WELT-MAGAZIN
AujZenministerin Madeleine Albright bei der Konferenz Liber Demokratie in Warschau (Foto: Leszek Wdowinski) REUTER
IMPRESSUM
ONE Couum wird herausgegeben von der Bahá’í International Community, die als Nicht-Regierungstrganisation bei den Vereinten Nationen die weltweite Bahá’í-Gemeinde représentiert. 0n: Couurnv, Office of Public Information, Bahá’í International Community, Suite 120, 866 United Nations Plaza, New York, New York 10017, USA, E-Mai|:1country@bic.org. Chefredakteur: Brad Pokorny. Chef vom Dienst: Ann Boyles. Auslandsredaktionen: Nancy Ackerman (Moskau),Christine Samandari-Hakim (Paris), Kong Siew Huar (Macau), Guilda Walker (London). Deutschsprachige Redaktion: Peter Amsler, Stefan Mutschler, JensUwe Rahe. Freie Korrespondenten: Hilde Fanta (Osterreich), Silvia Frbhlich (Schweiz), Jutta Bayani (Luxemburg). Geschéf-tsfilhrung: Hartmut Nowotny, Arezu Braun, Übersetzerpool: Lisa Hiemer. Beitrége aus ONE Coumv können kostenfrei nachgedruckt werden unter Angabe der Quelle. Anschrift: ONE Coumv, Eppsteiner Str. 89, D-65719 Hofheim-Langenhain, Germany, Tel. _49-6192-99290,
Fax _49-6192-992999. Herausgeber der deutschsprachigen Ausgabe: Nationaler Geistiger Rat der Bahá’í in Deutschland e.V.
Einzelheft: DM 4,-/SFr 4,405 28,-/ LUF 80,:Jahresabonnement:DM15,A/ SFr15,—/OS100,~/LUF300,-(inc[.MWSt u.P0rt0)1Die Zeitschrift kann beim Bahá’í»Ver|ag, Eppsteiner Str. 89, 65719 Hofheivaangenhain, bestellt werden. Copyright 1999 by Bahá’í International Community. ISSN 0945-7062. Gedruckt auf 100% Recyclingpapier.
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Globale Armut sell his 2015 halbiert werden
Genf.— In den kommenden 15 Jahren wollen die Vereinten Nationen gemeinsam mit den Organisationen Weltv bank, IWF und OECD die Zahl der firmsten Menschen, die heute mit 1,3 Milliarden angegeben wird, um die Hélfte vermindern. Das schreibt die Nachfolgekonferenz zum Weltsozialgipfel in ihrem Abschlussbericht fest, nach dem trotz Appellen an die Regierungen auch fUanahre nach der Stockholmer UNKonferenz die Zahl der Armsten gleichbleibend hoch ist. Eine Halbierung des Anteils sei erreicht, wenn die Zahl der extrem Armen bis 2015 bei einer dann zu erwarteten Weltbevélkerung von 7,1 Milliarden Menschen von derzeit 1,3 Milliarden auf dann 900 Millionen gesenkt werde. Die Sterblichkeit von Kindern
Gerechte Verteilung der Vorteile der Globalisierung gefordert
Genf. - Die wirtschaftliche Globalisierung muss von einer gerechten sozialen VerteiIung begleitet sein. Dies forderten die schweizerische Bundesrétin Ruth Dreifuss und UNO-Generalsekretér Kofi Annan bei der Eréffnung des „Forum Geneva 2000“ in Genf. Annan erklärte, Wirtschaftswachstum allein sei keine Garantie, dass die Mehrheit der Bewohner eines Landes in Wflrde leben könne.
Das „Forum Geneva 2000“ fand parallel zur Folgekonferenz zum Weltsozialgipfel statt und wurde von der Schweiz organisiert. Rund 3.500 Vertreter von NichtRegierungsorganisationen hatten sich hierfUr eingeschrieben.
Dreifuss und Annan erteilten gleichzeitig den Globalisierungsgegnern eine Absage. „Mit einer solchen Haltung können die anstehenden Probleme nicht gelöst wer M
Generalsekretiir Kofi Annan hat auf der Sondersitzung der UNOVollversammlung in Genf die reichen Staaten zur Überwindung der Armut in den Entwick/ungsldndern aufgerufen. (Foto: Pascal Vo/ery) REUTERS
den“, betonte Dreifuss. Globalisierung mUsse eine gerechte Verteilung von Gijtern und Kenntnissen und eine universelle Anerkennung der Menschenrechte unter BerUcksichtigung der kulturellen Unterschiede bedeuten.
unter fuanahren soll demnach um zwei Drittel und von Miittern um drei Viertel verringert werden.
Nach Angaben der Vereinten Nationen seien Ostasien und der pazifische Raum die einzigen Regionen der Welt, in denen Fortschritte bei der Armutsbekaimpfung erreicht wurden. Dafflr verschlechterte sich jedoch die Lage in Afrika sUdlich der Sahara, SUdasien, Osteuropa und in Lateinamerika. Ohne zusétzliche Anstrengungen werden auch noch in acht Jahren 1,3 Milliarden Menschen mit weniger als 365 Dollar im Jahr leben müssen.
Mehr als 100 Staaten bei Internationaler DemokratieKonferenz
Warschau. - Vertreter aus mehr als 100 Staaten trafen sich im Juni in Warschau zur ersten internationalen Konferenz Über Demokratie. Am Ende der zweitégigen Konferenz verabschiedeten die Teilnehmer eine gemeinsame Erklärung, in der die demokratischen Werte bestimmt werden. Der polnische Außenminister Bronislaw Geremek äußerte die Hoffnung, dass die Erklärung ebenso Bedeutung erlangen werde wie die 1975 verabschiedete Schlussakte von Helsinki, in der internationale Menschenrechte definiert wurden.
UN nutzen Millenniumsgipfel zur Ratifizierung des Statuts zum Internationalen Strafgerichtshof
New York. — Bislang erst zwélf Staaten haben ihre Ratifizierungsurkunden bei den Vereinten Nationen Über das Statut zur Errichtung eines lnternationalen Strafgerichtshofes hinterlegt, 6o Staaten mijssten es sein, sofern das Statut in Kraft treten soll.
Damit der Prozess der
Ratifizierung beschleunigt wird, hat sich der Untergeneralsekretér der Vereinten Nationen fUr Rechtsangelegenheiten, Corell, nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Kniff ausgedacht. Da Anfang September zum Millenniumsgipfel 150 Staats- und Regierungs chefs ohnehin in New York erwartet werden, legen Corell und seine Mitarbeiter das Statut zur Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofes und einige andere der 500 noch zu unterzeichnenden Konventionen und Vertrége ganz einfach zur Ratifizierung aus.
[Seite 3]Friedensforscher: Ansätze zur Krisenpréivention und
Konfliktbewfiltigung positiv
Berlin. —- Das „Friedensgutachten 2000" der grofSen deutschen Friedensforschungsinstitute zählt f(jr das vergangene Jahr insgesamt 34 Kriege auf, die meisten darunter in Afrika, Asien und dem Vorderen Orient.
Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hielt der Friedensforscher Ratsch von der For schungsstétte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) bei der Vorstellung des Berichtes es für positiv, dass vor allem in der Entwicklungszusammenarbeit verstärkt Ansétze zur Krisenprévention und ziviler Konfliktbewéltigung zu erkennen seien. Ratsch hob das Bundesministerium fljr wirtschaftliche Zusammenarbeit und das
Rechtslage verfolgter Frauen soll verbessert werden
Berlin. — Nach Angaben einer Vertreterin des Bundesinnenministeriums suchen rund 300 in ihren Heimatléndem aus frauenspezifischen Grflnden verfolgte Frauen jéhrlich in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Bei einer Anhérung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages betonte die Vertreterin, dass es schon nach geltendem Recht möglich sei, diesen Frauen Asyl zu gew‘éhren beziehungsweise sie nicht abzuschieben, berichtet das Bundespresseamt.
Zusétzlich sei im Koalitionsvertrag vereinbart worden, die Verwaltungsvorschriften unter diesem Gesichtspunkt zu Überarbeiten. Dies sei mittlerweile geschehen. Der Entwurf, der vom Kabinett noch verabschiedet werden mflsse, sehe vor, dass frauenspezifische GrUnde stérker berflcksichtigt werden sollten. Dazu gehijrten systematische Vergewaltigung, schwere Formen sexueller Gewalt und GenitalverstUmmelungen.
Weiter wies sie darauf hin, dass vom Bundesamt fflr die Anerkennung ausléndischer FIUchtlinge 45 speziell ausgebildete Entscheiderinnen fUr frauenspezifische Féille eingesetzt würden. Eine der Entscheiderinnen kritisierte bei der Anhérung jedoch, dass besonders in den neuen Bundesléndern Institutionen fehl ten, in denen die Frauen entsprechend betreut werden kbnnten.
Gerade in diesem Bereich sieht auch die Bundesregierung nach Darstellung der Vertreterin des Innenministeriums noch Handlungsbedarf.
„Conflikt Prevention Network“ der Européischen Union besonders hervor.
Die von der Européischen Union beim letztjährigen Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Helsinki beschlossene Aufstellung einer europäischen Streitkraft von 50.000 bis 60.000 Soldaten bewerten die Friedensforschungsinstitute dann als positiv, wenn die Truppen „a|s Instrument kollektiver Sicherheit im Rahmen von OSZE und UN" geplant seien. In diesem Fall würde ihre Aufstellung die "Kontinuitét der Européischen Gemeinschaft als Friedensprojekt“ nicht in Frage stellen, zitiert die Zeitung die Friedensforscher.
EUROPA-MAGAZIN
Erste EXPO-Bilanz Für die Bahá’í Internationale Community positiv
Hannover. - Wer das Global House betritt, dessen Blick féillt unweigerlich als erstes auf den Stand der Bahá’í International Community, denn dieser befindet sich direkt gegenüber dem Eingang. Auch die Besucherzahlen in den ersten Wochen entsprachen am Bahá’í-Stand durchaus den Erwartungen.
Zu den Besuchern im Global House zéhlten an den ersten Tagen Persönlichkeiten
des bfientlichen Lebens wie zum Beispiel Bundestagsprésident Wolfgang Thierse, die Bundesministerin fUr wirtschaftliChe Zusammenarbeit, Heidemarie WieczorekZeul, die Generalkommissarin der EXPO 2000, Birgit Breuel oder Dr. Ricardo Diez Hochleitner, Président des Club of Rome.
Eine austhr/iche Reportage uber die EXPO 2000 sowie die dortige Ausste/lung der Bahá’í International Community findet sich auf den nachfolgenden Seiten.
Frauenorganisationen driingen auf
mehr Mitsprache
Bonn. — Deutsche Frauenorganisationen bilanzieren die unlaingst in New York abgehaltene UN-Frauenkonferenz vorsichtig optimistisch.
Die Aufforderung an die Regierungen, die Zusammenarbeit mit NGOs zu intensivieren, diskriminierende Gesetze zu Überpriifen und sich selbst neue Ziele zu setzen, bezeichnete Birgit DederichsBain, Mitglied der Delegation,
laut taz als Fortschritte gegenüber der Pekinger Frauenkonferenz von 1995.
Da das Abschlussdokument der UN-Frauenkonferenz jedoch nicht rechtsverbindlich ist, ktmnten die NGos ihre Regierungen nicht in die Pflicht nehmen. Deshalb forderten die Frauen-NGOS auch einen verbesserten Dialog zwischen den NGOs und den Bundesministerien.
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Trotz der geballten Ideenwucht, mit der die VI/eltausstellung in Hannover aufwartet,findet ein bewusst zurackhaltend gestalteter Stand große Aufmerlesamleeit der Besucher: Die Bahdz International Community stellt im Global House der Expo exemplarisch drez Entwicklungsprojekte var - Proje/ete, in denen soziale und geistige Ziele miteinander uerlemipfi werden. Die bisherigen Erfahmngen der Bahcr’t in der Entwicklungs[cooperation flieflen hier zusammen.
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5“ as Standdesign stellt
?ZI: eine über dem Was
ser schwebende L0tosblijte dar. Die Lotosblfite ist
ein altes indisches Symbol flit
Transformation und VcrgeistigungTrotz schwieriger Bedingungen schafft 65 die Lotosblume, sich über Schlamm und
Schmutz zu erheben und sich
zu cincr strahlend weißen Blüte zu entfalten.
Die Offentlichkeit rcagicrt aufgeschlossen auf die Inhalte
der Ausstcllung. Zitate aus den
Schriften Bahá’u’lláhs über die Gleichbcrechtigung V011 Mann und Frau, die er mit den Schwingen eincs Vogels vergleicht, ohnc die die Menschheit sich nicht erheben könne, kommen gut an. Ebenso Bahá’u’lláhs Beschreibung des Menschen als „Bergwerk v01ler Edelsteine“ scheint Viele zu faszinieren. Ein Besucher sagte, er habe sich einzig und a1lein wegen des Zitats, das in einer Expo—Broschiire abgadruckt war, entschlossen, das
[Seite 5]Global House aufzusuchen.
Ein 16—jiihrigcr kommentierte:„Echtt011c Spriichc“. Postkarten mit den Zitaten waren
schon nach kurzer Zcit vergriffen und musstcn nachgedruckt wcrdcn.
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Ein Anlicgen der Bahá’iGemeinden \vcltweit ist es, zur soziobkonomischen Entwicklung bcizutragen. Was dic Bahá’í International Commu nity mit viclen NGOS verbindct, ist die Betonung sozialer Irinzipien. Hicrzu ziihlcn die Férderung V0n Eigcninitiativcn von Frauen, soziale Gercchtigkeit, gemeinsames Lernen sowie demokratische Beteiligung in Prozcsscn der Entscheidungsfindung.
Die weltwcitc Bahá’í—Gemeinde entwickclte sich auf der Grundlagc ncuer Prinzipien des Zusammcnlcbens und
gctragen V011 der Vision der Einheit der Mcnschheit. Sic
Oben linke Seite: B/ick aus der Bahá’í—Ausstellung auf das Foyer des Global House.
will sozialcs und wirtschaftliches Wzlchstum global und de zentral f‘érdern. Wcltweit engagicrcn sich Bahá’í 2 O O O
vcrschiedener 50zialcr, religiöser, ethnischcr und
Oben rechte Seite: lm Zentrum derAusstel/ung steht ein neungliedriger Kreis mitfijnf illuminierten Bltitenbldttem sowie einem Teich in der Mitte. Seit der Erbfinung ist dies einer der besonders beliebten Orte im Global House.
gcographischer Hcrkunft in Projckten, die den jcweiligen Bcdiirfnissen Lmd kulturellen Gcgebenheiten ihrcs lokalen Umfclds entsprechen.
Die Projektc sind nicht das Resultat ausliindischcr Spenden Oder Expertise, sondern
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[Seite 6]3AM"
Oben: Am zentralen ExpoPlaza direkt gegemüber dem Deutschen Pavil/on liegt das
Global House (Bildmitte). Mitte: Der Eingang ins Global House.
Unten: An den drei Eingangen zurAusste/lung der Bahá’í International Communityfindet sich das Bahá’í—Logo, das anldsslich der Expo 2000 kreiert wurde.
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demokratischcr Entscheidungsfindungen und Initiativen vor Ort.Vielc der crfolgreichen llojektc wcrdcn sphiter finunziel] von 21118911 unterst Litzt. Die meisten der gcgcnwärtigcn Projektc abcr sind klcin und kurzlebig und manchc scheitcrn auch: allcs Eigenschaftcn einer „lerncnden Ent\vick1ungszusammcnarbeit“. [m Auftrag der Bahá’í International Community hat sich die deutschc Bahá’í—Ge mcindc scit zweijahren aufdie Expo vorbcreitet. lm Global Housc- stellen die Bahá’í nebcn anderen Organisationen aus der Entwicklungshilfe je ein lrojekt aus Siidamerika, Afrika und Ostcuropa vor. Sic allc beruhen 2111f. [Iinzipien transformationsoricntiertcr Entwicklungsarbcit.
Die Entwicklungshoclv schule FUNDAEC in K0111111SchulUniversitiitssystcm errichtct. durch das sich die Landbevdlkerung \Visscnschaftlichc und
bien hat cin und
technologischc Kenntnissc ancignen kann. Das Besonderc: Dic Schulausbildung wird durch Tutorcn in die Dorfgemeindcn gebracht, da die Bevblkcrung selbst nicht Zu den Schulcn in gréficrcn Orten kommen kann.
D215 Curriculle ist spcziell den wissenschaftlichen, sozialcn und tcchnologischen Bcdiirfilisscn vor Orr angcpasst und wird sténdig wcitcrcntwickclt. Die Tutorcn waren selbst Entwicklungspolitisch kriti cinmal Studenten.
schcs Dcnken wird vor allem dadurch gefördert, dass alle Irojcktidcen auf mögliche positive Oder negative individucllc und gcscllschaftliche Konsequenzen abgcklopft wcrdcn.
Dic Bahá’í mcinen, dass Entwwicklungsprojekte in Zukunfi nicht nur auf Wirtschaftliches Wachstum ausgerichtct sein solltcn, sondern auch auf die Umsctzung gei stigcr lrinzipicn, wci] nur dadurch eine sowohl gcrcchte als auch nachhaltigc Entwicklung sichcrgcstcllt \vcrdcn k:11m.Bei FUNDAEC sind cs folgendc gcistige Prinzipicn:
. jeder 501th Zugang zu Bildung habcn. insbcsondere traditioncll bcnuchteiligte Gruppcn wie (Iampcsinos, Indios, Frauen, Schwarze.
