One Country/1995 Nummer 1/Text

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Ausgabe 1/1995

Essay zu den Weltgipfeln 1995: »Jetzt handlungsf'éhig werden!« Eine globalc Weltordnung

Bcitrag von Franz A_lt: Das Soziale ist das Okologischc - und umgekehrt

Weltsozialgipfel in Kopenhagen: Akutcr Handlungsbedarf

Die Guaymis in Panama2che zurWahrung ihrer Identitiit

Aktionsaufruf der Frauen—NGOS zurWeltfraucnkonferenz Peking

Olya Roohizadcgans »Olya's Gcschichte<<


»Die Erde ist nur ein Land, und alle [Wenschen sind seine Btir er.« — Bahá’u’lláh


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Nachrichtenmagazin der Bahá’í International Community



Kopenhagen/Berhn: Das Klima für die Weltgipfel

Franz Alt rief mit anderen prominenten UmweIt-Aktivisten die Initiative »Der 6kologische Marshallplam ins Leben. Ziel ist, durch 1 Million Unterschriften, die beim Weltklimagipfel den Staatsoberh'éuptern Übergeben werden, den Forderungen der »Agenda 21Nachdruck zu verleihen, die 1992 beim Umweltgipfel in Rio verabschiedet wurden. Franz Alt schrieb für diese Schwerpunktausgabe von ONE COUNTRY einen Beitrag (5. 8-11). Am 10. M50 spricht er im »Forum Stuttgart<< über den Okologischen Marshallplan (S. 7).


KOPENHAGEN / BERLIN. — Noch knapp Sjahre, und ein neuesjahmusend bricht an. Die ncunzigerjahrc, die schon zur Hilfic verstrichen sind, kbnnten das Tor zu einer neucn Menschheitsepoche scin. Wie werdcn spitcrc Nationen über das ausklingcndc 20.]21hrhundert urtcilcn? Noch ist zumindcst zu hoflen, daß die Grundlagcn eincr fürcn Weltordnung in diescr Dckade gelegt werden,

Solltc sich kfinfiig das BcwuBtscin einer globalcn Verantwortung durchsctzcn, solltcn Politik und Wirtschaft von eincm ethischen Konsens aller Völker gctmgen werden, so könnten sich die großcn UN—Konferenzen der 90€rjahre im nachhincin als wcrrvoll erweisen. Mit dem Wcltgipfel für sozialc Entwicklung in Kopenhagen (6.—12.3.) und dem Wcltklitmgipfcl in Berlin (28.3.~7.4.) bictct sich den Politikcm in dicsen Wochen glcich zwcimal die Chance, die praktisch wic auch cthisch gebotene Kooperation der Nationcn vomnzutreiben.

In der diinischen Hauptstadt wcrdcn sich die Staats— und Regicrungschefs zum crstcn Mal auf intemationalcr Ebenc mit der Bekiimpfung von Armut, Arbcitslosigkeit und sozialer Zcrrfittung befassen — eine historischc Gclcgenheit. In Berlin gcht es vor allem um eine Konkretisicrung der Klima—Rahmcnkonvcntion von Rio: Die einzclnen Staaten sollcn sich verpflichtcn, den AusstoB von Treibhausgascn wie Kohlcndioxid um feste Quotcn zu reduzicren.

Wihrend die Hcmusforderungcn gcwaltig sind, schraubcn politischc Rcalisten die Erwartungcn hcnmtcr. Bishcr habcn sich die Industnenationcn stets von ihren kurzfiistigen Wirtschaftsintercssen leiten lassen — kaum von mcnschlichen Idealen. Zu Visionen anzuregen, ist deshalb eine wichtigc Aufgabe der N icht—chierungsorganisationcn (NGOS). Hicrzu mächte die Bahá’í lntemation31 Community ihrcn Bcitrag lcisrcn - unter anderem durch disses Heft.



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Jetzt handlungsfeihig warden!


Von der inter—nationalen Weltunordnung zu einer globalen Weltordnung



»Das eigentliche Schlflsselthema desjahres 1995 ist die Handlunggfrihigleeit der I/Veltgemeinschcyt, die Etabliemng einer zukunftsfdhigen »global governancm. An dieser Frage wird 31'ch nicht nur das weitere Schicksal der UNO entscheidcn. PETER SPIEGEL

Was niitzcn immer mehr UNO—Konfercnzcn mit immer mehrTcilnehmem und immer umfasscnderen Empfchlungen, wenn dc Die Stcucrfihigkeit des inzwischen untrennbar miteinander verwachsencn Organismus Mcnschheit steht auf dem Spiel.

EIN ESSAY

zur eigentlichen Hemusfordemng der


ON E COUNTRY wird vieneljShrlich herausgégeben von der

Bahá’í International Community«, die als

Nicht-Regierungs-Organisation bei den Vereinten Nationen dte weltweite Bahá'iGemeinde repréisentien. Für weitere Informationen zu emzelnen Beitr" en dieserZeitschrift oder zur Arbeit der é'f International Communi wenden Sie sich bitte an: ONE COUNT Y, Office of Public Infomeuon- Bahá'ilntemational Community- Suite 120, 866 United Nations Plaza, New York, New York 10017, USA. E-mail: 1coun bicorg Chefredakteur. Brad Pokorny. Auslandsredaktionen: Nancy Ackerman (Moskau), Christine Samandari-H. (Paris), Kong Siew Huar (Macau), Guilds Walker (London). Redaktion der deutschsprachigen Ausabe: Walter Fritzsche, Saba Khabirpour, ens-LJwe Rahe, Ellen Skupin, Pexer Spieel. Übersetzer. Norbert Kréger, G(inter T ahz, MargitMares, Gina Schumann, Svenja ams. Redaktionsmsdwrifc ONE COUNTRY- Deutsche Redaktion, Eppsteiner Str. 89, D-65719 Hofheim-Langenhain, Tel. 0 61 92/ 80 79. Fax06192/26395. Heraus eber der deutschsprachi en Ausgabe: [gerNationaleGeistige Rat erBahá'i m Deutschland e.V. Einzelheft: DM 4,-/ SFr 4,- / 65 28,-. Jahresabonnement (4 Ausgaben): DM 15,» / SFR 15,- / 65 100,- (inklusive MWSt und Portokosten). Die Zeitschrift ONECOUNTRY kann direkt bei der Redaktion bestellt warden. © 1995 bgBahá'ilntemational Community. ESN 094 7062. Gedruckt auf Recycling apuer.


ten Ergebnissc weitcrhin unvcrbindlich und damit in der Praxis meist unwirksam bleibcn? Was nützen die bestcn Antworten, wcnn sie nicht an verbindlichc Verantwortung gckniipft sind? Diese Fragen tretcn zurecht bei den Kommentatoren dechltmedien immcr mchr in denVordergrund.

Die Bundesregierung gab cin jahr mch dcm Wclt—Umwcltgipfel in Rio cinc Untersuchung in Auftrag mjt der Fragestellung, wclchc Fortschrittc seithcr in Bczug aufdie Beschliisse und Zielsetzungen von Rio erziclt worden sind. Das offizielle Ergebnis: cin paar Fortschritte hier, cin paar Riickschrittc dort. Resfimee: keine Veränderungen der Gcsamtlngc der Umwclt.

Die Kluft zwischenWorten undTaten droht die Glaubwürdigkeit und letztlich das gcsamte System der UNO auszuhéhlcn, wcnn sic nicht cndlich durch ein taugliches System der Wlhrne/Immlg mld Umsetzuug van I/Znmtwortung, sprich: durch ein handlungsfrihrges Koncht der UNO ersetzt wird.

I Die Kluft zwischen Handlungsbcdarf und Handlungsfdhigkeit

Das eigcntlichc Schliissclthcrm des Jahres 1995 ist somit nicht eines der viclcn Einzelthemen der Weltproblematik, sondern die Handlungsflilngkeit (Ier Mltganeinsduft, die Etablierung eincr zukunfisfiihigen >>global governance<<. An dieser Frage wird sich nicht nur das weitere Schicksal der UNO entscheiden:

UNO-Konfirenzen 1995 in Kopenhagen, Berlin, Peking und New York


Der gesellschafts— und wirtschaftspolitische Handlungsbedad jenscits der Nationen stieg in den letztcn 100 Jahrcn mic cxponcntiellcr Gcschwindigkeit. Nahezu alle großen Problems der Menschheit sind Menschheitsprobleme, also globaler Natur Oder mit Starker globalcr Komponentc, ohnc die sic wcder verstanden noch gclést wcrdcn können. Die Handlungsmöglichkeiten jcnseits der Nationcn quiltcn sich nur sehr miihevoll voran und hiclten in kciner Weise mit dem Handlungsbcdarf Schritt.

1m Ergebnis stehen wir vor einem immer weiter wachsenden global—politischen Vakuum.

Dieses wurde anfangs fast ausschlicBlich von national— und wirtschafrsegoistischen Strukturcn gcfiillt, sprich: von Nationen und Wirtschaftseinheiten, die mit Prioritit ihr eigenes W011} imAugc hattcn Das »freie« Spiel dieser Kräfte schufjedoch ein gcflihrliches und unertréiglichcs Ausmaß an Instabilitiit in der Welt.Vergleichsweisc kleine Funkcn lésten z.B. zwci verhccrcndc Wcltkricgc aus.

Der Einsticg in Strukturen jenseits der Narionen, die Fricdcn, Sicherheit und faire Entwicklungschancen Für alle gewihrleistcn sollten, war unvcrmcidlich. Aber sowohl der Völkerbund als auch dichreimcn Nationcn konntcn diese Aufgaben nur héchst unzuliinglich erfüllen.

Der ticferc Grund hicrfiir liegt nicht — wie oft behauptet — in der UNO selbst bcgrfin


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det, sondern darin, daß es noch kein ausgewogcncs Gleichgewicht zwischen der Souveriinitit der Vercimcn Nationen und der Souveriinitéit der sie konstituicrcndcn Nationcn gibt.

InWirklichkeit sind also die Nationen und ihre Bürger gefragt, eine handlungsfiihige »global governance<< — und somit eine handlungsflihige UNO — zu definieren. Denn solange die Nationcn bestimmen,was die UNO darfund mit welchen Strukturcn sie arbeiten $011, müssen sie sich auch die Ergcbnissc der UNO-Arbeit zuschreibcn lassen.

I Steucrinstrument UNO—Konfcrenzcn

Ein Beispiel 30“ dies verdcutlichen: Ein wesemliches Element des hcutigcn UNOKonzepts von »global governance<< sind die UNO—Konferenzen.

ln diesem Jahr stehcn auf deren Agenda: die Konferenz für soziale Entwicklung in Kopcnhagcn (Mirz), dchcltklinmgipfcl in Berlin (April), die Wcltfrauenkonferenz in Peking (September) und im Oktober die Feierlichkeiten zum 50.jahrestag deerreimcn N21tionen. Schaut man auf die Tcilnehmcrlisten jeder diescr Gastspiclc, so ist die wachscndc Bcdeutung des Gesamtunternchmens UNOKonfcrenzen unijbcrschbar. Allein in Berlin werdcn zur crstcn Zwischenbilanz nach dcm Rio—Umwclrgipfel wiederum 130 Smatsobcrhiupter crwartet. Aufgrund der zunchmendenWeItpnobleme dreht sich das Karussell der UNO—Konfcrenzen immcr schnellcr.

Um diescs Karusscll hcrum hat sich cin gigantischerWanderzirkus in der Größenordnung cincr Kleinsmdt etablicrt mit cincm Ensemble von inzwischen bis 211 30.000 Mitwirkcndcn.

I NGOs als Barometer unerledigter globaler staatlichcr Aufgaben

Neben den stiindig wachsenden Regierungsdelegationen sind cs immcr neue NichtRegierungs-Organisationen (N GOs), die das Vakuum der Ohnmacht an den RegierungsKonferenztischen durch Appellc und cigene Vorschliige aufzufiillen suchen. Die NGOS können somit als ein Barometer für dic nicht erfüllten Staatsaufgabcn in den Bcrcichen Menschenrcchte, Umwelt, Fricdenscrhaltung und Aufarbcitung der Nord—Siid—Kluft angesehen werden. Bis hcute ist ihre Zahl auf über 50.000 angcwachsen.

Dem Zwang der Entwicklung zu einer unteilbaren Weltgesellschaft ~ und insbesonderc dem Druck der damit vcrbundenen Urmtcllungsprobleme — folgend, formierten sich immer mehr der besorgtcsten und enga WIR SIND EINE


gicrtesten Bürger dieser Erdc in diesen NGOs. Zusammcn mjt den chicrungsdelcgationen konsrituieren sie eineArt loschltversanunlung. Sic ringcn und konkurricren miteinander um dieWahrnchmung vonAufgabcn, die man von jeher als die klassischen Staatsaufgabcn ansah: die Sichcrstellung von Friedcn, die Gcwiihrleistung von Rechtlichkeit, die Verbesserung der Lebensumstiinde und die Bewahrung der Schöpfung.

I Warum solchc Defizitc trotz Engagements der bcstcn Kräfte der Welt?

Doch dic Art ihres Zusammcnwirkens und somit auch die Art der Ergebnisse dieses Zusammcnwirkcm sind noch sehr weir von dem entfcrnt, was man Staatskunst nennen kénnre. Wcshalb vcrsagcn die UNO—Strukturen, —Rcsolutioncn und —Weltkonfercnzcn so kliiglich?Wic crwéihnt,sind doch inzwischen nicht nur fast alle Regicrungen der Welt in diesc Mcinungsbildungs— und Entscheidungsprozessc involvicrt, sondem über die NGOS auch dic kritischsten und kreativsten nichtregierungsgcbundcnen Geistcr dieses Planeten. Kein Krcis von Spezinlisten, kcinc Kultut, keine Religion und keine sonstige Untergliederung derVielfillt der Mcnschhcit ist von diescr nunmchr fast pcrmancmen Weltversammlung ausgeschlosscn, und jcdcm, der es ernsthaft will, stcht cs frei,sic11 hier einzubringen.An der Qualitiit des Personals kann es somit kaum liegcn.


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WELT

Von KUnstlern bis Kindern engagieren sich alle Kreise der Weltgesellschaft fUr einen angemessenen Umgang mit der »einen We|t«. Hier ein Poster der kanadischen Kflnstlerin Suzanne Duranceau fflr die weltweite Bewegung »Kindergipfel«, durch die Kinder ihre Stimme fUr eine lebenswerte Zukunft erheben.


