahá’í International Community, Suite 120,866 United Nations Plaza, New York, New York10017, USA, E-Mail:1country@bic.org Chefredakteur: Brad Pokorny.Chefvom DienstzAnn Boyles.Aus|andsredaktionenzchristine Samandari-Hakim (Paris), Kong Siew Huar (Macau), Guilda Walker (London).Deutschsprachige Redaktion: PeterAmsIer, Gerhard Schaper, Stefan Spiegel. Freie Korrespondenten: Hilde Fanta (Osterreich),Silvia Fréhlich (Schweiz), Jutta Bayani (Luxemburg). Geschäftsfuhrung: Hartmut Nowotny,Arezu Braun. Übersetzerpool: Lisa Hiemer. Beitrége aus ONE Coumnv können kostenfrei nachgedruckt werden unter Angabe derQuelIe.

Anschrift: ONE Couumv, Eppsteiner Str. 89,D-65719 Hofheim-Langenhain, Germany.Te|.+49-6192-99290, Fax+49-6192-992999.Herausgeber derdeutschsprachigen Ausgabe: Nationaler Geistiger Rat der Bahá’í in Deutschland eV.

Einzelheft: Euro 2,25/SFr4,-‘ Jahresabonnement: Euro 8,7/SFr15; (incl. MWSt u. Porto). Die Zeitschrifi kann beim Bahá'ivVerlag,

Eppsteiner Str. 89, 65719 HofheimLangenhain,bestellt werden. Copyright 2003 by Bahá’í International Community. |SSN 0945-7062. Gedruckt auf1oo% Recyclingpapier

K 9. ONE COUNTRY

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Bahá’í nehmen an Konsultationen zwischen UNO Generalversammlung und der Zivilgesellschaft teil

VEREINTE NATIONEN Erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen lud die Generalversammlung die akkreditierten Nicht-Regierungsorganisationen (NGOS) zu einer gemeinsamen Konsultation ein. Diese zweit'égige Anhérung (23.-24. Juni 2005) diente zurVorbereitung aufden nachsten UNGipfel im September, der fUnf Jahre nach Verabschiedung der so genannten Millennium Development Goals (MDG) ihre Umsetzung begutachten soll. Die Generalversammlung wollte die Sichtweise der Zivilgesellschaft zu vier Hauptthemen kennenlernen: Menschrechte, Armutsbekémpfung, Frieden und Sicherheit sowie Reform der Vereinten Nationen. Es wurden rund 200 international arbeitenden NGOs eingeladen.

Als einervon sieben Hauptrednern zum Thema "Reform derVereinten Nationen / Strengthening the UN" trug Robert Eghrari aus BrasiIien die Stellungnahme der Bahá’í International Commu nity vor.



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Diane Ala’i, Vertreterin der BIC bei der UNO in Genfi bereitet sich aufihre Aufgabe a/s “aktive Teilnehmerin„ wdhrend einer Anhcirung am 23. Juni 2005 zum Thema Menschenrechte vor.

Unter anderem unterstrich Eghrari, dass ein Fortschritt hinsichtlich der Gleichberechtigung von Frau und Mann ein wesentliches Element fUr eine effektivere Organisation derVereinten Nationen sei. Die Menschenrechtskommission sollte zudem durch die Schaffung eines sténdigen Menschenrechtsrates erheblich gestärkt werden.Auch sollten die Maßnahmen fUrdie Finanzierung derVereinten Nationen verstérkt werden, um nicht nur auf freiwillige Beitrége der Staaten angewiesen zu sein.Weiterhin sollten die Kapazitéten und unterschiedlichen Erfahrungen der Zivilgesellschafi in alle Aspekte der Arbeit derVereinten Nationen integriert werden. Die Einbeziehung sollte bei der Entscheidungsfindung beginnen und in der konkreten Umsetzung von MafSnahmen weitergefijhrt werden.

Roberto Eghrari sagte, dass bei der Reform derVereinten Nationen grundsétzIich von dem Prinzip der Einheit der Menschheit ausgegangen werden muss, einem “geistigen Prinzip, das die Beschaffenheit der menschlichen Wirklichkeit untermauert."

"Wir sind eine menschliche Familie undjedes Mitglied der Menschheit ist geboren worden als Pfand fflrdas Ganze„, sagte Eghrari."Die Reform derVereinten Nationen kann gelingen,wenn sie auf Basis dieser grundlegenden Annahme vollzogen wird."

Die Anhérungen umfass-te nicht nur Stellungnahmen von einigen NGOs, sondern auch einen Dialog zwischen einer grdfieren Zahl von Orga—nisationsvertretern und Vertretern der Regierungsdelegationen.

é . 2 A Roberto Eghrari, Vertreter der BIC wdhrend seiner AnspraChe bei den Konsu/tationen zwischen NGOs und der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 24 Juni 2005.

Bei den Beratungen zum Thema "Menschenrechte Freedom to Live in Dignity" wurden neben den sieben Hauptrednern noch 46 "aktive Teilnehmer" zugelassen. Diesen Status erhielt auch Diane Ala'i, die Vertreterin der Bahá’í International Community akkreditiert bei den Vereinten Nationen in Genf. Somit war sie berechtigt,während der Konsultation zwischen den Regierungsvertretern und der Zivilgesellschaft auch das Wort zu ergreifen.

In ihren Anmerkungen unterstützte auch Diane Ala’i die Schaffung eines Menschenrechtsrates. Dieser Rat sollte die so genannten “special procedures" weiterfijhren, womit die gegenwértige Menschenrechtskommission Sonderberichterstatter einsetzen kann, um die Menschenrechtslage in einzelnen Laindern untersuchen und beobachten zu können.

Diane Ala’i betonte auch die Wichtigkeit, dass das Versténdnis von Menschenrechten als universale Normen aufrechterhalten werden milsse, so wie es auch bei der Charta derVereinten Nationen und derAlIgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Fall sei.



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( I Hafsat Abiola aus Nigeria ist eine der vielen Beitrdgerinnen zu dem Buch „lmpulsefm eine Welt in Balance“, von dem beim Ev. Kirchentag mehr als 10.000 Exemplare mitgenommen wurden.

Global Marshall Plan Initiative prisentiert beim Deutschen Evangelischen Kirchentag „lmpulse Für eine Welt in Balance“ mit Beitréigen von 50 Vordenkern

HANNOVER.— Bei Vielen der hochkaraitig besetzten Veranstaltungen in der Halle „Globalisierung“ wurde von den Referenten aufden Global Marshall Plan Bezug genommen. Und viele von ihnen trugen auch mit eigenen Artikeln zu dem Buch „lmpulse fUr eineWelt in Balance“ bei.

Das Buch entstand auf Anregung der Global Marshall Plan Initiative und wurde von ihr auch umgesetzt. Letztlich waren es mehr als 50 bekannte Persönlichkeiten sowie Wissenschaftler und Politiker aller großen Parteien, die zu

NGOs rufen zum „White Band Day“ zur Bekéimpfung der Armut auf

BERLIN. - Konkrete Schritte bei der Bekémpfung der extremen Armut in derWelt haben entwicklungspolitische NGOs im Rahmen des1. Inter nationalen „White Band Day“ am 2.Ju|i gefordert.

„Die Armen haben einen Anspruch aufGerechtigkeit. Dies erfordert faire Handelsbedingungen und eine gestärkte Entwicklungspolitik. Jetzt gilt es, den Zeitplan zur Erreichung des 0,7 ProzentZiels konsequent umzusetzen", verlangte der VENROVorstandsvorsitzende Reinhard Hermle.„Der Lackmustest fUr den Erfolg der Globalisierung wird letztlich sein, dass es gelingt, die Massenarmut in derWelt zu Überwinden„, so Hermle.

Herbert Grénemeyer,gemeinsam mit VENRO Tréger der Initiative „Deine Stimme gegen Armut“, forderte alle Menschen auf, sich an der Aktion zu beteiligen:„Die extreme Armut in derWelt stellt unser Versténdnis von Mitmenschlichkeit zur Diskussion. Die einzige Antwort darauf ist Solidaritét und Handeln — Einsatz fUr Men


schen, die in unertréglichem Elend leben müssen." Jeder sei aufgefordert, im Rahmen derAktion mit seiner Unterschrift seine Stimme gegen Armutzu geben.

Das Votum kann Über www.deine—stimme—gegenarmut.de gegeben werden. Die gesammelten Unterschriften werden Bundeskanzler Gerhard Schréder vor seiner Reise zum UN-Gipfel in New York im September L'Ibergeben.

International waren am ersten „White Band Day“ Hunderttausende beteiligt: WeiBe Bänderfordern ein Ende der Armut unter anderem am Trevi-Brunnen in Rom, am TrocaderoGebéude in Paris und an der Harbour Bridge in Sydney.

„Deine Stimme gegen Armut„ ist der deutsche Beitrag der internationalen Kampagne „Global Call to Action Against Poverty“, die inzwischen in 72 Léndern aktiv ist und an der etwa 800 Organisationen weltweit mitwirken. Die Aktion setzt sich fUr die Umsetzung der UNMillenniumsziele ein. In













diesem Buch beitrugen. Die

meisten gingen auch aufdie Marshall Plan E u ROPA- MAGAZI N Development Weitere Informationen:

konkreten Vorschlége der Initiative fUr einen Global

zur Umsetzung

der Millennium

Goals ein und unterstfltzten diese ausdrUcklich. www.globalmarshallplan.org

i Ein Highlight des Ev. Kirchentags 2005 war eine Diskussion zwischen Bundeskanzler Gerhard Schrdder und der Friedensnobelpreistrdgerin Wangari Maathai mitfdnf engagierten jungen Menschen. Auf dem Foto rechts Kirchentagsprdsident Eckhard Nagel.























Deutschland wird die Initiative getragen von VENRO als M Zusammenschluss von 100 entwicklungspolitischen NGOs gemeinsam, u.a. mit HerbertGrénemeyer. Am1o.September,dem zweiten internationalen „White Band Day“, soll ein zwei Kilometer langes weiI'Ses Band „Unter den Linden“ in Berlin ausgerollt werden und sollen der Bundesregierung Hunderttausende Unterschriften Überreicht werden.


Der Musiker und Kunstler Herbert Grénemeyer gibst seine Stimme gegen Armut am ersten internationalen „White Band Day“ am 2Juli 2005 am Brandenburger Tor, Berlin. Foto: VENRO, RUdiger Dunker/ Darmstadt

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[Seite 4]DEBATT

er moderne National staat entstand nicht

zuletzt aus der Idee, dass man die Sicherheit der Menschen innerhalb der Grenzen eines bestimmten Gebiets am besten erreichen kann,wenn man sich verbijndet gegen Bedrohungen von außen.

Diese Idee funktionierte sehr gut. Die gut entwickelten Nationen haben mit ihr ein hohes M38 an Sicherheit erreicht und fUr lange Zeit auch eine sehr komfortable Lebenssituation — wahrend die BUrger vieler Nationen ohne funktionierendes


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Staatswesen viel Leid ertragen mussten wie Armut,tég|ichen ÜberIebenskampf und nicht nicht selten auch die Verletzung ihrer grundlegenden Menschenrechte durchjene Reprisentanten ihres States, die sie eigentlich schUtzen sollten.

Die Staaten haben ihr Bemijhen um Sicherheit fUr ihre BUrger mit der Zeit immer weiter ausgedehnt — von der Nahrungssicherheit Über die Sicherheit sauberen Wassers bis zur Überwindung von Defiziten in der sozialen Wohlfahrt und von Arbeitsplatzrisiken.

Kritische Beobachter haben jedoch in den letzten Jahren eine sténdige Abnahme der staatlichen Fähigkeiten zur Gewéhrleistung von Sicherheit festgestellt. Da alles auf unserer Welt immer mehr miteinanderverbunden und voneinander abhéngig ist, hat sich die Art der Bedrohungen fUrjede Nation veréndert: Bedrohungen sind nicht Iénger national einzugrenzen, sondern stérker ausgeprégt und schwerzu handhaben.

Es ist eine schlichte Tatsache, dass die gravierendsten Bedrohungen heute Überall auf derWelt von kleinen Gruppen und Organisationen ausgeheri,we|che die frUher sicher

abschottbaren Grenzen der Staates immer Ieichter Überwinden können.

Diese neue Realitét steht im Zentrum der Erkenntnisse, zu denen eine hochkarétige Expertengruppe kommt, die von UN—Generalsekretér Kofi Annan eingesetzt wurde und der 16 ehemalige Staatsoberhéupter,Außenminister, hohe Staatsbeamte und Perséjnlichkeiten des Offentlichen Lebens angehören. Ihre Erfahrung sowie die Kraft und Freiheit, mit der sie ihre Überzeugungen vortrugen, macht deren Bericht (siehe Seite15 in diesem Heft) zur Pflichtlektflre fUr alle, die sich mit Iangfristiger Sicherheit und Frieden befassen.

Im Zentrum dieses Berichts steht folgende Beobachtungzv

„Die Bedrohungen der heutigen Zeit kennen keine nationalen Grenzen, sie sind miteinander verwoben und milssen nicht nur auf nationaler, sondern auf kontinentaler und aufglobaler Ebene angegangen werden. Kein Land, wie méchtig es immer auch sein mag, kann sich allein aus eigener Anstrengung unverwundbar machen.„

Aus dieser Sicht fordert das Expertenteam ein erweitertes und revidiertes Versténdnis von kollektiver Sicherheit, das Bedrohungen wie Terrorismus, biologische Waffen, zivile Auseinandersetzungen, transnationale organisierte Kriminalitét, Umweltzerstérung und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten umschließt.

„Was wir heute brauchen ist nichts weniger als einen neuen Konsens zwischen VerbUndeten, die sich entfremden, zwischen wohlhabenden und armen Nationen und zwischen Menschen, die in wechselseitigem Misstrauen versinken entlang einer sich weitenden Kluft zwischen den Kulturen. Die Essenz die Kein Land Kollektive

ses Konsenses ist einfach:Wir alle teilen die Verantwortung fijr die Sicherheit von jedem anderen. DerTest fijr diesen Konsens ist gemeinsames Handeln“, schlussfolgert das Expertenteam.