0 Die F(Srderung von selbstandigcm und unabhängigcm Dcnkcn crmöglicht ef-fektivc Gruppcnarbcit und optimalc EntschCidungsfindung.
C Vor dem Einsatz wissenschaftlichcr Erkcnnmisse wird über die cthische Grundlngc dcs Ziels bcratcn. So wlichst auch die Kritikfahigkeit gcr geniibcr gcliiufigcn Entwicklungsprinzipicn.
Bci dicscm F111ucn~Selbsthilflprojckt habcn dic Frauen ihrc cigcnen Bediirthissc sowie
Zwei Besucher diskutieren uber das Frauenprojekt in Kenia.
Oben: Aufden amphietheater(ihnlichen Sitzen vor den leuchtenden B/Utenbldttem aus geschlifi‘enem Acrylglas nehmen zahlreiche Besucher Platz und studieren das Material zu den Projekten und zu dem dahinter stehenden Bild vom Menschen als„Bergwerk, reich an Edelsteinen von unschdtzbarem Wert".
Darunter: Auf vier 2 x 4 Meter großen Portrdtfotos erzaih/en Bilder von diesem positiven Menschenbild. Vor dem Riesenportrait eines Kindes steht eine Ume zu derAktion „Buch der Menschheit". Hier sind die Besucher dazu aufgefordert, ihre Vorschlclge zu vier Kemfragen der Zukunft der Menschheit einzubringen.
Fotoleiste ganz unten:A/s durchgdngige Leiste [iber alle Texttafe/n sind ebenfaI/s Portraits von Menschen zu sehen.
die der Dorfgcmcinschaft analysiert und dann Initiativcn gcplant, um ihre Situation nachhaltig zu verbesscrn. So bcschlossen sic, einen Wasserautl fangdamm zu bauen, eine Mangotrockcnanlage zu crwerben und Dcckcn zu \vcbcn, um sie auf dem Markt zu verkaufen. Was das Matinyani/ Kalimani—lrojekt intercssant macht, ist die Tatsachc, dzlss cs das Ergcbnis V011 Sclbstorganisation und dczentralisiertcr Entscheidungsfindung ist.
Auch dem Projckt in Matinyani und Kalimani licgcn bestimmtc geistigc Prinzipien Zugrundc:
C Systematische Analyse der Wirtschaftlichen und sozialen Rcalitzit. nicht durch Expertcn. sondern durch dic Betmecncn selbst. Dahinter stehcn das Prinzip der selbstfindigcn Suche nach Wahrheit, das Menschenrecht auf wissenschaftliche und gcistigc Erziehung sowie das Rccht auf Sclbstbcstimmung.
0 Macht der Einhcit. Solchen Gruppen, die sich einig sind, steht ein besonderes Handlungspotcnzial zurVerfiigung.
. Férderung der Frau, die ein traditionel] bcnachteiligtes Mitglied der Gcscllschaft ist.
. Beratung und Gruppenlcmcn.
Die Stop—(Sc—Act—Shmv ist im Ursprung eine Talkshow, bei der der Moderator gcmeinsam mit dem Publikum kreative und konstruktive Lösungen Für aktuelle gescll ‘3 II“
M1 w—V— FIN“
schaftliche Konfliktc sucht. So wird in cincm cinfiihrcndcn Sketch 2.13. sin ethnischcr Konflikt ()dCl das Problem dcs Auslanderhasscs dargcstcllt. Dcr Moderator arbeitet mit dcm Publikle das Problem auf,ana1ysicrt dic Entstehungsgriindc und cntlockt dem lublikum konkrctc L(isungsvorschliigc.
Dahintcr stehen auch hicr
Prinzipicn wie selbstiindigc Suchc nach Wahrhcit, das
Oben:Am Ende des Foyers gegenüber dem Eingang Iiegt die Ausstellungsflciche der Bahá’í. Von hier aus geht es nach rechts zurAusstellung des Bundesministeriumsfar Wirtschaftliche Zusammenarbeit und nach links zujener der Weltbank. Mitte: Blick aufeine der beiden Info-Theken.
Unten: Auf vier Doppeltafeln sind drei Projekte und Prinzipien der Bahá’í—Entwicklungsarbeit dargestellt.
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[Seite 8]Oben: Einer der beiden
Seiteneingcinge. Der Hauptbesucherstrom im Global Housefliefit durch diese Ausstellungsflciche.
Mitte: Zum Kulturprogramm trugen Bahá’í—Kunstler aus der ganzen Welt bei. Hier ein neunjdhriger Hopi-Tanzer. Unten: DerAufbau des Bahá’í—Standes dauerte insgesamt mehr als drei Wochen, weil das Ergebnis hohen kanstlerischen Ansprdchen genUgen sollte.
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Menschenrccht aufMeinungsfi‘cihcit sowie das Recht auf Sclbstbcstimmung. AuBcrdcm bcstfirkt das Prinzip der Einhcit der Menschheit die Fiihigkeit zur Konsenssuchc und Konfliktüberwindung.
Die Reaktionen der Géiste bcstzirken dic Bahá’í in ihren Anszitzen. Einc Bcsuchcrin aus
Athiopien: „lhr mach: gutc Arbeit, denn ihr hclft den Leuten, nachhultig die Armut zu {ibel\V'i11dL‘11". Ein Argentinicr sagte, cr hoch, der Ansatz V01] FUNDAEC mdge sich in ganz Siidamcrika ausbreitcn. Ein Besuchcr nus Equador crziihlte, er sei mach Dcutschland gckommem um hier etwas zu lerntn, womit er seinem Land besser dicncn konne.]etzt hnbc er ausgcrcchnct in Deutschland crfilhrcn, dass es vorbildlichc lrojekte „direkt ncbcnan“ gcbc.
Die Aktion „Schrcibc11 Sic mit am Buch der Mcnschhcit“ ist cbcntalls cin Anzichungspunkt. Die Bcsuchcr sind cingcladcnyorschlégc zu mnchen. wie ein Schulfilch „Wc]tbtirgerkunde“ untcrrichtet wcrden k61mtc. Einc andere Frags ist, Wie mchr Menschen in Entscheidungspmzcssc eingebunden \Vcrdcn können. Mehrere Lehrcr nalmlen sich gleich einen Stapcl Knrten mit, weil 516 die Fragcn in ihren Schulklassen diskuticrcn wollten. Eine Lehrcrin aus Hannover meintc: ,.I);15 ist eine tolle Sacha. lch kiilmtc mir vorstellen, dass ihr durch diese Aktion Viel bcwegen könnt“.
Die künstlcrische Atmosphiirc dos Stzlndes, vor allcm die Elements des bewegten Wassers im zcntralenTeich, des dezcntcn Lichtes in den Blütenbliittern und der schlichtcn und dadurch besonders kraftvollcn Formen iibcn offenbar starkc Anzichungskraft aus.
Viclc (Lists verweilcn und ruhcn sich aus. Dcnn der Bnhé’iStand unterscheidct sich von anderen dadurch, dnss cr zuiickhaltend ist und zur stil ‘ 1cm Betrachtung cinllidt. Eini gc Journalisten hnbcn den Stand der Bahá’í lntcrnational Community bcrcits als Ort der Meditation bcschricben. Dar(iber hinaus abcr schafi't diescr Stand einen gccigneten Rahmcn, um iibcr Enuvicklungszusammcnarbcit nachzudenken. Fm: Aflb/rvr
1. Bild: Zwischen den beiden FlUge/n des Global House erhebt sich ein riesiges Foyer, das sich über alle acht Stockwerke erstreckt.
2. Bild: Kommunikation am Teich.
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Die Erbfinung der Bahá’í-Ausstellung bei der Expo 2000fcmd nicht in Hannover start, sondem in Stuttgart, derm dart wume sie von dem Stuttgarter Kunstlerjens Loewe konzipiert. Ihre wichtlgste Botschaft lautet: Die wertvollsten Ressourcenflir die Zuleunft 5in die noch unerschlossenen Ressourcen in jedem Menschen.
„‘1 TUTTGART.— Die ArE&xflé bciten an der Baha 1L49! Ausstellung bei der EXpo 2000 endeten nach einem zweiwéchigen Aufbaumarathon am 1.]uni um 7.00 Uhr — zwci Stunden vor Eréflhung der Weltausstellung. Eine erste Genugtuung fijr die Anstrengungen der vorangegangenen Monate brachte unmittelbar nach der Eréffnung der Besuch einer Expo—Delegation unter Leitung des Global—I-IouseChefs Dr. Peter M. Steiner. Er meinte: „Sie wissenja, welcher Stand von allen als der Schimste und Gelungenste in diesem Haus angesehen wird.“
Ein Festakt anlfisslich der Eréffnung dieser Ausstellung fand einen Tag spiiter im Haus derWirtschaft in Stuttgart statt. Dr. Horst Rapp, RegierungsVizepriisident dcs Landcs Baden-Wiirttemberg, überbrachte die Grquorte dos Landes und von Ministerpriisident Dr.
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Erwin Teufel. Kenntnisreich ging er auf die Entwicklungsphilosophic der Bahá’í ein und folgerte daraus, „wie dringend wir alle die Projekte, die von der Bahá’í—Gemeinschaft initiiert werdcn, in der heutigen Welt brauchen“.
In seiner Festansprache ging Prof. Ernst Ulrich von Weizsécker, Mitglied des Deutschen Bundestages, des Club Of Rome und der Expo—jury zur Auswahl der Weltweiten EXpo—2000—Projekte, zunéchst auf die Globalisierung ein, um daraus die neugewonnene Be
Prof Ernst Ulrich von
Weizsdcker, Mitglied der
Expo-Jury zur Auswah/ der
Weltweiten Expo-zoooProjekte, erk/cirte, dass seine
Ko/Iegen in der Jury in dem
Bahá’í—inspirierten Entwicklungsprojekt FUNDAEC in
Kolumbien die derzeit
interessanteste Innovation im Bildungssektor sehen.
Jens Loewe, der a/s KUnst/er das Designfiir die Baha’iAusstellung auf der Expo 2000 entwickelte, sprach Über die Kultur der gemeinsamen Beratung bei der Entstehung des Designs.
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[Seite 10]Dr. Haleh Sabet von der
Stuttgarter Bahá’í—Gemeinde Übergibt an Regierungsvizeprdsident Dr. Horst Rapp
ein Buchgeschenk mit
Texten zum Bahá’í—Menschenbild unter dem Tite/
„Betrachte den Menschen
als ein Bergwerk, reich
an Edelsteinen von unschcitzbarem Wert“.
„Es ist ofienslchtlich, wie dringend wir alle die Projekte, die von der Bahá’í-Gemelnschaft initiicrt warden, In der heutigen Zeit
brauchen.“
Dr. Horst Rapp Regierungsvizeprfisident des Landes Baden-Wijrttemberg
Peter Spiegelfragtfijr die Bahá’í—Gemeinde, warm endlich derMensch und seine Fdhigkeiten als die
eigen tliche Attraktion entdeckt werden.
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deutung der Nichtregierungs organisationen und der sogenannten globalen Zivilgesellschaft abzuleiten.
Weizsiicker erinnerte an die Hoffnungen, die mit der Percstroika und der Abriistungsinitiative von Michail Gorbatschow verbunden warcn. Alle erwarteten aufgrund der Einsparungen in den Riistungsetats eine enorme Friedcnsdividende, aus der unter ander€m eine kraftvolle Überwindung der Armut in der Welt und eine 6k010gische Wende in derWirtschaft finanziert werden ktmnte.
Das Gegenteil sei jedoch eingetreten. Die Staaten verloren rapide an Einfluss gegenüber den Kräften einer unbiindigen Weltwirtschaft. Der Shareholder Value forderte immer höhere Renditen und immer weniger Spielraum fijr eine staathche Rahmenpolitik, die auch den Schwiicheren in der Weltgesellschaft eine fairs Entwicklungschancc gegeben h‘étte, Die Kluft zwischen Arm und Reich wuchs immer schneller und die Fiihigkeit der Nationen, dem Einhalt zu gebieten, erodierte immer dramatischer.
Der neue Faktor der Hoffnung: Die Nicht ngierungsorganisationen
In dieser Situation verlagerte sich die Hoffnung auf eine fairs Zukunft Fm 3116 von den Nationcn auf die Nichtregierungsorganisationen. Sic
wurden laut Weizs'écker nicht nur zu einer ArtWeltgewissen, sondern sie {orderten Standards fijr die globalisierte Wirtschaft, entwickelten Konzepte zur humanen Steuerung der Weltwirtschaft und kreierten eigene Modellprojekte.
Ernst Ulrich von Weizsiikker würdigte die Bahá’í International Community als eine der besonders aktiven in diesem Netzwerk der Nichtregierungsorganisationen. A15 ein besonders gelungenes Beispiel hierfijr hob er die Bahá’í—inspirierte Entwicklungshochschule FUNDAEC in Kolumbien hervor. Er berichtete von Gesprfichen mit den anderen Mitgliedern der Expo—jury, die die Auswahl fijr die Wcltweiten Expo—ZOOO—Projekte trafen und die meinten, FUNDAEC sei „das derzeit bests pzidagogische Projekt in der Welt“.
Die Lotosbliite als Symbol Für die Kraft des Menschen zur Kulturentwicklung auch aus schwierigen Bedingungen heraus
jens Loewe présentierte daraufhin, wie das Design die Kernbotschaft aller Bahá’í—inspirierten Entwicklungsarbeit symbolisieren sollte. Kernbotschaft drückt sich in dem Zitat von Bahziu’lléh aus: „Betrachte den Menschen als ein Bergwerk,
Diese
reich an Edelsteinen von unschlitzbarem Wert.“ Der
Mensch besitzt die einzigartige Faihigkeit, selbst aus scheinbar hoffnungs— und wertlosem große Dinge zu schöpfen und hervortreten zu lassen.
Ein immer wieder verwendetes Symbol für diese Fiihigkeit stellt die Lotosblfite dar, die sich aus sumpfigem Untergrund mit einer strahlenden Blüte erhebt. Eine fijnfblzittrige Lotosbliite in Form von geschliffenem und sphiirisch gekrijmmtem Acrylglas steht daher im Mittelpunkt des Designs.
Eine andere zentrale Botschaft der Bahá’í—inspirierten Entwicklungsprojekte stellt die Überzeugung dar, dass die Menschheit heute die Stufe der Reife erlangt und dadurch nunmehr jeder Mensch diese Fiihigkeiten zur Entfaltung bringen kann. Der praktische Ausdruck davon ist das Bahá’iKonzept der Beratung und der Entscheidungsfindung in hierarchiefreien Teams.
jens Loewe, der selbst kein Bahá’í ist, griff diesen Gedanken auf und setzte ihn in der Art des Planungsprozesses für die Designentwicklung um. Er nahm bewusst Laien in das Planungsteam aufund meinte, das Ergebnis sei aus seiner Sicht spiirbar professioneller, als er dies bisher in reinen ProfiTeams kennengelernt habe.
Das neue Jahrhundert: Nach dam Glauben
an die Technik nun der Glaube an den Menschen?
Zum Abschluss stellte Peter Spiegel, Mitglied des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in Deutschland und im Kernteam des Expo—Projektes, die Frags, 0b das neuejahrhundert nicht ein jahrhundert des Glaubens an den Menschen und seiner Fähigkeiten werden kann, eines Glaubens, der
ebenso stark ausgeprégt ist wie der Glaube an die Technik im 20.]ahrhundert. CI
[Seite 11]Gesprcich mit Franz josef RadermaCl/zer
Die Zukunft des Wohlstands
liegt in der Dematerialisierung
Aus Anlass der Weltuusstellung Expo 2000 führte die Redaktion van One Country einige Interviews mit Wissenschaftlern und Politikern, die sich besanden [iir die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung elnsetzen.
One Country: Welches Wohlstandsniveau kcmnen sich wie Viele Menschen aufDauer leisten?
Radermacher: Die Frage nach der Tragekapazitiit der Erde im Sinne einer Anzahl von Personen und einem mittleren Lebensstand, der langfi'istig durchhaltbar ist, hingt wesentlich ab V011 den jeweils verfijgbaren Technologien, Organisationsmustern und angestrebten Lebensstilen. Wesentlich bestimmend ist hierbei die Technik.
Mit den heutigchechnologien können wohl maximal etwa zwei Milliarden Menschen langfristig den Lebensstil haben, den der reichere Teil der Erde heute vorlebt. Es ist aber über den Zeitraum der niichsten 50 bis 100 jahre durchaus denkbar, dass als F01ge einer geeigneten Innovationspolitik langfristig auch zehn Milliarden Menschen auf einem mittleren Konsumniveau lebcn könnten, das dem heutigen in den OECD—Staaten entspricht. Das setzt allerdings eine wesentliche Dematerialisierung dieses Konsumniveaus und eine entsprechende Verinderung der Lebensstile voraus.
One Country: Was k011nen Wissenschaft und Forschung zur sozialen Entwicklung beitragen? Gibt 65 Themen, dencn sie sich mehr widmen solltcn?