»Dze Kluft zwischen VVeltsicherheitsmt und Sarajevo, zwischen Rio and weiterhin ungebremster Regenwaldrodung, zwischen I/Velthandelsabkommen und weiterlzin wachsender Nord-Sud-Kluft wird die Vertrauensbasisflir weitere UNO-Konferenzen und die UNO-Stmleturen insgesamt auslzbhlen.


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»Es rühme sich nicht, wer sein Vaterland liebt, sandern

wer die ganze Welt liebt. Bahá'u'lla'h

»Auf der Ebene politischer Stmkturen muj} es über der Souuerdnitiit der Nationcn noch eine klar dqfinierte und demoleratisch struleturierte Souveranitcit der Menschheit als Ganzlzeit geben. Solange es diese nichtgibt, blockiert die Souz/eriinitiit der Nationen mit ilzren Imrzsidltigegoistzschen und deslmlb widersprfichlicllen und widerstreitenden Interessen jegliche souverane Ldsung selbst der drizngendsten Weltprobleme. Die Schliisselfrage ist viclmehr jcnc der Entscheidungsstmkturen, die Frage,wclchc Art von Weltordnung und >>global governance<< wir haben wollen.

Die stindig wachsende Hiufigkeit, Größe und Themcnfiille der Weltkonferenzcn ist nicht nur eine Chance zum globalen Meinungsaustausch. Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, werden die Menschen dachrtrauen in dicse Form von >>global governance<< gerade in dem Moment verlieren, wo sie auf Touren zu kommen scheint. Die Kluft zwischen Wcltsicherheitsrat und Sarajevo, zwischen Rio und ungebrcmster Regenwaldrodung, zMscheanlthandclsabkommen und ungchemmt wachsendem Nord—Siid—Gefzillc wird die Vcrtraucnsbasis fiir wcitcre UNO—Konferenzen und die UNO—Strukturen insgcsamt aushéhlen.

I Von der losen Wcltversammlung der UNO—Konfercnzen zu eincr vcrfassunggebendcn Wcltvcrsammlung

Deshalb müssen jctzt die Weichen gestellt warden, muß sich jetzt aus der allzu losen und unvcrbindlichen Weltvcrsammlung eine vegassuuggebende Weltvcrsammlung herausbildenTrotz aller Bedeutung der Einzelthcmen von Kopcnlmgen, Berlin und Peking muß allen Betciligten und der Mcnschhcit insgesamt bewußt scin, daß ihrc vordringlichste Aufgabe jene der Gestaltung cincr lmndlungsfihigcn Wcltordnung, eincr stcuerungsfiihigcn UNO isr. Dcnn mit unverbindlichen Absichtserkliirungen — und seien sie inhaltlich noch so richtig — liiBt sich kein Gcmeinwcsen regiercn, erst recht nicht das komplexcste, das wir kenncn: die Memchheit als Ganzheit.

I 1995 - Das Jahr der großen UNO—Konfercnzen - auch dasjahr der UNO—Reform?

Dasjahr 1995 bietct hierfiir historische Gelegenheiten:

1. Mit der Konferenz in Kopenhagcn ist cin bedeutender Lcrnschritt in der Geschichte der UNO-Konfercnzcn und der chiihungen um Lösungen für die global virulentcn Problemc verbunden. Hier wird so dcutlich wie nie zuvor bcreits von der Thcmenstellung her der Erkennmis Rechnung getragen, daß es keine isolierten Oder isolicrbarancltproblemc, sondem nur eine integrierte Weltproblmmtik gibt:

Ob für die Umwcltprobleme, die Teufcls UN-KONFERENZEN '95

KOPENHAGEN, MARZ '95 Mltsozialgipfil

BERLIN,APRIL '95 Weltklimagipfil

PBKING,SEPTEMBER '95 Mlyrauenkonfirenz

NEWYORK, CRT. '95 50. Jahrestag der Vcreinten Nationcn


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kreise derArmut oder die gewaltsamen Konflikte — überall sind im wcsentlichen die gleichen Ursachenbiindcl amVVlrken, und fibcrall gcltcn die glcichen Lösungsansitze.

Ein Beispiel: Der Mange] an sozialcr Absicherung provoziert ungebrernsces Bevblkerungswachstum, wirtschafilichenWildwuchs, unlbsbare Umwcltproblcme in der Dritten Welt, die Auflésung ganzer Gcmeinwcsen und cine neuc Generation von Armutskriegen. Will man also irgendeines dicscr Problem: erfolgreich angchen, muß man in jedem Falle die soziale Absichcrung der Mcnschen Schule,Ausbildung, Gcsundhcits—, Altersvcrsorgung — verbessern, also eine globale Sozialpolitik vcrfolgcn. Ohnc einc vcrbesscrtc und gcrcchtcrc Sozialordnung, was das Therm von Kopenhagen sein wird, bleibt jeder Ansatz fiir eine 6kologische oder sonstigeWende aufDaucr vergcbliches Stfickwcrk.

2. Die crste Nachfolge—Konfcrenz zuchlt—Umwcltgipfel von Rio, der Weltklimagipfcl im April in Berlin, reprisenticrt einen zwcitcn wichtigcn Lernschritt: Man ist sich inzwischen bewußt gcworden, daß Wunschkataloge wie die >>Agenda 21« nicht ausreichen und will dahcr die konkrete Umsetzung durch Folge—Konfcrenzcn überpriifen und gegcbenenfalls die Realisicrung durch ncuc Maßnahmcn vorantreiben. Immerhin sind dies erste Gchversuche in Richtung auf handlungsfühige UNOStmkturen, um mehr Nachdruck und Kongequenz in die gemeinsam verabschiedeten Papierc zu bringen.

3. Von Vielen Seiten wurde die Anregung gcgeben, die Feierlichkeiten zum 50.]ahrcstag der Gründung derVercinten Nationen zu einer großcn Reform derselben zu nutzen. Zahlreiche Albeitsgruppcn habcn sich zu dicsem chck überall in der Welt embliert. Die Frage der weiteren Demokratisierung und Efiktiviemng der Weltorganisation und ihrer bisherigcn Organe wird in diesem jahr in einem Ausmaß Gcgcnstand éflcntlicher Auscinandersetzung sein wie wohl seit ihrer Gründung nicht mehr. Dicse Chance muß von allen gesellschaftlichen Kriftcn genutzt wcrden.

Doch wenn wir ernsthaft lcbenswerte und zukunftsfihige globale Rahmenbedingungen schaffen wollen, muß die Diskussion sehr weit über klcine Strukturanpassungcn hinausgchen. Es bedarf eines schr grundlegcnden Nachdenkens über die Prinzipicn, mit dc


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nen wir eine dcutlich rcformicrtc, eine handlungsfzihige und wirklich demokratischc UNO gestalten wollcn.

I Der Unterschied zwischen einer inter—nationalen und ciner globalen Weltordnung

A13 erstes mfisscn wir dabei die Phase der inter—nationalm Wcltordnung fibcrwindcn und crkennen lernen, was im Unterschied dazu cine globale Weltordnung ist und wclchc Konscqucnzcn dies für die Konstitution dcheltorgane hat.

Die hcutige Wcltordnung und auch die Konstitution derVercinten Nationcn ist inter—national: Alle Emscheidungsgrcmicn sind besctzt mit Repriscntamcn der Nationen, die zucrst den Wcisungen ihrcr nationzllcn Regicrungcn verpflichtet sind.

Um sich den Unterschied zwischen globalcr und inter—narionaler Wcltordnung vor Augen zu filhren, mfisscn wir nur die heutigcn inter—nationalen Strukturcn auf die nationalc Ebenc anwendcn: Dies wiirdc bcdeutcn,d:18 nationale Polirik nur zusmndc kime, wo sich Regionalfürsten von schr unterschicdlicher Machtallfgemei1151111‘1cs Handcln einigcn könnten. Der Rest weirc dcmWildwuchs und Kampf wirtschnfilicher und sonstigcr Partikularinteressen freigcgcbcn. Grundlcgcnde Rechtsnormcn und grundlcgende Smarsziclc wic Fricdcn,W0hIlehrt Oder Gerechtigkeit wären nicht Regicrungs-, sondernVcrhandlungssache.

Ein solches Konzept von Regicmngs— od€r Staatskunst würde aufnationaler Ebcnc kcin Mensch crnsthafi vorschlagen oder bcfiirworten.

Bahá’u’lláh bcschrieb bereits im letztcn jahrhundert den Gcist eines globalm Dcnkcns und eincrglobalcn Wcltordnung in Siitzcn wic dicscn: >>Es riihmc sich nicht, wer seinVatcrland liebt, sondern wcr dic ganchclt licbm WCI‘ so dcnkt, fiihlt sich zucrst demWohl der gesamtcn Mcnschhcit vcrpflichtet und vcrsucht die Intercsscn seinesVolkes Oder seiner Nation durch dicV/zlhrung undWahmehmung der Intercsscn der Mcnschheit in ihrcr Gcsamtheit zu fdrdern und nicht durch irgcndcine Art von Partikularegoismus.

I In der Ausrichtung auf das Wohl des Ganzen werden alle zu Gcwinncrn

Dies ist der ch dcs bcstmöglichen Lerncns aller von allen, der bcstc Weg zur Férderung der Viclfalt allcr Talents und der Sichcrung der inncrcn Einheit der Menschheit, dies ist der Weg von Plus—Summcn—Spielcn flit alle. Und mchr noch: Dies ist das beste Fundamcnt und der beste Garant für Demo kratic, wcil eincm solchen BcwuBtscin die Unterdrückung andercr Gliederungen der Weltgcscllschafi wie eine SelbstvcrStiimmelung vorkommt.

Die moderne Frauenbcwcgung schufdafür den Begriflder >>Daseinsrmcht<<. 1m Unterschied zu der Machtvorstellung, bei der eincr über dcn andercn hcrrscht, cntsteht hier die Macht, das Dasein sinnvoll und bestmöglich zu gcstalten, in der Fbrderungjedes Einzelmenschen und in der glcichwertigcn Zusammenarbeit llochentwickcltcr Individuen. Em solchcs Denken wird unserc gesamtc Wuhrnchmung verhndern, und — wiejost Hcrbig zcigte — selbst unser Vcrstiindnis der Evolutionsgeschichte. In gcharfem Kontrast zur »K:1mpf—umsDasein<<—Erklärung fijr den Fortschritt der Evolution wird hicr die Qualita‘t der Kooperation 313 der cigcntlichc Motor aller Entwicklung bcgriffcn.

I Souverfinitit der Menschhcit:

Auf der IZbcne politischcr Strukturen bedcutet dics,d:18 cs über der Souvcrinitiit der Nationcn 110d] eine klar definierte und demokratisch strukturicrte Souvcriinitdt der Menschheit als Ganzhcit gebcn muß. Solange es diese nichr gibt, blockicrt die Souvcriinitit der Nationcn mit ihren kurzsichtig—egoistischen und dcshalb widerstreitendcn Interessen jeglichc souvcrlinc Lösung selbst der drdngcndstcn Wcltproblcme. >>G10bal govermncc<< schrumpft so zur Politik des kleinsten gcmcinsamen Nenncrs, dic ihrcmWesen nach unvcreinbar mit cincr vorzlussclmucnden und lmndlmlgsfiihigen Politik ist.

Umgekchrt wijrdcn V011 souvcriincn Entschcidungen im gemmtmcnschhcitlichen BewuBtscin bci Problcmcn, die ihrcm ganzcn Wcscn mch unteilbar global sind, allc profiticrcx1,\vcshalb der gcmcinsame Ncnncr und der gcmeinsame Nutzen hicr automatisch anwachscn wiirdc.

Wic kzum mm eine neue globale Wcltordnung — dic ncuc 5:ch einer politischen Kultur — :1usschen?Wir sind hicr aufkcinc Experimcntc angmviescn,sonder11 kénncn 2111bewiihrtc IEIrElhrungcn der Smarskunst zurückgrcifcn und aufdicscn aufbaucn.

I Bahá’í—Schriften empfchlcn Wcltlcgislativc, Weltcxckutivc, Wcltj udikativc

Die Schriftcn der Bahá’í—Religion empfchlcn hicrfiir bcispiclswcisc die Übertmgung


Scitc 5

“m Jm/E WWI. form P_Em



»Dze Hauptaufigabe der I/I/Zltversammlung aus Regiemngs- und NGOVertretem bei den UNOKonflrenzen diesesjahres sollte dalzer die Herausbildung zlon ebenso demoleratisclzen wie Izandlungsfilzigen globalen Staatsstmkturenflir alle globalen Afigaben sein, damit mlht [zinger Bilanzen gezogen werden mussen, wie far den VVelt/elimagipfel schon jctzt z/orllersagbar ist: Seit dem Umweltgiyél in Rio 1992 ein paar Verbesserungen Izzer, ein paar Ver51‘lzleclztemngcn dart. Gesamtlage: unvemndert sclzleclzt. Aussichten: unuerzmdert.


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»Sie (die Vblleer der Welt) müssen einen verbindlichen Vertrag und einen Bund schlieflen, dessen Verfl‘tgungen eindeutig, mwerletzlich und bestimmt sind. Sie mussen ihn derganzen Welt bekannt geben und die Bestiitigung der gesamten Menschheitflir ilm eriangen. . . Alle Krcyte der Menschheit massenfrei gemacht werden, um die Dauer und den Bestand dieses größten aller Bundnisse zu sichem... I/Varum sollte diese wichtigste und erhabenste Sache - das Rgesgestim am Himmelszelt wahrer Kultm und die Ursaclze des Ruhmes, des Fortschritts, des Wohlergehens und Egblges der ganzen Menschheit unmöglich sein? DerTag wird sicker leommen, (m dem ihr Ielares Licht Erleuchtung über die gesamte Menschheit giefaen wird.Abdu I-Baha

(zit. aus: »Das Geheimnis göttlicher Kultum; 1875)


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des Prinzips dcmoleratischer Cewaltenteilung auf die Weltebene: eine Wcltlegislative, eine Weltexekutixle und eine Weltjudikative.

Diese müssen alle durch eine globale Vegfassung in ihren Rechten und Pflichtcn definiert werdcn. Sic müssen über eigene Souveriinitit vcrfiigen, dürfen abcr nach dem Subsidiaritiitsprinzip nur mitjenen Aufgaben betraut scin, die auch tatsaichlich von globaler Natur sind. Ihre zentrale Aufgabe ist es, die globalen Rahmenbedingungen fur die bestmögliche Emfaltung allchdlker dchcIt zu schaflkn und die Grundlagc für eine möglichst viclfiltige und sich wcchselseitig befruchtendc Weltkultur zu legen.