Die Bahá’í International Community sagt seit langem, dass kollektive Sicherheit der einzige Weg ist, auf dem die Menschheit zu nachhaltigem Frieden kommen kann.Vor mehra|s14oJahren schrieb Bahá’u’lláh:„Das Wohlergehen der Menschheit, ihr Friede und ihre Sicherheit sind unerreichbar,wenn und soIange ihre Einheit nicht fest begrUndet ist.“

Bahá’u’lláh bezeichnet als grundlegende Voraussetzung fUr das Erreichen eines solchen Versténdnisses von Einheit die Anerkennung, dass wir eine kollektive Einheit bilden und voneinander abhéngig sind. Er schreibt:„Die Erde ist nurein Land, und alle Menschen sind seine BUrger.“

Und Bahá’u’lláh macht weiterhin klar, dass heute ein breites Spektrum von Themen wie Armut oder rassische Vorurteile oder die Gleichberechtigung der Geschlechter als unteilbare Angelegenheiten der Menschheit insgesamt angesehen werden milssen, bevor die Menschheit ihr volles Potential entwickeln kann und bevor Frieden erreicht werden kann.

Aus dieser Sicht heraus unterstijtzt die Bahá’í International Community seit langem die internationalen Organisationen, die sich darum bemUhen, die Notwendigkeit kollektiver Sicherheit zum Ausdruck zu bringen und deutlich zu machen. Die Bahá’í waren frUhe

[Seite 5]UnterstUtzer des Konzepts des Vdlkerbunds und die Bahá’í waren seit deren Gründung bei den Vereinten Nationen engagiert als Nichtregierungsorganisation und als UnterstUtzer von deren Zielen und Prinzipien.

Gleichzeitig hat die Bahá’í International Community bereits sehrfrflh aufdie Méngel und Grenzen derVereinten Nationen hingewiesen. So legte sie beispielsweise schon 1955 ein Papier vor mit Vorschlaigén zu einer grundlegenden Reform derWeltgemeinschaft und deren Charta.

Auch wenn viele der damaligen Bahá’í-Vorschlége zu der seinerzeitigen Situation des Kalten Krieges Bezug genommen haben, entsprechen viele Vorschlége denen, die heute von dem genannten Expertenteam vorgetragen wurden wie der Aufruf zur Erweiterung des Sicherheitsrats und fUr eine aktivere Rolle der Generalversammlung.

Der einleitende Begleitbrief zu den damaligen Vorschlégen der Bahá’í skizzierte die Grundprinzipien des Bahá’iAnsatzes:

„Die Überlegungen der Bahá’í basieren aufdrei offensichtlichen Wahrheitenzwirkliche Souverénitét kann nicht lénger in den Einrichtungen auf der nationalen Ebene verankert sein, da die Nationen inzwischen eng aufeinander angewiesen sind; die gegenwértige Krise ist nicht nur politischer Art, sondern ebenso ethischer und geistiger Natur; und die gegenwértige Krise kann nur Überwunden werden,wenn wir zu einer

ist eine InseI: Sicherheit neu denken

neuen Weltordnung kommen, die nicht nur die Nationen, sondern auch die Menschen selbst reprégentiert.“

Die Identifikation einer„ethischen und geistigen Krise„ hat heute mehr Aktualitét dennje, denn die grbBte Herausforderung und Bedrohung derWelt erwéchst heute nicht aus neuen Technologien oder politischen Ideologien, sondern aus der Ausbreitung von religiösem Fanatismus.

lm 20.]ahrhundert ging die größte Bedrohung fUr die kollektive Sicherheit nicht von Bomben oder Geschossen aus, sondern vielmehrvon Ideologien, die eine Gruppe von Menschen Über andere setzte, seien es Rassen, Nationen oder Klassen. Und in den meisten dieser Félle entluden sich diese Ideologien in Konflikten zwischen Nationen.

Heute geht die größte Gefahr fur die gemeinsame Sicherheitjedoch von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen aus, die gegen den Staat agieren. Ihre Motivation beziehen sie aus religiöser Intoleranz und Fanatismus.

Dieser Punkt wurde hervorgehoben in einem Offenen Brief, den das Universale Haus der Gerechtigkeit, das höchste Gremium der Bahá’í-Weltgemeinde, vor zwei Jahren veröffentlichte:

„Mitjedem neuen Tag waichst die Gefahr, dass die auflodernden Feuer religiöserVorurteile einen Weltbrand entfachen, dessen Folgen sich niemand ausmalen kann. Eine solche Gefahr können die Regierungen nicht ohne Hilfe Überwinden“, schreibt das Universale Haus der Gerech


tigkeit in einem Offenen Brief an die FUhrer derWeltreligionen, und féhrt fort:

„Auch sollten wir uns nichts vormachen: BloBe Aufrufe zu gegenseitigerToleranz können keinen Hass tilgen, der fUr sich beansprucht, Gottes Segen zu besitzen. Diese Krise erfordert von den Amtstragem der Religionen einen ebenso entschiedenen Bruch mit derVergangenheit, wie er bei der Überwindung der gleichermaßen zerstérerischen Vorurteile der Rasse, des Geschlechts oder der Nation in der Gesellschaft vollzogen wurde.“

In ihrer Analyse zur Situation der globalen Sicherheit identifiziert die UN-Expertengruppe Armut und UnterentwickIung als maßgebliche Motivationen für eine bestimmte Gruppe von potentiellen Bedrohungen unserer gemeinsamen Sicherheit. Sie nimmt ebenfalls zum Thema religiöse Intoleranz Bezug:

„|nternationa|e Terrorgruppen nutzen schwache Staaten als ihr RUckzugsgebiet. Ihre Rekrutierungsmöglichkeiten werden genéhrt aus dem Groll, der aus Armut, Fremdbestimmung und derAbwesenheit von Menschenrechten und Demokratie erwéchst, der aus religiöser oder anderen Formen der Intoleranz hervorgeht und aus der alltäglichen Gewalt im zivilen Leben einem Hexengebréu, das auch die Ursache fUr BUrgerkriege und Sezessionsbewegungen abgibt", so schreibt die Expertengruppe.

Wenn wir uns diese neue Vision kollektiver Sicherheit néher ansehen, ist es wichtig, das gesamte Bild ins Blickfeld

zu nehmen: die Dimension grundlegender Einheit und Verbundenheit.

Die Expertengruppe breitet eine Reihe von strukturellen Anderungsvorschlégen fUr die Vereinten Nationen aus. Diese umfassen unter anderem eine Ausweitung des Sicherheitsrats, eine Stérkung der Generalversammlung und die Einrichtung einer Kommission zur Friedensstiftung.

Sie fordern auch eine stérkere Rolle für die Zivligesellschafi und unterstfltzen damit den erst vor kurzem veröffentlichten Bericht einer anderen UNExpertengruppe. „Wir sind davon Überzeugt, dass die Zivilgesellschaft sowie NGOS wertvolles Wissen und wertvolle Perspektiven zu den globalen Themen beitragen können“, meint das Expertenteam.

Am Ende wird der Erfolg oder das Scheitern dieser Reformen jedoch von dem Maße abhéngen, wie die FUhrer der Welt und die Menschen, die ihnen dienen, das Ausmal's begreifen, zu dem wir zwischenzeitlich aufeinander angewiesen sind und in dem die Menschheit tatséchlich eine Einheit darstellt.

Nur durch die Erkenntnis der essentiellen Einheit — einem Faktum, das grundlegend ist fUr unsere materielle wie spirituelle Wirklichkeit — wird die Menschheit die Motivation finden, mit derVergangenheit zu brechen und ein Versténdnis von globaler Einheit hervorzubringen, das uns dazu in die Lage versetzt, zur néchst höheren Ebene kollek tiver Sicherheit zu gelangen. I

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Am 10. A/Im 2005 [110' der Narimm/c Ceisrllgc Raf der Ba/Idt 1'11

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land :1! vi Thomas KrUger, Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsécker und Marieluise Beck


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Dcnn eine Wcllc viclfliltiget Vcriindorm1gspmzcxxc hut die (lcxcllxclmft in kiirzcstcr Zcit \‘011 .lltcn (§c\\rixxhcitcn wcggctrugcn, \cicn sie politischcr. \xirtsclmftliLhcr. gcscllsclmftliclwr. tcchnologischcr oder kulturcllcr N.I[lll. Unsichcrllcit crglcift xclbst dicjcnfi gcn. dic die Vcrlinderungsprozcxsc zu \tcucrn 1L1bL‘I].\Ol .lllcm .lhcr all jcnc. die davon bctmfibn sind.

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l}unduwcrfimxxungsgcricht. Ermti Wolfgang B(Sckcnfifirdc. dus‘s der fi‘cihcitliche. SZikuhrisicrtc St;th V01] Voraussctzum gun lcbt, die cr sclbst nicht g11‘;mticrcn kulm, ist in Zcitcn dicscr gcscllschafilichen Oriuk ticnmgxlosigkeit mchr dcnnjc MAlhmmg und Anspmn mglcivh. Dcnn nur mit dchixi(m eines bessercn chens 7 ‘1le \\c]chen Quellen <ic JLIL‘h immer gespcist wild 7 1mm] sit‘l) dic (?cscllsclmfi naclllmltig crncucm.

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Eingeladen waren auch Géste aus dem Judentum und dem Islam

Dr. Beate Schmidt-Behlau von terre des hommes und Dr, Emel Topcu—Brestrich


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Zu Ehren Abdu’l-Bahás veranstalteten die Bahá’í 1913 in Esslingen eigens ein großes Kinderfest.

Die Bahá’í DEUTSCHLAND


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Die dcursclze BaluiiGcmcindc nalzm vor

100_]alzrcn ilzren AHfang, als 1905 der (rstc Bahá’í naclz Dez/Irsclzland leam. Dr. Edwin Fisher lec/zrtc (ms Amerika in seine 5(l1wc'1'bische Heimar zurzit/e mzd efljfi‘hcrc in Stuttgart eznc Zalmarztpmxis. chijalzr spaterfolgte Alma Knobloch, die 517512 in Esslingcrz Illcderliq/f. Schon bald curstaud cine lebcndzlqc Gcmcin(16, die crstcA/enmtdtcn engfalrcrc.

Teil der deutschen Lebenswirklichkeit

OFHEIM—LANH GENHAIN. — In das Licht eincr brtitercn

Oflbntlichkeit trattn die Bahá’í in Deutschland erstmals 1913, nls Abdu‘l—Bahfi (1844 v 1921) im Rahmen ausgedelmtcr Reiscn in den Westen für cimge Tuge im Stuttgartcr Raum wcilte. Er war der iiltestt Solm [5;1115’11’1151150817 — 1892). dcs Stifters der Bahá’í—Religion. Nach dessen Hinschcidcn wurdc Abdu’l—lhhfi das Oberhaupt der Bahfi’iilcmcindc. Seine 68E11t11chen Ansprachen waren Aufi‘utc zu rcligibscr Vcrstiindigung. zum Ablcgcn vonVorurtcilcn und zum friedlichen Mitcinander dchblker.

Nach den Wirrcn des Ersten Weltkricges bliihtc dns (?cmeindelcben wieder nut: Der Bahá’í—Vcrlag wurdc gcgriindet. 1923 wurdc crstmnls der Nationnlc (histigc Rat der Bahá’í in l)cutschl;1nd gcbildtt. Disses Gremium wird nus dcm Krcis allcr in Deutschland lebcndcn Bahá’í jlihrlich 11cm gewlihlt. Die wcltwcit demo


kmtischc Rcchtsstrukturen tragcndc Bahá’í—Gemeindc kcnnt kcincn chrus. lhrc Bclangc wcrdcn :mfdrtlicller, nationalcr wic internationaler Ebenc von gcwlihltcn Körperschaftcn wuhrgcnommcn.

Der internationals Austnusch mhm in den 2001‘jnhrcn zu. Martha Root,journalistin und Wcltrciscndc bcsuchtc Universitiitcn in ganz Deutschland, um in Vortrligcn und Bcgcgnungen dic gcistigcn und sozialcn Lchrcn der Bahá’í—Religion darzulcgcn. In Esslingen cntstand dns „Hiius10“. ein Tagungszentrum für Ferienkurse und Scminnrc.

Himmlers Sondererlass

Mit dem Nntionalsozialismus wurdc cin (iffentliches Aufireten zunchmcnd SChWicrigcr. chen der kosnmpolitischen, antimssistischen Lchren der Bahá’í—Rcligion war der Konflikt mit dem NS—Staat vorgczeichnct. 1937 wurden def Ball;i„i~(}]nubc und seine

[Seite 9]Einrichtungcn durch einen Sondercrlass Himmlcrs verbotcn. AIIc (Icnwindcn wurden aufgeliist, ullcs Eigcntum, siimtliche Litcmtur konfisziert. Obwohl die Iiahfi’i kcinen Widersmnd Icistctcn, kam cs zu Verhaftungen. Irozcsscm Vcrcinzclt much zu KZAHaft.

Die jahrc dos Vcrbots bis 1945 sowic der Zweitc Weltkricg bcdcutctcn einen schwc1‘01) Riickschlng. Nach Kricgscndc musstc sich die deutschc Bahá’í—(Icmcindc wieder ncu ctablicrcn. Bald cntwickeltc sich in viclcn Stiidten eine regc (Icmcindctiirigkeit. Bcreits 1950 chtcn Bahá’í in etwa ()5 Ortcn der Bundcsrcpublik.

Mit dt‘l Bildung der DDR wurdc dort eine fi‘cic Religionsausiibung unmöglich und die (Iemcinde im östlichenTciI Deutschlands blieb bis zum Fall dCI‘ Mauer verboten.

AIS sich die Gründung der Bundesrepublik zum fiinfzigstcn M;11jiih1‘t€,stellte in Berlin cine vom Bundcstag initiicrtc Ausstellung die ,chc der Dcutschen“ zwischen 194‘) und 1999 dar: Ein malfistabgctrcues Model] dcs Buhfi’iHauses der Anducht in Hofheim am Tnunus war lesTciI der religiöscn Lebcnswirklichkeit Deutschlands dabci.

Wirken in der Gesellschaft

In dchnt untcrstrcicht das 1964 eingcwcihtc Hans der Andacht die Bahá’í—(Icnwindc i1) besonde Irlisenz der

rcr Wcisc. Es ist das einzige seiner Art in Europa und hat sich JIS Stiittc derAndncht und Meditation. dic JIIC‘II Menschen oflbn steht. zum Anziehungspunkt cntwickelt. 1987 erkliirtc dus Land Hcsscn 65 mm Kulturdcnkmal.

Bahá’í sind heute in ca, ‘)()(J Ortcn Deutschlands vertreten. Aufürtlicher wie bundcsweiter Ebcnc cngagieren sie sith in einer Rcihe V011 Themcnfcldan so im interreligibscn Dialog, für Integration und 5021;1 Ien Zusmnmenlmlt, (?cschlcchterglciclmtcllung, nachhaltige Entwicklung 0er Menschenrechtsbildung. I);1bci wird auch mit sozialcn, Immanitliren und kuIturcIIcn Organisationcn sowie Institutioncn zusmnmen gearbcitct.