Radermacher: Wisscnschaft und Forschung tragen zur sozialen Entwicklung durch Ermöglichung technischer Innovationen ganz we sentlich bei. Sie sind in diesem Sinne der Schlfissel für die in der ersten Frage beschriebene Perspektive einer zukunftsfahigen Welt. Allerdings vergessen die Akteure in diesen Fcldern zu 0ft die geseflschaftlichen Bumerangeffekte der von ihnen erméjglichten Neuerungen, die 0ft dazu ffihrcn, dass Lösungen
Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher, Jahrgang 1950, ist pramovierter Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler. Seit 1987 Leiter des Forschungsinstituts far Anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW) in Ulm und Professorfijr Datenbanken und KUnst/iche Intelligenz an der Universitfit Ulm. 1982 Habilitation in Mathematik in Aachen. 1983 bis 1987 Professorfiir Angewandte Informatik an der Universitdt Passau. Mehrfach Mitglied von Fachkommissionen des Landes Baden-Wumemberg, seit 1995 Mitglied im „lnformation Society Forum" der Europdischen Kommission. 1997 Berufung in den Wissenschaftlichen Beirat der Expo 2000 GmbetIr die Themen „Planet of Visions" und „Das 21. Jahrhundert".
indirekt auch wieder neue Probleme erzeugen.
Typische „Bumerangcffekte“ dieser Art diskutieren wir heute unter Fehlcntwicklungen wie den vcrmcintlichen „papierlosen Biiros“, die mehr Papier verbrauchen als je zuvor, Oder auch im Kontext modernerTelekommunikation und Mobilfunk, die keineswegs zu der erhofften Verkehrsminderung, sondern im Gegenteil zu immer noch mehrVerkehr führen.
Die Wissenschaft sollte dringend mehr Bcitriige psychologischer, sozialer und gesellschaftlicher Natur dazu leisten, zum einen diese gesellschaftlichen Zusammenhiinge besser zu verstehen und zum anderen auch zu adressieren, über welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen weltweiter Art solche „Bumerangeffektc“ kanalisiert warden können.
One Country: Welche Chancen, welche Gefahren birgt die technologie mit Blick auf
Informations weltweite Entwicklung und soziale Gerechtigkeit?
Radermacher: Die Informationstechnologic ist mit ihrer extrem hohen Innovationsgeschwindigkeit ein besonders gutes Beispiel für alle im Kontext der ersten und zweiten Frage beschriebenen Aspekte des Themas.
Diese Technologie besitzt nie gekannte, extrem wirkungsmiichtige Potenziale, um im sozialen Bereich national und international sehr Viel
- .
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mehr Partizipation,Tei1habe und Gleichheit zu crmöglichen.
Ein Schlijsselthcma ist hierbei derAufbau kostengfinstiger weltweiter multimediaund netzbasierter Ausbildungssysteme. DieTechnologie kann in der gleichen Weise zur Férderung der kulturellenVielfalt beitragen, indem sie es zum Beispiel vielen kleineren kulturellen Gemeinschaften ern16ghcht,ihre spezifischen Inhalte hochwertig aufzubereiten und breit verfiigbar zu machen. Diese Technologie hat schließIich auch ein enormes Dematerialisierungspotenzial und kann aufdiese Weise wie kaum eine andere zur Entlastung der Umwelt bei gleichzeitigem wirtschaftlichem Wachstum und immer höherer Wertschöpfungsfiihigkeit beitragen.
Allerdings gilt auch hier, dass alle diese vielversprechenden lotenziale über „Bumerangeffekte“ in ihr Gegenteil verkehrt werden kérmen.
Wir beobachten dies im Moment in alien oben angesprochenen Bereichen, so im sozialen Bereich das AuftauChen neuer Spaltungen zwischen denen, die mit diesen Technologien umgehen können, und denen, die das nicht können — genannt Digital Divide. Es gibt einen enormen Druck auf kleinere Kulturen und Sprachreiume durch den immer übermiichtigcren Sog des Englischen und die stark von USA geprégten moderncn
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Gesprcich mit Franz josef Radermacher Die Zukunft des Wohlstands
liegt in der Dematerialisierung
Lifestyle—Muster und im Umweltbereich eine Zunahme der Belastungen, zum Beispiel in den Bereichen Elektronikschrott, Papierverbrauch und individuelle Mobilit‘ét.
One Country:Wie können Sie sich eine Beteiligung aller Menschen an den wichtigen Entscheidungen über die Zukunft der Menschheit vorstellen?
Radermacher: Hier gibt es unter anderem folgende Ansatzpunkte:
Erstens, Mitwirkung über die normalen politischen Prozesse in Form der üblichen indirekten Formen der Reprisentation. Letztlich müssen in
Zweitens, Engagement im Rahmen der weltweiten Zivilgesellschaft, etwa über Mitwirkung in Nicht—Regierungsorganisationen. Diese haben heute auf praktiseh alle weltweiten Entscheidungsprozesse einen wesentlichen Einfluss, zum Beispiel in Wechselwirkung mit den Medien. Hier kann man sich in einer zugegebenermaßen ebenfalls bereits kompliziert strukturierten „Landschaft“ derartiger Organisationcn in Vielfacher Weiss persénlich einbringen.
Drittens, Nutzung all der Wege, die iiblicherweise mit persdnlichen Netzwerken und persénlicher Kommunikation
In einem Schulfach Weltbürgerkunde sollten unter anderem vermittelt warden: Kenntnisse über die absehbare weltweite Entwicklung, Ressourcenverbmuch, Um weltbelastungen, Wechselwirkung van 6konomischen Fragen mit kulturellen Aspekten, die Lehren und Anliegen der großen Weltreligionen and dc: Humanismus.
einem Weltgesellschaftsvertrag Kompromisse zu zentralen Fragen der Menschheit gefunden werden. Hierzu braucht man Bfindelungseffekte in der Abstimmung zwischen sechs Milliarden Menschen. Indirekte Reprisentation ist ein unverzichtbares Element, um dies zu tun. Die Mitwirkung erfolgt durch Delegation und geschieht letztlich überWahlentscheidungen wic auch heute schon, zum Beispiel hinsichtlich der Konsensfindungsprozesse auf EU~, OECDoder WTO—Ebene Oder auch im Kontext dcs Kyoto—Vertrags.
verbunden sind, bis hin zu einem Kaufverhalten, das versucht, die Entstehungsbedingungen der gekauften Griter und die N utzungskontexte dieser Waren aktiv in die eigenen Entscheidungen mit einzubeziehen. Beispiele hierfiir sind „fairer Handel“ Oder, auf EU—Ebene, die Idee der „Green Purchasing Power“.
One Country: Werm es in allen Schulen der Welt ein Schulfach „Wcltbürgerkunde“ gébe,was sollte dort unterrichtet werden?
Radermacher: Ich mächte zunächst vorwegschicken, dass ich die Einrichtung eines
solchen Faches und die Adressierung solcher Inhalte flir wichtig halte. Das passiert heute auch schon in Vielen Schulen. In einem solchen Fach sollten unbedingt die verschiedenen „Logiken“ gesellschaftlicher Organisation auf dieser Erde, die Bedeutung des Gesellschaftsvertrages, verschiedene realisierte Formen indirekter Reprisentation, die Notwendigkeit der Bfindelung V0n individuellen Meinungen, die spieltheoretischen Dilemmata gesellschaftlichen Handelns, die Trade—Off-Problematik zwischen verschiedenen Zieldimensionen usw. vermictelt werden,
Vermittelt werden sollten ferner objektive Kenntnisse über die GrdBe der Weltbevélkerung, die absehbare weltweite Entwicklung, typische Konsummuster, Ressourcenverbrauch, Umweltbelastungen, Formen der 0konomischen Organisation, Wechselwirkung von 6konomischen Fragen mit kulturelr len Aspekten, die Lehren und Anliegen der großen Weltreligionen und des Humanismus usw. .
Es sollte auch diskutiert werden, wie und in welcher Form über Mérkte Eigentumsrechte generiert, genutzt und fortentwickelt werden konnen. Ferner ist das grundliegende Versteindnis für die Möglichkeiten eines weltweiten Gesellschaftsvertrags zu lcgen und zugleich klar zu machen was passiert, wenn wir einen solchen Vertrag nicht schließen und dann in eincr Art „Gefangenen—DilemmaSituation“ gemcinsam fortfahren, den Globus zu "plandern“.
One Country: Welche cthischen Werte scheinen Ihnen für die Gestaltung einer menschhchen Zukunft besonders wichtig und warum?
Radermacher: Mit Bezug auf einen globalen Gesellschaftsvertrag ist über Werte nachzudenken, die global konsensfähig sind. Verniinftigerweise sollten sie im Sinne der Gerechtigkeitstheorie immer von der Vorstellung des Schließens eines weltweiten Gesellschaftsvertrages von heute sechs Milliarden Menschen ausgehen, das im „Schleier der Unwissenheit“ erfolgt. Das heißt hypothetisch, Class Wir erst über denVertrag entscheiden und anschließend „ausgewiirfelt“ wird, wer von den sechs Milliarden Menschen auf der Erde welches Leben führen kann.
Nach aller historischen Erfahrung, auch den Erfahrungen aus den Diskussionen um das wichtige ThemaWeltethos, das von Professor Kiing und anderen engagiert vorangebracht wird,landetn1an immer bei zwei ganz entscheidendcn Prinzipien, die in der einen Oder anderen Form in allen Religionen und auch im Humanismus verankert sind, niimlich einerseits der Respekt vor der Integritiit der Umwelt — schließe nur solche Vertriige, bei denen die Menschheit nur die „Zinsen„ des Okosystems verbraucht! — und andererseits die Beachtung der Wiirde des Anderen.
Wenn ausgelost Wiirde, wer man ist, wenn man also im Prinzip jeder sein konnte, ist die Beachtung der Wiirde aller Menschen fürjeden besonders wichtig. Es geht dabei, richtig verstanden, urn das Minimum dessen, was unter Menschenrechtsaspekten aflgemein zu fordern ist. In der Sprache des Bundesverfassungsgerichts bedeutet das, class
niemand das Objekt des Willens eincs anderen sein darf.
Man kann dies noch einfacher auch so ausdrücken, class man soziale Bedingungen schaffen muss, die es jedem Menschen ermöglichen, in kritischen Situationen auch einmal nein sagen zu konnen
One Country: Was heißt das denn alles für die aktuelle europfiischc Politik? Was 5011ten Wirjetzt konkret tun?
Radermacher: Diese Frage ist diffizil und verlangt insbesondere eine sehr kluge Platzierung, die genau unterscheidet zwischen dem, W0 man langfristig hin sollte, und
auch die Fähigkeit beinhalten, gegebenenfalls den einen Oder anderen Rückschritt gegenüber Clem sozialen, kulturellen und 6kologischen Status Quo temporeir in Kauf zu nehmen, wenn dies denn erforderlich sein sollte, um wirtschaftlich zu überlebenAber wir sollten dies immer nur unter der Priimisse einer deutlichen, offenen Artikulation unserer Einschétlung tun, dass das insgesamt keine zukunftsfzihige Strategic ist und gleichzeitig ankiindigen, dass wir bereit sind, in Partnerschaft mit anderen bes Wir klinnten beispielsweise die Bereitschaft signalisieren, Für die Aufmlhme van Computerspezialisten Kompensationszahlungen an Entwicklungsund Schwellenlé'nder zu zahlen.
dem, was man kurzfristig tun muss, um in den Meirkten überlebensfahig zu sein. Denn Überlebensfeihigkeit ist die Voraussetzung dafür, überhaupt darauf einwirken zu konnen7 wo wir uns weltweit weiter hinbewegen.
Das alles korrespondiert als Empfehlung zu einer Doppelstrategic für Europa, bei der wir zum einen im Rahmen der weltpolitischen Aktionsfelder mit allen uns möglichen 1nstrumenten auf Partnerschaften für einen vernünftig ausgewogenen globalen weltweiten Gesellschaftsvertrag hinarbeiten, der sich insbesondere an der Ides einer sozialen 61(0logischen Marktwirtschaft im europeiischen Sinne orientieren sollte.
Parallel dazu sollten wir aber bei uns Willens und in der Lage sein, die unvermeidbaren Anpassungen vorzunehmen, um unsere Wettbewerbsfzihigkeit unter den heutigen Rahmenbedingungen, vor allem gegenüber den USA, zu wahren. Das gilt immer dann, werm dies aus Wettbewerbsgründen unvermeidbar ist und muss
sere Rahmenbcdingungen herbeizuführen, die den gesamten Prozess in eine zukunftsfaihige Richtung führen würden.
One Country: Könnten Sie dies 2m einem Beispiel verdeutlichen?
Radermacher: Ein interessantes Beispicl ist in jüngster Zeit die Green—Card—Diskussion fijr Spezialisten im IT—Bereich.
Wir beobachten hier cin typisches Muster. Der Bercich der Informations— und Kommunikationstechnik ist der Boomsektor der Wirtschaft. Man würde dort sehr Viel mehr gut ausgebildete Arbeitskräfte beschéftigen konnen. Tatsiichlich sind Wir gesellschafdich, von der Motivation, der Ausrichtung wie insbesondere auch von der Finanzierungssituation her unter den bestehenden Strukturen allerdings praktisch nicht dazu in der Lage, eine genügend hohe Zahl solcher hochquahfizierter Kräfte bei uns auszubilden. Insbesondere sind Wir dabei nicht in der Lage, die benötigten Suchprozesse zu finanzieren.
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Normalerweise muss man
ja in Viele Jugendliche investieren, um dann eine vergleichsweise geringe Zahl geeigneter
Spitzenkriifte tatszichlich zu
finden. Wir konnen bei uns
auch die Motivationsstrukturcn nicht aufbauen, die bewirken Würden, dass sich gentigend jugendliche in diesen
Feldern engagieren. Die entsprechende Situation Wird uns
seitJahren von Seiten der USA
vorgelebt. Die reichste Nation derWelt nutzt systematisch
die Möglichkeit , für sich selber die Humanressourcen
preiswert zu erschließen, die in
sehr Viel érmeren Lindern
miihsam aufgebaut worden
sind. Es Wére nun ein Teil einer Doppelstrategie, deutlich
aufzuzeigen, dass wir disses
jetzt auch tun müssen, um
wettbewerbsfaihig zu bleiben.
Wit sollten dann aber Starker,
als das bisher geschehen ist,
auch den anderen Teil einer
Doppelstrategie instrumentalisieren, also artikulieren, das Wir
das weltweit eigentlich nicht
fiir den richtigen Weg halten.
Wir könnten dann beispielsweise auch die Bereitschaft zu einer weltweiten Übereinkunft signalisieren, bei der von Seiten der wohlhabenden Staaten in solchen Prozessen der Personalübernahme Kompensationszahlungen an Entwicklungs— und Schwellenlsinder geleistet werden.
Das ist aber nur unter der Bedingung eines weltweit vereinbarten Vertrag€s 6kon0misch moglich, der insbesondere dann auch die USA zwingen würde, dasselbe zu tun.
Wiiren diese Ausgleichszahlung vereinbart und gendgend hoch angesetzt, würde sich das gauze Thema Green Card aufeinem deutlich niedrigeren Niveau einpendeln als das andernfalls zu erwarten ist und konnte dann insgesamt für Nord und Siid eine sinnvolle Losung 56in. D
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Gespmch mit Botschafter Walter Fust Die Burger steirker in die Verantwortung einbeziehen
Botschafter Walter Fust, geb. 1945, leitet seit 1993 die Direktion far Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) im Eidgendssischen Departementfdr auswdrtige Angelegenheiten, Bern.
One Country: Die Direk[ion für Entwicklung und Zusammcnarbeit hat eine Publikation mit dem Titel „Eine Welt“ herausgegeben. Welche R0116 kommt den Regierungen bei der Umsetzung dieser Vision zu? Welche den Bijrgem?
Fust: Regierungen sind Iangfristig nur dann erfolgreich, wenn sie ihre Aufgabe bezogen auf die Notwendigkeiten für ihre Biirgerinnen und Burger realisieren. Dem Bijrger wiederum geht es um die umfassende, menschliche Sicherheit. Damit er sich entfalten kann, braucht er langfristig gesicherte Lebensgrundlagen - Umwelt, Arbeitsplatz, sozio—kulturelles Umfeld. Diese Lebensgrundlagen müssen durch eine nachhaltige Politik geweihrleistet sein.
Dabei ist es wichtig, dass die B(irger partizipativ in Entscheidungsfindungen einb€zo 7‘ ONE COUNTRY
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gen werden; sie sollen sich für das Gemeinwohl mitverantwortlich fühlen. Ihr staatsbürgerliches Empfinden darfnicht nur auf Rechte, sondern muss auch auf Pflichten gegenüber der Gcmeinschaft ausgerichtet sein. Eine nachhaltig orientierte Politik ihrerseits hat sich auf gute Rahmenbedingungcn abzustützen. Zu diesen gehört ein nationaler Konsens über die Zukunftsgestaltung, die Sorge der Regierung um das Gemeinwohl ihrer Staatsbürger und selbstversténdlich auch Cine demokratisch legitimicrte Regierung.
„Eine Welt“ heißt nicht, dass im Zuge der Globalisierung die kulturellen Identiteiten verloren gehen dürfen. Das wire fatal. „Eine Welt“ bedeutet, dass jeder Mensch, 0b in Siidamerika, Asien Oder in Europa lebend, Teil dieser Welt ist und dass er nicht gleichgfiltig sein darf, was anderen geschicht, schon gar nicht, wenn diese in Not sind. Gleichgfiltigkeit gegenüber anderen ist wohl die schlimmste Form V0n Fehlern.