Erst mit einer derart neu konstituicrtcn Weltorganisation sind solqh existcnzbedrohcnde Problcmc wic die chrwindung der Nord—Sfid—Kluft, die 6kologischc Umgestaltung des Wirtschafiens und die Sicherung des Friedens wieder lésbar. Zwei Beispiele sollen dies illustriercn:

I Enorme Spareffckte durch globalc Stcucrrcform

1. Von den DM 9.227,—, die der Dutchschnittsbfirger in Deutschland 1993 an Steuern bczahlt hat, wurdcn gauze DM 109,— fur globale Entwicklungsprojekte vorgcsehen, wovon der wcitaus größte Teil noch im Gcberland verblieb Oder für Projekte eingesetzt wurde, die eher der Exportforderung der Wirtschaft der Gcberlinder dicntcn.

Mit dicscm im Effckt nur Promillcanteil am gesamten Steuemufkommen sollen das Ozonloch beseitigt, die Versteppung des fruchtbaren Landcs gcstoppt, die Meere sowie die Atmosphiire gcrcinigt und die Regenwilder erhaltcn, die Rohstofi‘versorgung auf das Prinzip des nachlmltigcn Wirtschaftens umgcstellt und die Zukunftsmfiirkte in den weiten Armutsregionen der Welt vor dem sozialen Kollaps bewahrt werdcn. Das Problem ist dabei nicht, daß zuwcm;1 Geld ausgcgcbcn wird, sondern daß es völlig ingffektiv eingesetzr wird.

Wir brauchen dahcr dringcnd eine globale Stcucrrdorm, damit Steucrn wieder das tun kénncn, was sie sollen: die driingcndsten Herausforderungen simwoll zu stcuem und die Rahmcnbcdingungcn für eine alkeitigeWohlfahrt zu setzen. Ein ausgewogener und effektiver Mittelcinsatz für die Gestaltung vernijnftiger globalcr Rahmenbedingungen wfirdc alien Lindern der Welt erheblirhe Ausgabcn ersparcn, da nationale Programme gcgen globale Probleme naturgcmiiB zu kurz grcifcn. Dutch eine unabhiingige globalc Budgetierung für globale Herausforderungen wie z.B. eine globale Umwelt— und Sozial politik ließen sich glcichzeitig die Kosten senkcn und die Eflizienz steigem. Doch eine solchc unabhiingige globalc Fiskalpolitik ist nach alleu Erfahrungen der Staatskunst in der Menschheitsgcschichte nur durch unabhiingige, in diesem Falle globalc Einrichrungen möglich, also durch eine souverine Welt. legislative,Wcltcxekutivc und Weltjudikativc. I Fricdensstiftung durch Wcltfricdcnsgerichtshof

2. Regionalc Konflikte wic z.B. im ehcmaligenjugoslawien sind in einer derart vernetztcn Welt nur durch klarc globale Strukturen lésbar. Erforderlich ist die Einrichtung cincs unabhdngégen Welt-Friedensgerichtshofes, wie ihn Bahá'u'llzih bercits im lctztcn Jahrhundert vorgcschlagen hat.

Dicscr muß auf der Grundlage klarer Rechtsgrundsiitze als einziger die Kompetenz zur verbindlichen Schlichtung von nationalen oder ethnischen Strcitigkeiten erhalten. Vertriiglich mi: diesem Ansatz wircn durchaus Regionalc Friedensgerichtshéfe, die dem WcIt—Friedensgerichtshof zugcordnet sind, abcr nicht mehr Vermittlungsinstanzen mit unklaren oder konkurrierenden Rechts- und Interessengrundlagcn.

Die Rechtssprfiche dcs Welt—Friedensgerichtshofes müssen nach dicscm Konzept bindend für alle sein. Das Gcwaltmonopol der Staaten muß aufdie Erhaltung der inneren Ordnung begrcnzt werdcn, und das Gcwaltmonopol für die Erhaltung dcs Weltfricdens muß allcin auf die globale Administration übergchen.

Bis zur nationalen Ebcnc hat s_ich die Einrichtung von Gcrichtcn und die chrtmgung der allein verbindlichen Kompctcnz zur Streitschlichtung auf dicsc hervorragend bcwiihrt als Mittcl zur Zivilisicrung und Bcfricdung von Konflikten. Bis zur nationalen Ebenc hat sich auch das Gewaltmonopol des Staatcs bcwfihrt. Beidcs muß nun Für Konflikte, die denWeltfricdcn gcféhrden können, dringendst auf die globale Ebene übertragen werdcn. Die Dividende hieraus wird nicht nur cin gesicherter Frieden scin, sondern eine globalc Abriistung auf einen Bruchteil dcs hcutigcn Standes.

Die Hauptaufgabe der Weltvcrsammlung aus Regierungs— und NGO-Vcrtretern bci den UNO—Konferenzen disses Jahres solltc dahcr die Herausbildung von ebcnso demokratischen wie handlungsfihigen globalen Staatsstrukturen für allc globalen Aufgaben sein, damit nichr länger Bilanzen gezogen werdcn mfisscn, wie flir den Weltklimagipfel schon jetzt vorhcrsagbar ist: wcnig Fortschritte, Aussichten unverändert miiBig. El


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MAGAZIN





l BERLIN. — Parallel zum Weltklimagi pfel fin det aufdem Berliner Mcssegcliinde ncben dem Intcmationalen Congress Ccntrum (ICC), in dem die rund 30.000 Teilnehmer dcs Weltklimagipfels tagen werden, eine Klirmschutzmesse start. Eincr der rund 300 Aussteller dort wird die dcutsche Bahá’í—Gemeinde scin.

Im Zentrum dieses Standes steht eine überdimensiomle

I STUTTGART — Das >>Forum Stuttgam — ein regionalcs Vcramtaltungszcmmm unter der Trigcrschaft der Stuttgarter Bahá’í—Gemeinde — ergriff die Initiative zu einer gemcinsamen Aktion der Umweltund Nord—Siid—Gmppen im Raum Stuttgart.

In den vergangenen beiden Jahren fiand aufBetrciben des thzwcrkcs »Tag der Erde e.V.«jeweiIs imApril aufdem Stuttgarter SchlonIatz ein »Markt der Möglichkeiten<< start. Verschiedcne NGOs und lokalc Initiativcn priisemierten ihrc Vomchlige flit einc umwclt— und sozialvemöglichere Zukunft.

In diescm jahr schlug das »F0rum Stuttgam innerhalb dieses Netzwcrkes vor, den >>Markt der Möglichkeiten<< vorzuverlcgcn auf das emtc Mirz—Wochencndc, so daß die teilnchmcnden Gruppen ihre Vomchliigc noch im Vorfcld des Wcltsozialgipfcls in Kopcnhagcn und dcs ngtklimagipfcls in Berlin der Offentlichkeit vomtellen können. Viclc Initiativen folgten gemc diescm Aufruf. A13 Motto für diese éfientliche Aktion wurdc vcrabschiedct: »Dic Zukunft findet stattm


Pflaster auf die Wunden der Erde? Künstlerischer Beitrag der Bahá'l zum Weltklimagipfel

Puppe, die mit den Kontinenten und Mccren unseres Planeten bcmalt ist. Die Wunden dicscs >>Organismus Erdc<< und die Versuche, diese zu hcilen, sind symbolisiert durch Pflastcr, die über den gcsamtcn Organismus versrreut sind. Die Puppe hält eine Tafel in der Hand, derchextbcginnt mit: »Pleasc help me! I need: ...13in Zitat von Buhé’u'llflh, das ebcnflllls zum Ausstellungs Glcichzcitigstmetc das >>Forum Stuttgam zum gleichen Tcrmin und zum glcichen Motto eine ncuc Veranstaltungsrcihe.

Im Mittclpunkt steht dabci ein Vortmg von Franz Alt zu seiner bundcswcitcn Initiative »Dcr ékologischc Marshallplam am 10. Mfirz im Forum. Weitcr stellt Dr. Hossain Danesh scin Proj ckt >>Srratcgicn fijrgewaltfreic Schulcn und Familiem vor, das gemde von UNICEF an 10.000 Multiplikatoren im Erzichungsscktor vcrbreitet wurdc. Helga Miillcr, eine Galeristin aus Stuttgart, prfisenticrt cin Projckt fiir Cine Stadt der Zukunft unter dem Namen >>Atlantis Mariposa«.


koncht gehérr und aufeiner großen Tafel prisemicrt wird, war Für die Berliner Kfmstlerin Katajun Werner Impulsgcbcr für ihren Entwurf: »Bctrachtet die Welt wic einen menschlichen K6rpcr: Obwohl er bci seiner Erschaffung gcsund und vollkommen war, ist er aus vcrschiedcnen Ursachen von schwercn Stbrungen und Krzmkheitcn befillen worden... Im Vorfeld von Kopenhagen und Berlin: Veranstaltungen zum Motto »Die Zukunft findet statt Als Fortsetzung im April/ Mai sind Veranstaltungen mit ErvinLaszlo,KarlheinzBéhm und anderen gcplanr.

Einer der Ausléser für diese Initiative war eine Erflahrung cincr Gruppe von Bahá’í—Jugcndlichen Anfimg Januar. Man verteilte kostenlos auf dcm Schlonlatz Bücher, die vor vicrjahren für das Proj ekt »Einc Welt für alle<< hcrgcstellt wurdcn. Wer wollte, konntc als frciwillige »Gegenlcistung<< fürKarlheinz Bélmls Initiative >>Menschen fljr Menschcm spenden. Knapp 2.500,— DM kamcn zusammen, Alle warcn so bcgeistcrt, daß man möglichst bald wieder cthls Eihnlichcs — und größeres tun wollte.




Mit dicschymboIik will man darauf hinweiscn, daß eine Behandlung nur aufder Ebenc der Symptome zu keincr wirklichen Lösung der gcgcnwlirti










gen Probleme taugt. Wichtig fijr jedes Herangchen an irgendeines der großcn Themen unserer Zeit ist cin ganzheitlichcs Vemdndnis für das Zusammcnwirken der Organs des Kijrpets der Mcnschheit. Wihrend des Gipfels veransmltet die Berliner Bahá’í—Gemeinde femcr gemeinsam mit dem WCRP (World Conference of Religions for Peace) cine interreligiöse Andacht als Einstimmung auf den Weltgipfel sowie cin Konzcrt im Bécklerpark untcr dem Motto »Die Erde ist nur ein Land<<.

























Adressen

Informationen über die Themen dieser Ausgabe von ONE COUNTRY oder allgemein zur Bahá'I'~Religion erhalten Sie in Osterreich und der Schweiz über folgende Adressen:

l Der Nationale Geistige Rat der Bahá’í in Osterreich, Thimig asse 12, A4 180 Wien, Tel. (01 4 7911 53, Fax (01)

4 79 89 58.

l Der Nationale Geistige Rat der Bahá'l in der Schweiz, Dufourstr. 13, CH-3005 Bern, Tel. (031) 352 10 20, Fax (031) 352 47 16.





















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[Seite 8]»Das Internationale Rote Kreuz schiztzt, daj)’ bis zum jahr 2000 eine Imlbe Milliarde Menschen (ms sozialen und Okalogischen Grfinden auf der Flucht sezn werden. In den letzten 3 0 jalzren wurde bereits die Hdlfte dcs Regenwaldes zerstört. Wemz wir so waiter mathen, darm haben wir bis zumjahr 2020 unseren Planeten V0111 Regenwald befreit. Regenwiilder sind aber die Lunge unserer Erde und bergen den grbflten Artenreichtum. Wir zerstören unsere Lebensgmndlagen. Die Tier— und Pflanzenarten sterben heute etwa 1. 000 mal schneller als

je zuvor in den vergangenen 65 Millionen]al:ren. ONE COUNTRY ' Ausgabe 1/1995

Das„ Soziale

ist das Okologische


FRA NZ ALT

Zwei wichtige internationalc Konferenzcn in diescm jahr: Vom 6. — 12. Mirz 1995 wird in Kopenhagcn auf dem Weltsozialgipfel der UNO über die driingcndsten sozialcn Probleme bcraten. Die Kluft zwischen Nord und Siid ist aufunserem Planeten heute noch gréBcr als vor 35 jahrcn. Darmls 1:30, heute 1:61. Kann eine solche Mammutkonfcrenz von 150 Staaten Lösungen bnngen? Oder wird der einzige konkrete Beschluß das Datum dcs niichsten Sozialgipfcls scin?

Endc Mirz treffen sich die Regierungen der Welt in Berlin zum Weltklimagipfcl. Bringt die cmeute Wclt—Konfcrenz den Durchbruch zur Rettung dcs Weltklimas? Es handclt sich um die wichtigste Konferenz, die je in Deutschland stattfimd.

Der Countdown liiuft. Die ozeanischen Staatcn, deren Inscln vom Anstieg des Meercsspicgels am meisten bcdroht sind, fordem bis zumjahr 2005 eine globale Reduktion der Treibhausgase um 20%. Doch die Industricstaaten — auBcr Deutschland — und die mcisten Entwicklungslhnder — hauptshchlich Indien und China — spcrren sich.

Mehrheitlich wird kurz vor dem Gipfel bereits ein Festschreiben der heutigcn Trcibhausgas—Menge 2113 >>Fortschritt<< angeschen. Das wäre eine Katastrophe. Dcnn heute produzieren wir mchr als doppelt soviel Treibhausgase wie der Planet vcrtraigt. Wcgen unserer hcutigen Energic— und Verkeh rspolitik müßte eine sozial—ékologisch wahrhaftigc >>Tagesschau<< am Tag, an dem Sic diese Zeilen lesen, folgendes melden:

EIN BEITRAG

desAutors undjoumalisten FranzAlt flir ONE COUNTRY. Franz Alt

Ieitetim Sfidwesfunk die Zukmgflsreihe »Zeitspmng« and uerbfentlichte zulemim Piper— Verlag »Die Sonnc schickt uns keine Rechnung - Die Enerfiewende is! möglichvl. Ererhielt 1994 den ersten »Europiiischen Solameisfiir Publizistik«.


Auch heutc C habcn sich die Wüsten wieder um 20.000 Hektar ausgcdchnt;

C wurden wieder 86.000 Tonnen Erdrcich abgeschwemmt;

O wurden wieder 55.000 Hcktar Tropenwald abgeholzt;

C wurdenwieder100 MillionenTormenTreibhausgase in die Luft gcblasen.

Deshalb sind auch heute wieder C mehrere Dutzend Tierarten ausgestorben; C mchrere Dutzend Pflanzcnarten ausgestorben;

0 80.000 Menschen verhungcrt.