DJS Wirkcn in der Gesellschufi und dic Entwicklung des Gcmcindclcbcns gchen für die Bahá’í Hand in Hand. So sind Andachtsvclsummlungen, Klasscn FLIr dic WerteerzieImng v01] Kindern sowit Studienkrcisc zu gcistigqeligiiiscn Thcmcn grundshtzlich ()fIbllL‘ Angcbotc, die sich an jedcn Mcnschen richten, 0b Bahá’í odor nicht. Bei 811611 drei Aktivitiitcn gcht es darum. dic pcrséinliche Lcbensf‘fihrung stlirkcr an geistigcn Wcrtcn zu orientieren Lmd sich in den Dicnst an der GesclIsclmfi zu stcllcn.

In künstlerisch—krc;1tivcr Weiss flirdem zum Bcispicl dic Tanz— und Theatcrgruppcn der jugcnd SOZIZIIC K0111pctcnz und ethisch orientiertcs Handcln mit Mitteln des intcraktivcn Theaters Oder des Ausdruckstanzcs. Dicsc regionnlcn Initiativen Vcrstchen sich und ihrc Auftrittc als gcmcimlfitzigcn soziaIen Bcitrag.

Anhand glusgcwiihltcr Projekte wurdc dic \vcltwcitc Entwicklungsurbcit der Bahá’í bei der EXPO 21W) in Hannover priisenticrt. Ihr licgt das Bild dcs Menschen als .,13€rgwerk, reich an Edelsteinen V(m unschiitzbarcm Wort“ zu Grunde. Erzichung flirdert den Schatz an mcnschlichen Fiihigkeiten zum Nutzcn der Menschheit. Cute Absichtcn und praktischcs Wisscn JIItin rcichen nicht aus. Es bedarf ethischcr Wcrtc und gcistigcr Irinzipicn. um die Einstelhmg. dic Dynamik und den \X/iIIen zurVeriinderung zu niihren.

Stellungnahmen

In DeutschIand Wie anders\\'0 Imbcn sich die Bahá’í much mit Stellungnahmen zur

L'o'su 11g gcsellschafilichcr Iroblcmc an E 1] ts c 11 c i dungstriigcr und PersimIichkeitcn dcs (Sffcntlichen Lebcns gewnndt. Zum Bcispicl 1986 mit einer Elkllirung zum Fricden, 1998 mit dcm Statement „Integ1‘ati011 Ills Hcmusforderung und Chance“ Odt‘l„ zuIetzt 2002 an dic Repriisentantcn der Religioncn 111itei—ncmAufi‘uf zur chrwindung V011V01‘111‘tcilcn.

Bahá’í sind aufgcrufEn, mit dcn (Iliiubigen aIIcr Religioncn in „heericherVerbundenhcit und Eintracht“ Lmd „im Geist des WOhIWOIIcns Lmd der Briiderlichkeit“ zu verkchrcn. (Icmdc der ihncn autgctragene interreligiéisc Dialog hat den Bahá’í in Deutschland Viclfliltigc Gclcgenheit zur Bcgcg111mg mit Vertretcrn der Religioncn und Kirchen gcgeben, u.;1. am Runden Tisch der Rcligio11611 in Deutschland.

Die Arbcit der Bahá’í bezicht ihrc Inspiration aus den Schriftcn Bahiu’lléhs. Ein bcuchtlichcr Tcil seines umflmgrcichen Schrifttums liegt in dcutschcr chrsetzung \‘01‘. Auch die Gcmeindcordnung der Bahá’í basiert autden Lchrcn lehfi’u'llfihs. Ein \vcsentliches (Iestaltungsprinzip ist dnbci gemeinsamc Bcrntung. Durunter verstchen die Bahá’í einen llozess k01Icktivcr Entscheidungsfindung, der für den Erfolg gcmeinschaftlichcr chfihungen uncntbchrlich ist. Diese Berntungskultur \vird im Gemeinchcbcn dt‘l Bahá’í bcwusst gcpflcgt Lmd entwickfilt. Sic bictct sich nicht zuletzt 315 Model] für Entschcidungspmzcsse aufaIIcn gescllschafilichen Ebenen an. I




Der Stand der Bahá’í im Global House der Expo 2000 in Hannover- dem Haus der Andacht in Indien nachempfunden, das die Form einer Lotusblijte hat.


Dr. Edwin Fisher kehrte 1905 aus den USA in seine schwébische Heimat zurUck und eréffnete in Stuttgart eine Zahnarzt-Praxis.

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Faeghe Evans, eine freiwillige Lehrerin in Perth, bei der Leitung einer Klasse im Rahmen des Bahá’í-Unterrichts an staatlichen SchuIen (BESS — Bahá’í Education in State Schools)


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Eltcm sc/zatzen die

Le/uen der Balzé’t fiber

AUSTRALIEN

erhisr/u I/Verrc und den Respelerfiir auderc Kulmren tmd Religionen. Der Unrcrridzr zl/Ird 1'11 gut 300 S(lmIon i111gan:m Land (mgclmtcn. Bis/mlg nc/zmm 6.000 Kinder all dem Angclmr m’l, div 1'il)(’;:g1'(3[)’(’ AIv/zr/zcir dawn sznd lecim Balzdz.

" ‘ Yl)NEY.ALIstr;1]icn.—So \\ic vick- ;1nderc Eltcrn Jufdchclt nuch. ist

VickiThonms \clnduml1gclcgcn. das‘s ihrc Kinder mit eincm gcwisxcn Vcrstiindnis für Rcligibscs nufimchscn. .,Meinc Kinder sind schrjung und sie bmuchen in ihrcm Alter nichts allzu Sclnvcrcs. ch1‘ cs ifit mir wichtig, duss sie eine rcligiéisc Bildung 11abcn“,s;1gt dic 33—jiihrigc Einwolmerin v01) St. Ivcs,ci11cm Stadtteil im Nordcn der Mctropolc Sydney. Allcrdings könntc ihre Entschcidung ctwas iibcrrasclnn, dcnn ()bwohl sie selbxt katho Iisch ist. cntschicd sie sich. nllc ihrc drci Kinder in den Rcligionsuntcrricht der Bahá’í zu schicken, der an der Grundschulc den Kindern angcbotcn

wird .,Ich mochte den aufgcschlossencn Ansatz im BahfliLehrplan„. sagt sic

Vicki Thomas ist untcr den Eltcrn Australiens nicht nllciIlc. Dank cinc‘s jahrhundertc alten Gesetzcs. dns dic Schulcn vcrpflichtct, Religionsuntcrricht anubictcn. sotbrn dic Eltcrn dies wiinschen. Imbcn sie die Miiglichkeit. ilnc Kinder an den stantlichen Schulcn im quh Spwm/ Rv/igioux Edmuriou unzunwldcn.

lnsgcsnmt nchmcn rund 6.000 (}rundsclmlkinder in Australicn um Rcligiomuntcrricht der lhhfi‘i tcil. der in mchl nlx 300st;1;1t1ichen Scluk lcn nngcbotcn \vird. In crstcr Linic \vurdcn dic Klusscn für Kinder der Angchbrigcn der linhfli—Rcligion cingcrichtct.

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Mittlerweile nehmen mehr 315 90 Plozcnt der Kinder nus Familien tail, die nicht Mitglicder der Bahá’í—Gmncindc sind — cin Zeichen für die brcite Zustimmung zum besonderen Ansatz der Bahá’í.

Natiirlich nehmcn immcr 110ch weitaus mthr Kinder 21m christlichen Religionsunter richt teil. Cut 70 Prozent der Australicr idontifizieren sich mit dem Christcntum und ViC' 16 tnuscndc Kinder Ilchmcn :11] Christlichen Religionsstundcn in den Staatlichen Schulen tcil. So hid} es 200] in def Zeitschrift Alive, dass christlichcr Religionsuutcrricht an 1000 Schulcn 311611] in New South Wales, Australians größtem Sta;1t,zlbgehalten wird. Ichrglcich dazu wurdc im letztcn Jahr Bahá’í—Religionsunterricht in New South Wales an gut 150 Schulen zmgcbotcn. Und auch Buddhistcn Lmd Muslime bictcn hier ihrcn Unterricht im Rahmcn der Spma/ Religious Edumriou an.

Bahá’í Education in State School

Die Bahá’í glauben, class alle großcn Religionen sine gemeinsamc göttliche Qucllc habcn und nacheinander der Menschhcit offenburt wurdtn. Entsprechend bictet dag Programm 111it den] Titel Balld/l/ State Szlzoo/x

(BESS) eine Einfiihrung auch

Edumrion in

in die anderen großen Religionen dechlt.

Der BESS—Lchrplan betont die Ausfbrmungcn Cthischcr Werte wic zum Beispiel Geduld, Ehrlichkeit und Mitgefiihl, die in allen Weltreligionen gclchrt wcrden.Auch beinhaltet der Lehrplzm übergreirendc soziale Prinzipien wic dic Einhcit der Menschheit, die Gleichwertigkeit dt‘l Geschlechtcr und die Féirderung etlmischer und religiiischoleranz.

„E1tern schhtzcn es,wie dic Bahá’í den Schülern den Re spckt VOI‘ den vcrschiedenen

Kulturcn und Religionen beibringcn“, mcint denn auch Yvonne 1’6rkinS,cint Sprcchc M,

rin der Baha 1—Gemeinde von Australien, dic rund 10.000 Mitglieder zlihlt. „Sie miigcn auch dic €thischen Grundannahmcn des lrogramms und die Tatsnchc, Class wir die Kinder ermutigcn, aufihr eigenes Verhalten zu nchten und dmu auf, wie desscn Vcrbesserung ihntn hilft, einen Bcitrag für dieWclt zu leisten„, so Perkins.

Anders 315 in anderen Ländern ist religiöse Bildung an smatlichen Schulen in Australicn nicht als Verlttzung dcs Irinzips der Trennung V01] Smut und Kirche Vt‘lbOttn. Eine allgemsinc konfessions Libergrcifcnde religiöse Bildung, welchc dic rehgibsen Traditionen in einem breiten soziologischen Kontext 21bdeckt, ist oft Tcil dcs Curriculum ~ wobei keine Gcbete gcsprochen warden und kcinc einzclnc Religion als dicVVahre dargestellt wird. Darüber hinaus gcstattet das Gesctz in den meisten Staaten undTerritori€11 Australians, inncrhalb der Schule auch bckenntnishaficn Religionsunterricht abzuhalten. Diese Spmal R(ltgious lidumrion wird von den cinzelnen Rcligionsgemeinschaften

ungcbotcn und nufstaatlichcr Ebenc gcnehmigt und verwaltet. Zum Beispiel fibcrprüft in West Australia) das Department (3f Edumrion and Training die Lchlpldne der Religionsgemcinschafien.

So bestätigt Brian Rogers, der i11Westaustralicn die Über})1‘iifung der Lehrpliine Vcrantwortct, dass der Bahá’í—Lehrplan geprüft Lmd dns V011 der Bahá’í—Cemcinde vorgeschlagena Personal gcbilligt wurde. “Bci der chrprfifimg dos Progrzunms achtet das Amt mchr aufdas plidagogischc Konzept als aufdie spezifischen Inhalte, dic den jeweiligen religiéfiscn K(Slperschaften zur Entscheidung fi'eistchen“, fijgt cr hinzu.

1n Australien wurde bereits seit den 6061' jahren informell Bahá’í—Rcligionsunterricht angebotcn. Bcgonnen hat dies dank engagicrter Miittcr, denen eine geistigc Erziehung ihrcr Kinder nuch an den (Srtlichen Schulcn wichtig war. Das BESS—ngramm wurde formell erst in den spiitcn 8061‘ Jahren ctablicrt, nachdem die Bahá’í—Gemeinde durch die Staatsrcgierung von New South Wales 315 Anbicter von Spaial Religious Edmarion zugelusscn wurde. Heute werden



Fast 6.000 Grundschul-Kinder nehmen in mehr als 300 staatlichen Schulen in ganz Australian an _ Bahá’í Klassen teil. Neunzig Prozent sind keine Anhinger des Bahá’í GIaubens — was auf die hreite Zustimmung zum Bahá’í Vorgehen in der religiasen Erziehung hinweist.

Eine BESS—Klasse an der staatlichen Fig Tree Pocket Schule in Brisbane. Rechts stehend ist der Lehrer ShidanToloui-Wallache. Nur eines der Kinder in der Klasse kommt aus einer Bahá’í-Familie.

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Der Neuseeléndische Musiker Grant Hindin Miller gab 1999 ein Konzert vor einer Gruppe BESS-SchUler an der staatlichen Grundschule Rainworth in Brisbane, Queensland.

„Eltern schiitzen es, dass wir in den Klassen, den Schüler Respekt für die verschiedenen Kulturen und Religionen der Welt leh Yvonne Perkins, Bahá’í-Gemeinde Australien

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BESS—Klassen durch hundertc fi‘ciwillig lehrendt Bahá’í in fast 311cm Staatcn des Landes abgchaltcn. Dabei erhalten die chrenamtlichen Lehrcr sclbst bcstfindig Fortbildungcn in den Inhalten des Progrumms. bckommen Kenntnissc in Kim der~ und jugendschutz und werden mach don Richtlinicn der Bildungsbchérdcn registriert.