One Country: Welches sind die Kernziele der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit?
FM“: Die Kernziele sind im Entwicklungszusammenarbeitsgesetz festgehalten. Darin steht unter anderem: „Die Entwicklungszusammenarbeit unterstfitzt Entwicklungslénder im Bestreben, die Lebensbedingungen ihrer Bevölkerung zu verbessern. Sie soll dazu beitragen, dass die Llander die Entwicklung aus eigener Kraft vorantreiben. Lang fristig erstrebt sie besser ausgewogenc Verhiilmisse in der Völkergemeinschafi. Sie unterstiiczt in erster Linie die firmeren Entwicklungslfinder, Regioncn und Bevölkerungsgruppen. Sic fdrdert namentlich die Entwicklung kindlicher Gebiete, dieVerbesserung der Ernzihrungslage, das Handwerk und die drtliche Kleinindustrie, die Schaffung von Arbeitsplétzen sowie die Herstellung undWahrung des 61(0logischen und demographischen Gleichgewichts.“
One Counthie können Sie sich eine stärkere Beteiligung aller Menschen an den wichtigen Entscheidungen über die Zukunft der Menschheit vorstellen?
Fast: Wichtig ist, dass die Menschen Zugang zur Ausbildung erhalten, und zwar glcich Für Frauen wie M'énner, für Knaben wie Miidchen. Ferner ist es bedeutsam, Class eine Bewusstseinsbildung durch Zugang In Information und Wissen ermöglicht wird und dass auf lokaler Ebene die demokratische Meinungsbildung zumTragen gebracht wird. Die Glaubwürdigkeit für einc Beteiligung an der Lösung internationaler Probleme setzt voraus, dass im lokalen und nationalen Kontext Vorleistungen erbracht werden, welche es nachher auch in der Staatengemeinschaft leichter machen, Fortschritte zu erzielen.
One Counthie konnen gleiche Entwicklungschancen fiir Frauen und Männer erreicht werden?
Fast.- Im Gegensatz zu der bei uns verankerten Gleich stellungspolitik befolgt die Entwicklungszusammenarbeit seit vielen jahren den sogenannten Gender~Ansatz. Gender 2115 analytisches Konzept heißt, Frauen wie Männer gleichermaßen in den Entwicklungsprozess cinzubeziehen. Es heißt nicht Gleichmacherei, sondern es muss daraufhinauslaufen, dass jeder Akt des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen Oder staatlichen Handelns hinterfragt wird bezijglich der Auswirkungen auf Frauen wie auch auf Männer. Diese AusWirkungen können sehr unterschiedlich sein und eben diesen Unterschieden gilt es mit entsprechenden Maßnahmen gebiihrend Rechnung zu tragen.
Selbstredend ist es erforderlich, dass Chancengleichheit besteht für den Zugang zurAusbildung, zu Arbeitsplzitzen und zu Krediten. In den DEZA—Programmen und Projekten fordem wir eine Gender—Kompatibilitétsprfifung, so wie es die „Umweltvertr'2iglichkeitsprfifung“ gibt. Dabei sind die Auswirkungen der Projekte auf Kinder und jugendliche mitzubeachtcn.
One Country: Welche Werte erscheinen Ihnen für die Gestaltung einer menschlicheren Zukunft besonders wichtig und warum?
Fast: So wie jede Gruppe kann auch eine größere Gesellschaft oder eine Nation nicht leben ohne ein Minimum an anerkannten Verbaltensregeln und Grundsaitzen, welche das Leben in der Gemeinschaft przigen. Man kann
(Fortsctzung aufSeite 30)
Gesprach mit Frauenministerin jacobs
Die Frauen stärken
One Country: Wie sehen Sie den Beitrag der Frauen zur Entwicklungsfrage?
Jacobs: Frauen sind für mich die wichtigsten Trigerinnen der Entwicklung.Von der traditionellen Entwicklungshilfe haben nicht automatisch die Frauen profitiert. Die Steigerung des Einkommens des mfinnlichen Haushaltsvorstands fiihrt nicht zwangsléufig und überall zur Verbesserung der Lebenssituaion der ganzen Familie.
Frauen sind in vielen Gesellschaften auf eigenes Einkommen bzw. eigene Ressourcen zur Erwirtschaftung ihres Beitrages zum Familieneinkommen angewiesen. Frauen betreiben Ackerbau und versorgen dasVieh, sie handeln auf Miirkten und halter) 50 die 10kale Wirtschaft in Gang. Dadurch bekommen sie die Möglichkeit, Entscheidungen zu beeinflussen und sich (iffentlich zu äußern.Allerdings sind die Frauen von solchen Rechten in verschiedenen Léndern noch weit entfernt.
Die Erfahrung hat gezeigt, class Entwicklungshilfe bessere Ergebnisse aufzeigt, wenn Frauen selbst gefragt werden, was sie benötigen und wenn sie beteiligt werden.]etzt stellt sich die Frags, wie ist es mit der Beteiligung der Frauen in unseren sogeannnten entwikkelten Landern? Werde ihre Bedürfnisse ausreichend berücksichtigt, wenn sie in den Entscheidungsgremien unterrepr'ésentiert sind? 165 65 nicht ein Grundrecht, dass Frauen und Männer sich gleichberechtigt Entwicklungsprozess eines Landes beteiligen?
One Country.- Bestehen
am
Unterschiede zwischen Mann und Frau in diescr Frage?
Jacobs: Sicherlich bestanden und bestchen bis jetzt Unterschiede, d3 Mann und Frau gemziB dem traditionellen Rollenverhalten handcln. Minntcr leiten grdBtenteils Entwicklungsprojekte, wiihrend Frauen sie ausfijhren und dadurch eine größere BreitenWirkung erreicht wird.
Für mich ist esjedoch klar, class Frauen und Miinner gleichermaßen an Gütern und Ressourcen teilhaben sollten. Dies istjedoch nur zusammen mit den Ménnern erreichbar, denn die Rollen von Frau und Mann in der Gesellschaft sind eng miteinander verflochten. Frauen und Männer sollen gleichberechtigt Einfluss auf die Gestaltung vom Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit nehmen und gleichen Nutzen daraus ziehen.
One Country: Wie kann die R0116 der Frau weltweit verbessert werden? Weltweit werden den Frauen ihre Rechte immer noch vorenthalten. Was ist zu tun? Wie können Frauen Zugang zu Bildung und Information erhalten?
Jacobs: Unabdingbar fijr dieVerbesserung der R0116 der Frauen ist, dass sie Selbstwertgefiihl entwickeln.
Frauen haben dieselben Rechte wie Minnet. Entwicklungsprojekte mfissten eigentlich mit dem Respekt der Menschenrechte, das heißt auch der Frauenrechte verbunden sein. Diese geben den Frauen ein Anrecht auf Alphabetisierung, Ausbildung, berufliche Weiterbildung und der damit verbundenen Teilhabe am Arbeitsmarkt.
Natiirlich gehört die poli tische Teilhabe dazu. Sind die Frauen crst einmal in der politischen Verantwortung, bestimmen sie mit über ihre eigenc Lage und die Entwicklung ihres Landes, in diesen Fragen gibt es kein Nord-Sfid—Gefiille. Wie können wir Frauen zu ihrem Recht verhelfen? Gleichhcit von Frau und Mann miisste in der Verfassung verankert sein. Wichtig ist die Berücksichtigung des Gleichheitsprinzips in allen politischen Handlungcn. Sind Entscheidungstrfiger sich des Geschlechteraspektes bewusst, tragen sie den Bedürfnissen der Frauen Rechnung. Frauen können durch folgende Initiativen unterstiitzt werden, ihre Rechte kenncn zu lernen und sie durchzusetzcn: MEXIKO. Einheimische journalisten und journalistinnen werden in der Vorbcrcitung zu Beitrfigen zum Thema „Gleichberechtigung von Frauen und Mzinnern“ gescbult. Frauen und Médchen, die in traditionsllenVerbiiltnissen leben, werden über ihre Rechte aufgekliirt und in rechtlicben Fragen beraten. HONDURAS. Eine Initiative bildet Frauen in Fragen der kommunalen Selbstverwaltung fort und setzt sich dafür ein, dass Frauen stirker in die Kommunalpolitik eingebunden werden. BRASILIEN. Landesweit treffen sicb Frauenorganisationen zur Bekimpfung der Gewalt gegen Frauen. BOLIVIEN. Durch lnformationskampagnen und Fortbildungen werden Frauen
Marie-Josee Jacobs, geb. 1950, ist Ministerin fLir Familie, Soziale Solidaritizt, Jugend und Frauenfdrderung in Luxemburg. In ihrer Arbeit bezieht sie sehr stark Nicht regierungsorganisationen ein.
in einem armenViertel von La Paz über ihre Rechte aufgekl‘ért. Besonders interessierte Frauen wcrden ausgebildet, damit sie die Aufklairungsarbeit selbst durchführen können.
URUGUAY. Um Médchen und Frauen über ihre vélkerrechtlich verankcrten Menschenrechte zu informieren, werden leicht verstandlicheVideos produziert und verbreitet.
MAROKKO. Traditionell lebende Frauen treffcn zu einer Konferenz zusammen. Durch das gegenscitigc Kennenlernen und Vereinbarungen, wie sie sich in Zukunft gegenseitig untersttitzen können, entsteht ein ncues Netzwerk.
MALI. Eine NCO kliirt Frauen über ihre Grundrechte auf. Sie unterstiitzt Frauen dabei, sich in die Wahlen zur Gemeindevertretung aktiV einzubringen und so die Kommunalpolitik mitzugestalten.
(Fortsctztmg aufSeite 30)
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[Seite 16]DEBATTE
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zu interrelig
chnelle Verénderung ist S ein Kennzeichen unse res modernen Zeitalters. Allein in den vergangenen zehn Jahren haben das Ende des Kalten Krieges, die Entwicklung des Internets und die Beschleunigung der Globalisierung unsere Welt nachhaltig veréndert.
V0r diesem Hintergrund ist eine andere wichtige Verénderung fast unbemerkt geblieben: Die gegenseitige Annéherung der Weltreligionen und die Entstehung einer weltweiten interreligiösen Bewegung fUr sozialen Fortschritt.
Obwohl diese Bewegung in vieler Hinsicht noch in den Kinderschuhen steckt und sich zweifellos noch vielen Schwierigkeiten und PrUfungen unterziehen muss, ist ihr bisheriger Weg beachtlich vor allem, wenn man die Iange Geschichte der religiösen Spaltungen und Streitigkeiten in der Welt bedenkt.
In Tausenden von Jahren sind religiöse Differenzen eher Grund fUr Krieg als fijr Frieden gewesen. Auch heute noch wurzeln viele der rund fflnfzig Überwiegend regionalen Kriege auf der Welt in religiösem Streit.
Um so bemerkenswerter ist es, dass hochrangige religiöse FUhrer nicht nur begonnen haben, sich zu treffen und miteinander zu reden. Vielmehr haben sie es geschafft, im Konsens Dokumente zu erarbeiten, die eine gemein losen Eine Bewegung gewinnt
same Einstellung zu zentralen sozialen, 6konomischen und moralischen Fragen darlegen.
In dieser Ausgabe von ONE COUNTRY berichten wir Über zwei dieserTreffen und ihre Ergebnisse: zum einen das Parlament der Weltreligionen von 1999 und das abschließende Dokument „Aufruf an unsere fUhrenden Institutionen“ (A Call to our Guiding Institutions); zum anderen das zweite Treffen des „Dialogs der Weltreligionen fUr Entwicklung“ (World Faiths Development Dialogue) und dessen Bericht „Armut und Entwicklung: Ein interreligiöser Ausblick“ (Poverty and Development: An Interfaith Perspective).
Der Vertreter der Reform Jewish Community beim Entwicklungsdialog, Thomas Lachs, formulierte es so: „Ich finde es sensationell, dass so viele Religionsfflhrer zusammenkommen und ein gemeinsames Dokument erarbeiten. Vergessen wir nicht, dass das normale Verhéltnis der Religionen über Jahrhunderte hinweg der Krieg gewesen ist."
Der Aufruf des Parlaments und der Ausblick des EntwickIungsdialogs sagen viel Über die Richtung dieser neuen Bewegung und ihre Auswirkungen. Beide Dokumente berichten Über die wechselseitige Abhéngigkeit der V6Iker voneinander. Der „Ausblick„ betrachtet die ganze Menschheit als eine Familie, und der „Aufruf“ betont die
Taten
an Bedeutung
Notwendigkeit einer kontinuierlichen Zusammenarbeit innerhalb der menschlichen Familie sowie einer Ethik des Weltbijrgertums. Beide Dokumente unterstreichen die Allgemeingflltigkeit moralischer Tugenden und ihre Rolle als Beitrag zu einer dauerhaften Lösung der sozialen Probleme der Welt.
Der „Ausblick“ stellt heraus, dass sich keine Gesellschaft wirklich entwickeln kann, bevor sich nicht ihre Menschen die Eigenschaften zu eigen machen, die gemeinhin als Tugenden bekannt sind. Dazu zéhlten unter anderem Vertrauen, Solidaritét, Nachstenliebe, Gemeinschaftsgeist, Ehrlichkeit, Respekt gegenijber anderen, Toleranz, Vergebung und Barmherzigkeit. Der „Aufruf„ betont die Stérke dieser Werte und stellt heraus, dass sie den religiösen und geistigen Gemeinschaften der Welt gemeinsam sind.
Beide Dokumente unterstreiChen die sozialen Prinzipien, die zu Kennzeichen des Fortschrittsgedankens unseres Zeitalters geworden sind. So betonen sie die Notwendigkeit der Gleichberechtigung der Frau und der vollständigen Umsetzung der allgemeinen Menschenrechte. Sie stellen heraus, wie wichtig es ist, Verschiedenartigkeit anzuerkennen und zu tolerieren. Grundvoraussetzung fUr Frieden sei Gerechtigkeit. Beide Dokumente rufen zu schnellem Handeln auf, um Armut zu beseitigen.
[Seite 17]lnsgesamt stellen diese Konzepte eine neue globale Ethik
dar — ein Begriff, den das Parlament der Weltreligionen
verwendet, um jene Gruppe
von Werten zu beschreiben,
die religiöse Menschen zu
fördern bemüht sind.
Auf den ersten Blick mag die Einigung in all diesen Fragen nicht neu erscheinen. In jijngster Zeit haben wir uns daran gewéhnt, von Fortschrittsdenkern und Aktivisten die Forderung nach solchen Werten zu hören. Historisch gesehen jedoch haben die religiösen Gemeinschaften der Welt diese Prinzipien nicht immer in die Praxis umgesetzt; tatséchlich haben die religiösen Fijhrer Über Jahrhunderte hinweg sehr oft eine gegenteilige Auslegung aus ihren Schriften gezogen. Daher ist diese Einigung auf Werte und Ideen aus der interreligiösen Beratung von enormer Reichweite.
Zunéchst ist die theologische Bedeutung grofS. Die Einigung auf fundamentale Werte legt die stillschweigende Folgerung nahe, dass es nur einen Gott gibt und dass sein Abbild im menschlichen Geist offenkundig ist. Denn gébe e5 mehr als einen Gott, so wäre statt dessen eine ganze Reihe von Definitionen von Gut und Bbse zu erwarten.
Mit anderen Worten: Die Anerkennung fundamentaler und universeller geistiger Werte ist philosophisch gleichbedeutend mit der Einheit Gottes. Religiöse Ge Iehrte werden gezwungen sein, mehr Über diesen Punkt nachzudenken.
Aus weltlicher Sicht aber ist folgende Beobachtung wichtiger: Wenn die religiösen Gemeinschaften der Welt sich im wesentlichen darÜber geeinigt haben, dass bestimmte ldeale und moralische Tugenden universell sind und die Definition „des Guten“ darstellen, so bedeutet diese Übereinkunft einen enormen moralischen Impuls fUr diese Ideale.
Die in den zwei Dokumenten dargelegte Ethik spiegelt auch auf verschiedene Weise die sozialen Prinzipien wider, die die wichtigsten Konferenzen der Vereinten Nationen im vergangenen Jahrzehnt festgestellt haben. Und sie stimmen ebenfalls mit Aussagen und Konzepten der sékuIaren Zivi|gese|lschaft Überein. Dennoch kann niemand behaupten, dass irgendjemand - 0b die UN, die Regierungen oder die Zivilgesellschaft als Ganzes - diese Prinzipien bisher irgendwo vollständig umgesetzt hétte.
Religion spielt eine anerkannte, besondere Rolle bei der F0rderung und Verbreitung von Werten. Daher ist es von Bedeutung, dass die religiösen Gemeinschaften der Welt jetzt bei der Férderung und Verbreitung dieser neuen weltweiten Ethik zusammenarbeiten. Angesichts des alles durchdringenden Materialismus und der tiefverwurzelten Vorurteile der Menschen hat eine solche Ethik noch immer viele Gegner und WidersaChen
Religiöser Glaube und individuelle Suche nach religiöser Wirklichkeit sind grundlegend fUr menschliche Motiva
tion und gesellschaftliche
Veramderung, denn die Mehrheit der Völker ist religiös
gléubig.