Diesc >>Tagcsschau<< zeigt, wic vcmctzt die 6kologischen und sozialen Probleme aufunscrem Planeten bcrcits sind.

Auch hcute ist durch Erosion mehr Ackerboden verlorengcgangcn als in 1.000 Tagen neu entstehen kann. Alle 90 Minuten zemtbren wir hcute im brasilianischen Regenwald cin Gebiet von der Gréflc Kélns. Allc 90 Minutcn! Mit katastrophalcn Folgen für Mensch und Umwelt.

Das geht morgen so weiter und übermorgen undjedcn Tag der nichsten Wochc und jeden Tag dcs nichstenjahres. Sind wir noch zu retren?

Das Internationale Rotc Krcuz schitzt, daß bis zumJahr 2000 eine halbc Milliarde Menschen aus sozialen und 6kologischen Gründen aufder Flucht scin werden. In den letzten 30jahren wurde bcreits die Hilfie des Regenwaldcs zerstört. chn wir so wciter machen, dann haben wir bis zum Jahr 2020 unscren Planeten vom Regenwald >>befreit<<. Regenwiilder sind aber die Lungc unscrer Erde und


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bergen den gréBtanrtcnrcichtum. Wir zerstören unscrc chensgrundlagcn. Die Tierund Pflanzcnartcn sterbcn heme etwa 1.000 ml schneller 211st zuvor in den vergangencn 65 Millionen Jahrcn.

Hauptursachc der heutigen und noch mchr der kiinftigcn Umwcltkatastrophen: Unscrc tédliche Encrgiepolitik, unsere unverantwortliche Energicproduktion, unset fhlsches Energieverhalten, unscre sinnlose Energieverschwcndung. Die lndustriegescllschaften hingcn am Tropfder Encrgiemonopole wic einjunkic an der Nadcll


Scitc 9

I Den dritten Wcltkricg führen wir gcgcn __ die Natur Mir 0], Kohle, Gas und Benzin hcizen wir unscrcn Plapcten auf. Jedes Atomkraftwerk und jeder Oltankcr ist eine tickende Zeitbombe. Mit gem hcutigen Energiemix aus Kohle, Gas, 01 und Atomkraft führen wir einen drittcn Weltkrieg gegcn die Natur. Dieser Weltkrieg {ordert weir mchr Opfer 31$ der erste und zweite zusammen. Wit ver brennen schon heutc die Zukunft der Menschen in der Dritten Welt und die Zukunft



» Wirfaihren einen dritten Weltkrieg gegen die Natur. Dieser Weltkriegfilrdert weit mehr Opfer als der erste und zweite zusammen. Wir verbrennen schon heute die Zuleunft der Menschen in der Dritten Welt und die Zuleunft unserer Kinder und Enkel. In wemgen Jahren

wird es aufder Erde heflier sein alsje zuvom



»Werm die Preisefür die alten Energien akologisch wahrhafiig sind, dann warden sich die neuen billigen und umweltfreundlichen Bnergien rasch durchsetzen.


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»Gibt es also kcinen Fluchtweg mehr aus dem Treibhaus? Stirbt erst der

Wald, damn die Tiere und dann der Mensch? Wir

lmben noch eine Gnaaenfrist. Die wichtigste Frage der Weltpolztik heißt heme: Wie retten wir mit einer anderen Enecgiepolitile das Welt Ielima? ONE COUNTRY 0 Ausgabe 1/1995


unserchinderund Enkcl. In wcnigcnjahren

wird es auf der Erde hciBer scin 211st zuvor.

Gibt es also keinen Fluchtweg mehr aus dem Treibhaus? Stirbt erst der Wald, dann die Ticre und dann derMensch? Wir haben noch cine Gnadcnfiist. Die wichtigste Frage der Weltpolitik hciBt heute: Wis rctten wir mit cincr anderen Encrgiepolitik das Weltklirm?

I Drci konkrcte Schritte zur Rettung und Sanicrung dcs Wcltklimas

Drei Schritte habc ich in meinem neuen Buch »Dic Sonnc schickt uns keine Rechnung— Die Energiewende ist möglich<< aufgezeigt:

O Erstens: Die Politik muß und kann die Strukturcn der Energieerzcugung und Encrgievcrsorgung iindem. Das heißt: Weg mjt den hcutigen zcmralisierten Energiemonopolcn, hin zu cincr dczentralcn Energievcrsorgung! Die Sonne scheint aufjedcs Dach, undj edchensch ist ein potenticller Encrgieproduzent. Allerdings: Architektcn und Stadtplaner miisscn zuniichst cinmal lemen, wo Stiden ist!

O Zweitens: Wit alle müssen und können mit nur ein wcnig lntelligcnz vicl Energic sparen. Autos, Hfiuser und Fabrikcn können problcmlos in wcnigen jahrzehntcn mindcstens zwei Drittel des hcutigen Energicverbmuchs einsparen. Das ist kein Verlust, sondem ein Gewinn an Lebcnsqualitiit. Encrgie cinsparen ist die wichtigste Energiequelle. Die crsten >>Nu11—Energie—Hiiusem sind bereits gebaut und Autos, die nicht mehr als zwci Liter Benzin auf 100 km verbrauchen, können gebaut wcrdcn.

O Drittcns: Die Restcnergie muß und kann anders gewonnen werden: umweltfreundlich, billig und regenerativ. Der neue Encrgiemix der Zukunft heißt: Energie aus Sonnenstmhlen, Wind, Wasser und Biomassc. Die am schnellsten wachscndcn Pflanzen der Welt bringen zchnrml soviel Biomasse wie der Wald. China-Schilfgras aufden heutc brachliegenden Feldem in Deutschland angebaut, gibt sovicl Energic wie 21116 21 Atomkraftwerke der Bundesrcp ublik zusammen - hat die Bundcsanstalt fierandwinschaft in Braunschweig errcchnet. »Schilfgms start Atom<< ist eine rcalc Vision.

Umweltfreundlichc Windkraft, Wasserkraft und Encrgic aus Biomassc können schon heutc mit den Prcisen der umwcltschiidlichen alten Encrgiequellcn konkurrieren.

BMW hat errechnet, daß ein Liter BioSprit erwa DM 1,40 kostcn wird. Das ist billigcr 313 die heutigen Bcnzinpreise, wenn demnzichst die COz—Steuer kommt. MfiBten wir flit das heutigc Bcnzin bczahlcn, was wir der Umwelt damit antun, dann müßte der Liter mindestens DM 5,— kostcn.

chn die Preisc für die altcn Encrgien 6kologisch wahrhaftig sind, dann wcrdcn sich die neuen billigcn und umweltfrcundlichen Energicn rasch durchsetzen. Ein Liter Benzin zum Beispicl vcrpcstet 10.000 Liter Luft. Mit dem hcutigcn Ol— und Kohlevcrbranch vcrbrenncn wir in einemjahr, was in einer Million Jahren gcwachsen ist. Mit schnell nachwachsenden Rohstofibn aufdcm Ackcr vcrbrennen wit in einemjahr, was in einem jahr gewachsen ist. Nut dicse zweitc Rechnung kann langfristig aufgchen. Die Blittcr der Energiepflanzen sind die natürlichen Sonnenkollektoren. Pflanzencnergie ist gcspcichertc Sonncncnergie.

I Die ncucn umwcltvcrtrhglichen Energieformen sind unbegtenzt und billiger

Der altc Energiemix ist teuer und umwcltfcindlich. Der neue Encrgiemix wird umwcltfrcundlich und billig. Sonnenstrahlen, Wind und Wasserkraft kostcn nichts und Biomasse ist billig. Aber: Kann Sonnencnergic wirklich die gesamtc Restenergic crsetzcn?

Das Potential dervierSonnencncrgicqucllen — Wind, Wasser, Sonnc und Biomasse - reicht aus, um den Energicbcdarfviclfich zu bcfncdigcn. Die natürlichen Energiestrémc enthaltcn riesigc Encrgicmengen.

0 Allein die Strahlencnergie der Sonne cnthiilt etwa das 10.000fachc des gegcnwiirtigcn Weltenergicvcrbrauchs;

0 die Windstréme enthalten die 35fichc Menge;

C an Biomasse wichst etwa das 10fiche;

O und die Wasserkraft bictet noch die Hilfie der Energie an, die zur Zeit weltweit vcrbraucht wird.

DieArbeitsgruppe »Sonnencnergic für Umwelt und Entwicklung<< der Vcrcimcn Nationen hat auf ihrcr Tagung in Rom im Mirz 1991 festgcstcllt: »Es gilt als gcsichcrt, daß das Gcsamtpotential cmcucrbarcr Energien in der Größenordnung dcs Zehntausendfachen des gegcnwiirtigen gesamten Energieverbrauchs der Menschheit liegt. Langfi'istig, spitcstcns bis zum Jahr 2030, können wir in Deutschland zwci Drittcl des

heutigen Energievcrbrauchcs cingespart habcn. Zudem kénncn wir wcitgehcnd ohnc fossile Energien und schon mittclfristig, etwa bis zumjahrc 2010, ohne Atomenergie aus


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kommen. Das ist tcchnisch machbar. Es muß nur politisch gewollt scin. I Einc 6kologischc Politik ist auch eine sozialc Politik - und umgekehrt Einc Studic der Europiiischen Union be weist: Diese 6kologische Politik ist auch sozial interessant. Die solare Energiewende bedcutet für Dcutschland eine Million neue Arbcitspliitzc.


Solarpolitik heißt konkret und praktisch: Die Produktion von Solarzellcn, Solampiegeln, Turbinen flirsolarthemlische Anlagen, Blockheizkraftwcrkcn, Wasserkrafmcrken, Windkraftanlagen, Biogasanlagen, speicherfiihigen Batterien, solaren Meemasscrents;1lzungsanlagen, solaren Hochtemperarumnlagen, Solardéichem, Solarmobilen, Solarbooten, solaren Lufischiffen, wasscrstofibctriebcncn Fahrzeugen und Flugzeugen.

Wenn die Encrgiewendc bis zum Beginn dcs nichstenjahrhunderts gclingcn soll, dann muß die Politik jctzt die Weichen stellen. Die Weltklima—Konfercnz in Berlin bietct dafür eine der letztcn Chancen.

Gibt es auch Lösungen für die sozialen Probleme?

In Europa haben wir Massenarbeitslosigkeit, in Siidamerika hemcht die Altersarmut,

in Afi'ika verdutsten und verhungem immer mehr Kinder, in Asien und Amerika breitet sich Drogcnkrirninalitfit aus.

Die armcn Linder dcs Sfidcns sind hcutc in unvorstellbarcr Héhc bci den reichen Lindcm des Nordens verschuldct. Was kaum jemand wciB: Die armcn Enrwicklungslinder zahlen jeden Tag etwa vierrml sovicl Geld an die Industriestaaten zurück wie sic von uns durch Entwicklungshilfe bckommen. Ohne Schuldenerlaß kann der Siidcn niemals seine totalc AbhingigkeitvomNorden fibcrwinden.

I Der Aufrufder Religioncn zur Mißigung

Sci: über zwanzigjahren versprcchen die Bundcsrcgicrungen in Bonn, ihren Entwicklungshilfc—Anteil zu verdoppeln. Doch nichts geschieht. Die Armcn und Verhungcmden finanziercn wcitcr unseren ÜberfluB. Das Bcvélkerungswachstum kann nur durch wirtschaftliche Entwicklung gestoppt werden. Es reicht auf unsercrn Planeten für jedermanns Bcdfirfilisse, es reicht abet nicht für jederrmnns Habgier. Das ist cine der Grundiibcrzeugungen allcr Religioncn.

I Eine Trendwendc

I‘Iafcz Sabet hat cindrucksvoll nachgewicsen, daß bci füren Wirtschafisbcdingungcn der Nordcn dem Siidcn schon heutc 50 Billioncn Dollar schuldet. Wenn in Kopenhagcn keine wesenrlichen Beschliisse geflth werdcn, dann drohcn schon in wcnigenjahren eine unvoxstellbarc Völkerwanderung von S(jd mch N 0rd, ein Kollaps der intematipnalen Finanzmiirkte und annutsbcdingtc Qkokarastrophen. Kfinfiig wird gelten: Das Okolpgischc ist das Sozialc und das Sozialc ist das Okologische.

Der Weltsozialgipfel in Kopcnhagen kann das Elend nicht bescitigen. Eine Trendwendc aber kann und muß eingcfordert werden. OkonomischerFortschfittverlicrtscinenSinn, wenn er nicht allen Menschen zugute kommen wird. Cl

Das Logo dervon FranzAlt mitbegründeten Initiative »Der 6kologische Marshall plan —————————_—_— Seite 11


DieArbeitsgmppe »Sonnenenetgiefur Umwelt und Entwicklung« der Vereinten Nationen hat aufihrer Rgung in Rom im Miirz 1991festgestellt: »Es gilt als gesichert, daj} das Gesamtpotential emeuerbarer Energien in der Grdflenordmmg des Zelmtausendfachen des gegenwiirttgen gesamten Energieverbrauchs der Menschhei t liegt.


»Der Wltsozialgipfil in Kopenhagen leann das Blend nicllt beseztigen. Eine Trendwende aber kann und muff ezngeflerert werden. Okonomischer Fortschritt verliert semen Sinn, wenn er mcht allen Menschen zugute kommen wird.



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UNO-Generalsekretér Butros Butros-Ghali (links) eréffnet die 2. Vorbereitungskonferenz für den Weltgipfel Für soziale Entwicklung am 22. August 1994. Rechts von ihm: Botschafter Juan Somovia von Chile, der Vorsitzende des Vorbereitungskomitees.

Dem Sozialgipfel in Kopenhagen liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die menschliche Zivilisation derzeit am stérksten durch die mangelnde soziale Sicherheit unterminiert wird. Wfihrend die atomare Drohung schwindet, verdichten sich Arbeitslosigkeit, Armut und soziale Vereinsamung zu einer globalen »soziaIen Atombombe«.


Weltsozialglgfel '9:

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Akuter Handlungsbedarf

fiir soziale Entwicklung

VEREINTE NATIONEN - Vor dem Endc des kaltcn Kricgcs war es undcnkbar, daß die chicrungcn der Welt jemuls konsensflihig werdcn könnten in der Belmndlung sozialer Problemc.