Bci all dem nutzcn sis die gauze Bandbrcitc V011 Methodiken und Didzlktikcn, die professioncllc Lehrplancntwicklcr, die Cbcnfillls Bahá’í sind, 5pczicl] für Bahá’í’ lfduamon in Smrv S(hoo/s crxtcllt habcn. Kath Podger, die chcmnligc Leitcrin des Qflhv QfEdmnrion der australischen Bahá’í—Gemeil1dc, sagt, Class zudcm viele Freiwillige mehr nls eine Klussc leiten und Oftnmls selbst Eltcrn sind. „Als Eltcrn crkennen sie die Notwcndigkeit, ihren Kindern gcistigc Erzichung zu geben. Und sie wisscn, dies 319 Dienst an die (?emcindc als ganzcs

wcitcrzugcben“, sagt sic“ Zunehmendes lnteresse

Über die grundsiitzlichen Lchrcn der Bahá’í—Rcligion hinaus deckt der Lehrplan auch Aspekte der Friedenserziclmng und Konfliktprfivention, abcr auch die großeVielfalt der Rcu

ligioncn, Kulturen und Fests dchclt ab. Die Kinder teilcn ihrjcweiligas kulturellc‘s Erbc

untcrcinunder mittels Licder sowie Hand— und Bastelarbciten. (lebete und Meditationen finden ebenfalls statt.

ibt ilmen recht. Die N0twcndig Und die Regierung ‘

Jw

keit einer interrcligiéiscn und interkulturcllen Schulbildung Iiisst sich im stctig wachscndcn multikulturcllcn Australicn unschwer erkennen „])ic Erklärung zu Sadat)! mid [?lnlironmvm Learning Arm bekriiftigt, dass es wichtig ist, cin Augenmerk aufdieVielfillt der Interaktionen zwischen dcn Kulturen, Glaubensrichtungcn und Praktiken zu lcgcn“.s;lgt Brian Rogers vom Department (37' Edumnon and 7511171111}: Westmstraliens. Er vcrwcist dabei auf die stantlichc Erklärung, die Schüler crmutigt, dcn Rcspckt fi'n dds kulturcllc Erbc und eine Vcrpflichtung zu sozialcr Gercchtigkeit zu cntwickcln. Auch das BESS—lrogramm leg: besonderen Weft auf die Ermutigung jcdcs einzelnen Kindes. E5 5011 dic- ethischfin Mntabcn. die 65 bereits verinncrlicht hut, bcnennen §0wie jCIIC, aufdercn Entwicklung cs sich noch konzcntrieren muss, crkcnnen k61mcn.Der Unterricht hiilt sich an das Prinzip der Bahá’í, dzlss Bildung die

individuallc Kapazitiit zu sclbstiindigem und objektivcm Denken fifirdern muss. Dahcr versuchen die chrenamtlichen Lehrer nicht, ihrc Schiilcr zu konvcrtiercn Oder zu indoktriniéren,501lder11 crmutigcn sic Vielmehr,Wegc zum Dienst am Gemcinwohl zu hi1]tcrfingen und auszuprobicrcn. Und 0hnehin gilt, dass Sclfiilcr, die keint Bahá’í sind, nur mit cltcrliCher Zustimmung am Unter1‘icht tcilnchmcn diirfcn.

,.Besonders in den letzten zelm juhrcn hubcn wir eine beachtlichc Stcigcrung des Interesscs fcstgcstcllt, was zu einer starken Zunahmc an BESS—Klasscn gcfiihrt hat„, sagthonnc lcrkins,Sprec11crin dos Nationulcn Geistigen Rates der Bahá’í in Australien. „l)ic Klnsscn sind in Zahl und (irélic wcitcstgehend durch Mundpropnganda und durch die gutcn Ergtbnissc, welche dic Eltcrn an ihren Kindern crkcnncn, gewachsen. Kinder lichen dic Art. wie in den K135scn untcrrichtet wird. Das Programm ist recht Vielfliltig mit cincr Menge an Kunst sowie antcl— und Handarbcit, Meditationcn und Geschichtcn. l);1s alles rcgt ihreVorstc Ihmgskraft an“, fijgt sie hinzu.Auch bauten BESS—Lehrer Gcsung, Tanz, Spiclc und andere (lemcinschafisaktivitfitel1 in ihrcn Unterricht cin.

Vielc der chrfinamtlichen Lchrtr baucn dabci stark nuf das als ,.Friedenspaket“ bckannte Bahá’í—Curriculum, dds ursprünglich von der Lchrcrin Georgina Sounncss und der Zeichnerin Terri Turner cntwickelt wurdc. Die zwei Frauen beganncn die Biichcr zu schreiben, nuchdcm mchr 31$ vierzig Kinder zu cincr BESSKlusse erschiencn wardeie sie 1993 in Perth m‘éifihctc11.„Dus war zunlichst ehcr cntmutigcnd denn wir stclltcn {08L dass die Klasscn cigcntlich noch gliilicr \verdcn kmmten. Abcr es gab nicht Vic] Mntcrialicn, damit anderc Frciwillige sie nutzcn konntcn", sagt Geor [Seite 13]g11111 511111111655.

D115 „F1‘16116115p11k61“ 1516111 V16116111g61 K1115 1111 V61561116116116 Alle15g111pp611. Dazu g611611 61116 L16d6r~CD 1111 K1111161‘, 1116 All1111111111611 116s W6511111511‘11115611611 M1151k615 Urcg P1111161 6111111111. 111 5611161 M115111 SpliCht 61‘ T116111611 1111 W16 1116 E11111611 1161' M611561111611, G161611W6111gk611 1161 G6561116611161', 1116 N01W611111gk611 2111 B656111g1111g d61A1‘111111 111111 1116 B6d61111111g d61 E1‘Zi6111111g 1115 86111115561 ZUI‘ (9651111111111: 111161'1111111111111611 F1‘16116115 111111 W611w61161 W01111‘111111. „D115 Z161 151,111155 1116 K1111161 V6151611611 16111611,111155 Flitdell wirk11611 6116161111111 151, 111111 111155 11111611 1116 W61k2611g6 g6g6b611 1116111611, 11111 5611161 13116116115561; 161 211 W6111611.\X/1111166111611 516 11111111 1111161511112611,11165 111112115612611“, 11161111 G601g11111 511111111655.

„Wir bauen ein Friedenshaus“

U111 1011616111211 11611611 51611 VOI‘ZUStL‘HClL W16 61116 fi'16dV0116 W611 111155611611 k6111116,116111112611 1116 All101611 11611 (1611211111611, 6111 „F11611611511;1115“ 211 111111611, 111 1116561 U111111g116111112611 1116 1(1111161‘ K11111111, F111b6 111111 F112, 1111151611 61116 15611111151111g zu 111111611, 111155 561116 B6w11h1161 g1116k11611 und b61111g11611 111111 — 0b 111111 11111611 1116 (1161611W6111gk611 V1111 F1‘1111 111111 Mann, VV111561111111161165W011161gehen und B11111111g 1111 11116 01161 (1611 All5g161611 zw156h611 M6115611611 11111615611161111611611 (111111116115.

„Ki111161 111111611 1116 11166 b62111111611111, 111111 65 151 56111 1101111161. 816 1161111611 11215 H11115 11111 K11111111 od61 F112 111161 11611 $111b611611 V0111 Sp6156615111111611 und dadurch V6151611611 516,111155 11115 H11115 1116111 16111g 151,we11r1 6111 Z16g6116h11“,61k1111‘1 (1601‘gina Sou1111655. „W611n d16 E11111611 d61 M611561111611 Oder 1116 G1616hwertigk611 d61 Gc56111661116116111611,w11d 6s wci1611111] 311 F11611611 1.6111611.“

Positive Veränderungen im Verhalten

D16 R611k111111 d61‘ Bahá’í] 2111111611 Bahá’í—U11161116111 war 11b61‘VV111tig611d p05111v. „\X/11 116k0111111611 All11lf6 V1111 13116111, d16 11115 1131111 dllllktll, 111155 wir 1111611 K111116111 61116 g61511g6 13121611111113 V611111116111“, 611(111'11 (1601'g11111 511111111655. „816 111116111611 das 1111611 K111d6111 61g611111611 1111611 111111161611, 511111 111161 1111 11115161161, W16 516 so 61w115 a11g611611 51111611. D11 516 1116 SC1H‘1ft11C116 Z115111111111111g g6g611611 111111611, 111111111 11116 K1111161 1111 116111 UlltC1‘1‘1C1lt 161111611111611 11111111611, W155611 516 111161 1111611, was 516 b6k11111111611.U11111116111 1115 11115: 516 V61116b611 51611 gem116211 111 11115 C11111611111111.“

Yv1111116 P61111115 61‘g'1111zt, 111155 V1616 E116111 g6111611<1 111111611, wie 11115 V61‘111111611 111161 K1111161 11111611 1116 T6111111111116 11111 U111611‘16111 1165561 g6w01‘11611 561. „U11561'6 L61116111111611611 11111 116111V61'51'1111111115, 111155 1116 QL1£1111111C11 611165 1(1111165 11111611 561116611165 V61111111611, 1116 11115 Kind 1111 L11111"6 1161 Z611 6111wi1‘k61111111,V61‘s61116i61156111 11111111611. D6111111611 1131161165 Kind W111111611111165 111 51611 111111 1116 Bahá’í—L611161 V61511611611 111t511C1111C1) 11611 K111116111 11116 w11111161b111611 (21111111111611 Z11 Z61g611. E11111'dg6 W16 ,1111111g6111d6 K11112611111111011’ 01161 ,s1‘11166111 61211g611’ k111111611 50 561111611 1611111611611 W6111611“,

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D16 BESS—Lchrcrin V611115 N1151‘211111111 b6g111111 11111 11116111 6111611111111116h611 E11g11g61116111 1115 11116 61g611611 K1111161 111 61611 Bahá’í~U11161116111 g111g611. M111161wc116 111116111611161 516 5611 116111 j11111611. $16 511g1, 1116 Z1111] 1161 8611111611111116 1111 L111116 1161 Z611 111 1111611 [(11155611 111115115611 211g61111111111611. „1611 116g111111 1116565 111111 11111 11161 56111116111, V1111 11611611 611161111611161g61161 501111 w111.Ab61‘ 1116 E116111 1111 1161 86111116, 1111 1161 1611 11111611161116, 1161111611 1111611 111111 516 k61111611 11161116 K1111161'. U1111 1115 516 V1111 116111 U11161'1'16111 61111111611, 1111g611 516 1111,1111'6 K1117 d61 1111' 11611 Untt‘l'liCht 11112111116111611 7 d11d111611 1111b6 1611 1135 11111111111 29 86111116111b66111161“, sagt 516. D16 L61n‘61‘11) 151 1651



„lch begann dieses Jahr mit drei SchiiIern, von denen einer mein eigener Sohn war. Aber die Eltern an der Schule, an der ich unterrichte, kennen mich und sie kennen meine Kinder. Und als sie von dem Unterricht erfuhren, fingen sie an ihre Kinder einzuschreiben - dadurch habe ich das Jahr mit 29 Schülern

beendet.“

Venus Nasrabadi, BESS-Lehrerin

Eine Bahá’í—Unterrichtsklasse an staatlichen SchuIen (BESS) in Norfork Island, New South Wales.


2/2005 - 5111113

[Seite 14]


Im März kam eine Gruppe von Bahá’í—Lehrern in Brisbane zusammen um Ideen und

Ressourcen fUr den BESS Unterricht auszutauschen.

Alle arbeiten freiwillig.

„Meine Tochter wurde anderen gegenüber wirklich tolerant, egal ob sie Juden, Muslim oder anderen Glaubens waren - sie kommt mit allen klar und wir freuen uns, dass Für sie Religion nie wieder ein Hindernis Für Freundschaf ten sein wird.“

Michelle Ostowari, Mutter

aw

2/2005 — Sme 14


davon ilbcrzcugt: "Kinder crkcnncn (;<)tt\\i1‘k1ich als RenlitLit an. gnnz cinfnch. \uil sic cm (?cfiihl für ihrc eigtnc Goistigkeit habcn.„

"Und ich crm Oglichc ihncn Cillt Fiillc 311 krcativcr Aktivitlit. die die Thcmcn. dic sie 19111011 darstellt. Zum [Scispicl machen \Vir im Untcv richt über Moses K(Srbc Jus lapier, um die (?cschichtc darzustellcn, wic seine Eltcrn ilm in einen Korb lcgcn musstcn und ilm in cinch Flux‘s stclltcn. Das war cin gutcr Einsticg ins Studium von Moscs und dcs jiidischen (Ihubcns. Und zum Muttcrtng crstclltcn die Kim der ( §cschenkkurtcn mit cincm (Ecbct am den BJILTFSL‘III‘H; ten. dds sigh dirckt .m Miittcr \\c11dct.Sic gcxtaltctcn die Kartc mit Muschcln und Farbcn". bcrichtcthnm N;1\‘1‘.1lmdi.

Miuhcllc ()xtmmri ist mit cincm Zormxtricr \"urlwimtct Lmd cntschicd \iCl] für don BESS—Unterricht der Bahá’í. der dimer ihrcr Mcinung lLlCh

eincm zomnxtrischen UnterIicht um Iliicllstcn kiimc. ,.E\‘ ixt toll.\\ci1\\ir somt unscrc Kinder in cincn bckcnntnisfi‘cicn Unterricht schickcn miisstcn“, mgt die 47illihrigc. ..Mcinc Tochtcr gcht wit sie im Kindergarten \\'.n in dicscn Unterridlt. und nun ixt sie in der fiinftcn Klmc. Und mcin Solm wird Jud) damn tcilnehmcn. subnld cr nlithstcxjaln mit der Snlmlc lwginnt.„

.,l)cr Rcligionsunterricht der Bahá’í hut mcinerTochtcr scln gut gctnn. Sic wurdc tolerant Lmd Offt‘l] gegcnfibcr am dercn. cgal ob sicjudcn, Musi limc oder ctwas andercs wnrcn. Sic kommt mit allen klar. und wir sind fi‘oh. dass für sie Religion nic wieder cin Hindernis fiir eine Frcundsclmft scin \Vird." Weitcr sagt sic: ..Dicscs jahr \Varen nur \icr Kinder im

Unterricl]t.ubc1‘ nachdcm der

Lchrcr an der Schule eine kurzc lriiscntation gehaltcn hat. wurdcn sie mit 40 weitercn Anmeldungcn iibcrrollt. Nun mfmcn sie einen wcitcrcn Lclr rcr findcn. der hcltbn kann.“

jnnc Heath schickt ihrcn Solm in den BESS—Unterricht an der staatlichen Figr Trcc Pocket Schulc in Brisbanc. I )ic 4(w—jii111'igc ist sclbst LLhl L‘Iill. gehört abcr night der Balm}? Religion;m.Sic111Lim.d.1xm{c1‘ Unterricht ihrcn Solm gcholi fen hnbc. Respckt Ldeblmzmz für JlldL‘I'C 711 cntwickcln ..Mcin Sohn cntwickclt sich schcinbnr zu cincm fürmrglr chen jungcn MJI)11".~;1gt sign ,.Es kann win. dass cr dicw Entwicklqu so ()dCl so gomncht hlim.;1bcr \tiindigc Eri inncrungcn Lind [‘01) im BJhfi‘fiUntmwicht kiinncn nur gclmlfl‘n Imbun. [Ch bin der chrzcugung, dnss die Lchrcn unwrc Familicnwcrtc lwstiirkt lllbLll.“ I

(.mimu 1’<n/_q<'1'

[Seite 15]N -Exp

EREINTE NATIO NEN. —chn wir von

globaler Sichcrheit sprech€11,geht 65 um weit mehr 2115 nur um traditionallc Kriege. Ein hochrangiges UNExpcrtenteam forderte dicVercinten Nationen dahcr auf, eine Lllllfasscndere Definition V011 kollektiver Sicherheit zmzunehmen, sine, die die engeVerbundenheit aller Menschen und Nationen anerkennt.