Obwohl interreligiöse Organisationen wie der „Rat des Parlaments der Weltreligionen" und der „Dialog der Weltreligionen fUr Entwicklung" meist darauf bedacht sind, die konkrete Anerkennung religiöser Einheit zu vermeiden, deutet der Grad, bis zu dern sie in den genannten Dokumenten eine Gemeinsamkeit der Ziele und Werte gefunden haben, auf einen Prozess der Annéherung hin. Dieser scheint weit Über bloße Toleranz und gegenseitigen Respekt hinauszugehen.
Auf lange Sicht bietet eine solche Annéherung von IdeaIen und Werten - ganz zu schweigen von Lehren und geistigen Visionen — die Möglichkeit, die Rolle der Religion bei der Lösung weltweiter Fragen wiederzubeleben und ihr den ihr zustehenden Platz als fljhrendes Instrument fijr den menschlichen Fortschritt einzuréumen.
„Der wichtigste Zweck der Religionen ist die Herstellung des Friedens und der Einheit der Menschheit„, sagte Abdu’l-Bahá zu Beginn des 20. Jahrhunderts. „Die Grundlage aHer Religionen sind Frieden und Einigkeit. Doch es sind Missversténdnisse und Unwissenheit entstanden. Wenn diese beseitigt werden, wird man sehen, dass alle religiösen Institutionen fUr den Frieden arbeiten und die Einheit der Menschheit fbrdern werden. Denn die Grundlage von allem ist die Wirklichkeit. Und die Wirklichkeit gibt es nur einmal, und sie ist nicht teilbar.“
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Feierlicher Abschlusstr das Parlament der Weltreligionen 1999: Aufohrung afrikanischer Jugendlicher.
Auf der ethzschen
Grundlage, die das Parlament der I/Velt religionen von 1993 in
SUDAFRIKA Chimgoge
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Zegt hatte, suchte dds Parlament van 1999 mach VVegen, den interreligzbsen Dialog in gemeinsames Handeln weiterzuent wic/eeln.
APSTADT, Sijdafrika.
— Fijr die religiösen Fijh rer, die beim Parlament dchcltrchgionen versammelt waren, galt ohne Zweifel der Auftritt eines weltlichen Vorbilds als Höhepunkt: die Rede des frühercn siidafrikanischen Présidentcn Nelson Mandela. Als der 81—jahrigc, chemalige politische Gefangene zu den mehreren Tausend Vertretorn der wichtigsten Glaubensgruppen der Welt sprach, sagte er, religiösc Institutionen hatten Cine große Rollo dabci gcspiclt, die Apartheid in Siidafrika zu bcenden. „Ohne die Kirche und religiöse Einrichtungen waire ich heute nicht
hier“, erklärte Mandela. Es seien christliche, muslimische, hinduistische und jijdischc Gruppen gewesen, die ihn und anderen jungen Schwarzcn Bildung crmöglicht hittcn und die spiitcr den politischen Geflmgcnen und ihrcn Familien bcigestanden bitten.
„Ich wciB die Bedeutung der Religion zu schätzcn“, so Mandela. „W€nn sie Während der Apartheid in einem Kerker Sijdafrikas gesessen hdttcn,
[Seite 19]1121tten 51c dic (11'1111511111kc11v1111
Menschen gcgcnfibcr Menschen 111 111101 11111110911111 Form
erlcbt. N0C111111115: Religiésc
E1111‘1c11t1111gc11 gabcn 1111s die
1101111111111, 011105 Tages herausz11k0111111cn.“
Mandela wcitcr: „D1€ R011g1011 1111188 01110 c11tsc11eide11dc R011c \P1C1Cll und die Mcnschhcit 111111111 und besee1c11. 111111111 dicw den gmvaltigen Hc1';111x'1211'111‘1'1111gel1 bcgcg11011 1911111, 11011011 wir 1111 11i1c11st1’11jg1111‘111111dc1‘tgegemibcrstc110111“ 111 k111‘ch1 Worten filsstc Mandela 0111 Hauptthema 111‘s Trefilns ZUS‘JHIIHC‘HI Die Rclk g1011c11 k01111tcn und solltcn 11111‘1‘11 Z11x‘11111111611111‘beit 1101 \1CI‘ L(isung 1101' M611sc1111c1tspr01111‘111c 0111c cntschcidcndc R0110 spiclcn.
Drittes Parlament der Weltreligionen traf sich in Siidafrika
D115 1’31‘131111‘11t {11111‘11‘ 1111 1)czc111b€r 199‘) 1111111 7.111111 TC1111€11111€Y 1111s ctwa ()1) L21117 110111 21153111111011. Es 1111111 scchs 1111116 11;1c11 c16111T1'c111‘11 111 (7111cago statt.bc1 11cm dcx 1011.111111'cstagcs dcs 11cr111111111‘11 \X/cltp;1r1;1111011ts 1101' Religion \‘011 1893 gcdacht “0111011 \V;11‘. D16 Vcranstaltm1g vcrmittcltc cincn
E1111111ck 111 cinigc Richtungen, 111 1111‘ $1111 1111‘ wcltwcitc interrcligibsc Bcwcgung cntwickclt. N11c11 11111111 ““115 211 1101‘c11 war, \1'111‘11xt sie wcitcr und gcwinnt 1111 Einfluss 111111Allc‘1'kc'11111111g.
,.\X/11‘ 91nd 11be1‘zc11gt. dass dic internationals il1tc1‘1‘cligiiisc Bewegung 611165 der wichtigxtcn Mcrkmalc (101‘ 1110111'1‘111‘11 Welt ist“, <0 11111 Kcnncy 111tc1‘111111011z11cr Dilcktor 111‘s R41tcs 1‘111~ 1111s 1’111'131110111 dchclt1011111011011, 1161' ge1110111s11111 1111t dcm 1’;11‘1;1111c‘11t dc1‘\X/c111‘011gioncn 111 Siidafrika 1113 T1011 fcn 1111sgerichtet 1111ttc.
,.Z11 der Vcrsn11111111|11g 111:5 1’211‘111111011ts bcwog 1111s 1111* Tats;1c11c,dass C116 W011 k10111cr und 111cV101fl111 der Mcnschen 111111101 oflknkundigcr “1111„, so Kcnney. „V01‘ zwanzig ~13111011 mag €111 Mensch 11115 110111 WCStcn 1116 61116111 Buddhismn Odt‘l 61116111 11:11151’1, 01116111 Moslem Odt‘l 01116111 Hindu begegnct SC1II1JCtZt 3170116an die All11£111gcr 1111 dimer R611gioncn oft ;11\‘ Nachbarn 11ebencinander.“
Eine Liste von :50 interreligiösen Projekten
Dns 1’;11'1;1111c11t 50110 1111111 11111‘ don 1)1;110g 1111te1‘ C1611
G1;11111c11sg1‘11ppc11 111150111011
111111 vcrbessern, 50 Kcnncy. Es sollc dicsc Gc111ci11sc11111‘tm1 V1L‘1111C111‘ zur 11511151011 E11c11c dcs Engagmncntg 111111-1111 — 211 g1‘111c111sa1110111 1111111101111
111 1116361‘136211‘111111g zcigtc 1111s 1’;11‘1;1111011t zwci 111‘111‘ Allsiitzc: c111 gc111cinsa111cx 1)0k11111c11t1111tdc111T1tc1 ,.All1‘1‘111~1111 IIIISCI‘C‘ {11111011111111 Institutio11011“ (A C1111 to 0111' Guiding Institutions) 111111 01110 Lists 111tc1'rc11g1051‘1' Projcktc 1111161 1161' 0110191111111 “(11111011 C165 Dienstes 11111~ 1111' W011“. Der Aufruf e11111L11t c111c11 1’11111 für cine religiiisc 111111 weltlichc Partnerschafi, 11111 globalc Her;1usfbrdc1‘ungc11 1111 11c11c11jz111rtausend 111Allgr111‘zu 11c11111e11.
„W11 11111111 1111111 Zeitp1111kt c1'1'1‘1c11t. 1111 1111111 1111‘ Mcmchen 11111111111111‘11 1113611111 c1'kc1111c11.1111ss 1111‘ Wc1t €111 g10b21105 1)01‘1‘1st“‘ 11c113t 65 111 (16111 P11111111: 1101‘ 0111c großc 13111111brcitc v011 T110111c11 berührt v011 1121c1111z11t1gcr E11twick11111g bis 11111 211 1‘111c1‘Wc'1treg1tr1111g, \‘011 c111c111 Schuldcncrlass 1111' 1110 «(11101111111111 Dritte Welt 111\ 11111 2111‘ Mcdicncthik.
Der All11'111‘ stellt fest. «11‘1Zcitpunkt sei c1111112111g. 11111 1111111 Rcligioncn, sp11‘1111011011 (11111111011 und andercn E1117 1'11‘1111111gcl1,die den Cl1;11‘;11<tcr 111111 ch der Mc11sc1111c1t
„Die Religion muss cine entscheidende Rolle spielen und die Menschheit filhren und beseeIen, damit diese den gewaltigen Herausforderungen begegnen kann, denen wir im niichsten Jahrhundert gegen überstehen.“ Nelson Mandela
SUdafrikas interreligidse Initiativen setzten sich viele Jahre lanngr Gerechtigkeit in ihrem Land ein. lm vergangenen Jahr empfing Nelson Mandela Vertreter verschiedener Religionen, um deren Engagementfdr freie undfaire Wahlen zu diskutieren. (v.l.n.r.:) Lester Hofl‘man, Reprdsentant der jadischen Gemeinde, der anglikanische Priester Mxo/isi Mpambani, Amy Seidel Marks von der Bahá’í—Gemeinde, Nelson Mandela, der anglikanische Erzbischof von Kapstadt, Njongonkulu Ndungane und Imam Rashied Omar von der Islamischen Gemeinde.
1 _
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[Seite 20]„lch find: es aufregend, class wir nun
gemeinsame Aktionen und kooperative Projekte
quer durch die Religionen beobachten
können. Davon
hörte man früher
kaum etwas. “
Howad Sulkin Vorsitzender des Rates für das Parlament der Weltreligionen
Mehr 61/5 100 Bahá’í nahmen an der Sitzung des Par/aments teil, und vie/e waren an der Organisation und Durchfdhrung betei/igt. Das Bild zeigt eimge Bahá’í beim Erbfl‘nungsumzug durch Kapstadt.
K . ONE COUNT Y 2/2000 - SEITE 20
lxcinflmxtcn. cinc IICUL‘ E1307 nu krcativcn Engagmncnts 211 sclmtfl‘n. ..N0'tig ist jctzt eine [ibcrzcugcndc Einludung an die Führungsinstitutioncn. um cinc ncuc. zuvcrliissigc und cinr thllsrcichcrc Purtncrwlmf} zur (icstaltung eincr buscrcn Welt aufzulmucn.“
Die Auflistung der .,(};1bc11 dos Dienstes“ zcigt bcrcits den Bcginn solcher gcmcimnmcr Aktioncn in intcrrcligiiism und Icligiiis—siikulalcr 71153111111011;llbcit. Die Listc \Vurdc dem Parhment in Form cincx kleiv ncn Buchcs iibcrgclwn. in dem rund 250 lmjcktc dargestcllt \\rc1'dcn. dic cincn Beitrag zur interrcligibwn Anniiherung Jufzeigcn.
..Ic11 findc cs .mfrcgcnd. dass wir nun gcmcinsame Aktionen und knopcmtivc lrm jckte qucr durch die Religim 11611 bcobnchtcn kéinnen“. sagtc Howard Sulkin. Vorsitzcnder dcs Rates fi'n dax larlmncnt der \X/bltrcligioncn. "Davon h(inc 1mm {I‘Lihcr kaum cums.“
Bahá’í‘nct wurdc die Sitzung
dcs Parlamcnts mit cincm thrbcnfi‘ohcn Umzug der rcligiéisen Fiihlcr und der (Hlillbigcn durch die Stralicn V011 Kupstadt. lhbci wurdcn die mchrcrcn Tauxcnd Anhlingcr vcrschicdcncr Religionen allerdings tcilwcisc V011 flmdnmcntalistischen Moxlcms und Chrixtcn angcgangcn. Hicrun \\'111den div lmblcmc sichtbar, div dcn intcrrcligidscn DiAlIog bc hstcn.
Mit Toleran: und licheln gegen fundamentalistische Proteste
l)ic lrotcstc \\Llrdcn mcixt mit mlcmntcm Liichcln Jufgcnommcn. ,Im Vcrhiiltnis zu dcm allgcmcincn Einigkeitsgcfiih]. das dic .Mht Tagc bclwrrschtc. gab cs nur \\cnigc lrotcstc“. so Louixc Todd (?opc, Gründerin der in den USA nnslissigcn intcrrcligiéiscn Organisation “(Zlouk the Earth X
1);„ Tagcspmgmmm des larlnmcnts bcgann nmrgcns
mit (icbctcn und Mcditntion. l);m;1nh {Olgtcn Arbcitskrcisc und Vortriigc. Lmd abcnds gab cs Vollvcrmmmlungcn und kimsflcriichc l);ubictungcn. (Eclclnm Aktivistcn und religiiisc Fiihrcr sprachen über cine rcichc Auxwahl an The111cn,von don (?rundlchrcn der Wcltrcligioncn bis zur Suchc mch glwbcnxinspiricrtcn L0 xungcn für glolmlc lroblcmc.
Gemeinsam gegen Armut und soziale Ungerechtigkeit
..Vic1 Zcit und Kraft \Vurdc der Diskuxsion pmktischcr Fragcn gmvidmcnzum Beispicl Armut Lmd Diskriminierung soziulc Ungcrcchtigkeit und die 0ft crstickcndc Wirkung alter Truditioncn. Umweltvcrschmutzungv und globalc Ethik. \ViI‘tN‘L‘hJ["tliCllL‘ Ausbcutung und (?cxundhcitsproblcmc“. sagtc V;11'.'1d;1r;1j;1\/. Raman, cmcriticrtcr Professor für lhysik und (icistcswisscnschafhn am Rochester Institutc ochclv
[Seite 21]Hology in den USA Lmd Vortrctcr dos Zygon (?cntcr for
Science and Religion. “Hicr
\pmch cin Redncr iibcr dis
Mcmchmncchtsxcrlvtzungcn.
die Millionen \ogcmnntcr
Unbcriihrbnrcr in Indicn crlcidcn. Dort befi‘ngtc cin andercr
amerikanische Urcinwolmm,
\\ic ihrc Religioncn und Kulturcn im modcmcn Amcrika
an den Rand gcdrückt würden.“
Ans cinigcr Entfcrnung bctmchtct, bot dic Mcngc der Tcilnchmcr cin \vnhrcs Farbcn111cc1'.Hindus in sntralfihrbtncn ncbcn
vahndern xnIicn
christlichen lricstcrn in schwarzc Robcn mit \Vciflcn ngcn Moxlcmischc Gelchrtc in langcn \vcchn chidern ncbcn in gclbc Bnumwolltiichcr gvhiilltc Buddhincn. Frauen nllcr Hautfixrben trugcn Scidcnsurix in lcuchtendcn Farben und Lmtcrhicltcn sich mit Miinncrn Lmd Frauen in AnzukL,y und Kostiim. Stets dabci warm Afi‘ikuncr in ihrcn [Ink ditioncllcn Imchtcn.
\X/lihrcnd der letztcn drci Tagc [1111111 sich emu 41H) ruliv giéisc und gcistliche FLihrc1‘,L1111 iibcr Beitrlige zum gcmcinsnmen Hundcln zu bcr;1tcn.An dicxcn Trcffen nahmcn much fiihrcndc lcrséjnlichkeitcn am der (?cschiiftmveln der Landwirtschnfi. der Forschung. ALIS den Mcdicn und von internationalcn ()rganisutioncn wic (101‘ \X/cltbank [Ci].
thcpunktdm Abx C]11uSS{cicr “111‘ eine kurzc Rcdc dc‘s Dalai Lama, dcs Obcrhaupts der Buddhistcn Tibcts. Er fiihi 1c sich crmutigt. wcil so viele (JLmbcnsrichtungcn zusam111c11gckommen scion und ihrc Religioncn gcgcnscitig gewtiri digt hiittcn. Scinc Hoflhung sci, duss Trcffcn wic dicscs zu koni krctcm gcmcinsmncm Handcln fiihrtcn.
Dds Purlnmcnt von 1999 bautc aufdcm Erbc dcs crstcn larlamcnts der Wcltrcligioncn von 1893 in (Illicago auf. mi mals wurcn cinige hundert Gelchrm Thoologcn und
Religiomfiihrcr. auch chrii scntnntcn der orientalischen Religioncn.zusammcngckmw men. Dicscs Ercignis gilt gcmcinhin 31s Bcginn dcs interrcligiéiscn Dialogs.
Dcr RM dcs Parlamcnts der Wcltrcligioncn \Vurdc gcgriindct, nachdem 1993 eine juhrlmndertfl‘icr Libcr 1(|.()()()'[LilIlLthCI‘ nngh Chicago gclockt hattc. Z11 don Ergcbnisscn dcs larlamcntx \on 1993 ziihltc cin Dokumcnt mit dem Titc] "Eir ncr globalcn Ethik cntgcgcn" , div Erklärung eincs \X/cltcthos, wic cx die gI‘OBcn Religioncn der \X/clt umreißen.