Bis dahin warjeglichc Auscimndcmctzung vom idcologischen Dissens überschattet, 0b die frcie Markrwirtschafi Oder die Planwirtschaft das bcsscrc Mittel zur Férdcmng von winschafilichem Fortsclmtt seien. Dies lmttc jedcn Konscns iibcr einen Rahmenplan zur globalcn sozialen Entwicklung ausgcschlossen, selbst dam], wcnn mm sich über prinzipielle Zielc zur Ausrmtung von Armut, zur Globalisierung dcs Ilzmdcls und zur Nutzung der Technologic hittc cinigen können.

In diesem Lichtc cmpflmden es die offizicllen Beobachter als großen Fortschfitt, wie weir sich die Regicrungcn — trorz der offencn Fragcn der Finanzicrungund Umsetzung— in ihrem Entwurf für eine Abschlußerkliinmg bcim Wcltsozialgipfcl auf cincn globalcn lefimhmcnkamlog cinigen könnten.

Wie weir der Konscns für cincn umfllsscnden Lösungsansatz für die globalen Problems Armut, Arbcitslosigkeit und soziale Dcsimcgration reichte, \vurdc wiihrcnd der Vcr mittlungsvcrhandlungcn für den Gipfcl sichtbar, die vom 24. bis 28. Oktobcr 1994 in

New York abgchalten wurden.

»Wir waren ziemlich nervés, als wir in die Abschlquerhandlungen gingen,« sagtc der déinischc Botschafter Hugo (aftergaard-Andersen. Er drücktc damit die allgcmeine Besorgthcit aus, die vielc zu Beginn der Vermittlungsverhandlungcn fiihltcn, da das vorherige Vorlacrcitungstrefien im August so viele Themen ungckllirt gelassen hatte. »Aber ich verlasse New York mit einer viel bcmhigtcrcn Haltung. Was wir nie vergcssen solltcn, ist die Tatsache, daß Politik sich mit der Annfihrung von vemchiedcnen Meinungen bis hin zum Konscns befiBt. Wir befinden uns in einem Proch, der stindig fortschrcitet. Die Sozial-Erkllirung nimmt langsam Form an. I Sicherheit für die Biirger und nicht für die Staatcn

Dcm Sozialgipfcl in Kopcnhagcn liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die menschliche Zivilisation derzeit am stirkstcn durch die mangelnde soziale Sicherheit unterminiert wird. Wijhrend die atomare Drohungschwindct, vcrdichten sich Arbeitslosigkeit, Armut und soziale Vereinsamung zu einer globalen »sozialen Atombombe«.

»ln der Vergangenheit sind Herausforderungen an den intcmationalen Friedcn


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und die Sicherhcit hauptséichlich aus Konflikten heraus cntstanden,« sagte der Generalsckretfir der Vereinten Nationen, Boutros Boutros—Ghali, in seiner Eréflhungsrede dcs zweiten Vorbcrcimngstrcffcns imAugustletztanahrcs. Aber in lctzter Zeit, so meinte er, haben die Krifie der unkontrollierten Globalisierung eine >>generclle Schwichung dcs sozialcn thzwcrks<< in vielen Lindem bewirkt und damit die Stabilitlit und Effektivitit der Staatsrcgicrungcn unterwanden. »Dic Fihigkeit der Staaten, ein sozialcs und politischcs Umfeld zu schaffen, in dem seine Biirgcr cin nützliches, produktives und erfiilkes Leben führen können, verfiillm, mcinte Boutros—Ghali. »Die globale soziale Krise bcdroht viele Linder mehr als irgendeine Armee eincs anderen Landes.I Das Aktions-Programm

Durch die Festsctzung eines Programme für den Wcltgipfel zwingt die Generalvcrsammlung der Vereinten Nationen die Staaten, sich aufdrci Gebiete zu konzentrieren:

1. die Ausrottung von Armut;

2. die Férderung von produktivchcschiiftigung; und

3. die Verbesscrung dcs sozialen Netzwcrks.

»Man solltc 211163 in diesem Zusammenhang sehem, sagte der australische Botschafter Richard Butler wihrcnd des Vennittlungstrcffens und meinte damit die Entschluß—Entwiirfe: >>Wir bcglciten die Menschheit in die Zukunft und reden über Themen, die sich um die Menschen drchen und nicht um abstrakte Ziele wie Frieden und Sicherheit, wo es hauptséichlich um das Wohlcrgchen von Staaten gcht. Aus dem Vorbcreitungstrefien im August und dem Vthtlungstreflen im Oktober ging ein Vorschlag für die Erklärung hervor, in der sich die Staaten zu neun gencrellen Zielsctzungen vcrpflichten im Sinne >>cincr weltweitanewcgung fürsozialen Fortschritt und Enrwicklung<<.

Diesc Ziele schlicBen die Vcrpflichtung ein, >>ein wirtschaftliches, politisches und juristisches Umfeld zu schaficn, das der sozinlcn Entwicklung und der Ausrottung der Armut dicnlich ist«. Die Staaten verpflichtcn sich, für >>gcsichertc Arbeitspllitze und freie chfiwahl Für alle Menschem zu sorgen und die >>soziale Integration und Beteiligung allerMenschen bei der Schaffung einer stabilcn, Sicheren und gcrechten Gesellschaft zu fdrdem.chersollen als Vcrpflichtungcn festgcschrieben werden, »volle Fairness und Glcichberechtigung zwischen Frauen und Minnem zu errcichem und »dic winschaftlichen, so zialen und menschlichen Ressourccn von Afiika und den am wenigsten entwickelten Lindern zu fdrdcm.« Wcitere Zicle betrcffen dic Etablierung eines hinreichenden sozialen Netzwcrkes in den sogcnannten Entwicklungsliindem, die Effizienzsteigerungbei knappen Ressourccn sowie die intemationalc Zusammcnarbcit für soziale Entwicklung.

Durch den gesamten Erklirungsentwurf und den Maßnahmenkatalog zicht sich eine allgcmeine Verpflichtung zur Einhaltung grundlcgenderMenschenrechte mit dem N ebenzicl, Randgruppcn auf der ganzen Erdc aufzuwerten und zu ermutigen. In diesem Zusammenhang richtcn bcide Dokumentc bemerkenswcrt vie] Aufmgrksamkeit auf die Belangc der Frauen, die Überwindung der Armut und der Unterdrückungvon cinhcimischen Volksgmppen.

Der Maßnahmenkatalog vcrsucht die Verpflichtungen aus der Erklärung in die Realitit umzusetzcn. In der Sprachfiihrung des gcgenwiirtigen Entwurfi bewcgt er sich zwischensehrallgemeinen Forderungen wicbeispielsweisc der, daß die Staaten »den Programmen Vorrang gcben solltcn, die das Arbeitsangebot steigem, wenn HaushaltsplanZinderungen anstehem bis hin zu spgzifischen Forderungen. 1m Abschnitt zur >>Überwindung der Armut« ruft er beispielswcise »Regierungcn und soziale Organisationem dazu auf, die Grundbediirfnissc allchitglicder der Gesellschnft zu befiicdigcn, indem bis zum jahr 2000 für wcnigstens 80% der Kinder im Gnmdschulalter entsprcchende Bildungseinrichtungcn bcreitgestellt werden, die Siuglingssterblichkeit um cin Drittel gescnkt und die Kindbettsrerblichkeitsrate um die Hilfie vermindert werden.

Als Hauptprinzipien bei derDurchfiihrung der Verpflichtungcn bauen die Dokumentc


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»Die Fähigkeit der Staaten, ein soziales und politisches Umfeld zu schaffen, in dem seine Burger ein nützliches, produktives und erfülltes Leben führen können, verféillt. Die globale soziale Krise bedroht viele Länder mehr als irgendeine Armee eines anderen Lan des.Butros Butros-Ghali

Anstrengungen zur Überwindung der Armut werden auf der Agenda des Weltsozialgipfels in Kopenhagen ganz oben stehen. Am stérksten betroffen von den Folgen der Armut sind die Frauen und Kinder. Die Frauen von Burkina Faso sind die meiste Zeit des Tages mit der Suche und Zubereituhg von ausreichender Nahrung beschéftigt.





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Zu den Schwerpunktthemen des WeIt-Sozialgipfels gehört die Frage der Férderung der sozialen Integration. Bahá'iGemeinden in der ganzen Welt beschéftigen sich fortlaufend mit der Férderung der Einheit bei gleichzeitigem Respekt {Ur die Vielfalt. Auf diesem Bild sind Bahá’í von Jakutien in Sibirien zu sehen bei einem Treffen zum Thema »Geistige Werte«.

»Was wir uns vom Sozialgipfel erwarten, ist, daß er der Welt helfen wird, die Krafte der Globalisierung zu koordinieren und zu integrieren, so daß alle Menschen sich entwickeln und davon

profitieren können. Jaim Duhart, Vertreter der Bahá'l International Community

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auf den offcnen Markt, auf dcmokratischc Institutionen und auf die Mirwirkung allcr gescllschafilichen Kriifie. Sic hcbcn dabci die bcsonderc Vcrantwommg der Regierungcn hervor, cin forderlichcs Klima für Privatinitiativc im Feld der Wirtschaft wic des sozialcn Engagements zu sclmafTCIl sowie die 116dgen Rahmenbedingungcn zur sozialvertrhglichen Gcstaltung der Privanvirtschaft.

I Starkc Bctciligungder N GOs

Ganz im Sinne des chankcns, daß der Sozialgipfel sich aufMenschen konzcnmeren und alle gcscllschaftlichen Kriifie sich an der Lösung sozialcr Problcme betciligen sollten, wurden insbesondere die NGOs (NichtRegicnmgs—Orgmisationcn) cnnutigt, an den Vorbcreitungen für den Gipfel tcilzunchmen.

Etwa 300 NGOS \vurdcn zum Vorbercitungstreffen 1m August zugelasscn Viclc davon spielrcn eine sehr aktivc Rollc bei den Vorschlligcn für dic Gestaltung dcs Rahmcns der Erklhrung und dos Mafimhmcnkamlogs. Dicscr Proch sctztc sich bcim Vcrmittlungstreffen im Oktobcr fort.

»Was wir hicr in Nay York crrcicht habcn, ist eine crstaunliche chrcinstimmung auf der theoretischen Ebenc — in der Diagnose der Problemc und norwcndigcn Ziclc fijr die chicrungen und die Wcltgemeinschaft insgcs:unt«, sagtc Francisco Vio Grossi, einer der bcidcn weltwcitcn Koordixmtorcn der People’s Alliance {0r50c131Dcvclopnlent, cincmwcltwcitcn Netzwcrk der NGOS, die sich mit sozialcu Fragen bcschiifligen. »Das Problem licgtjctzt nufder 1'Inndlungscbenc. Das Ilauptanliegcn der mcistcn NGOS ist in der Tat, daß der Gipfcl cin ncucs internationalcs »Klima« fijr dns Engagement allcr gescllschaftlichen Krific fdrdert, an der Lösung der sozialen Problcmc mitzuwirkcn.

»Sozialc Probleme anzusprcchen, ist die Aufgabc der ganzen Gescllschaft, nicht nur der Regierungem, sagtc Francisco Grossi. »Dcshalb muß die allcrerste Maßnahme darin bestehen, alle gescllschaftlichen Kräfte zu stirkcn, damit sie sich der sozialcn Hcrausforderungen ihres Landes annehmcn können. Die NGOs, die sich der Srellung der Frau in der Gesellschaft zuwcnden, werden dabci cine Schlfissclrolle spielcn. »Frauen sind die tragendcn Elemente in diesem Prozeß<<, meint Susan Davis, Dircktorin der Women’s Environment and Development Organization (WEDO). »Dic Frauen wurden meist aus dcn politischen und 6konomischen Entscheidungsprozcsscn ausgeklammen, und deshalb ist es wichtig, daß sie sich endlich bei allen sozialen Fragcn voll einbringen. Frau Davis ricf die Regierungen dazu auf, bei ihren Sclbstverpflichtungcn noch wciter zu gehen. »Es geniigt nicht, wcnn gesagt wird, daß man Armut ausrotten will. Wir m Lissen dafür ganz konkrcte Mafinahmen crgrcifen. Beispiclsweise sollten bis zumjahr 2000 für 80% der Bauem auf dieser Welt Kredite zur Vcrfiigung stehcn, bci voller Gleichwertigkeit der Geschlcchter. jaim Duhart, cin Vertretcr der Intcmatiomlcn Bahá’í—Gemcindc,sagte, daß schon der b10136 Prozeß, die grundlegenden sozialen Fragen als globules Problem anszusprcchen mchdcm sie langc Zcit als rein nationale Problems angcschen wurden — und sie zum Thema eincs Wcltgipfels zu machen, die Türcn für eine allgcmcine Diskussion über die Globalisierung und desscn Effektc aufdie Mcnschheit 6831611 wird.

»Zu diesem historischen Zeitpunkt habcn cinigc Gruppen mehr als andere von den Effektcn der Globalisicrung profitiem, sagt Prof Duhart, der Konrcktor an der Bolivarzma Universitit in Santiago, Chile. »Anderc Gmppen, wic bcispielsweise die Benachtciligtcn und die Randgruppcn, haben tcndcnzicll unter dicscn Effekten gelittcn: Arbcitskriifte und Rcssourccn wurden ausgcbcutct, Arbeitspliitze in andere Länder verlagen etc. »Auf liingcre Sicht gcschen wird man jcdoch die wachsende Imcrdepcndenz und Integration der Menschen aufdieser Welt 2115 cine notwendige und lctztcndlich nijtzliche Stuf€ in der Entwicklung der Menschhcit vcrstchcm, fiigt Prof. Duhan hinzu. »Was wir uns vom Sozialgipfel erwarten, ist, daß cr der Welt helfen wird, die Kriiftc der Globalisicrung zu koordinicren und zu integriercn, so daß alle Mcnschen sich entwickeln und davon profiticrcn k611nen.« CI


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Beim Weltsozialgipfel in Kopenhagen rücken versteirkt Fragen einer glo balen Ethik ins Blickfeld

KOPENHAGEN. — Der Weltgipfcl für Sozialentwicklung im Mirz in Kopenhagen vcrspricht ein historischcs Ercignis zu werdcn, weil zum emcn Mal die Bctonung auf das Wohlcrgehen der Menschen gelcgt wird und nicht auf das der Staaten.

»Zum ersten Mal in unscrer Geschichte kommen Staatsoberhiiupter zusammen, um die handfestcn Alltagsprobleme der einfhchen Menschen zu diskutiercn — Problems der Armut, der Arbeitslosigkeit, der Gewalt, dersozialcn Spannungen, Problcmc der Strafl Be und der Innenstiidte<<, sagtc Botschafter Juan Somavia, der Vorsitzende des Ausschusses zur Vorbcrcitung des Gipfcls.