„I)ie größte Bcdrohung unserer Sicherheit, der Wir heutc und in der Zukunfi gcgenfibcrstehen, geht weit Libcr die Existenz V011 Nationen hinuus, die mit dem chanken V011 Angriffskricgcn spielen“, betont ein Mitglied der 16kbpfigcn UN—Expcrtcngrupp6, die ihren Bericht am 2. Dezember 200-1 vcriiffentlicht hatte. „Zur globalcn Bedrohung ziihlen heutc auch die Armut, die Ausbrcitung V011 Infektiollskrankhtiten sowie Umweltzerstéfirungen, Kriege sowie Gewaltpmblcme innerhalb eincs Landes, die Ausbreitung und mögliche Nutzung V011 nuklcaren, Chemischen und biologischen Waffcn,Terrorismus und internationale Kriminalitiit,“

Diese neuc Realitlit erfordert ein „neues und umfllssenderechrstiindnis“ V0n kollekriver Sicherheit, so die Expertengruppe:

„Die Bedrohungcn der heutigen Zeit kennel] keine nationalen Grcnzen. sie sind miteinander vcrwoben und müssen nicht nur aufmtionaler, sondern auf kontincntaler und auf globaler Ebenc angegangen werden. Kein Land, wie mächtig es immer auch sein mag, kann sich allein nus eigener Anstrengung unverwundbar machenjedes Land braucht die Kooperation mit andercn

ertenteam fordert neues Verständnis kollektiver Sicherheit

Liindcm. um selbst sicher sein zu können.“

Die Expertengruppe, dcm fi‘tiherc Stautsoberhliupter und AuBcnminister sowie hohe Beamtc aus den Bereichen Sichcrhcit, Militiir, Diplomatic und Entwicklung angehörten, fordern eine engcrc Kooperation zwischen dcn Nationen. um zuniichst disses neue Verstdndnis V011 kollektiver Sicherhcit zu erlangen. Sie forderte cbenso eine Reihc von Reformen bei der UNO, 2.8.:

C Stärkung der UN—Gcncralvcrsammlung, L1.a. durch stérkerc Einbeziehung der globalen ZiVilgeseHschaft, mit dem Ziel, einen weltwcitcn Konsens in Grundfi‘agen globalcn Zusammcnlcbcn zu crziclcn

. Erweiterung der Zahl der Mitglieder im Sicherheitsrat, um V01„ allem mchr Ent wicklungsliinder in die Entschtidungsprozessc Cinzubinden

. Schaffung einer „Kom111ission zur Fricdcnsstifiung“, um Lander bei ihrem Übergang von Krieg zu Frieden besscr zu untcrstützen

. Erweiterung der Zahl der Mitglicdslfinder in der Menschenrcchtskommission, um dadurch der Tendcnz entgegcnzuwirkcn, dass sie aufgrund von politischen Rücksichtcn entscheiden :lnstatt einem klaren Bekenntnis zu den Menschenrechten

Die Expcrtcngruppc forderte auch sin strengeres Regime zurVerhinderung derVerbrcitung von nuklearcn Wager} sowie gréificre Anstrengungen zur Wiederherstcllung der V01ksgesundheit,was nicht nur die Abwehr V011 Epidcmien umfasst, sondem auch die Errichtung dines Bollwcrks gegen Bio—Tc-rrorismus.

„Dic Attacks V0111 11. Sep tember 2001 Offenbarte, dass 21116 Staaten und ihre Sicherheitsorgane Vcrsagt haben, rechtzcitig den Wandcl im Charaktcr der Bedrohungcn zu erfllsscn“, schreibt das Expertcntcam.

„I)ic technischen Revolutionen haben die Welten der Konmlunikation, der Information, der Gesundheit und d€s Transports radikal Vcrfindert, sic: haben die Grcnzen erodicren lassen, Fdrderten die M‘Ogliclk ktittll der Migration und erlaubcn Cine Gcschwindigkeit 1111 weltweitcn Austausch V01] Informational}, die noch vor zwci Jahrzehnten undcnkbar war. Dicsc Veriinderungen haben Viele neue Chancel) erdfil nct, alber auch neue Bedrohungspotentiale gcsclmffen. Immer kleinere Gruppen k61111611 immere größeren Schadcn unrichten und bediirfcn hierfiir nicht länger der Unterstiiv zung durch Stauten“, schlussfolgert das Expcrtcnteam.

jenseits der unmittelbaren Reformcn zur Stärkung kollektiver Sicherheit hebt dns Expertcntcam die Bcdeutung der Millennium Development Goals der UNO hervor, die die Überwindung V011 Armut und Umwcltzerstiirung zum Ziel haben und unverzichtbar sei€11, um Terrorismus und Biirgerkricgen langfi‘istig den Bodcn zu entziehen.

„Entwicklung“, so das Expertentcam, „ist die unverzichtbare Grundlage für ein System kollcktiver Sicherheit. Sic him in} K21111pfgege1) Ar: mut, Epidcmien und Umweltzcrstbrung, die heutc Million ncn v01} Menschen umbringen und ilmen ihre Sicherheit rauben. Entwicklung ist lebenswichtig gegen die Erosion der Nationen und gegcn jede Art v01) ncuer Bedrohung. I


„Zur globalen Bedrohung zihlen heute auch die Armut, die Ausbreitung von lnfektionskrankheiten sowie Umweltzerstiirungen, Kriege sowie Gewaltprobleme innerhalb eines Landes, die Ausbreitung und magliche Nutzung von nuklearen, chemischen und biologischen Waffen, Terrorismus und internationale Kriminalitit. Wir brauchen ein neues und umfassendes Verständnis von kollektiver Sicher heit.“

UN—Expertengruppe zum Thema koHekti ve Sicherheit

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Neuer Ofen mit hohem

Wirkungsgrad rettet den

kiinftigen Wald in Swaziland

SWAZILAND


Crispin Pemberton~Pigott, Hauptentwickler des VestoOfens und Direktorvon „New Dawn Engineering", présentiert sich mit einem Display des Ofens, der kUrzlich den „Chairman's Special Award“ des „Design Institute of South Africa" gewann.

{F ONE COUNTRY 2/2005 - SEITE 16


ATSAPHA, SWA ZILAND — Als

Crispin Pcmberton—Pigott begann, einem neuen Holzofcn mit hohem Wirkungsgrad für Entwicklungslander zu konstruieren, stellte er sich zuniichst einem „Virtuellen Wald“ vor. So begann er seine schöpferische Titigkeit. Er wusstc, dass Umweltingenieure htiufig Von „Vi1'tuellen Kraftwcrken“ und "dezentralen Energiestationen“ sprechtn, wcml sie vcrschiedene Maßnahmen 2111' cf.fizientercn Encrgienutzung meinen. lcmberton—ligott fing zm, sich vorzustcllen. wic viclc Bliume mun durch dic Entwicklung cincs billigcn und dcnnoch effizicntcn Kochers auf Holzbasis rcttcn kbnntc.

. Vesta stove


DieseVision begeistertc ihn. Pemberton—Pigott ist heute der Chetvon „Ncw Dawn Engineering“,eincr Firma, die angepasste Technologie für S'Lidafrika cntwickelt und herStellt. „Am chankenspicls war zu untcr Anthng des suchen, oh man einen innovativen Ofcn aufden Markt bringcn kann. Er mußtc die NcinSagcr ignoricrcn, die glaubtcn, man kiinne einen kommerziell fimktionsfiihigen Ofcn mit hohem Wirkungsgrad nicht billig hcrstcllen.“

lembcrton—Pigott verstiirktc seichorstellungen mit ciner wcitrcichendcn Vorausschuu:„1m Erfblgsfall kiinnten wir viclcn Mcnschen die Mühe crsparen, Bliumc zu fiillen. Glcichzeitig könnten wir eine Mcnge neucr BZiume als Brcnnholz anpflanzcn. Und so entwickelte sich die Ides, einen virtuellen Wald zu schaffen.“

Nur ein Viertel des bisherigen Holzverbrauchs bei gleicher Leistung

Pemberton—Pigotts „Gedankenspiel“ hat sich ausgezahlt. Der neu entwickelte Vesto—Ofen verbrennt nur ein Viertel des I-Iolzes, das man zum Kochen über offenem Feuer benötigt, fast ohne Rauchentwicklung. „New Dawn“ hat seit Anfang 2000 mehr 2115 1000 VesteOfen verkauft. Im September 2004 Zeichnete das „Design Institut of South Africa“

(DISA) den Ofcn mit dem höchsten „Chairman’s Special

bereits

Award“ aus und bezciclmcte ihn als „hervorragcndes Design

von Ilbchstcm intcnmtionnlcn Standard“. Bcwcrtct wurdcn Innovation, lrcis—Lcistungs Vcrhiilmis, Leistung, Sicherhcit und Ergonomic, Umwcltcinfluss, iiuBcre Form sowic lnstallutions— und Bcdicnungsfi'CLlndliChktit. Der relativ gcringc Endverbraucherpreis mucht dchcsto—Ofcn uuch für urmc Menschen erschwinglich. 1m November 2004 hat die „St;1inlcss Steel Development Association“ den) lrodukt cincn „Mcrit Award“ {fir den innovativen Einsatz V011 Edelstahl verlithenVor kurzem hat der Ofen auch in der Kategorie „Haushaltswaren“ auf der jfihrlichen Veranstaltung des „South African Bureau ofStandards“ gewonnen. Die drei Auszeichnungen sichern Pembcrton—Pigott und seiner Firma „New Dawn Engineering“ den Rufals einen der innovativsten und kreativsten derWelt unter den Herstellern angepassterTechnik, lemberton—Pigott und seine Frau Margaret gegrfindctcn „New Dawn“ (Neue Morgenréte) im Jahre 1984. Sic stellten eichielfalt v01] einfilchen aber cffizienten Gcrdten her, die auf ddrflicher Ebene in Afrika und anderen Entwicklungsliindern genutzt wcrdcn. Dazu gchbren auch handhetricbene 0113135611 und Steinbrechcr sowic vcrschiedcnc Geriitc zur Herstcllung von Zciunen, Zicgclstcincn und Dachzicgeln. „Wir glaubcn dass die arbeitsintensive Ausriistung und die wcrtcorienticrte sozizllc Entwicklung Katnlysatorcn für Drittc—Wclt—Länder scin kénncn. Sic kéjnncn auch cine bcssere Zukunfi für die

[Seite 17]M611561111cit aufzcigcn. — All1

1161111g611Tng6 1111135611T21t611 (116 '

Wortc 11116111611611.“ So sugt P6111b61‘to11—1’1gott.

V01 2811111611 zog P61111161ton—ligott von Kanada 11;1C1] All‘1k;1.56111611 gC1C13tCll 15111151Glnubcn 11611111 Cl 315 (116 Q116116 (101‘ Inspirat1011 1111‘ di6 .,N6w l);1\\'11“—Anstrcngungtn, Wirt561131111611 11111611611116 Masc11111611 1111‘ 1111'1k;111156116 1)61'161‘ zu 611tw16k61n und 11C‘I‘ZUStt‘11611. „I11 (101] 13'111151‘1-56111'1ft611 ist davon die R6116.W6g6 211 1111(1611, W16 C185 E111k0111111611 der V01k311111sse11 1111g61116111 ange11011611 \VCI‘dCl] k111111. Es 116113t. CS giibc k6111 wichtigeres U11t6111611111611 1115 (116565.“ Daran ()1‘1611t161t SiCh PCIIlbeltOII—Pigott.

Wie es funktioniert

DerVesto—Of611 verb1'61111t 1-1012 und Dung 611121611161 und 61111551011551‘11161‘ 2115 konvcntio116116 C51611.Du11g15111601161615 b61'1'1611tigt 1111 d16 Rauchent\Vicklung und 56111611 1116(11‘1g6n Brennwcrt. Dung wird 211)L‘1‘ 111 61111g611 (166761111611 Afrikas. wic Athiopien,V61‘b1‘a1111t.wo k6111 anderer 1316111151011 2111' V61‘111gung St6ht.

D61 56111115561 211 1116111 E111zenz ist 111th 1’6111bcrt011—1’1gott 61116 K011st1‘uktio11,dic 61113116111611116 Luft V01‘VV111‘111t.1)1C 61'wiirmte Luft wird cingcsctzt. u111 das Feucr zu 18011C1‘CI] und W51‘1116V6rlust zu V61‘11161del1. „1)as 61‘11611t d16 E11121611z 1161 der V6111r611111111g von Bl CllIlsto11w161)1111g1)1s zum St ChS111611611“, sngt 1’61111161‘1011-1’1gott.

D61 Vcsto 11:11 11161 Alle1) V01] N611611111116111giil1g611. d16 $611161] Einsatz sowohl 111$ H012k01116 produzicrcndchergaser W16 311611 als K01116, Holz OdCI‘ Dung vc1'br61111611d61' 01611 611;11111611_V1616 innovative 01611 51nd so kompliziern class 516 111 61116111 6111111611611 U1111‘61d fast nicht gebaut werden k€1n11611. E111 Vesto ist V61‘g161C115VV61SE Cillfilch 116121181611611. P6111b€1‘ton—Iigott sagt dazu: „B61 der

Konstruktion dieses ()1‘6118 56121611 W11 11115 61116 61111116116 Bauwcisc und 61116 extrem 110116 E11121611z zum 2161. F111 die Produktion braucht 111:111 k61116 komplizierten und teu1611 Werkzeuge Oder V161 K11p1t2116111satz. DCI‘ V6510—O1bl1 basiert aufeiner 111od111zi6rte11 25—L1t61' Farbdose und wird 1111‘ etwa USD 29,— verkaufi. Dcr P1615 wird W61t61‘ 11111611, W61111 d1€V€r1<21UfSZL1111CD stcigcn und gréBcrc Stückzalflcn 1161‘g651611t \V61‘d611 . “

Innovative Sicherheiten

111 611161 1{6g1(>11,111 dCI' dic E1‘11z11u1ng V011Wiildc1‘n 111111161 schwierigcr und (11C 611121611tt‘lt 13161111st01’11/61wc1‘t1111g 111111161 1'1ot\\1611dig61‘ wird. 1116161 der Ofcn :111611 innovative SiChc‘lhCitSCigCHSChaf-ten. „01611 sind 11161 61116 C161 Hauptursa611611 1111‘ C1CSU11(111C1tSpl Ob1L‘IHL‘ 1161 Fruucn und K11]dCI‘Il“,StC11t 1’61111161‘1011—Pigott 1651. „D61‘ Vcsto triigt (161‘ 1’1‘011161111ag6 R6611111111g. da (‘1‘ 5161161 111 der Handhnbung ist.V011 HUBCD ist 611116111 56111116115.“

1111 Gcgcnsatz 211 61116111 1’;11‘;111111o1"611 11iilt dt‘l V6st001611 SCint F1;11111116 111 611161 gusdichtcn Blechbiichse. D21durch wird (116 Oberfl'ache k1111161‘ und das Feuer ist 6111geschlossen, 1.21115 der 011611 Lungestoficn wird.