Vcrtrctcr des Rutcx sagtcn. sie hlittcn für dJS lnrlamcnt mm 1999 Siidnfi‘ikn gcwiihlt, da Religion Lmd Spiriumlitiit 1111 Kampf gcgcn dic Apartheid dort eine wichtigc Rollc gcspiclt hiittcn. ..\X/i1' glnuben, dAss Religion Lmd Spiritualitiit bcim \X/zmdcl der Gesellschaft eine cinzigurtigc R0110 spiclcn“, so Dirk Ficca, geschiittsflihrcnder Dircktor dcs Rates. ,.Sic bictcn dcn Mcnschen dic Mittcl. um eine klarc Vorstcllung über cin crstrcbcnswcrtcs Zicl zu bckommen und uuch cinun chrblick iibcr den fi‘icdlichxtcn und gcrcchtcstcn \X/cg. dicxcs Zicl zu 01'rcichen.“ CI
Die UNAHochkommissarin
fUr Menschenrechte, Mary Robinson (2.v.r.), war eine der Podiumsrednerinnen zum Thema „Herausforderungen und Hoffnungen fijr die Religions- und Glaubensfreiheit im neuen Millennium“ am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Weiter nahmen teil (v.l.n.r.): William Vendley, Generalsekretér der Weltkonferenz fUr Religion und Frieden; David Little, Professor fUr Religionspraxis, Ethnizitét und Internationale Konflikte an der Universitét Harvard; Janis Bjorn Kanavin, Menschenrechtsbotschafter des norwegischen Aul Senministeriums; Anwarul Karim Chowdhury, Vertreter von Bangladesch bei den Vereinten Nationen; und Nikoo Mahboubian von der Internationalen Baha’iGemeinde, die als Leiterin des NGO—Komitees fUr Religions- und GIaubensfreiheit die Diskussionsrunde ausrichtete.
f a.
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Religiöse FUhrer und der Weltbankprcisident trafen sich im Dezember 1999 in
Washington.
VVeltban/e-Prdsident VVolfensohn betrachtet die bis/zerigen Anstren WASHINGTON W"
Überwin
dung derArmut als
gescheitert. Die internationalen und nationalen Einrichtungen
mfissten vielmehr mit
den VI/eltreligionen
zusammenarbeiten.
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ASHINGTON. Gut zwei jahre nach ihrem bahnbrechenden Gipfeltreffen in London haben sich Vertreter der großenWeltreligionen und hochrangige Funktionzirc der Weltbank erneut in Washington zusammengesetzt, um über die Überwindung der weltweiten Armut zu beraten.
Die Teilnehmer des eintéigigen Treffens, das nunmehr den Titel „Dialog der Weltreligionen über Entwicklung“ („W0r1d Faiths Development Dialogue“ — WFDD) bekam, äußerten sich zufrieden über die angenehme Atmosphiire in
den Gesprfichen, die die enormen kulturellen und religiösen Unterschiede zu überbrfikken verhalf.
Entscheidendes Thema war nach Wortcn von Weltbankprésident james Wolfsensohn und des Erzbischof von Canterbury, George Carey, die gemcinsame Verpflichtung, die Lebensverhältnissc der Armen zu verbesscrn. „Der Dialog der Weltreligionen über Entwicklung hofft dabei besonders, verstiirkt auf firtlicher und nationaler Ebene interreligiöse Entwicklungsprojekte Fdrdern zu können“, meinte WFDD K0ordinatorin Wendy Tyndale nach den Gespriichen.
[Seite 23]In Kthiopien und Tansanie wandelte sich der
Interreligiöse Dialog
zur lnterreligiiisen Tat
So haben in Athiopien Muslime und Christen einen interreligiosenVerein gebildet, um Spendenprojekte zur Sicherung der Lebensmittelversorgung besser planen zu konnen.
„Die Vorstellung dabei ist, dass religiose Organisationen, die in der Entwicklungshilfe tiitig sind, die Projekte des jeweiligen anderen besichtigen“, so Frau Tyndale. „Auch finden rcgionale Workshops und Diskussionen darüber statt, inwieweit religiose Organisationen zur Lebensmittelversorgung in Athiopien beitragen konnen.“ Vor allem aber gehe es um das Besondere, das die religiosen Organisationen imVergleich zu den weltlichen, nicht Staatlichen Hilfsorganisationen als Hilfe anbieten.
Anstrcngungen in Tansania, wo hinduistische, islamische und christliche Organisationen zusammenarbeiten, um gemeinsam einen Gesundheitsund Sozialdienst zu entwerfen, wurden von Dr.\X/ilson Mtebe,
dcm Generalsekretdr des Christlichen Konzils der Kirchen in Tansania vorgestellt.
Publikation „Armut und Entwicklung Eine interreligiiise PersPektive“
Anlaisslich des Washingtoner Treffens wurde die erste Publikation mit dem Titel „Armut und Entwicklung: Eine interreligiose Perspektive“ vorgestellt — das Ergebnis der bisherigen Beratungen. Die Stellungnahme griindet aufder Vorstellung, dass es keine Trennung zwischen sozialcn, okonomischen, politischen, umWeltpolitischen, kulturellen und geistigen Dimensionen des Lebens geben kann.
„Ich denke es ist sensationell, dass 50 Viele Führer der Weltreligionen zusammenkommen konnen und ein gemeines Dokument verfassen“, so Thomas Lachs,Vertreter der Reformationsbewegung der jfidischen Gemeinde. „Vergessen Sic nicht, dass die normalen Beziehungen zwischen den Religionen über Viele jahrhunderte hinweg im Krieg bcstanden.“
Bedeutung von moralischen Werten muss wachsen
James Wolfsensohn äußerte seine Hoffnung, dass die Bedeutung der geistigen und moralischen Werte von allen anerkannt und auch in die Arbeit derWeltbank eingebunden wird. Selbstkritisch meinte er, dass die bisher unternommenen Anstrengungen zur Überwindung V0n Armut an der getrennten und nicht projektorientierten Anneiherung aller Beteiligten, V0n religiosen Organisationen bis hin zu internationalen und nationalen Einrichtungen, gescheitert seien.
„]eder bemerkte, dass Cine entspanntere Atmosphiire, sowohl zwischen der Weltbank und den Religionsgemeinschaften, als auch zwiwchen den Religionsgemeinschafien untereinander bestand“, sagte Swami Amarananda von der Ramakrishna Mission, cinVertreter des Hinduismus im Dialog. „Es schien eine grofic Harmonie zu bestehen und darüber hinaus entwickelte sich eine Art von Begeisterung. Erinnern Sie sich, dass niemals zuvor so etwas stattfand.“
Teilnehmer meinten ebenso, dass die Vertreter der Weltbank sich entspannter fiihlten in der Diskussion über die geistigen Aspekte der Entwicklungsarbeit. „Sowohl James Wolfensohn und Michel Camdessus sprachen V011 den geistigen Werten als dem Hcrzcn der Entwicklung und beide
sprachen von Gott“, sagte
Lawrence Arturo, der Vertreter der Bahá’í im Dialog. „Die moisten Diskussionen wiihrend des Treffens drehten sich umWertvorstellungen.
Unter den {ibrigenTeilnehmern befanden sich Seine Königliche Hohheit, Prinz E1 Hassan bin T3131 von jordanien, Seine I-Iohheit Aga Khan, stellvertretend Für den Islam; BischofDiarmuid Martin vom Vatikan, stellvertretend für die Katholische Kirche; die Rabbiner Rene Sirat und Arthur Hertzberg fijr das judentum, Nambaryan Enkhbayar und Sulak Sivaraksa stellvertretend flir den Budhismus, Swami
Vidubhesha Teertha
Acharya Shrivatsa Goswami für
und
den Hinduismus, Sri Singh Sahib Manjit Singh Für den
und Dr. L.M. Singvhi, stellvertretend für den
Sikhismus
jainismus. Lawrence Arturo vertrat den Bahá’í—Glauben, Ebenso nahm Michel Camdessus, Président des Internationalen Wiihrungsfonds, am Gesprsich teil.
Erweiterung des Dialogs um den Internationalen Wihrungsfonds
Die Versammlung erzielte am Ende mehrere Übercinkiinfte. Zum ersten wurde einstimmig entschieden, dass der Dialog wichtig und zeitgema B ist und aufjeden Fall in den nichsten fijnf Jahren fortgefiihrt warden sollte. Der Internationale Wihrungsfonds sollte Partner in diesem Prozess sein. Zum zweiten wurde Übereinstimmung erzielt, dass die Versammlung ein weitcres hochrangiges Treffen in zwei jahren abhalten 50116, um die Fortschritte zu beurteilen. In der Zwischenzeit werde ein Team V0n unabhzingigen Beratern einberufen, die Empfehlungen zur weiteren Struktur und Organisation der Gesprii che gibt. CI
„Die gemeinsame Verpflichtung, die die Konferenzteilnehmer eingegangen sind zur Überwindung der Ab mut in der Welt tnigt auch dazu bei, die gewaltigen kulturellen und theologiuhen Differenzen :wischen den Weltreligionen zu überbrücken. Man hat diesen schwierigen Pro zess begonnen.“
James Wolfensohn Président der Weltbank
K < ONE COUNTRY
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Thomas Robinson (mit Ball) und einige seiner BasketballSchuler beim Training am Bahá’í Unity Center.
Der Teamgeist im Basketball bereitet Jugendlichen den Weg von der Straße zum Schulerfolg
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ATLANTA
K ' ONE COUNTRY
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Mir einer brciten Palette mm Programme„ versuclzt das Bahá’z Unity Center im USBundcsstaat Georgia, sozialen Randgmppen Orienticmng zu geben lmd sie in die Lage zu versetzen, ihr chen in die eigene
Hand zu nehmen.
EKALB COUNTY, DGcorgia, USA — Nach dem Training versam melt Coach Thomas Robinson scin gutes Dutzend jugendlichc Basketballer um sich herum und verwickelt sie in sin Frage— und Antwortspiel. An ders als bei den Liblichen Ansprachen V011 Trainern gcht cs ihm nicht darum, den Teamgeist der Spieler Oder ihre Balltechnik zu kommenticrcn Vielmehr konzentriert er sich aufihre Einstcllung zum Schulunterricht.
„Ist hicr cincr, der mit Lerncrci nichts am Hut hat?“ Kollektivc Antwort: „Ncin, keiner.“ — „Wicso nicht?“ „SchlicBIiCh wollcn wir nicht V6rb10den“,so cinjunger Spieler.
Der Wortwcchscl zcigt anschaulich die außergewéhnliChC Mcthodik dos Programms, mit dem Robinson und seine Frau Chery] im Bahá’í Unity Center im siidlichen Bezirk DeKalb bci Atlanta arbciten. Das lrojckt — genannt STAR: Sch01arship,Tcamwork,Ambition, Respect — vcrlangt V011 den Sportlcrn eine zumindest durchschnittlichc Gesamt bcnotung in der Schule. Sonst dürfen sie nicht beim Sport mitmachen. Doch für Vielc afroamerikanischer Schüler in (161' V01] Schwarzen dominicrten Nachbarschaft ist sovic] klar: Basketball geht ihncn über alles.
Den meisten jugcndsportprogrammen gchc cs ausschließIich um die sportlichen Aspekte des Basketballs, mcint der 34—j'2ihrige Anwalt Robinson, der dies allerdings nicht abwertend verstandcn wisscn will. D215 STAR—lmjckt verlange zwar guts schulischc Leistungcn der Sportlcr, doch im Gcgcnzug bictc cs ihncn auch speziclle Kursc mit betreutem Nachhilfcuntcrricht. DaS Selbstverstiindnis dos Projtkts unterscheidc sich also crheblich von dem anderer, und er hotfe, dass STAR andercn jugcndprogrammcn als Modcll dienc.
[Seite 25]Ziel ist die Stärkung
von Motivation und
Selbstbewusstsein
Eben dieses Ziel, namlich modellhaft zu wirken, verfolgt das Bahá’í Unity Center auch mit anderen Aktivitéiten: dem Freitagabend—Basketballspiel mit anschließendem Gruppengcspr'éch für filtere Jugendliche, eincm Computerkurs für Erwachsene und einem Rhetorik-Training für jung und alt. All diesen Projekten gemeinist die Absicht, das Selbstbewusstsein und die Motivation derAfroamerikaner zu stiirken. Eng verbunden mit
5211]]
dcm Center ist eine weitere Initiative, die Flfichtlingen und Einwandererfamilien in .der nérdlichen DeKalb—Region Vielféltig Hilfestellung bietet.
Gegriindet wurde das Bahá’í Unity Center vor vier jahren aus Sorge über AnzciChen von wachsender Gewaltbereitschaft, Drogenmissbrauch und gravierenden Gesundheitsproblemen bei jugendlichen der Region. Die Einrichtung Will solche Themen aufgreifen, die Jugendlichen und ihren Familien zu schaffen machen und zu denen die Gesellschaft keinc Orientierung zu gebcn vermag.
Trainingsprogramme für Konfliktlésung, Ausbildung in handwerklichen Fertigkeiten, Kurse für Eltern wie auch ethisch—moralisches Training zeihlen zu den Aufgaben, so Fred Ming, Leiter des Family Unity Institute, einer von den Bahá’í eingerichteten gemeinniitzigen Organisation, die verschiedene Initiativen des Bahá’í Unity Center finanziell unterstiitzt. „Das Potential zur Lösung der Probleme ist zweife1105 in der Gesellschaft vorhanden. Leider liegt es aber brach. Wir wollen erreichen, dass das Family Unity Institute mit seinen Programmen die Entfaltung der vorhandenen Fahigkeiten fdrdert und zum Nutzen aller biindelt.“
Ethnlsche Vielfalt in DeKalb
Der DeKalb—Distrikt zeichnet sich im Vergleich zu allen anderen Regionen des Bundesstaates Georgia durch seine ethnische Vielfalt aus. Zahlreiche Flfichtlingc aus Europa und Asien sowie spanischsprechende Einwanderer aus Mittelamerika haben die Zah] derer, die kein Englisch sprechen, aufzchn Prozcnt der Gesamtbevélkcrung stcigen lassen.je die Hilfte der rund 600.000 Einwohner sind WeiBe und Schwarze.
Die unterschiedlichen BeVölkerungsgruppen leben weitgehend isoliert voneinander in Wohnbezirken, die 0ft Ghettos gleichen. Laut der Atlanta Regional Commission sind im Süden des Distrikts mehr 315 70 Prozent der Einwohner Schwarze. Im Norden hingegen beträgt ihr Anteil wcniger 315 20 Prozent.
Das Bahá’í Unity Center liegt in einem Bezirk, der überwiegend von Schwarzen bewohnt Wird. So sind es hauptsdchlich sie, die das Family Unity Institute unterstützen will. Die Gegend ist nicht ausgesprochen arm, eine scharfe Rassentrennung hat jedoch dazu gefiihrt, dass Viele Menschen verbittert sind und sich von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen
„Die Menschen hier haben zwar keine gravierenden Wirtschaftlichen Probleme“, erklairt Sharon Akiele, Vorsitzende des Lokalen Geistigen Rates der Bahá’í in DeKalb—Siid. „Betrachtet man jedoch die vielen Eltern im Teenageralter, weit verbreiteten
den
Drogenmiss brauch und den rasanten Anstieg der Zahl aidsinfizierter Miidchen, dann sind das alarmierende Anzeichen.“
Der Soziologc Douglas Bachtel von der University of Georgia sag: dazu: „Die statistischen Daten über soziale Probleme und Entwicklungen im Distrikt lassen cine ticfc Kluft zwischen den Rasscn hervortreten. So liegen in akademischenTests die Noten von Afroamerikanern im Schnitt niedriger als bei WeiBetL Und wahrend 1997 17 Prozent der weißen Miitter unverheiratet waren, lag die Quote bei afroamerikanischen Miittern bei 55 Prozent. Das bedeutet, class ungefiihr die Hfilfte aller Schulkinder in DeKalb von nur einem Elternteil mit wahrscheinlich niedrigem Einkommen und geringem Bildungsstand grOBgezogen wird.“
„Wir warcn von diesen Entwicklungen so beunruhigt, dass \vir, trotz der gcringen Zahl der Gemeindemitglieder und begrenztcr Mitre], beschlossen, aktiv zu werden“, 30 Rechtsanwalt Rosland Hurley vom Geistigen Rat der Bahá’í DeKalb—Sfid, der die rund 100 Bahá’í des Distrikts vertritt.
Prozentuale Verteilung der Ethnien in Atlanta
In den dunkel eingeférbten Bezirken sind mehr a/s 7o Prozent der Bevblkerung Afroamerikaner, in den am hel/sten eingefcirbten Regionen sind es weniger als 7 Prozent (Quelle: Atlanta Regional Commission, 1998).
Die Lehrerin Cheryl Robinson beim Tutorium mit Ervin Chapman. Robinson ist akademische Leiterin des STARProgramms.
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„Am Antony gins es uns durum, den Jugendlichen hie: so etwas wie ein positives Umfeld zu vermifleln, eine Akemative zum Hemmlungern auf
der Stmfie. “
Adrian Hooper Mitbegrfinder der "Umoja Soldiers“
Das Gebdude des Bahá’í Unity Center in DeKalb County, Georgia.