Sofem die für diesen Gipfel vorbcreiteten Dokumentc Annahmc finden, sind sie histofisch zu ncnnen, da sie ein crstaunlichcs Zeugnis ablcgcn flir das AusxmB, in dem die Nationen bci derBeurteilung der welrweiten sozinlen Problems übereinstimmen.

So bauen die in den Dokumenten vergeschlagcnen Maßmhmen auf offcncn Mirkten und dcmokratischen Institutional aufals den wichtigstcn Werkzeugen zur Ennutigung einer zukunftweiscnden Sozialcntwicklung. Maßgcbliche Untcmtiitzungsoll dicse Entwicklung durch die weltweit titigen gesellschaftlichen Organisationcn von Gcwcrkschaften bis Hilfswcrkcn crfllhren.

Wenn man an den tiefcn ideologischen Graben denkt, der die Welt noch vor wenigen Jahren spaltcte, so ist das wirklich crstaunlich.

Wenn man außerdem die weitgehend weltliche Einstellung der großen Politik berücksichtigt, is: es ebenflalls bemcrkenswert, daß die Entwiirfe der Gipfeldokumemc die Bcdeutung von Gcistigkeit bei der Lösung der sozialen Problemc berücksichtigen. Bcrcits im dritten Abschnitt dcs Emwurfes der Erklärung heißt cs 2.13. daß die Regierungen >>ancrkenncn, daß unserc Wclrgcsellschaftstärker die matericllen und geistigen Bediirfilisse der Menschen, ihrcr Familien und der Ge meinden, in denen sie in den vcrschiedcnen Linden) und Regionen lcben, berücksichtigen muß. Unter diesem Gcsichtspunkt sollten Regicrungcn, gesellschaftliche Organisationen und die Median dazu ennutigt warden, genaucr den Zusammcnhang zwischen gcistigen Einsichtcn und materiellcm Fortschritt zu untcrsuchen. Denn ehc nicht die gcistigc Scitc jcdes Menschen und der Menschheit insgesamt bci jcdem sozialen Aktionsprogramm berücksichtigt wird, kann Fortschritt höchstens bruchstfickhaft erfolgcn.

Gcistigc Eigenschaftcn und Sozialentwicklung sind cng mitcinander verbunden. Eigcnschaftcn wie Liebe, Glaube, Hoflhung, Mitgcfiihl und Altruismus werden von allen großen rcligiéscn Lehrern der Welt hervorgehobcn und licfcm die Motivation flirsozialcn Fortschritt. Dutch die ganzc Geschichte hindurch bestand cin Zusammcnhang zwischen Religion und Sozialentwicklung der großen Weltkulturen. So kann man LB. unmöglich die Enrwicklung Europas ohne das Chnstcntum verstehen, oder Arabicn ohne den Islam bcgrcifcn oder Indien ohne den Hinduismus kennen.

Was wir zum jctzigcn Zeitpunkt unserer Gcschichtc brauchen, ist eine ncue und einheitliche Vision von Gcistigkeit und mcnschlichcm Wesen, die uns einen moralischen Rahmen für eine Neubelcbung der Menschheit auf globalcr Ebenc und eine emsprcchendc Strukmr liefcm kann, um unsere wcltwciten und cng vcrznhmen sozialcn Problcmc zu 165611.

Nicht zufiillig leg„: die »Bahá’í International Community« gcradejcrzt ein Papier für eine welrweite Offensive für ein Weltbfirger—Ethos vor, das aufdem geistigcn Prinzip derEinheit der Menschheit aufbaut. __

Einc sorgfhltige Wfirdigung und chrpriifung des Prinzips der Einheit dchenschheit ergibt, daß das menschlichc chen aufdiescm Plancten eine organische Einheit bildet, die


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Geistige Eigenschaften und Sozialentwicklung sind eng miteinander verbunden. Eigenschaften wie Liebe, Glaube, Hoffnung, Mitgefiihl und Altruismus werden von allen großen religiösen Lehrern der Welt hervorgehoben und liefern die Motivation Für sozialen Fortschritt. Durch die ganze Geschichte hindurch bestand ein Zusammenhang zwischen Religion und Sozialentwicklung der großen Weltkulturen. So kann man z.B. unmöglich die Entwicklung Europas ohne das Christentum verstehen, oder Arabien ohne den Islam begreifen oder Indien ohne den Hinduismus kennen.

[Seite 16]In Macau beging die Bahá'fGemeinde im vergangenen August das Internationale Jahr der Familie mit einem großen Fest. Das Bild zeigt einige Jugendliche bei einem Talentwettbewerb.

Eine echte Toleranz anderen gegenüber eine wesentliche Forderung des Gipfels zu sozialer Integration wird sich nicht aus einer neuen Gesetzgebung ergeben, sondern nur, wenn sich in jedem einzelnen eine Anerkennung der Werte und geistigen Würde eines jeden Menschen der Welt entwickelt.


nicht nur unscre gegenscitige Abhiingigkeit in Bczug auf Nahrung, Wolmung und Gesundheit bctrifft, sondern auch in Bczug auf Kultur, Idccn und mcnschliche Bczichungen.

Dabci crwcist sich auch, daß allc Voruneile der Rasse, Nation, Khssc, Volkszugchbrigkeit Oder dcs Geschlechts abgclcgt wcrdcn müssen.

ch11 die Einheit der Mcnschhcit richtig verstanden wird, so lclm sie uns auch, daß allc Völker — undjcder Einzelmcnsch — nicht nur über universclle Menschenrcchte vcrfiigcn, sondem auch universcllc Fiihigkeiten und Fertigkeiten besitzen. Sic weist fcmcr darauf hin, daß diese cmwickclt wcrden miisscn, wenn die Menschhcir Fonschfittc rmchen soll.

Gcmdej enc, die die Kemthcmcn dcs Sozialgipfels — Bcseitigung von Annut, Stcigenmg der produktivcn Bcschfiftigung und Férderung der sozialcn Integration — bcsonders angchen, haben von einem bcsscren Verstiindnis der geistigen Dimensioncn des menschlichen Daseins am meisten zu gewinnen

Schliefilich werden wcder die Regierungcn noch die gesellschafilichen Organisationen — wic cdel ihrc Programme und Projcktc auch sein mogen — die globalcn Sozialproblemc allcin Ibsen kbnncn. 1m E11derg€b11is können dicsc Problcmc nur gclésc wcrden, wenn jcder ciuzclnc Mensch seine eigcnen individucllcn Filngkeitcn und Fenigkeiten entwickclt. Er sollte dabei von eincr starken moralischen Vision gelcirct und von neuen gcistigcn Einsichren in die Einheit der Menschheit angerricbcn scin und scin Han ONE COUNTRY ' Ausgabe 1/1995

deln aufeine gerechte Entwicklung der Sozialstruktur ausrichtcn.

Eine produktivc und sinnvollc Bcschiiftigung z.B. kann in großem Umflang nicht erreicht werden, bevor nicht die Menschen ventehcn lemen, daß Arbcit einDi€nst an der Mcnschhcit (und Cine Anbetung dcs Schépfcrs) ist und nicht nut eine Mittel zur pcrsdnlichen Bereicherung. In einer globalcn Welt, wo viclc junge Menschen keinen Sinn in ihrcm Lebcn erkenncn kbnncn, gcwinnt eine solche Betrachtungsweisc urnso größere Bcdcutung.

Armut kann vollständig und cndgfikig nur bcscitigt werden, wenn die Menschen zu verstehcn und zu würdigen beginnen, in wclchcm Maße der Schöpfer uns alle »aus dcm glcichen Staube<< emchafien hat und von der Menschhcit verlangt »wic eine einzige Seelc zu sein, in gleicher Weise zu wandcln, in glcicher Wcisc zu cssen und im glcichen Landc zu w0}mcn.« Sobald diescr gcistige Imperativ einmal vcrinnerlicht ist, wird es undcnkbar scin, daß jcmand scincn Nachbam im Elcnd bcläßt.

Eine cchte Toleranz anderen gcgenüber eine wescntlichc Forderung des Gipfels zu sozialer Integration - wird sich nicht aus eincr neuen Gcsetzgebung ergcbcn, sondem nur, wenn sich injcdem einzclncn eine Anerkennung der Wertc und gcistigcn Wiirde eines jcdcn Mcnschen der Welt entwickclt.

chc dieser Einsichtcn crgibt sich aus der Ancrkennung dcs geistigen Prinzips der Einheit der Mcnschhcit. Dicscs Prinzip wirkt heute als Triebkraft zur weltwciten Integration der Menschheit. Schließlich werdcn wir allc verstchen, daß die mcnschlichc Einheit

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sich aus der Einheit der Schöpfung crgibt, die wiederum die Einzigkeit des Schbpfcm widerspiegelt.

Wet in einer siikularen Welt Geistigkeit anspricht — und sei sie auch noch so sehr vonnéten — wird cs nicht Icicht habcn. Vicle Mcnschen erkcnncn den Wert Oder auch nur die Existenz eincr gcistigcn Dimension nicht an. Zeirwcisc warcn beim Entwurfder Erklärung und dcs Aktionsprogmmmes East 3116 Bczfige zu Geistigkeit gcstrichen wordcn. Sic wurden wieder cingearbeitct und weitere wurden nach Einspriichen im Oktober hinzugefiigt.








International Communityzur Fortentwick/ung der »Agenda 21«:

»Die größte Herausforderung, vor der die Weltgemeinschaft in der Ausführung der Agenda 21 steht, besteht in der Freisetzung enormerfinanzieller, technischer, menschlicher und moralischer Ressourcen, die für eine nachhaltige Entwicklung erforderlich sind. Diese Ressourcen werden nur in dem Maße freigesetzt werden können, wie die Völker der Welt ein tiefes Verantwortungsgeffihl für das Schicksal des Planeten und für das Wohlergehen ic(ielr ganzen menschlichen Familie entwike n...






barger-Ethos angenommen wird, um die Gesamtheit der Prinzipien,Werte, Einstellungen und Verhaltensmuster zu umfassen, die dieVölker derWelt sich aneignen müssen, wenn eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden soll...

Wir empfehlen, daß in allen Schulen WeltbUrger-Ethos gelehrt werde und daß der Einheit der Menschheit das dem WeltbfirgerEthos zugrunde liegende Prinzip - in allen Na
















W€ltbfirger—Ethos

Eine globale Ethik für nachhaltige Entwicklung

Auszug aus einer Erklärung derBahá‘i

Wir schlagen vor, daß der Begriff Welt \VlilfFIHR(yllkrlillhm

HVI nquLH Illlk|| k\u |iH.\||l(.l

Eine unvorcingcnommcnc Analyse der großcn sozialen Problems, vor dcnen die Weltgesellschaft heute steht, wird ergebcn, daß unset gemcinsames Vetséiurrmis, den neucn geistigen Wahrheiten unscrcr Zeit Rechnung zu tragen, die cigentlichc Ursache für die mcisten unscrer immenscn Probleme ist.

Gcradc daß die reichsten Nationcn der Welt, die wohl am stfirksten dem weltlichen Materialismus verfilllcn sind, mit sehr cmsten eigcnen Problcmcn nach Kopenhagen kommen, schcint ein schliissiger Bcwcis, daß wir mehr brauchen als nur eine cmcute Feinabstimmung dcs alten Paradigms.




tionen Geltung verschafft werden möge... Eine sorgféltig geplante und inszenierte Lanzeitkampagne zur F6rderung des Weltbfirger-Ethos, an der alle Ebenen der Gesellschaft auf kommunaler, nationaler und internationaler Ebene beteiligt werden, muß dringend in Gang gesetzt werden. Sie muß mit aller Kraft, mit moralischem Mut und der festen Überzeugung, die dieVereinten Nationen, ihre Mitgliedsstaaten und Partner nur aufbieten können, vorangetrieben werden...

Die Vereinten Nationen, Regierungen und Erziehungsbehbrden sollten sich bemfihen, das Prinzip des Weltbfirger-Ethos zu einem Teil der Grundausbildung jedes Kindes zu machen...

Auf der Grundlage der Einheit der Menschheit soliten sie zu Toleranz und Brüderlichkeit erziehen, die Anerkennung der Reichhaltigkeit und der Bedeutung derverschiedenen kulturellen, religiösen und sozialen Systeme der Welt pflegen. und jene Traditionen stérken, die zu einer fortschreitenden Weltkultur beitragen. Sie sollten das Prinzip der Einheit in der Vielfalt als den Schlfisselbegriff für das Wohlergehen der Nationen und der Weltgemeinschaft allgemein |ehren...






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Scite 17

Die ausführliche Erklärung der Bahá'l International Community zu einer weltweiten Initiative zur Einführung eines Schulfaches »WeltbürgerEthos« wird beim Weltsozialgipfel und Weltklimagipfel verteilt.

[Seite 18]Die dreiundzwanzigjéhrige Tahireh Sanchez gehört zu der neuen Generation von Guaymis. Sie arbeitet bei Radio Bahá'l Panama, wo sie in ihrer Muttersprache sendet und dazu beitr'égt, ihre Tradition und ihre Kultur zu wahren.

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Die Guaymis in Panama

entdecken neue Wege zur Wahrung ihrer Identitéit


Unter starkem Druck von außen entdeckt ein isoliertesVolk gcistige Quellen, die ihm helfen, seine Identitfit zu wahren — und sich weiter zu entwickeln.

SOLOY, Provinz Chifiqui, Panama — Wie cs vielen eingcborencn Vélkcm widerfuhr, so war auch bei den Guaymis der Einfluß der Gesellschaft von »auBcn« unvermeidbar — und in Vieler Hinsicht negativ.

Die durch eine gemeinsame Sprache lose verbundene und zerstreut im zerklfiftetcn Gebirgc der Zentralkordjlleren inWestpamma angesiedelten Guaymis existieren im wescntlichen am Randc der panamesischen Gesellschaft und gehören von alters her zu ihren irmstcn Mitglicdem.

Jahrelang 11:1an ihnen die >>Latinos<< (so ncnncn die Guaymis Panamesen spanischcr Absmmmung) allmählich ihrc traditioncllcn

Lindereien weggenommcn und sind in ihre Gebicte vorgedrungen, um Farm— und Weidcland zu finden. Dic 80.000 immer wcitcr ins cntlcgene und wcnigcr fruchtbare Hochland zurückgedriingten Guayrnis sind immer wcniger in der Lagc, sich mit den von ihnen scitjahrhundertcn bctfiebenen Anpflanz— und Emteverfihren selbst zu emZihren.