Du d61‘V63t0 fast jede Art von Biomasse verbrennt, sind die Huushalte 1116111 1116111 3111‘ ttult Holzkohle ang6w165611. 1’6111b61'ton—P1gott SC1111C1CI't dazu syste1111sc116 Zusammcn115111546: „111 afr1kanischen Stlid1611 W61'd6n große M611g611 H01zkoh16 verbmucht, 6116 1161 lloffnllngslos g61‘111g61‘Aus116ut6 aus Urwlild61‘11 g6w01111611 werden. N16111a11d konntc 11181161‘ großc T6116 der stiidtischen Bevölkerung V011 dCI‘Vt I'VVCHdung v011 Holzkohlc wieder 211111-1012 11111st611611.

Allerdings ist H012 111 B6zug 1111f die E1161‘g1611usb6ut6 d6s B1'61111st0113‘ und die damit 111sg65;1111t 111(1g116116 (163mm 1(0611261t 56111 V161 CffiZiClltL‘l 1115 Holzkohlc. Das wiirdc JUC11 großc T6116 dcs Wnldcs I‘CttCll. U111 (1115 211 01‘161611611,11r;111611t 1111111 6111611 01611, (161‘ Holzk01116 gut und H012 $6111 gut vcrbrennt. D16 LCUtC w111de11 11111 V161161611t 1115 1616111 211 611tzii11dc11d611 Holzkohleofen k11111611. Soba1d 11111611 11111161 oder splitcr d16 H01z1<01116 ausg611t. W111'd611 516 65 flbt‘l 11111 H012 versuchen. Sofort \V111‘d611 516 11161'k611, dass das b1111g01‘6 H012 6111 guter Oder sogar 116856161 B161111st01‘11111s (116 H012k01116 ist.“

Vesta macht Kinder froh

Das Moya (3611161 1111‘ W111sen und g6fii111‘dct6 Kinder 111 Swaziland 111111111 v01 kurzcm V161'Vesto—01611 111$ Spendc 1111‘ 11116 V011 K111C1C‘1'1] g6111111‘t611 Haushalte 61'1tg6g611.

_];1116 Cox, die l)i1‘6kt01‘111 des Moya (:ClltCl S,13CSC111'C113t d611 111t611 21151111111 111 11611 Haus11111t611: „Alle 111656 K1111161‘111111611 V01‘1‘161‘JLIfHO1Z1’L‘UCl I] und 011611611 FCLICI’I) 11116 Nahrung zubcrcitct. 111 1111611 ,Kiichen 5111111116116 51611 Ranch und dzls ist bc SOHdCI'S g6511111111citssc11l1'd11611.“ chr dcn 11611611 Zustand 1161'1611t6tjul16 Cox: ,.1611 113136 (11656 Haushaltcjctzt (11:1611d6111 $16 L11L‘ 01611 1161(11111111611 112111611) wieder bt SUCht. und £1116 sugcn 1121s (316161161111V61‘g1616h 211 vorhcr bl‘flLlChCl] Sit“ 11111' 110611 6111611 Bl L1C11tL‘11 dCS F611011101208, und das Wasser kocht jctzt 111116111111b vo11 6rstaunli611611 261111 M111ut611 ohnc R21L1611611tw16k1u11g. D16 G6S1C1Itt‘1' der Kinder leuchttn, \VCIII] 516 111161 dC‘IIVCStO—ijcn 51316611611.“ I


Sew: 25.



Der aus einer modifizierten 25—Liter Farbdose entwickelte Vesto-Ofen wird fUr etwa 29 US-Dollarverkauft und ist vierfach effizienter als offenes Feuer. Bisjetzt sind Über eintausend StUck verkauft worden.

Das Schnittmodell des

Vesto—Ofens zeigt die verschiedenen Kammern, in denen die einstrémende Luft vorgeheizt und damit die Effizienz des Ofens erhéht wird.

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[Seite 18]


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istorische Restaurierung im

Heiligen Land beriihrt gleich zwei Religionsgemeinschaften stark


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Bahá u Iléh wurde fUr mehr als zwei Jahre als ein Gefangener des osmanischen Reiches in dieser historischen Festung gehalten, die in der geschichtstréchtigen Altstadt von Akká, Israel, aufden Fundamenten der Kreuzritterbauten errichtet worden war. Die Fenster rechts oben gehören zu dem Raum, der Bahá’u’lláh als Gef‘éngniszelle diente.

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ISRAEL


Die Gesc/uclzre der Resrazmerzmg der Zifadellc lclzrr mzs amlz cine wichtige Lcletion fiber die Kmm dos Kompromisscs bcz 121'storisc/zm Restauricrungen. In aicscm spezie/len Fall {Sr die Gqfdngizzg/Esrzuzg mclzr nurfiir die Bahdz mm gcsclzic/zr/ir/zcr Bcdcurmlg, sander„ allflzftir

jzidisdzc Gruppml.

KKA, 18111017111dcn

splitcn ()Ucrjnhrcn des

0.];1111‘111111derts legten Bahá’í—lilgcr, die nus lcrsien kumcn, oft mchrcrc hundert Kilomctcr zu F1113 zurück. Sic bulmtcn sich ihrcn Weg über vcrschlungcne l’fildc durch iidcs (;Cl)ilgt.V()1‘l)€i 2m hcimtiickischen Feinden und durch dic gliihcndc Hitze V011 Wiistcn, um diese nltertiimliche Stadt 21m Mittclmeer, die inzwischen zum nbrdlichen Israel gehört. zu erreichen.

Sis kamen mit dem Ziel, Bnhé‘u’lléh zu besuchen, den Stiftcr ihrcs Glaubens, der von den Bchéirden des Osmanischen Reiches nach Akká verbannt worden war und mm in einer Festung gefimgtn gchalten \Vurdc. Für Vicle Pilgcr war

allein der Anblick scincs GCsichtes die wichtigste Erthhrung ihres Lebens.

Lcider kamen Viclc den weiten Wag aus dem Iran, nur um drum an den Toren dieser ummaucrtcn Stndt abgewicscn zu werden. 0ft standen sie auf der nndercn Seitc dcs Stadtgmbens und musstcn sich mit cincm kurzen Blick gulf Bahiu’lléh zufi‘icdcn gcbcn, \Venn er ihncn von einem cntfcrnten Fenstcr nus zuwinktc.

Auch hcutc kommen tausendc Bahá’í als lilgcr in dicsc Stndt Lmd in das nulls 1401ch11c H;1it;1,wcnn sie nuch inzwischen in Flugzcugcn und undercn motorisicrten Fahrzcugen zmreiscn, und nuch für sic ist cs cin Hélwpunkt in ihrcm chcm die Ortc hier zu bcsu [Seite 19]chen,an denen Bahá’u’lláh v011 1868 his 211 561110111 Hinscheiden 1111 jahre 1892 lebtc,

Es war und ist 611161' der Schwerpunktc der Bahá’í—Pilgerrcise, den Raum in der Fcstung zu besuchen, 111 (16111 Baháhlléh V011 1868 bis 1870 gef2111gengchalte11 wurde, den Raum, in dem cr cinige seiner bckanntesten Wcrkc offenbarte, darunter dic Verk Lindigung seiner göttlichen Mission 2111 politischc und religibsc Fuhrer.

Dieser Raum und die 3117 grcnzendcn Bercichc bliebcn jcdoch fast zeh11 Jahrc lung geschlosscn, da 65 notwendig war, 11111filssc‘11de Restauricrungsund Erhaltu11gsarbeitc‘11 :111 111mm durchzufiihrcn. Seit juni 2004 ist es Bahá’í—Pilgem Wicder gestattct, diese R211111111c11keitcn zu besuchen.

Wlihrcnd ihrc WiederefiSfF111mg @111 wichtigc‘s Ereignis für die weltweite Bahá’í—Gemtindc darstellt, geben die Untersuchungen, die sorgsamen Überlcgungen und die heiklen Verhandlungen, die 1111 Rah111611 der Restauricrung der Zitadellc stattgefundcn haben, dtr Weltgemeinde als Ganzes 6111611 beachtlichen Einblick 111 die historischc und wissenschaftliche Sicht des Bahá’iGlaubcns als unabhiingige Weltreligion, die 111r611 Ursprung in der modernen Zcit hat.

Historischer Ort fiil die Bahá’í wie auch Für die Juden

Die Geschichte der RenoVierung der Zitadtlle lehrt 1111s auch 61116 wichtige Lektion über die Kunst der Kompro11lisssc11116131111g bci historischen Restaurierungen. In diesem spezicllen F2111 ist die Gcfiingnisfisstung nicht 11111‘ {111‘ die Bahá’í V011 geschichtlicher Bedeutung, sonderu auch fürjiiv dischc Gruppen, dencn cs 3111 Hcrzen liegt,dasAlldenken 1111 jfidische Aktivisten zu bcwahten, die hier untcr dem M1111dnt G1‘013britm1111c‘115 gethngen

gehalten und hingerichtet wurdcn

Tausendjfihrige Geschichte führt zu unterschiedlichen Vorstellungen als Gedenkstitte

„Das Aufi‘cgcndste an diesem Projckt ist seine V161schichtigkeit“, meint Erol Faker, 6111 111 jcrusalem tatiger Architckt, der als Berater 1111 diesem Projckt beteiligt war. Er erkllirt: „Die Geschichtc des ?ebdudes gcht musend jahrc zurück und es wurdc 2111FV16161161 Art und Weisc genutzt.“

„Erbaut 111 der Kreuzrittew zeit, stand es dalmch fur einige Zcit leer,bis die 051112111611 61116 116116 Befestigungsanlagc bauten. 111 diescm Gebaude W111de Bahifulléh gefimgcn gehalten. 111 den 20a, 306]„ und 40€r Jahren wurden hier jiidische Gethngene unter de111 Mandat GrOBbritnnnic-ns festgehaltcn.“

Erol Paker fiigt 11111211: Diese vcrschiedenen Perspcktiven undVem/endungszweckc fiihrten zu unterschiedlichen Vorstcllungcn dariibcr, wie das Gebdude restauriert warden sollte. „Wir könnten 1111s jedoch 011116jcglichen Konflikt aufetwas einigen,1111t de111 alle Parteien einverstzmden waren.“

Akkzi selbst ist an sich schon einc historischc Stadt. Sic war der Hauptstfitzpunkt der R611161‘, der Pcrscr und auch der Kreuzritter, die Ihr den Nalnen Stjean d Acrc gaben und für welche sie 211$ letzte Kapitalc und Stfitzpunkt 1111 Heiligcn Land clients.

D213 Gebiiude, 111 dem sich Bahá’u’lláhs Zellc befindet, wurde V011 den Osmanen 11111 1797 erbaut. Sic errichtcten es über dem Hospiz der jol1an111te1',6111el11 der damals letzten 110ch stehenden Gcbziudc aus der Kreuzritterzeit.

Die Zitadclle behcrrscht, 1115 1111posm1t€ Konstruktion aus Stein 113116 1111 der Mittelmeerkiiste, c1611 nordwcstlichen T611 der alten, L1111111aucrtcn Stadt.

Einst hielt sie sogar eincm AllgrifiNapoleons stand.

Die Tatsache, dass die Briten diese Festung in der ersten Hdlfte des 20.}ahrhunderts 111$ Gefiingnis fürjiidische Widerstandskihnpfer benutztcn, macht sie 2111c11 für die israelische Gcschichtsschreib1111g zu cincm wichtigen Gebfiude.

Vor etwa fiinfzchn jahren, 2111fdas Betreiben einiger Überlcbender aus der Gruppe der ehenmligen jtidischen Gefange11en,bcschloss die Regierung aus dem Areal 6111 Museum 211 machen. Das Bahá’í—Weltzentrum, mit Sitz 1111 Raum Akkz’l/Haifa, bat darum, dass der für die Bahá’í heilige Charakter dicscs Ortcs, bei der Plan1111g berücksichtigt w Lirdc.

Ein Kompromiss wurde gefunden

E1116 wichtige Frage, dic sehr bald zlLlfkam, war, welche Zeitspanne mit der Restaurierung widergcspiegelt werdcn sollte. Die Israelis W011tel1,dass es das Jahr 1947 sci, da damals der geschichtstréchtige Ausbruch derjijdischen Gcflmgc11011 stattgefimden hattc, die Bahá’í aber wollten, dass die Zcit um 1870 widergcspiegelt wiirdc, da dies die Zeit war 111 der Bahfi’u’llfih hicr gefangen gchalten worden war.

Jahrelang ka111 1112111 mit den Diskussionen nicht voran, bis entdeckt w111‘dc,dass durch €111 Grofiprojekt, bei dem die Kreuzrittergebliudc unter der Zitadelle freigelcgt wurden, die Baustruktur darüber beschiidigt worden war. Und so beganncn die istaelischen Behérden vor etwa 261111 jahrcn damit, dic Zitadelle zu bcfcstigcn und zu restaurieren.Aufgrund 1111-61 groISen Bedeutung für die Bahá’í bot das Bahá’í—Wcltzentrum seine Mitarbcit bei dem Projekt an.

„Dc11 Behérden wurde kl;1r,dass das Gebfiude geffihrdot war“, sagt Albert Lincoln, der Generalsckretiir der Bahá’í International C0111111unity,der


„Das Aufregendste an diesem Projekt ist seine Vielschichtigkeit. Die Geschichte des Gebäudes geht tausend Jahre zurück und es wurde auf vielerlei Art und Weise genutzt. Wir könnten uns jedoch ohne jeglichen Konflikt auf etwas einigen, mit dem alle Parteien einver standen waren.“ Erol Paker, Architekt

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[Seite 20]„Die wichtigere Lektion hier ist wahrscheinlich, dass die Wissenschaft immer neue Fakten aufdeckt und Perspektiven eröffnet. Dieser Prozess, bei dem wir das in Frage stellen, was wir als gegeben annahmen, spiegelt einen Aspekt eines Grundprinzips des Bahá’í-Glaubens wider, die Einheit von Wissenschaft

und Religion.“ Albert Lincoln,Generalsekretér der Bahá’í International Community

Restaurierungsarbeiten in dem Raum der einst von Bahá’u’lláh bewohnt wurde. Es wurden viele Vorkehrungen getroffen, um sicherzustellen, dass der heilige und historische Charakter der Zitadelle bewahrt bliebe.