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Etwa zur gleichen Zeit war von Mottahedeh Development Services (MDS), einer gcmcinnijtzigen Organisation der USBahá’i—Gemeinde zur wcltweiten Férderung sozialcr und wirtschaftlicher Entwicklungen, ein Gemeinschaftsprogramm Für Graswurzelprojekte in den USA ins Lcben gerufen worden. Bcidc Gruppcn, MDS und der Geistigc Rat der Bahá’í in DeKaIb—Sfid, crwarbcn gemeinsam einc chcmalige Baptistenkirchc samt zugehörigen Klassen— und Erholungsriiunlen, die zum Bahá’í Unity Center ausgcbaut wurden und ins Eigentum des Geistigen Rates von DcKalb—Siid Übergingen. Das Family Unity Institute wurdc unter der Patenschaft von MDS und dem Geistigen Rat gcgriindet und dann im Bahá’í Unity Center untergcbracht.
Bahá’í-Ansiitze für soziale Albeit: Einhelt, Toleran: und hohe Werte
Das Bahá’í Unity Center wie auch das Family Unity Institute sind bei ihrer Arbeit zuniichst bemüht, einen möglichst umfassenden Überblick über die sozialen Probleme und ihre Ursachen zu erhalten. Nach Meinung der Bahá’í liegen die Ursachen für die meisten Probleme in Uneinigkeit, Intoleranz und egozentrischmaterialistischem Verhalten.
Einhcit, Toleranz und hohe moralische Wertvorstellungen sind in ihren Augen die richtigen Lösungsansétze und werdcn aus diesem Grund besonders gefördert.
Das STAR—Projekt war von den Robinsons, die selbst Bahá’í sind, bereits frijher in eincr anderen Gemeinde eingefiihrt worden. Hier jedoch dank der Möglichkeiten des Centers sowie derVorgaben des Family Unity Institute — bot sich ein geradczu idealer Rahmen, das Projekt zu verwirklichen. Zwar hat es in der breiten Offentlichkeit bisher wenig Aufmerksamkeit gefundcn, doch von der Gemeinde wird es wegen seines innovativen Ansatzes,]ugendliche zum Lernen zu motivieren, begeistcrt unterstijtzt.
„Bei jungen Lcuten hier stdBt die Vorstellung, für die Schule zu bfiffeln, auf wenig Gegenliebe. Beim Basketballspiel zu gewirmen ist dagegcn cine ganz andere Sachc“, erzeihlt Robinson. „Wir machen uns diesen Umstand zu Nutze. Ein Schüler wird alles daran setzen, Mitglicd der STARBasketballmannschaft zu bleiben. Bei schwacher schulischer Lcistung wird er, viclleicht zahneknirschend, aber letztlich doch unseren Nachhilfeunterricht in Anspruch nehmen, um nicht unter unsere Mindestan{orderung zu fallen und seiner] Platz in der Mannschaft zu verlieren. Wir beziehen auch Basketballthemen mi: in den Unterricht ein. In Mathematik etwa ermitteln wir zuerst die Trcfferquote des Cracks Michaeljordan bei einem bestimmten Spiel und anschließend unsere eigene draußen auf dem Sportplatz.“
Den SpaB am Basketball mit der Motivation zum Lemon verblnden
Der Hauptzweck des Pro jekts sei es, seine jungen Teil nehmer von der Straße fern zuhalten und sie sinnvoll zu beschéftigen, erklzirt Robinson, der an der Stanford University ein Jurastudium absolvicrt hat und als Chefanklzigcr bci Tbtungsdelikten im benachbarten Fulton Distrikt thtig ist. Es sei wichtig, disjugcndlichen beschziftigt zu halten und sie an die Schulc zu binden, dcnn statistisch gcsehen, bitten mehr 315 90 Prozcnt der krimincllcn jugendlichen vorzcitig die Schule abgebmchen.
Zur Zcit arbcitct das Center mit S(ngcndlichen im A1tcr von noun bis 15jahren. Die Eltcrn sind von der Zweiglcisigktit dC‘S Programms begcistert. „Maine Söhne sind ganz verrückt nach Basketball“, sagt Marie Bryant, dercn zwei 56hnc zum Center gehören. „Sie stchen morgcns mit dem Ball auf und nehmen ihn abends mit ins Bctt, Ganz klar, das Projekt motiviert sie, auch in der Schule gute Leistungen zu bringen. lhre Noten haben sich spiirbar verbessert.“
Umoja bedeutet Einheit - Beratung brisanter
Themen im „Kreis der Einheit“
Ein weiteres Projekt des Centers, bei dem ebenfalls Basketball als Motivationsanreiz eingesetzt wird, widmet sich der Altersgruppe der 16— bis 25—jiihrigen. Die Themen der „Umoja Soldiers“, wie die Gruppe genannt wird, sprechen Fragen brisanter Natur an. Sie berühren die ganzc Bandbreite der Probleme, mit denen sich junge Schwarze in Amerika konfrontiert sehen von Polizeigewalt bis hin zu Verlockungen durch illegale Drogen.
„Am Anfang ging es uns datum, den jugcndlichen hier so etwas wie ein positives Umfeld zu vermitteln, eine Alternative zum Herumlungern auf der Straße“, erklärt der 23—j'2ihrige Adrian Hooper, Mitbegrimder der Initiative.
[Seite 27]„Mit der Zeit wandtcn wir
uns dam] abcr auch don Themen und lroblemcn zu, mit
dcncn sich die afioamcrikanischc Gmncinde tagtfiglich auseinander sctzcn muss.“
Zwischen 30 und ()0jungc Mlinncr der „Umoja Soldiers“ trcffen sich regelmlifiig am Frcitagabend im Center, um Basketball zu spielenAnschlicBend sitzt dic Gruppe zusammcn, um Problcme und Herausforderungen, dcncn sich die Mitglicder ausgesctzt sehen, zu crértern. In der afrikanischen Sprache Swahili bedcutet Umoja Einheit; das Wort steht hier als Synonym Für den „Krcis der Einheit“, wie die Diskussionsrunde von ihren Begriindern genannt wird.
„Es istAufgabe der ,Umoja Soldiers, ihrejungen afroamerikanischen Brüder körperlich und geistig fit zu machen, damit wir zu Einheit und Selbstbestimmung gelangen“, mcim der 22—jiihrigeAnthony Outlcr, Mitbegninder des Projekts und zur Zeit Diskussionsleiter der Gruppe. „Der eigentlichc Grund für unsere Misere ist, class den méinnlichen Schwarzen alle möglichen falschen Vorstellungen und fixcn Idccn über ihre Ménnlichkeit in den Kopfgesetzt wordcn sind: dass man stets c001 zu scin habc, dass man der ,ewigc Verlicrcr sci, dass man Gewalt,Alkohol und Drogen verherrlichen und Frauen schlecht behandeln sol n
Outler crklzirt, dass die Diskussionslcitcr Alternativen vor 16.
schlagen und die Miinner auffordem, eigenc Überlegungen anzustcllen und sich ihrer geistigen Wcscnsart bewusst zu warden. „Kein Mensch würde sich darum scheren, stellten Wir uns einfach vor ihn hin und forderten: Lass die Finger von Drogenl“, meint Outler. Daher heitten die Diskussionen hier den Charakter einerWahrheitssuche, der ein gemeinsamer Gedanke zu Grunde liege: nicht einfach zu akzeptieren,
was allc andercn machtcn.
Integrationsprogramm Für Latinos erhielt Martin-Luther-KingPreis
Auch die meisten anderen Kurse des Centers, darunter die Computerklasse und Rhetorik-Seminare, richten sich vornchmlich an die Gruppe der Afroamerikaner. Eine Ausnahme bildet ein Projekt (165 Family Unity Institute, das sich Healthy Multi—Cultural Families (Gesundc Multikulturclle Familien) nennt. Es spricht asiatische und lateinamcrikanische Familicn in mud um Chamblee an, eine Stadt im Norden dcs DeKalb-Distrikts.
Chamblce hatte jiingst einen starken Zuzug von Einwanderern und Fliichtlingcn. Viele V01] ihncn kénncn kaum Englisch. Das Institut bictctjcnen Kindern Nuchhilfcuntcrricht, bei dcnen die schulische Entwicklung durch unzurcichendc Englischkcnnmissc bccintnichtigt werden k01mtc. Landcswcitc Ancrkennung fimd das lrojckt 1998 durch die Vcrlcihung dcs „Martin Luther King Day of Service Grant“ in Höhe von 5000 Dollar.
DaS Family Unity Institute hat auBcrdem das Ziehvon den Familien, mit denen es arbeitct, Gewalt zu Hause fernzuhalten, indem Familienbandc sowie Stellung und Ansehen der Frauen gestärkt werden. Auch wichtigc Gesundheitsaspekte werdcn vermittelt. „Gcsprfiche unter Vier Augen bestzitigen, dass Gewalt in der Familie bei vielen Einwanderem verbreitet ist und dass hliufig Frauen die Leidtragenden 51nd“, $0 Carole Miller, Leiterin der Familienprogramme bei Mottahedeh Development Services. „Eine erste Maßnahme gegen solche Formen der Gewalt ist es, durch Erziehung und gesundheitsbezogene Aktivitziten für die ganze Familie
cine Entwicklung in Gang zu setzen, die die Bnndc dos gcgcnscitigenVcrtraucns, der Licbc und des Respckts Rirdert.“ Bishcr konntc man mchr als ()0 Familicn im Rnhmcn dos Healthy anlilics—lmjckts untcrstiitzcn.
In der Absicht, auch uuf anderc Bcrcichc dos gcscllschaftlichen chens im Distrikt Einfluss zu nehmcn, veranstaltctc d JS Family Unity Institute bishcr zwci interreligiöse Konfcrcnzcn, um dis verschiedenen cthnischen und rcligiésen Gruppcn mitcinander bckannt zu machen.
Eine Innovation: Interkulturelle Sozialarbeit
Sowohl das Bahá’í Unity Center 2115 auch das Family Unity Institute hoffen, ihre Aktivitiitcn kfinftig auf entferntere Teile des DeKalb—Distrikts ausdehnen zu können. „Zahlreiche Organisationen beschliftigen sich mit Problemen V0n Familien undjugendlichen. Doch nur wenigc lassen sich V01] einer Sichtwcise leiten, der die Einheit verschiedener Gruppen zugrundc liegt“, sagt Hurley, Mitglicd des Geistigen Rates der Bahá’í. „Wir betrachtcn die Gesellschaft als Einheit und nicht als Ansammlung isolicrt lcbcnder Gruppen. Deshalb ist unscr Standpunkt, dass die sozialcn Problems der Gesellschaft es crtbrdern, dass wir alle zusammcnkommen.“ CI
Anthony Outler (Mitte) and Adrian Hooper (rechts) grandeten die "Umoja Soldiers“, einen Diskussionskreisfarjunge Erwachsene, in dem auch Themen wie
Drogen und Polizeigewalt zur Sprache kommen.
Mach Meinung der Bahá’í liegen die Unachen [fir die meisten Problem: in Uneinigkeit, lntolemnz und egozentrisch-materialistischem Verhalten. Einhelt, Tolerant and bake moralische Wertvorstellungen 51nd in Ihren Augen die richtlgen Lösungsanuitn und werden nus diesem Grand besonden gefbrdert.
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Auch die sddkoreanische Bahá’í—Gemeinde war an der Seoul-Konferenz beteiligt. Sie organisierte einen Arbeitskreis zum Thema „Ein neues Millennium, eine neue Zivilisation" und einen Ausstellungsstand. Hier (v.l.n.r.) trafen sich Danton Ford, Programmdirektor der Konferenz, Kang Sung—ho und Firaydun Mithaq, drei Mitglieder der sadkoreanischen Bahá’í—Gemeinde.
Die Internationale
NGO-Konferenz in
SEOU L Seou11999
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leonzemrierte sich auf die Frage, wie NGOS besser organisiert und in die Lage uersetzt werden leonnen, die umfassenden Heraugforderur1gen der Menschhezt weltweit in Angrgfi‘ zu nehmen.
EOUL, Korea. Fast allc
großen Zusammenkfinf tc der Zivilgesellschafr in den ncunziger jahrcn drehtcn sich um spézifischc Themen wie Umwelt und Entwicklung, Gleichbercchtigung der Frau oder Frieden. Diese Trcffen
fanden moist im Zusammen hang mit grOBen Konferenzen der Vereinten Nationen start wie dem sogcnanntcn Erdgipfel Oder der Vierten Weltkonferenz über Frauen. Ausnahmcn waren das Gipfcltrcffen über Mikrokrcdite 1998 und der Friedensappcll V0n Den Haag 1999.
Erste unabhängige NGO-Konferenz berit bessere Organisation der globalen Zivilgesellschaft
Die Internationale NGOKonfcrcnz in Seoul 1999 sctzte den Trend zu Lmabhlingigen NGO—Beratungen fort. A13 erstesTreffen dieserArt widmctc es sich hauptszichlich der Frags, wie die NGOS sclbst besser organisiert und befahigt wcrden können, die Herausforderungen der Mcnschheit anzugehcn.
So bot die Konferenz von
Mit neuen Partnerschaften wollen die NGOS ihrer globalen
Verantwortung gerecht werden
Seoul, die ohnc Bezug zu cincr bcsondercn UN—Veranstaltung Olganisiert wurdc, einen Einblick in Visioncn und Lebendigkeit der intornationalen Zivilgescllschaft. Es cntstand das Bild einer Vielseitigen wcltweiten Bcwcgung, die Libertaschend cinig ist in ihren Anhegen und P1211161).
„Die Konferenz brachte Gruppcn verschicdenerVélkcr aus vcrschicdenen Tcilcn der Welt zusammcn“, so Sudha Acharya, Vichriisidcntin der Konferenz der NGOS. „Dennoch herrschtc cin wunderbnrer Geist der Zusammenarbcit und Einheit.“
Die SeouLKonfcrcnz 20g
mehr 2113 10.000 Tcilnehmer
von ungeflihr 1.400 NGOS aus
mindestcns 107 Linden] 311.111
fast 200 Arbcitsgruppen und
fiinfVollversammlungcn konzcntrierte man sich auf zchn
Hauptthemen. Dabci ging es
noch einmal um die Ergcbnis
[Seite 29]se der großen UN—Konferenzen des vergangenen jahrzehnts, umer andercm Umwelt,
Gleichberechtigung der Geschlechter, soziale und Wirtschaftlichc Entwicklung, Erziehung und Menschenrechte.
„Vision Statement“ und Aktionsplan zur kiinftigen Rolle der Nichtregierungsorganisationen verabschledet
Das übergeordnete Thema abcr war die Organisation und Arbeitsweisc der NGOS sclbst, damit diese ihre Zusammcnarbeit zur Lésuxlg der globalen Probleme intensivieren k611ncn. Dieses Zicl spicgelte sich in den Unterlagen der Konferenz wider, zu denen cin „Vision Statement“, eine „Erkleirung zum Millennium“ und der Entwurfeines Aktionsplans gehörtenAlle diese Dokumente betontcn die K0111plcxiteit der Herausforderungcn und den Bedarf an koordiniertem Handeln.
„Zu Begim) des ncuen jahrtausends sehen wir uns mit schwerwiegenden, untereinander verkniipftcn Hcrausforderungcn konfi‘ontiert“, hciBt es in der Erklairung, die am Ende der Konferenz herausgegeben \Vurde. „Gleich\vohl gibt es Viele Gründc zur Hoffnung. Die letztenjahrzchnte erlebten ein phiinomenales Wachstum an Bürgerbewcgungen, zivilen Organisationen und NGOS, die sich vcrpflichtet haben, die56 Ubel in Angriffzu nehmen.“
„Immcr mehr Menschen erkennen, was auf dem Spiel steht und was wir gemeinsam tun müssen“, so das Dokument weiter. „111 diesem Zusammenhang hat die Scoul—Konferenz über eine Rcihe untereinander verknüpftcr Themen beraten, cine gcmcinsameVision für das 21.jahrhundertformulicrtund konkretc Aktionen zur Umsctzung dicserVision vereinbart.“
Ausgerichtet wurde die Konferenz zum Großteil von den zwei Vereinigungen der NGOS, dieje einen bestimmten Status bei den Vereinten Nationen haben: der Konferenz der Nichtregierungsorganisationen mit beratender Funktion bei den Vereinten Nationen (CONGO) und dem Exekutivkomitee der NGOS, das mit dem Biiro für Offentlichkeitsarbeit der Vereinten Nationen assoziiert ist (NGO/DPI—Exekutivkomitee). Auch ein koreanischer Partner, die in Seoul anseissige Global Cooperation Society International (GCS) mit Vertretungen in 35 Ldndern, unterstijtzte die Konferenz. Gastgeber war die Kyung—HeeUniversit'ét in Seoul,Ver3nstaltungsort der Olympia—Park, wo 1988 die Olympischen Spiele stattgefunden batten.
Erkliirtes Ziel des Treffens war 65, die Umsetzung des globalen Aktionsplans, der von den UN—Konferenzen erstellt worden war, zu untersuchen und zu Liberwachen; NGOPartncrschaften mit denVereinten Nationen zu stérken; und Kommunikation und Zusammenarbeit der NGOS weltweit zu Fdrderxl.