Um zu ijbcrleben, schicken die Familicn ihrc jungcn Männer jcdes Jaht flit ein paar Monatc fort, um auf Kaffee— oder Bananenplantagcn zu arbeiten. Aber für die Gemeinden und die Familienstrukturen hicr bcdeutet , das cin großes Opfer.

Aufgrund ihrer Unkenntnis der spanischen Sprache und Kultur wcrden die GuaymiMinncr leicht Opfcr von Ausbeutung und müssen oft unter unsicheren Vcrhiltnissen bci sehr niedrigen Löhnen arbeiten. Die langen Trcnnungcn öffnen dem Alkoholmißbrauch die Tür und fiihrcn zum Verlust ihrer kulturcllen Identitiit.

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Als Reaktion darauf haben sich einigc Guaymis nach innen gcwandt und ein wachsendes Mißtrauen gcgcn Außenstchende entwickelt. Somit nchmen sie selbst das Risiko eines noch niedngcren Lebcnsstandards auf siclL Andere haben die Lebenswcise der Latinos akzeptiert und vemuchen, sich der AuBcnwclt anzupasscn, obwohl ein solches Vcrhaltensie noch weiter von ihren Wurzcln cntfcmt.

Schließlich gibt es untcr den Guaymis eine Gruppe von Bahá’í, Diese haben cincn Weg beschritten, der ihnen die Möglichkeit bietet, ihre eigenc Kultur, auf die sie ZiuBcrst stolz sind, zu wahrcn, und ilmen gleichzeitig Mittcl an die Hand gibt, ihr cigcnes Schicksal in die Hand zu nehmcn.

Während der lctztcn drciBig jahrc habcn etwa 8.000 Guaymis den Bahá’í—Glauben angenommen, von dem sic, wic einige sagen, aufgrund ihrcr altcn Prophezciungen angezogen warcn, die einen ncuen Glauben der Einheit ankiindigtcn. 1m Laufe der Zcit haben die Guaymi—Bahá’í innerhalb ihrcr Gemeinsclmft eine Gemcinde aufgcbaut, die sowohl dazu dient, die cigcnc Kultur zu stirkcn und zu besthtigen, als much »fortschrittlichc<< Pfinzipien wic die Glcichwertigkeit von Mann und Frau zu fdrdem, die gleiche Achtung vor jcglicher Rasse und Herkunft zu haben sowie eine umfilssende Erziehung für alle zu fdrdcm.

>>Unter uns sind wir sehr lebenslustig<<, sagt Tahireh Sanchez, eine 23—j2ihrige Guaymi, deren Eltem zu den erstcn Guaymis gehörten, die zum Bahá’í—Glauben gckommen waren: »Abcr wir habcn Angst, mit Menschen von auBcn zu sprechen und Bezichungen zu ihncn aufzunehmen. Doch in meiner

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Familie habe ich gelcrnt, mit anderen zusammcnzukommen und .1116 2115 gleichrangig zu behandeln. Dadurch kann ich nach auBcn gchen und mit allen Menschen Freundschaft schlicBen. [ch werde das tun, weil ich begfiffcn habe, daß Frauen den Minnem ebcnbfirtig sind — und auch, daß Indiancr cbcnbiirtige Menschen sind. Dieser Aufbau der Gcmcinde wurdc mit sehrwenig Unterstiitzung vonaußen encicht und kann außerdcm als ein auBcrgewélmliCher Fall von Entwicklungsarbeit vcrstandcn wcrden, der von der Basis sclbst kommt und die Teilnahme aller Betroffencn einschließt. Die Früchte dieser Bemiihungcn sind am dcutlichsten am System der tutorialcn Gemeindeschulcn zu sehen, die die Guaymißaha’i in bisher elf Gemcinden cingefichtct haben.

Diese Schulen habcn cincn deutlich sichtbarcn Einflufi aufdie gesamte Gemeinde. Sic 11.1an nicht nur ganz allgcmein das Nicvau d€s Lescns und Schreibcns angehoben, sondem ihr ethischer lnlmlt hilft eincr ganzen Generation zu cincr neucn Wcrtschlitzung ihrer eigcnen Kultur und gibt ihr gleichzeitig cinen Maßstab zur Bcwertung von Gut und B656 in der AuBcnwclt an die Hand.

Andere Aspcktc dicses gemeindcübergreifcndcn Ennvicklungsprozesses kann man an eincr Reihe von Projcktcn erkennen, die in Soloy unter der Schirmhemchaft dcs Guaymi—Kulturzcnmnns durchgcfijlm werdcn. Das von den Guyamis selbst mit einigcn Mitteln und tcclmischcr Umcmiitzung der natiomlen und intcnmtionalcn Bahá’í—Gemcindc erbaute Kulturzcntrum dicnt dcn Guaymis 111$ regionalcs Schulungs- und Konfcrcnzzentrum. In dieser R0116 bie


»|n meiner Familie habe ich gelernt, mit anderen zusammenzukommen und alle als gleichrangig zu behandeln. Dadurch kann ich nach außen gehen und mit allen Menschen Freundschaft schließen. Ich werde das tun, weil ich begriffen habe, daß Frauen den Männern ebenbfirtig sind - und auch, daß Indianer ebenbiirtige

Menschen sind.Tahireh Sanchez

Cirilo Sanchez und seine Frau Susane Bejerano vor ihrem Haus in Soloy. Sanchez war einer der ersten Guaymis, die den Bahá’í—Glauben angenommen haben. Er war maßgeblich beim Aufbau des einheimischen Schulsystems im Gebiet der Guaymis beteiligt.

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Das Kernstfick des GuaymiKulturzentrums von Soloy ist ein großer Versammlungsplatz im Freien, der fast ganz alleine von den Guaymis gebaut wurde. Dort können sich einige Hundert Leute treffen. Er wird für große Versammlungen, volkstfimliche Festivals und Musikveranstaltungen verwendet. Das Material für das verzinkte Dach wurde mittels Lastwagen von außerhalb angeliefert - ein Beitrag der panamesischen Bahá’í-Gemeinde

»Als wir Bahá'l wurden, gab es in der Gegend keine 6ffentlichen Schulen. Daher begannen wir - mein Bruder und ich - in unseren Gemeinden zu unterrichten, indem wir den Kindern das Lesen und Schrei ben beibrachten.Ciclio Sanchez

tet es nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Unterstiitzung der Schulen, sondem ist auch eine Plattform, andere chfihungcn der Gcmeindc in Gang zu bringen.

Zu diesen wciterfiihrcndcn chiihungcn, die von eincm Komitce organisicrt wcrdcn, in dem sowohl Guaymis als auch Latinos vcrtrcten sind, gehören zum Beispicl cin Projckt, das neue landwirtsclmfilichc Techniken einfijhrt und tester, ein Forum zur Schaffimg und Motivicrung von Fijhrungsqualititcn unter denjungen Guaymis sowie die Schirmherrschaft von Kultur— und Folklorefcstivals. Das chtrum ist außerdcm an Radio Bahá’í Panama angeschlosscn, cin gemeindccigenes Radioprojekt, das einen betriichdichen Einfluß auf die Erhaltung der Kultur und Sprache der Guaymis hat, da es in ihrer Sprache sender.

I Schulen

Die Schulen in der Region warcn ursprünglich von G11;1yn1i-Bahá’í eingerichtet worden, die begriflhn batten, daß ihre Gemeinde nur durch Erzichung vomnkommen und ihr Schicksal selbst in die Hand nchmen konme.

Ruth Pnnglc war eine der erstcn Bahá’í, die den Bahá’í—Glaubcn zu den Guaymis brachte. In einem Interview erziihlte sie kürzlich, wie zwei Bruder, Luis Cucvas uud Cirilo Sanchez die erstcn Schulen grimdctcn, nachdem sie und ihr Mann die Region 1961 besucht und Cin paar Einfiihrungs— und Arbeitsbiicher zum Lcscn- und Schrcibcnlemen hinterlassen batten.

»Nach etwa eineinhalb Jahren sahen wir Luis wieder und er cmihlte, daß er eine

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Schule in seiner Gemeinde eingerichtet hatte, damit die Kinder lescn und schreiben lemcn kénmen, urn nicmals in die peinliche Situation kommen zu müssen, in der er sich bcfland, weil er aufgrund seiner Unkcnnmis dieser Techniken unwisscnd war<<, sagte Ruth Pringle, die heute in Costa Rica lebt. »Dics war die erstc Schule, die in der Region cingerichtet und im Laufc dchahre zu einer Quelle der Inspiration für die anderen Gemeinden wurdc. So beganncn die Guaymjs, sich selbst um ihre Angelegenheiten zu kiimmcm. Cirilo Sanchez, der wie sein Bruder zu den ersten Guaymis gehörte, die den neuen Glauben annahmcn, sagte, er und sein Bruder seien einerscits motivicrt gcwcsen, weil der Bahá’í—Glaube der Erziehung eine solche Bcdcutung zumißt — und andererseits aufgrund ihrcr eigcncn hartcn Erflahrung mit den Latinoschulen.

»Als wir Bahá’í wurden, gab es in der Gcgcnd keine éflentlichen Schulcn. Daher begannen wir, mein Bruder und ich, in unseren Gemeinden zu unterrichten, indcm wir den Kindern das Lesen und Schrcibcn bcibrachtem, sagt Sanchez, der hcute 64 jahrc alt ist und in Soloy lcbt.

Obwohl es in der Guaymi—chion einige von der Regierung eingcrichtctc Schulcn gibt, stcht das System der Bahá’í-Schulen weitcrhin in Blijte.

»Es gibt immcr noch 0116, an dcnen es keine andere anderc Schule gibt<<, sagt Alfiro Mina, ein 39—jiihriger Bahá’í—Entwicklungsexperte aus Kolumbien, der heute ganztags als Beratcr für die Guaymis arbcitet. »Und an


Scite 20

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Omen, an denen es éflentliche Schulen gibt, beginnen unsere Schulen fnihcr mjt cincr Vorschulerziehung. Ausschließlich ehrenamtlich gestaltcn Gemeindemitglieder den Untemcht in den Schulen — im allgcmcinenjungc Männer, die ein freiwilligcs jahr des Dienstes in ihrer Gemeinde leisten. Dies bedeutct bereits an sich ein großes Opfer für Menschen, die materiell so schlecht gcstellt sind, da der Lehrer wiihrend dieser Zeit von der Farmarbeit und anderen Erwerbsquellcn femgehaltcn wird.

>>Die Gemeindc hilft, indem sie für die Verpflegung sorgt, und wit schaflén cs auch, ein Gehalt von rund 30 Mark 211 bezahlen, das von der lntemationalen Bahá’í-Gcmeindc kommt«, iuBcrte sich Mina. »Wir haben ein Lchrplan—Kornitee, das hier in Soloy im Guaymi—Kulturzentrum eine drei— oder Vierwéchigc Schulung anbietet. Die Schulgcbiudc selbst sind sehr einfhch, manchmzll nur cine kleine Hütte Oder cin Untersmnd, der meistens offen ist und vicr Siulen und cin Dach hat. I Konzcntration auf Alphabetisicrung und cthischc Erzichung

Wihrend langc Zeit das Schwcrgcwicht aqulphabctisierung und grundlcgcndc mathematischc Kcnnmisse gclcgt wurde, legcn die Schulcn heute ebenfalls großen Wen auf die ethischc Erzichung. Neben der Verminlung grundlegender ethischer Prinzipien f(jrdert der Lchrplan in den Bahá’í—Schulen außerdem eine Reihe fortschrittlicher Idcalc,

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einschließlich der Gleichwertigkeit von Frau und Mann, der Bcdeutung der Beseitigung jeglicher Vorurteile und das Konzept der Einhcir der Menschhcit.

Dic inzwischen etwa 30—jihrige Erziehung dicser Art hatte cincn unverkennbaren Einfluß auf die Guaymi-Bahá’í. Sic setzcn die ncucn Prinzipien in ihrcm täglichen chen aktiv um.

Die Guaymi—Jugend in der Gegend von Soloy, wo das Netz der Schulcn am wcitesten entwickclt ist, spricht offcn dariibcr, wie sehr diescr ErzichungsprozeB ihnen eine neuc Vision ihrcr Identitit und Filligkeiten vermittelt hat.

Tahcrch Sanchez bcispiclsweise arbeitet bci Radio Bahá’í als Moderatorin, wobei sic Programme und Nachrichtcn in Nglibere, ihrcr Muttetsprachc, gcstaltet und licst. So trigt Radio Bahá’í, ein Ein—KilowattArmtcursender, dazu bei, Ngüberc in der Region zu neuem Anschen zu verhelfen.

Tahireh hält ihrcn Dicnst in der Rundfunkstation für einen wichtigen Beitrag zum Schutz und zur Erhaltung ihrcr Kultur. Sic glaubtjedoch auch, daß cinigc Aspekte ihrcr Kultur, wie zum Beispicl die traditionalle Hcrrschaft dcs Manncs über die Frau, abgcschafft wcrdcn kénncn und sollcn.

Sic selbst hat cincn jungen Guaymi—Bahá’í gchciratct und erkliirt, daß bcidc nun versuchen, den Grundsatz der Glcichberechtigung in ihrer Ehe anzuwcnden.

>>Zuhausc kocht manchmal er, und manchmal kochc iclw, sagt sic. >>Manchmal wasche ich die Wischc, und mmchmal tut er cs.


Das Kulturzentrum ist eine Kombination von Schlafréumen, KUche und Klassenzimmern und wurde weitgehend von den Guaymi-Bahá’í selbst gebaut.

[Seite 22]Mariano Rodriguez, seine Frau Bernarda Bejerano und ihr jüngster Sohn vor ihrem Haus in Soloy. Rodriguez sagt, daß die Bahá’í-Lehren über Gleichwertigkeit und Beratung dazu beigetragen haben, daß seine Frau und er sich besser verstehen und das Familienleben bereichert und verbessert wurde.



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Carbila Cuevas, ebenfhlls 23, arbeitet mit Tahirch in der Rundfunksmtion. Sic teilt mit Tahireh dercn Ansichtm über die Wichtigkeit, diejcnigen Aspckte der Kultur zu erhalten, auf die sie stolz sind, und diejcnigen abzuschaffcn, die der Unterdrückung dicncn.