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\7011 Sciten der Bahá’í dicVel> handlungen 111it dcn ismelt schen Bchiirdcn 111111-10. „Sic erluubtcn 1111s ;11$0,dc11 Bauvorschlag zu begutachtcn, dd sic wusstcm wie wichtig cr für die 15211151’1 war.“

„Letztendlich wurden wir 11115 (1111111 iibcr cincn kreativcn K0111pro111iss 01111341161 dem dzls iIHIC‘I‘L’ ()bcrc Stockwerk dcs Nordwcstturms lwo 13311.1711‘11511 gcflmgcn gehnlten wurdel mach dc111V01‘bild von 192M restnuriert wcrdcn solltc und die AuBtnscitc des (lebliudcs 1111(11 de111V01‘bild von 1947“, 612211111 Albert Lincoln.

Er erkliirt,d;1ss für die Rr110vic‘1‘1111g dcs lunchbmeichs.

111stz1tt dos jahrcs 187(Ldasjul1r

1920 ;115V01'1;1gc gewiihlt wurdc, da cs kcinc Aufzcichnungen über dic Zcit vor der Allkunft der Britcn gab und cs $0111 1111w;1l1rschcinlich schicn, duss sich 111 den letztcn fiinfzig jahrcn unter osnmnischer Hcrrschnfi Viol vcrlindert hatto.

E111 1111dc‘1‘cx Problem war die Authentizitiit. Auf Fotoi grnficn LILIS den 20ch3111‘611 m1: rcn dic Fenstcr durch 1161261‘7 116 Stiibc untertcilt — nicht durch die iiblichen Gittcrstlibe, die 111m 111it 61116111 Gcfiing111$ Vcrbindct. „Es stelltc sich

hornus, duss div Briten in den

4(Jc1‘jal1rcn die Eiscngittcr 61117 gcbaut batten“, mcint Albert Lincoln. „Die Israelis wolltcn nicht~ (111851111111 die Gittcr cntflmtc. Sic 1116111tc11.d;1ss sie 61> 11c11 wichtigen Tcil derAtmoi sphlirc 11115111z1c'11tc11. \X/ir cnti gcgncten darauf, dass es hit‘l 11111 Authentizitiit ginge.“ Pakcr111cil1tc,d;1ss diesc Art von lmblcmcn und K0111p1'0111155611 1161 wichtigen historischen Rcsmuricrungen 111111115y g1uftriitc11. „jede der lartcicn 111usstc 1111 Endergtbnis cinigc Zugestiindnissc111;1cl1c'111“

Authentizitéit bei der Renovierung

E111 wcitcrcr Aspekt dcs lrojekts war die Fragg wic \Vcit dic Rcstaurieru11gmodernc Bauwciscn widerspiegcln sollttx Lmd wic 111:111 6111 authentisches Erschcinm1gsbild crrciChCll konntcx

1111 ($108611 und (13112611 wurdtn tmditioncllc Matcrialien verwendet, 11111 die Restauricrung 90 authentisch \Vit 1116glic11 zu nuchen. E111 T611 der Arbeit bcsmnd 211111 Beispicl dnrin, unter dem Becomdach eine Zusutzdcckc nus Katmniholz, dem derbcn schwelcn Holz, dds van den 081112111iscl1c11 Bauleutcn v01 W'Clldtt wurdc, cinzuziehcn.

All vielen Stollcm 1111 dencn der Origil1nlverputz 11bgcb1‘6kv kelt wan wurdc die Art v011 wechm (?ipsverputz aufgctragem dic 1111 191.];1111'111111dert vcrwcndet wurde.

„Dm Grund dnfiir war, dnss das Projekt weder 211 11611 110011 künstlich alt QIUSSChCU sollte“, crkliirt 0111111; Yazdzmi. €111 Bahá’í—Spczinlist für Bauwcrkscrhaltung, der dic Leitung dos lrojckts innchatte.

,.111 fiinfjahren sicht cs dem Original nus der Zeit 1531151„11’115111S schon Zi1111lic11t‘1‘ — mit dem Alterwcrdcn \vird es lllthl und mehr d;111;1c11 ausschen“. bcschwichtigt c1:

E1116 zusiitzlichc Hcmustbrderung warcn die 1110dc1‘11c11 SicherhLitsbcsti11111111115401]. meint 0111115; YazdunL ,Wic gcht 111311 in cincm historischen Gebiiudc 111it den heutigen Erfordernisscn und Anspriichen 11111 7 vor allcm wc1111 65 um die Sicherhtit gcht * 01111:: dass es 211 unnutiirlich wirkt?“

Teilwcise komltcn wir das Problem 111it Lutcrncn nus Kupfcr, dezentcn Schcinwmu {cm und verstccktcn Feuer111clder11 165611. Die Geflingniszcllc Bahdu’llfihs wurdcjcdoch nuf Grund 111161 Hciligkeit nicht 111it diescn Dingcn 1111sgfistattct.

Wichtige Entdeckungen Für die Bahá’iGeschichtsschreibung

AuISerdem, 111cil1tc Albert Lincoln, brachtcn die Untersuchuugcn über dic Ccschichte dos Gcbiiudc‘s Lmd 50111 11111167 res Ausschen Emigc chrlzv schungcn für B211111'17Hist01'ikcr 1111t sich. (?cnauer gcsagt, crkliirtc cr, widersprachen 1111111chc Entdcckungcn der traditionellen Bahá’í—Vorstell1mg davon, \wlchc Entbchrungcn dns Oberhnupt dcs Glaubtm wiihrcnd seiner (7}ef1111gc11schaft bier crlcidcn musstc.

„Über jahrzehntc hinweg glaubten dic meistcn Bahá’í. dass 13:11151‘11‘112’111 in einer Gefiingniszelle gcfungcn gehaltcn


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worden War, mit Gitterstében vor den Fenstern und so weiter“, sagt Albert Lincoln. „Es stellte sich allerdings heraus, dass es gar kein Gefdngnis war, sondern Militarbaracken. Und das Stockwerk in dem Bahá’u’lláh und seine Familie gefangen gehalten wurden waren die Riumlichkeiten eines Mannes von hohem Rang gewesen, wahrscheinlich die eines Feldherrn.“

„Mit Hilfe unserer Untersuchungen kamen wir zu diesen Ergebnissen“, fuhr A1bert Lincoln fort, „und es wurde klar, dass wenn wir den wissenschaftlichen Indizicn folgten, dies einen Teil der Bahá’í—Welt irritieren w Lirde, da so die gesamte Vorstellung davon, was die Gefangenschaft Bahá’u’lláhs hier bedeutet hatte, noch einmal überdacht werden musste.“

Die Lebensbedingungen Für Bahá'u’llih in der Zitadelle

Traditionell gesehen verbanden Viele Bahá’í die zahlreichen Hinweise Bahá’u’lláhs auf seine Leiden primzir mit den materiellen Entbehrungen, die er während seiner Gefangenschaft und seinem Exil erleiden musste — etwas, was die Verfolgung aller Religionsstifter kennzeichnete.

„Es scheint sogar, obwohl Akká zweifelsohne ein filrchtbarer Ort war, heiB; ruhrverseucht und schmutzig, dass die Raumlichkeiten, die Bahá’u’lláh bekam, zu den besten gehörten, die zur Vcrfiigung standen.“

Albert Lincoln erklärtejedoch sofort, dass diese Erkenntnisse keineswegs von der Ungerechtigkeit der unrechtm’éBigen Gefangennahme Bahzi u’lléhs ablenken Oder die Tatsache gering schätzen soll, dass

er tatsachlich ein Gefangener war, an einem Ort der fur seine schlechten Bedingungen bekannt war.

1m spiten 19.]ahrhundert wurde Akká von der Osmanischen Regierung als Gefangenenkolonie verwendet, ein Endlager Für einige der schlimmsten Verbrecher des Reiches. Eine Verbannung in diese Stadt kam, aufGrund der Verschmutzung und der Plagen die dort wijteten, einerTodesstrafe gleich. Albert Lincoln brachte als Beispiel, dass im jahre 1878 ein Drittel einer Gruppe V011 86 bulgarischen Gefangenen innerhalb des ersten

Monats nach ihrer Ankunft in Akká starb.

Ein neues Verstiindnis Für die leiden des Religionsstifters

„Die wichtigere Lektion hier ist wahrscheinlich, dass die Wissenschaft immer neue Fakten aufdeckt und Perspektiven erbffnet“, flihrt Albert Lincoln fort. „Dieser Prozess, bei dem wir das in Frage stellen, was wir als gegeben annahmen, spiegelt

einen Aspekt eines Grundprinzips des Bahá’í—Glaubens wieder, die Einhcit V0n Wissenschaft und Religion.“

„Andere Religionsgemeinschaften wären wahrscheinlich zu demselben Schluss gekommen, da 516 in demselben modernen Zeitaltcr leben“, erklärt Albert Lincoln, „aber VieHeiCht wire es für sie schwieriger gewcsen.“

Ihn persénlich betrefFend fiigte Albert Lincoln noch hinzu, dass er durch dieses neue Geschichtswissen, das er durch seine Mitarbeit an diesem Projekt crlangt hatte, zu einem Heuen Verstandnis über Bahá’u’llzihs Leiden gekommen war.

„Ich habe mich hingesetzt und die Stellen, in denen Bahá’u’lláh über seine Leiden spricht, nochmals in einem völlig neuen Licht betrachtet gelesen. Es geht datum zu wissen, dass Bahá’u’lláh die Lösungen dafijr hatte den ersten und zweiten Weltkrieg zu verhindern, genauso den Holocaust und unendlich Viele andere Leiden der Menschheit — aber keiner hörte aufihn. Und das

ist eine vollkommen andere Art (165 Leides.“ I


Der Raum in dem Bahá’u’lláh festgehalten wurde nach der Restaurierung. Es wurden genaue Untersuchungen angestellt, um sicherzustellen, dass geschichtlich korrekt gearbeitet wUrde.

Ein anderes Problem war die Authentizitiit. Auf Fotographien aus den :oer Jahren waren die Fenster durch halzerne Stfibe unterteilt nicht durch die iiblichen Gitterstfibe, die man mit einem Gefiingnis verbindet.

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[Seite 22]Wie jeder gewinnen kann

REZENSION



Michael Karlberg Beyond the Culture of Contest

From Adversarialism to Mutualism in an Age of Interdependence. George Ronald, Oxford ISBN:o—85398—489-1


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m Westen wird es für so ziemlich sicher gehalten, class der beste Wag, politische, wirtschaftliche Oder rechtliche Differenzen beizulegen darin besteht, zwei Oder mehr Seiten einem Wettbewerb auszusetzen und den Besten (GrbBten,\X/ahrsten, Klugsten, Reichsten Oder Beliebtesten) gewinnen zu lassen. Aber dieses auf Gegnerschaft basierende System hat deutliche Schwzichen. Es gibt immer einen „Gewinner“ und einen „Ver1ierer“. Irgendwo auf dem We g werden normalerweise Kompromisse geschlossen, die möglicherweise nicht im besten Interesse des Ganzen liegen. Und es gibt immer die Möglichkeit — eine Möglichkeit, die Wiichst, wenn sich verschiedene Formen von Korruption in das System einschleichen — ,

dass anstelle vonWahrheit Oder Gerechtigkeit Geld Oder Macht gewinnen.

Was weire, warm es einen besseren Weg giiBe?

Indem es diese Frage betrachtct, erweist sich Michael Karlbergs Beyond the Culture of Contest 315 ein bitter benötigtes Buch. Es stellt eine Reihe von Annahmen, auf die das Konkurrenzsystem gegründet ist, in Frage, indem es untersucht, ob sie nicht Vielmehr Produkte der Kultur, als unserer zugrunde liegenden Natur sind. Darüberhinaus bietet es ein hofihungsvolles neues M0dell der „Gegenseitigkeit“, in dem die nicht—konfrontative Entscheidungsfindung die Norm warden kdnnte.

„Gegnerschaft wurde zu einem beherrschenden Wesenszug in gegenwéirtigen westlich—liberalen Gesellschaften“, schreibt Karlberg, ein Assistenzprofessor der Kommunikationswissenschaft an der Universit'ét vonWest—Washing ton. „Quer durch die ganze heutige Offenthchkeitssphiire sind Konkurrenz— und Konflikt—Praktiken zur institutionalisierten Norm geworden... Deshalb ist es oft schwer für Menschen, sich Alternativen vorzustellen.“

„Aber“, so schreibt Karlberg, „eine akkurate Bewertung sollte zeigen, dass, während oppositionelle Strategien schon einen Punkt erreicht haben, an dem die Ertreige rücklfiufig werden, nichtgegnerschaftliche Strategien sich als wirksamste Methoden fiir anhaltdenden sozialenWandel in einer Zeit der erhdhten sozialen und 6k010gischen gegenseitigen Abhéngigkeit erweisen.“

Indem er den Anspruch erhebt, dass die Menschheit sich in der Tat ,Jenseits der Kultur des Wettbewerbs“ begeben kann, beginnt Karlberg mit einer Kritik des gegenwértigen Systems der „normativen Gegnerschaft“ — der „Annahme, dass Konkurrenz ein normales und notwendiges Model] fiir die Organisation der Gesellschaft sein muss,“

In der westlichen Gesellschaft, so schreibt er, gibt es drei „Kerninstitutionen“: Politik, Wirtschaft und das Rechtssystemjedes ist wettbeWerbsm'éBig strukturiert, dazu bestimmt, die verschiedenen Parteien,1nteressen Oder Streitenden gegeneinander aufzustellen. Und alle drei Institutionen basieren aufder Beachtung des Eigeninteresses als der prim'éren Motivation.

„Die politische Arena ist sehr iihnlich wie der kapitalistische freie Markt strukturiert“, schreibt er. „Sie ist eine Arena, in der Individuen und die Parteien, die sie aufbauen, ihre bcsonderen Ideale und Interessen in einer nur an sich selbst interessiertenWeise voranzubringen trachten.“

Die Norm des gegnerschaftlichen Denkens Wird weitgehend nicht in Frags gestellt, fiigt Karlberg hinzu, weil sie schon einTeil unserer „Kultur“ geworden ist. Und dies konnte hauptszichlich wegen der Annahme, dass menschliChe Wesen von Natur aus selbstsiichtig und aggressiv sind, so weitgehend geschehen.