Bedeutung der NGOs wird auch von immer mehr Regierungen und von der UNO anerkannt
In den Vollversammlungcn wic auch in vielen Arbcitstrcffen wurde die Bedeutung der NGOS und der Zivilgesellschaft im neuen jahrtausend betont, und zwar besonders mit Blick auf die zunehmende gegenseitige Abhiingigkeit der Völker. „NGOs sind absolut notwcndig, um die Rechte, die Sicherheit und das Wohlergehen der Völker zu verteidigen“, sagte Sfidkoreas PrL’iSident Kim Dae-Jung. „Sie sind heute ebenso unersetzlich wie die Vcreinten Nationen
und die nationalen Regierungen
u
Der Préisident der Global Cooperation Society, Young Seek Choue, forderte die NGOS auf, die internationale Zusammenarbeit zu intensivieren und eine geeinte Weltgesellschaft zu bilden, um effektive Lösungen für Problemc der „einenWeltfamilie“ zu finden.
„Dic Globalisierung hat die Welt grenzenlos gemacht“, erklärte Choue. „Doch immer noch erleben wir eine Reihe von Konflikten und Streitigkeiten unter den Ländern. Um dagegen anzugehen und solche undemokratischen, anachronistischen Neigungen der Nationalstaaten zu überwinden, müssen die NGOS mit übernationalem Einfluss eine aktivc Rolle spielen.“
Die Rolle der Menschenrechte
Auch die UN—Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, unterstrich die Schlfisselrolle der NGOS. Sie unterstfitztcn die Arbeit der Vereinten Nationen, indem sie Menschenrechtsvcrletzungen nicht nur bezcugten, sondern sie auch an den Tag brachten und so Regierungen zwingen, die Menschenrcchte zu schiitzen und zu F(Srdern. „Die Arbeit des Kommissariats wire ohne die cnge Zusammenarbeit mit den NGOS nicht möglich“, sagte Robinson. Deshalb sollten sich die NGOs darauf konzentricrcn, ihre Wirkung zu vertiefen und ihre Basis auszuweiten.
Weiter erklärte die Hochkommissarin, dass Fortschritt auf Gebieten Wie Frieden, Fraucnfdrderung und Gesundheit cng mit den Menschenrechtcn verbunden sei — eine Ansicht, die auch in anderen Vortrligen und Arbeitskrcisen vertreten wurde.
„Während der Konferenz wurdc immer wieder dicse
„NCO: slnd absolut notwendig, um die Rechte, die Sicherheit und das Wohlergehen der Wlker zu verteidigen. Sic slml heute ebenso unenculich wle die Vereintcn Nationen und die nationalen
Reglerungen.“
Kim Dae-Jung Prfisident Sildkoreas
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„Die Priisenz so vieler internationaler Organisationen hat demonstriert, dam neue Partnerschaflen entstehen. Das Trefien bestätigt, dass die Bedeutung der NCO: lunchmend anerkannt wlrd. “
Stan Bernstein United Nations Population Fund
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Querverbindung zu den Menschenrechten hcrgestellt. Sic basiert auf der Annahme, class jedes andereThema Ietztlich auf die Frage der Menschenrechte zurückfiihrt“, so Ronald Brinn von der Internationalen Vereinigung gegen Drogcnmissbrauch und Drogenhandel, einer Moskauer NCO. „So wurde gesagt, class Gesundheit ein Menschenrecht ist, ebenso wic saubercs Wasser und 50 weiter.“
UN-Organisationen auf der Suche nach neuen Partnem
UN—Agenturen, die regelmiiBig mit NGOs koopcrieren, zeigtcn großes Intercssc an der Konfercnz. Mehr als 60Vertreter verschiedener UN—Organisationcn haben teilgenommen.
„I)ie Prisenz so VIC‘ICI‘ internationaler Organisationen hat dcmonstriert, dass neue
Iartncrschaftcn entstehen“, sagte Stan Bernstein, langjiihriger Berater beim United Nations Population Fund. „Das Treern bestätigt, dass die Bedeutung der NGOs zunehmend anerkannt wird.“
„Agenda Für Frieden, Sicherheit und EntwickIung“ verabschiedet
Die Seoul-Konferenz erarbeitete auch den Entwurf eines Aktionsplans mit dem Titel „Agenda Far Frieden, Sicherhcit und Entwicklung im 21.]ahrhundert“. Darin cnthalten sind Nachtrzige, Empfehlungen und praktische Vorschlzige mit dem Ziel, die Versprechen der UN—Weltkonfcrenzen der neunziger jahre einzulbsen.
Die Agenda ineb allerdings ein vorlaiufiges Dokument. Sie wurdc auf der CONGOlnternctscite veréffcntlicht
(www.conferenceofngos.org). Nach Stellungnahmen weiterer NGOS aus der ganzcn Welt sollte das Papier beim Millenniumforum im Mai 2000 in NewYork vorgestellt werden. Unter anderem ruft die Agenda dazu auf, eine staindige UN—Friedenstruppe zu bilden; sie fordert mehr Friedenscrziehung in Schulen und Universitéten; breiterc Anerkennung dafür, dass die Menschenrcchte universell sind, unteilbar, voneinander abhiingig und aufeinander bczogen; die Mobilisierung der Zivilgesellschaft für die Férderung und den Schutz der Menschenrechte; die stiirkere Einbeziehung von Frauen durch Regicrungen und Vereinte Nationen bei der L0sung von Koanikten; sowic Rechenschaft globaler und rcgionaler Wirtschaftsinstitutionen am Maßstab internationaler Menschenrechtsprinzipicn und -standards. D
Fortsetzung der Ge sprfiche anlisslich der EXPO 2000 (S. 14/15)
(Fortscitzlmg mm Scitc 14: Gesprarh mil Walter 1314:! „Dic Bitr(qcr einbeziehen “)
dicse vereinbartcn Grundsätze 211$ Ethik bczeichncn. Diese Ethik ist also Cine Selektion von Werten, dencn sich alle verpflichtct fühlen wollen und solIen.
Von großcr Bcdcutung ist 65, class Werte und Werthaltungen über Generationen immer wieder auf die Fragcn der zeitlichen Adéquatheit bzw. der Zukunftsfdhigkeit hinterfmgt werdcn.\X/erte kann man aber nicht cinfach wegwerfen \Vie Verbrauchsprodukte: sic können wohl ihre Bedeutung im Laufe der Zeit linden), Ilcu validiert Oder durch andere crsetzt werdcn.
Wir gchen von einer universallen Giiltigkeit der Menschenrcchte aus, und dicsen liegt eine Fülle von Wertcn
zugrunde, weIChe die Staaten als Grundlage für sin menschenwürdiges Dasein anerkannt haben. Die Gestaltung eincr menschlichercn Zukunft setzt Werte wie Solidaritiit, Respekt vor der Mcnschenwürde, Achtung vor Leben, Respekt vor Religioncn, vor der kulturellen Identitait der Völker usw. voraus.
Président john F. Kennedy hattc es in seiner Inauguralrede schon vor bald 40 jahren auf den Punkt gebracht: „Wenn cine freie Gesellschaft den Vielen Armen nicht helfen kann, wie 5011 516 dann in der Lage sein, die wenigen Reichen zu retren?“ D
(Fortsetzng mm Seite 15: Gosprdch mtt Frauenmtnisterinjatobs „Die Frauen Starker!“ SAMBIA. In einem gemeinsamcn Workshop tauschen sich Frauen darfibcr aus, weIche Problems ihnen bei der Durchsetzung ihrer Rechte im Wege stchen. Sie entwickcln cine Strategic, wie sie sich gc meinsam mit politischen Entscheidungstrügern Für ihrc Rechtc Cinsetzen kénncn. SIMBABWE. Mit einer Radioserie in zwci lokalen Sprachen werden Frauen in aktuellcn Rechtsfragcn bcraten und über Unterstiitzungsmöglichkeiten informicrt. EUROPA. In Bulgarien informiert ein Verband Frauen über ihre Ansprijchc im Arbeits— und Sozialrecht, entwikkelt mit ihnen Selbsthilfeansatze und unterstiitzt sie bei der Inanspruchnahme von tiffentlich—rechtlichcr Hilfc. In der Türkei werden Sozialarbeiterund arbeiterinnen in Methodcn der Rechtsberatung für Frauen ausgebildct. Ein Umdenken in den Geschlechterrollen ist bei Frauen und Méinnern erforderlich. Wenn wir lernen, unsere Vcrschiedenheit zu respektieren undjedem die Möglichkeit gebcn, seine Fähigkeiten zu entwickeln, errci Chen Wir die Gleichwertigkeit der Geschlcchter. D
[Seite 31]1. STUTTGARTER AGéNbA‘éFES‘r
ENERGIE für den FRIEDEN
Die Lolealc Agenda 1111455 die [Wire Offlin Itclz/ecir ernir/Im. Um
dimes Zia] umzusetzen,f12hrt€ die Sturtgarfcr Lo/ea/c Agenda em (gng/ies Agenda-cht dunlz — mir mzerwarrerem Eyfiflg.
TUTT(}ART.— Die [doc
der Lokalcn Agenda ist,
die Ziclc der Agenda 2| auf kommunalcr Ebcnc durch konkrctc lrojckte umzusczten. In den mcisrcn Kommunen findcn sich ~jcdoch in der L0knlcn Agenda zuniichst jcnc Mcnschen und Organisatiomn zummmcn. die 01mchin schon
V(nhcr für solchc Ziele tiitig warcn. 0ft schrumpft dam] sclbst dicsc Basis noch im Laufc der Zcit. Um hier eine chdc zu erziclcn und völlig ncuc Bevélkcrungskrcisc für dic Lokalc Agcndu zu gcwilmen, bcschloss dic Loknlc Agenda Stuttgart die Durchfiihrung cincs großcn Agenda—chtc‘s auf dcm Stuttgnrtcr Schlossplatz.
Nach anfiinglichen Anlaufsclnvierigkeiten sticlficn plétzi lich immcr mehr Organisationon zu derVeranstaltcrgruppc, zulctzt warm es gut zwanzig NGOS. Dndurch \vurde auch der Zusammenhalt zwischen dcn cngagiertcn Mcnschen dcutlich crhéjht und insbcsondere dic Zuversicht, im Stud:lcben kiinttig bcsscr walngcnommcn zu \V'L‘ldCI].
Zu dcn H011cpunktcn dos Kulturprogramms gehéirtc insbcondere der Diversity 1);)11chorkshop,cine intermtionalc (?ruppc von Bahá’iju gcndlichen. die in Ausdruckstiinzcn dic gcgmnvlirtigcn Pmblcme der Weltgcscllschnft darstcllcn und L0sungsansiitzc zur Diskussion stcllcn. Ein andercr H&Shcpunkt “111' einc Lichtspirnlc. bci der dic Tcilnchmcr ihrc guten ($cdunkcn für die Entwicklung der Stadt in einer gcmcinsamcn Aktion Illcditativ cinbmchtcn. Mit dicscr Aktion sprach dic Agenda cincn bishcr Libcrhnupt noch nicht errcichten Personenkrcis crfolgrcich an.
chr 50.000 Menschen durchwandertcn das 1. Stuttgartcr Agenda—cht, das mm in den Folgcjahrcn scine stctigc Fortsctzung findcn $011. D
Eine Stuttgarter LaienTheatergruppe prasentierte beim Stuttgarter AgendaFest ihre erste 5top-&-ActShow in der Ofent/ichkeit. Das Stack problematisierte, dass se/bst Friedensgruppen oft Probleme mit einer
fried/ichen Beratung unter einander haben. Die Stop&-Act—Show ist eine neue Form des interaktiven Theaters, das von dem russischen Bahá’í Shamil Fattakhov entwicke/t wurde und das Publikum aktiv in die L0sung der dargestellten Kon fliktsituationen einbezieht.
STUTTGART
Bild links: Der Diversity Dance Workshop 209 das Publikum durch den starken Ausdruck seiner Tdnze an. Bild unten: Bei strahlendem Wetter war der Stuttgarter Schlossp/atz besonders stark be/ebt. Nicht wenige Passanten verweilten beim
Kulturprogramm Oder bei den Infostanden der teil nehmenden Organisationen.
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[Seite 32]REZENSION
„Celebration: Congo Music kann bestellt warden bei Live Unity Productions, Toronto: wwwliveunitycom
Das Album wurde in den Aurore Studios in Kinshasa aufgenommen und gemischt. Dessen Chefjason Sheper, ein gebartiger Kanadier, war leitender Produzent. Vertrieben wird das Album von Live Unity Productions in Toronto, gegrtindet van Jack Lenz, einem bekannten Produzenten, Komponisten und KUnst/er. Live Unity unterstUtzte Aurore auch mit Technik sowie durch die Entsendung des erfahrenen Tontechnikers Kevin Doyle.
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n weiten Teilen der westlichen Welt gilt religiöse Musik 315 Genre, das mit Popmusik wenig zu tun hat. Ob in Radiostationen, in Konzerthallen Oder als Album diese zwei Formen werden selten gemischt. Dagegen ist religiöse Musik in Afrika Viel hiiufiger zusammen mit popularer Musik zu hören, und viel 6fter steht sie aufden Spiellistcn der Radiostationen.
Zu dieser Kategorie gehört das Album „Celebration: Congo Music“ — Vielleicht der bislang stérkste Versuch, afrikanische Musik zu komponieren und aufzunehmen, die vom Bahá’í—Glauben inspiriert ist. Das Ergebnis ist ansprechend fiir alle, die gerne „Weltmusik“ hören: Dicser aktuelleTrend in der Popmusik fiihrt Musikstile und kulturelle Einfliisse aus allerWelt zusammen und gilt als wesentliches Element in den Songs der Topstars von heute.
„Celebration“ entstand durch die Zusammenarbeit von ungefihr einem Dutzend Musikern aus dem Kongo Viele V0n ihnen Bahá’í — und einer Gruppe Kanadier, die das technische Wissen und Gerait fiir die Produktion zur Verfijgung stellten. Das Album beinhaltet 13 Lieder, die einen weltweiten Mix von Musikrichtungen reprisentieren von französischen Balladen bis zu karibischem Reggae.
Wiihrend der Einfluss verschiedener Stile — von amerikanischer Country— und Western—Musik bis hin zum Rap — unVCrkennbar ist, bildet der Rhythmus der traditionallen kongolesischen Rumba einen vcreinenden Unterbau für die gesamte Aufnahme.
Out of Africa: Musikstile im globalen Mix
Die Texte sind Englisch, Franzésisch Oder in Sprachen und Dialekten des Kongo und Nigerias geschrieben. Sie beschaiftigen sich mit Geschichte, Lehren und Schriften des Bahá’í—Glaubens — all dies wird als Fest („Celebration“) der inspirierenden Botschaft von Einheit und Einigkeit dargestellt.
Das Ergebnis ist ein fréhliches, aufinunterndes Album, das durchgiingig überrascht und den Zuhörer durch Vielfalt, Kreativita’t und Spiritualitzit erfreut.Viele Lieder zeigen sogar in sich ein breites Band von Stilen und Ausdrucksformen. Zum Beispiel „Le Desert dc l Ignorance“: eine Reise durch Stilrichtungen, von einer Art Popfusion am Anfang, wie man sie heute in vielen Hits finden kann, über einen Teil mit kongolesischen und sfidafrikanischen Trommeln und Gesang — besungen mit franzésischem Rap — bis hin zu einem symphonischen Crescendo. Obwohl sich dies so liest, 211$ sei das Lied durcheinandergeraten, funktioniert es gut und bietet dem Zuhörer cine kraftvolle musikalische Erfahrung.
Komponiert wurde „Le Desert“ VOI’l Oscar Diyabanza, der über zwanzig Jahre lang künstlerischer Leiter des Nationalballetts von Zaire war. Diyabanza, der selbst nicht Bahá’í ist, hat ein Lied geschrieben, dass von der Wanderung durch „die Wüste des Unwissens“ erz'éhlt, bis die Botschaft Bahá’u’lláhs von Frieden und Liebe Für die Menschheit gefunden wird.
Andere Interpreten auf „Celebration“ sind Pembe Lero, Percussionist und Lieder macher und eine Schlfisselfigur des Projekts; Marius Mof Nene, Singer, Gitarrist und Komponist, der über viele Jahre mit OK jAZZ, einer führenden kongloesischen Band, zusammenarbeitete; und André Zamambu, Singer beim „Orchestra Sim Sim“, einer der bekanntesten Gruppen Kongos.
Gegenüber von „Le Desert“ Steht am anderen Ende des musikalischen Spektrums „Priére du Matin“, ein vertontes Gebet Bahá’u’lláhs. Gesungen von einem bisher kaum bekannten, jungen Singer namens Kabila, wird es im Stil franzésischer Balladen von einer einzigen Akustikgitarre begleitet. Das Ergebnis ist wunderschön und bewegend.
Die meisten Lieder haben ein rasantes Tempo und nehmen den Hérer aufihrem treibenden Rhythmus mit fort. Die Melodien sind eingiingig und hell, doch nie redundant. Die Instrumente sind eine Mischung aus westlich und traditionell, wie etwa in der zarten Rumba „NtomaYa Nzambe“, in der drei sogenanntc Daumenklaviere Melodie, Rhythmus und Bass erzeugen.
„Wir wollen traditionelle afrikanische Musik mit moderner Musik verschmelzen, und zwar so, dass Menschen aus demWesten der Misch-ung gerne zuhören — nicht, um ein Museumsstiick zu schaffen“, so Jason Sheper, der einige Lieder selbst komponierte und auf Vielen Stricken die Bassgitarre spielt. „Wir wollten eine Stilkollektion schaffen, die einerseits um die Welt führt und andererseits den Geist des Bahá’í—Glaubens feiert. CI