Damit ist der Schlfissel zur Neubewertung der Kultur das Wettbewerbs die Neubewertung unserer Auffassung von der menschlichen Natur. „Es scheint, dass menschliche Wesen für beides, Konflikt und Zusammenarbeit, Entwicklungspotential besitzen,“ schreibt Karlberg. „Welche dieser Potentials vollständiger verwirklicht werden, ist weitgehend Cine Folge unserer kulturellen Umwelt — wie 65 die Tatsache zeigt, dass verschiedene Gesellschaften sich betrfichtlich in ihrem Ausdruck von Konflikt und Zusammenarbeit unterscheiden.“

In Anerkennung derTatsaChe, dass es Cine betraichtliche Anzahl von Skeptikern geben wird, die mit den Ideen des Wettbewerbs, der Konkurrenz und der Wirksamkeit von Eigenintcressen „verheiratet“ bleiben werden, untersucht Karlberg verschiedene frijhere und jetzige erfolgreiche Formen der „Gegenseitigkeit“.

Auch in der Systemtheorie sieht er neue Formen der Zusammenarbeit und Gegenscritigkeit. „Kon1plexe Systeme sind integrierte Ganzheiten, die mehr sind als die bIOBe Summe ihrerTeile“,schreibt er.

„Was gebraucht wird“, schreibt Karlberg, „ist eine alternative Formierung der Kultur“, in der Gegenseitigkeit Gegensétzlichkeit ersetzt. Und er befürwortet eine „Fallstudie“ für ein solches Model] in der weltweiten Bahá’í—Gemeinde, „ die fiber mehr als ein


[Seite 23]jahrhundert Erfahrung in der Anwendung nicht—gegnerschaftlicher Modclle verfiigt.“ „Mit ctwa fiinf Millionen Mitglicdern, die in mchr 315 180 Ländern organisiert sind“, so schrcibt Karlbcrg, kann die weltwcite Bahá’í—Gemeinde als ein „ricsiges soziales Experiment angesehen werdcn, das die Annahmen über die menschliche Nntur, die soziale Organisation und den sozialen Wandel“, die im gegncrschaftlichen Model] vorhcrrschen, cincr lriifung unterzicht. Karlberg, der selbst Bahá’í ist, legt dar, dass die Baha’iGemeinde einem System von Lehrcn folgt, die Kooptration. Harmonie und Einheit betonen. Darüberhinaus sind die institutionallen Strukturen 21qu Bin Wahlsystem ohne Parteien aufgcbaut, abcr doch vollkommen demokratisch, das gleicherlnafien Nicht—Gegnerschaft als eincs seiner höchsten Prinzipien verkörpert. In jencm System, bemerkt er, gibt es keine Kandidaten—Nominierungen, keine Wahlkampagnen und kein zugrundeliegendes Konzept v01) Interessengruppen odchfihlerschaften. „Das Bahá’í—Wahlsystcm verkérpcrt weder einen Wettbcwerb, noch Mnchtbcstrebungen“. schreibt er, „im Gc gcnsatz zu Wahlsystemen mit Parteien ist dieser Prozess cinheitsfordernd start trennendl D3 niemand danach strebt, gewéhlt zu werdcn, gibt es auch kein Konzept des ,Gewinnens. Und gleichzeitig bleibt der Wahlprozess ausgesprochen demokratisch.“

Karlberg untersucht auch die Prinzipien der „Bemtung“, des nicht gegenjemanden gerichteten Entschcidungssystems, das alle Bahá’í—Institutionen benutzenTcilweise ist Beratung „sin inklusives Modell kollektiver Entscheidungsfindung, das allc Teile der Gesellschaft einbindet bei der Konchtion, llanung,Ausführung und Bewertung der Politik und der Programme, die sic berühren“, schreibt er. Sie sucht auch „die gegnerischc Aufstellung und Parteilichkeit“ und „die Muster von Verhandlung und Kompromiss“ zu überwinden, die die traditionelle, gegnerschaftliche Entscheidungsfindung kennzeichnen.

Die Bahá’í—Erfahrungen sieht Karlbcrg als soziales Experiment in semen ersten Entwicklungsstufen. „Immerhin“, so schließt er, „obgleich die einzelnen Bahá’í mit unterschiedlichem Maß 2m Erfolg in ihrem Bemühen kiimpfen, ihrc unmittelbaren Eigeninteresscn


dem Langzeit—Wohl der gesamten sozialen Körperschaft zu unterwerfcn, ist die Geschichte der Bahá’í—Gemcinschaft im Grofien und Gnnzen cine Geschichte der Selbstuuf()pferung des Einzelnen, und seiner Hingabe 2111 kollektive Interesscn. In und aus sich selbst stth diese Geschichte eine interessante Herausforderung für die Annahme dar, dass die Natur des Menschen unkorrigierbar selbstsiichtig und aggressiv

u

sex.

Am SChluB glaubt Karlberg, dass die Natur der globalen, gegenseitigen Abhangigkeit obcnsolche neuen Methoden der Gegcnseitigkeit und Zusammenarbeit in den menschlichen Unternchmungen erforderlich macht.

„Weil unsere Erfolge in Technologie uns Bedingungen nie dagewesener gegenseitigcr Abhiingigkeit aussetzt, ist keine soziale Gruppe aufdiesem Planeten länger isoliert“, schrcibt Karlbcrg. „U11ter dieSCI) neuen Bedingungen sind neue Strategien nicht nur möglich geworden, sondern unumgeinglich.Ein unabhängigcs Gemeinwesen kann seine kollektiven Aktionen nicht koordinieren, solangc seine Mitglieder in gegnerschaftlichen Beziehungcn gcfimgen sind.“

Mit dem „Faktor Mensch“ nem Global Marshall Plan zu einem

humanen Weltwirtschaftswunder

ir haben Cine gro Be historische

Chance, die Welt und unset aller Leben geradc mega: der derzeitigen Krise und wegm des C/mmktcrs dieser Krise tiefgreifend zu hunmnisieren, .. “ so Peter Spiegel, Gliinder des Iirm - ()m I/Vorld 1\7€rworle, ehcmaliger Generalsekretér des C/Hlu quudapcsr, Mitgrijnder

der Global Marshall Plan Inititive und heute in der BundesgesclliifisFUhrllng des Bundesverbands tErWirtschaftsfdrderung und Außenwirtschaft (BWA).

Peter Spiegel verbindet seine griindliche Analyse mit einer weitsichtigen, tiefgreifenden Vision, Sciner biindigen Argumentation achtsam zu f0] gen ist erkennt11isfdrdernd.Mit „Faktor Mensch“ offnct der Autor die Wahrnehmung für cine grundlegend andere Art, mit der wir die Globalisierung unseres Lebens IllenSChliCh gestalten könnem Er schafft die Perspektive für eine anziehende,att1‘aktive Zukunth in der der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht eine einseitig


„Eine akkurate Bewertung sollte

eigen, dass, während oppositionelle

Strategien schon einen Punkt erreicht haben, an dem die Ertrfige rückliufig warden, nicht-gegnerschaftliche Strategien sich als wirksamste Methoden Für anhaltdenden sozialen Wandel in einer leit der erhahten sozialen und Bkologischen gegenseitigen Abhingigkeit erweisen.“

Michael Karlberg

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Peter Spiegel FaktorMensch

Ein humanes We/twirtschaftswunder ist möglich. Ein Report an die Global Marshall Plan Initiative. 2005. 256 Seiten. Broschur1o,— Euro

ISBN 3-89483-103—0 (Horizonte Verlag)

REZENSION


„Die Vision einer Welt, die vom Faktor Mensch bestimmt wird, ist absolut realistisch. Aber sie ist eine Vision, die ihrem Wesen nach nicht delegierbar ist, sonderu nut in dem Maße Wirklichkeit wird, wie viele Menschen sich für

sie entscheiden.“ Peter Spiegel

_

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tbrtschrcitcndc (;k\\i1111— und Muchtanhfiuthng. mit der eine fbrtschrcitcndc Schlidigung der Mcnschlichkeit Lind somit der Mcnschhcit cinhcrgeht.

chn unxcrc Lebenvvclt zukunfisflihig gestaltct \Vcrdcn $011. dam) muss der Einsticg in die gIObJICWixscm— und Lcrngcselkchaft mit cincr viclscitigen Humanisicrung vcrbundcn werdcn. In einer ()ttcncn Wissensgcscllschnfi \\i1'd dic Férderung nllcr 111cnschlichen Potentialc 711111W0hlc dcx (lunzcn letztlich cin unvcrzichtburcr Ertblgs‘filktor scin. Dalwi muss~ dic Lcmfiihigkeit mit den LcrnJntbrderungcn Sthritt haltcn kiinncn. llinzipicll gilt cs hicr, div ncue EvolutionsA stufc der Lcrnfiihigkeit fi'lrjcdcn Mcmchen zu cnnvitkcln.

I)ic bishcr \Vcitgchend 1incurc l)cnk\\cisc wird \on cii 1101‘ systcmutisch—gan?luitlii (hen Sicht aurcinc untcilbnlc Welt nbgclbst.

Dicsc Anpnssung an das ncuc Lcistungsprofil crfbrdert "evolutioniirc Sprüngc“ Lmd somit much underc als dic tibcrkommenden Ulngnngnvciscn

1m ncucn ..Zcitnltcr dt S Erwachem zu cincr Weltgcmcinschafi“ ist cs dcshalb unumgiinglich, dass der Mensch 56hr bald zum mimdigcn lebenslangcn „Lem—U11tcrnchmcr“ wird. Dabci werdcn Lchrcndc zu Lcmcndcn und Lcrncndc zu Lclncndcn

Die chtstcllung, dnss wir "sine Welt“ lmbcn, reicht jci doch nicht. um cincn daucrhaftcn Fricdcn hcrzustcllcn und zu sichcrn. Umdcutcn. ulnoricnticrcn Lmd umdcnkcn miisscn mit I(crncn lemon und dem Einiibcn lcbensrichtigcr Denk— und Vcrhaltenflwi\cn vcrbundcn wcrden.

Schl['1ssclkompctcnzcn dcx ganzhcitlichen Lerncns nuisscn begriflbn und zur Mcistcrulmfi gebmcht wcrden. Duzu gché1'011: systcmischc‘s Denkcn, Tcum—Lcrncn, Sclbstfiilnung

und lcrsiinlichkeitscntwitk lung. 111cntalc Modcllc erkcnncn und dnmit arbcitc‘lL gc111cinwneVisioncn cnnvickcln. Unumghnglicl) für dus Woh] ullcr Mcnschen ist cs auch, dass der Mensch lcrnt, scine indF \iducllchisioncn in den Rnlr mun gemcimamcr memchli(lurVisioncn zu \chn. Peter Spicgc] ist dawm iibcrzeugt, dasx injcdem Mcnschen das Iotcntia] zu cincm ..Unternchnwr seiner lotcnrials" Iuht. l);1s vorgcstclltc Koncht cincr (1cscllschaft vollcr „Untc1‘nchmur der eigcncn lotcntinlc" ist nichts gcringw rcs als die Anpnssung dcs Mcm schen :11] dds kollcktive Mimi dig\\crdcn der {vnschhciL Dubci Konxumlmngcr dem Bcdiirfim

mms der ncutigc

dc: Mcnschen mach crhtcr McnschlichkeitPlatz1113chen, damit eine \ozioiikonmnisch zukunttx’flihigc (?cxcllschnft Gestalt mmchmen knnn.

Der Mensch als „Bergwerk an Edelsteinen“ und „Unternehmer seiner besten Potentiale“

l)cr Querdcnkcr lctcr Spicgcl bctrachtct don Mcnsnhcn — entsprcyhcnd cincm 7Aitlt von lhhé‘u‘llfil].dcm Stiftcr der Bahá‘fikcligion — als cin Bcrgverk, rciCh an wcrtvnllstcn Edelsteinen. Im Sinnc dicscrAllegoric gilt cs, das P0tcntiul des Mcnxnhcn crzitherisxh so zur Enthltung zu brim gen. dass die Mcnschhcit dari nus Nutzcn zu zichen vcrnmg.

Der Autor hut dnzu sins Fülle von Idccn undVorschliigcn in systcmischen Zusnm111c11hii11gcn 111ithitsicht zummmengcstcllt. Sic crscheinen

gc cnwlirtig tcils phantastisch

(IQ

amnutcnd, tcils rcalistisch und plausibcl. 1m Entwurfür cin Gesamtkoncht bclcgt er dic menschlichc Machbarkeit mit gclungcncn licispielen nus \CP schicdcncn Bcrcichen gclcbtcr meis.

Ersichtlith wird, dnss der Mensch anstcllc des Konkurrcnzprinzips zunehmcnd mit

den lrinzipicn der Knopcmtion und der Bcrutung zum Wohlc des Ganzcn umzugchen 1cmt.lnF01ge dcsscn kann sich cinc offenc \Visscnv und potentialbezogcnc Weltiikonomic entwickcln.

A15 Instrument fi'n solch cin humanes \X/irtsthnfmvunder 1mm] der Global Marshall Plan Lnngcsctzt wcrdcn. l )cmrt ncu gcschaffl‘nc Likmmmischc Ruhmcnlxdingungcn kdnncn cine lcbcmnotwcndige Entv \\icklung bcgiinstigcn. Grundlegend ncuc Formcn dcs Zusammenlcbcm Lmd —;11'bcitcns werden in Erschcinung trctcn. Solches ist nuch Peter Spicgcls LiberzeugcnderArgunwntation aus den gcgcmxiirtigcn Entwickhmgslinicn logisch nblcitbar.

Auch hat sich crwicscn. dass Not wcndig macht. lctcr Spiegcl \u‘llt duhcr lmjcktbcispiclc nus bisherigcn Enti \Vicklungsllindcm \‘01‘.in dcncn Lcrncn lcrncn in lernendcn Bildungssyxtcmcn bcrcits mit Elfolg praktizicrt wirdAufdcn chen zu den ncucn Schliisscldisziplincn zurbmvusstcn Mitgcstaltung unscrcr komplcxcn Welt((}cscllschaft) crwcist xich dic lchrcnde Organisation zuglcich als lcrnendc Organisati011.80111itentstcht Hofiinmg, \\clt\\cit \CI'bI'CitCtC Tctlfclskrcisc zu durchbrcclun

In scincm Wcrbcn um den Bcwusstscinswnndc] ist ihm vorbchaltlos zuzuxtilmncn. Mut und Ermutigung zu cincr \\clt\\eiten Lcrmn1tcrnchmcr\Chdft und die Umsctzung in dmngcnfichTfltcn xindVoraussctzungcn für dic nachhaltige (lcsmltung dcs Ncucn in cincr lctztlich offi‘ncn \X/clt( }cscHschafi).

Wir alle braunhcn den Mut gm die positivcn Lmd Visionircn Optioncn der kommunikutivcn. hunmnitiircn und kulturellcn Entwicklung zu glaulwn — "d(mn ixt eine materiel] mid imnmtcricll unglcich rcichere, fi‘iedlichcrc Lmd nuchlmltigerc Welt möglich.“ l

Cerium! Szlmpvr