»M<~:in Vatcr sagte uns immer wieder, wir sollten die AuBcnwelt nicht zu uns hereinlasscn, wcil sie uns zcrstören wiirdc<<, berichtet Carbila Cuevas. »Mcin Vatcr sagtc, das Volk vcrgiBt die altc Sprache und die Traditionen. Abcr Radio Bahá’í hat viclc dieser altcn Traditioncn erhaltcn, und wir versuchen den Lcutcn dabci zu helfen, sie nicht zu vergcssen. Wiihrend derletzten 10bis 15131111? habcn die mcisten Guaymis gclcmt, ihre Sprache und auch ihrc Traditioncn und Gcschichrcn zu licbcn. Nach seiner Mcinungsindjcdoch nicht alle altcn Traditionen gut. Carbila Cucvas berichtct von einer traditioncllcn Form cincs rituellcn Knmpfcs, »BaL€cria« gcnannt, in der die Miinncr ganzcr Dérfcr gegcncinander kimpfen, indcm sie sich gegcmcitig großc Balkcn Balsaholz aufihrc chscln schlagcn. Vcrlctzungen sind an der Tagesordnung, erzlihlt er, und die >>Balseria<< gcht nllgemcin mit Rauschzustünden cinhcr. Wenn die Teilnchmcr glaubcn, daß ihrc Gcgncr unfair gcwcscn scien, kann dies zu aufgcsmutcm Groll oder 11313 fiihrcn.

>>In den Bahá’í—Gcmcindcn geschicht das nicht<<, sagt cr. >>Wir tanzcn unscrc traditio ncllen Tinze, um die Festtage zu begchen.

Aber weil Trinkcn und Kimpfcn den Bahá’í [xshren widersprechen, finden kcine >>Balserias<<

- und auch nicht die damit vcrbundenen

Zwistigkeiten — stam, sagt Carbila Cucvas. I Strukturen der Einhcit

Durch ihre Verpflichtung gcgcnüber bestimmten allgcmeinen Grundsiitzen und ihre Betciligungan gcmeinsamcn Aktivitiitcn kann man sagcn, daß die Guaymi—Bahá’í eine Gemeindc innerhalb der Gemeinde sind. Abcr obwohl die höchste Konzcntration an Guaymi—Bahá’í sich in Dérfem in der Gegcnd von Soloy bcfmdet, leben die Bahá’í nicht von ihrcn Vcrwandten gctrennt. Es ist eher $0, daß die Bahá’í—Familien in der ganzcn Region zerstreut lcben.

Was sie vcrcintmist ein Netz von 6nlichen Grcmien, die als Onliche Gcistigc Rite bezeichnet wcrdcn. Die Bahá’í haben in der Provinz Chiriqui erwa 25 solcher Gcistigcn Riitc gebildct.

Wie die andercn etwa 20.000 firtlichen Gcistigcn Rite in der Bahá’í—Welt, wcrden diesc Grcmjenjdhrlich nach demokratischen Prinzipicn gcwiihlt. Sic verflthcn nach einer bcstimmten konsultativcn Methods zur Emschcidungsfindung, die man 313 >>Beratung« bczcichnct.

Genau dicscs Zusammcnkommen und die Wahl diescr tittlichcr Gremien hat wcscntlich zu cincm neucn Verstiindnis der eigcncn Qualitiiten und Fiihigkeiten unter den

Seitc 22

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Guaymi—Bahá’í bcigctragen, sagcn außenstehendc Beobachter.

»Bis vor kurzcm war die [dentirit der Guaymi sehr geschwéichm, meint Whitney Lyn White, eine amerikanische Anhropologin, die 1993 drei Monate mit Studicn bci dcn Guaymi-Bahá’í zubrachtc und zu den wenigen AuBcnstchendcn gchört, die deren Situation sorgfiiltig analyfiert haben.

I Das chrlcbcn der Guamyis .. ist gcfiihrdet

Das Überleben der Guaymis ist in der Tat sehr stark gcfihrdct. Sic müssen daher dem unkontrollierten Eindringcn von Fremdcm Einhalt gebieten. Einc der Méglichkeiten, auf diesen Druck zu reagicren, liegt in der Scllafiutlg der Einheit unter den Guaymißahá’i.

»Dcr Bahá’í-Glauben hat ncuc Führungsmodelle in seine Institutionen eingefiihrt, die wcsentlich zurStärkungderGmppcnidcndtiit



Kurs 9502 0 I0.-I4. April Rebate, Workshops u Praxentat/onen Computer and Scale

0 Die menschliche Seele tneibt uns in ihrer endlosen Suche nach Verstfindnis und Wissen voran. neue Wissenschaften sowie neue Werkzeuge und Wege der Forschung zu entwickeln Die bisher hervorstechendste Entdeckung der Menschheit ist jene der KUnstlichen lntelligenz und des Computers. Diese intemationale Konferenz zielt auf dée Untersuchung der Beziehung zwischen den MOinchkeiten des Computes, der Kreativitat des Geistes und den transzendenten Eigenschaften der Seele hin. Von Referaten zu Gmndgedanken uber Bemtungen in Workshops bis hin zu Vor-Ort-Pmsentatjonen bietet die Konferenz allen Teilnehmem eine einzigartige Gelegenhert. sich mit den wissenschaftlichen und ethischen Verzweigungen dieses schnell wachsenden und uberaus wichtigen Bereiches des menschlichen Lebens auseinandenusetzen. 0 Kursgebohl.‘ 5F]: /00.‘











Kur: 95']: 0 I.-.f. [uni Muslk Forum

9 Dieses außerordentliche. jéhrliche MusikFestival wird von jetzt an statt im Herbst bereits im Fnthahr stattfinden. Die Programme des Musik Forums werden von der neugegnlndeten »Musie Forum Association — Landegg<< entwickelt und ausgearbeitet Verpassen Sie nicht dieses Ereignis der geisugen Bereicherung. der Kreativitat und der reinen Freude. 0 Kungebflhr: SFr. /00,


bcigetmgcn habcn. Darüber hinaus bietcn sic geistigc Grundsiitze, die dazu beitragen, die Einigkeit in den Gruppen zu wahren, damit diesc zusammenarbciten können. Prinzipien wie die Abschaffung von rassistischen Oder ethnischen Vorurtcilen tragen dazu bei, die Zwistigkeiten zwischen Familien und Clans auszuriiumcm, stelltc die Ethnologin in ihrer Untersuchung fest.

Die Guaymi~Bahá’í sagen selbst, daß die Lehrcn dcs Glaubens über Einigkeit ihncn geholfen haben, besser mjt ihren Nachbam auszukommen.

»Vie]€ meiner Nachbam habcn Problems mit ihrer Familie«, sagtc Mariano Rodriquez, cin 53j'2ihriger Farmer, der in der Nähe von Soloy lebt und sci: 1963 Bahá’í ist. Er erklzirt, daß Streit zwischen Familien und Ehepaaren nicht uniiblich sci. »Der Unterschied besteht darin,d;18 die Bahá’í versuchen, in Frieden zu

Das Überleben der Guaymis ist in der Tat sehr stark geffihrdet. und sie müssen daher dem unkontrollierten Eindringen von Fremdem Einhalt gebieten. Eine der M69Iichkeiten, auf diesen Druck zu reagieren, liegt in der Schaffung der Einheit unter den

III

Guaymi-Baha I.

leben.« C]

LANDEGG ACADEMY 1995

KURSE FUR EINE BESSERE WELT —AUSZUGE AUS DEM PROGRAMM

Kurs 95073 0 I I.-I4. August Dr Homin Danesh & Susan Lyons »Persönllche Entwicklungrl

0 Der Prozeß der geistigen Wandlung erforderl die Entwicklung unsems wahren Selbstes. Dieses finden wir, wenn wir zwei scheinbar gegensatzliche Eigenschaften entwickeln und miteinander verbinden: Weltzugewandtheit und Selbstlosigkeit. Zu einem solchen Lebensstjl gehomn psychische Gesundheit wie geistige Erleuchtung Die Teilnehmer Iemen. die einzigarflgen Krafle ihrer Seele zu entwickeln, mrt Angst, Furcht und Sorge umzugehen, einen integrierten, psychisch gesunden und geistig—onentienen Lebensweg zu entwickeln und die Einheit und den Diensl in ihrem Leben zu starken. 0 Kumgebfihr.‘ SFn /00, Kur: 9.707% 0 I4.-I7. August Dr Hasse/n Danes!) & Susan Lyons »Entwlcklung (In) der Ehe 0 Die Ehe als eine geistige und allumfasssende Institution untediegt derzeit Uefgreifenden Herausforderungen und Wandlungen. Die Aufgabe der Ehe ist es, eine Verbindung aufzubauen. die sich durch wahre Gleichberechtigung. wachstumshervonufende Liebe und einen dienst-onentierten LebenssUl auszeichnet. Die Teilnehmer dieses Wodehops edemen. die Stufe der Entwicklung in ihrer Ehe zu erkennen. ihne Liebe zu smrken und besser auszudrflcken und Machtmißbmuch zu vermeiden Von besonderem lnteresse fUr Ehepaare und Personen. die sich auf die Ehe vorbereiten. 0 Kungcbfihr.‘ 5Fr. /00,





Kur: 95/1 0 [5149. Oktober

Dr Hassain Danes!) und ande/e Beratung: Enscheldungsllndung and Konfllktlé’sung In der neuen Weltordnung

0 Eines der einzigartigsten Npekte der Baha'iWeltordnung ist die Bemtung. Bahá’í-Beratung ist gleichzeitig einfach und anspmchsvoll. S&e bietet einen einmaligen Zugang zum PnozeB der Entscheidungsfindung und der Konflikflésung auf allen Ebenen - vom Einzelnen über die Familie und die lokale Gemeinde bis zur Weltebene. Besonders fUr Personen in Ausschllssen und anderen Institutionen. ' Kungebohlr SFE /00, Kurs 9574 9 [9.43. Oktober Pmm/nente Tellnehmer aus derganzen Welt Die Verelnten Natlonen and die neue Weltordnung

0 Dieses besondere Ereignis aus Anlaß des 50. lahrestages der Grundung der Vereinten Natjo nen wird aus dnai Teilen bestehen: I) einem Programm zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit Wesen und Zukunfi der Vereinten Nationen. 2) einem praktischen Teil mit Présentatio nen von Personen. die in verschiedenen Bereiv Chen der Albeit der Vereinten Nationen tatig sind, und 3) einem besonderen kUnstJenschen und festlichen Teil. der den 50. Jahrestag der Gmndung der Vereinten Nationen feierlich begehen wird 9 Kumabo/m $Fr /50, Landegg Academy, CH—9405 Wenacht/AR Schweiz, Tel 004//7//9/9/3/, Fax 9/430l.


Scite 23

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»Unkontrolliertes Wirtschaftswachstum in der ECE-Region geféihrdet nicht nur die Lebensbedingungen der Frauen, sondern jegliche Aussicht auf vertretbare und gerechte Lebensbedingungen in der

Welt. Es fardert die weitere Ausdehnung der Kluft zwischen Arm und Reich, sowohl innerhalb der Lander als auch zwi schen ihnen. Aus dem Aktionsaufruf des Frauenforums in Wien

In Zusammenarbeit mit UNICEF, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, und der International Women's Rights Action Watch unterstützte die Bahá’í International Community bei dem Forum der NGOs in Wien eine Arbeitsgruppe mit dem Titel »Menschenrechte zuhause: Die Bildung von gewaltfreien Familien und Gemeinschaftem. lm Bild neben der Schautafel Dr. Michael Penn, ein klinischer Psychologe und Bahá'l, der sich insbesondere mit Gewalt gegen Frauen beschéftigt hat.

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Aufruf der Frauen—NGOS zur Weltfrauénkonferenz in Peking

WIEN. — Sic reprisentierten eine große Vielfhlt von Nationalititen, Bcrufcn, Interessen und Hcrkiinften, die mehr als 1.200 Repriscntantinnncn von Nicht—Regierungs—Organisationcn (non—govemmemal organizations, NGOs) aus 54 Lindcm Europas und N ordamcrikas, die im Oktober 1994 für drei Tage in Wien zusammenkamen, um Wege zur rcgionalcn und weltwcitcn Untetstijtzung der Frauenfdrderung zu diskutiercn.

1hr >>Aktionsaufrufl< — ab Ergebnis ihrcr Bcratungen - bcfiBt sich mjt zahlreichen rcgionalen Themcn, untetstreicht aber vor allcm die chetzung von Fraucnfragcn mit der Thematik der Menschenrechte, sozialcr und wirtschaftlichcr Entwicklung und Frieden auf 211cm Ebenen der Gesellschaft. Somit bot die Versammlung einen Ausblick aufdie Dynamik, die die NGOs im September 1995 nach Peking zu bringen gedcnkcn, wenn etwa 20.000 Vcrtreter/inncn in cincm viel größeren Forum der N icht—Regicrungs-Organisationen zusammenkommen, das zeitglcich mjt der 4. Weltfrauenkonferenz stat:findet.

»Die Vorgeingc und Schwerpunkte dicscs Forums liutcn das bevorstchende Forum der NGOs in Peking ein«, so Khunying Supatra Masdit, Organisatorin dcs Pckinger Forums. »Wie auch bci andercn Foren haben die NGOs zwei Hauptzielc. Erstens, substantiell zu den Inhalten und Ergebnissen der Konfercnz bcizutragcn, und zwcitens die Stfirkung der Fraucnbcwcgung. Das Wiener Forum der NGOs, das vom 13.-15. Oktober 1994 stattfind, war eincs von fiinfregionalen Vorbercitungstreffen der NGOs für Peking. Anderc regionale NGOForcn wurden Für Asien und die Pazifikregion im November 1993 in Manila abgchalten, für Latcinamerika und die Karibik im September 1994 in Buenos Aires, sowic im November 1994 für Wcstasicn in Amman und für Afrika in Dakar.

I Zielvorgabcn für die Regicrungcn

In ihrcmBestreben, konkrete Vorgaben für die Regierungen der ECE—Region zu liefem, die ganz Europa, die Vereinigten Staaten, Kanada und Israel umtht, habcn die bci dem Wiener N GO-Forum anwcsenden Vertrcterinnen viel Zeit darauf verwendet, neben eincm Konscnsdokument mit dem Titcl >>Aktionsaufruf<< auch ein spczicllcs Dokument mit Vorschliigcn an die Regierungen zu crarbeitcn.

Diescs wurde Schritt für Schritt in verschicdcncn themcnorientierten Arbeitskrcisen erarbeitet und dann durch ein ad—hocKomitcc in sin Dokumcnt integricrt. Es $011 2113 eine Art »Gcwisscm für die an dem ECETreffenteilnchmcndcn Regierungsdelegationcn dicnen.

Das Dokument bcginnt mit cincm nachdrücklichen Hinweis aufden entscheidcndcn Einfluß, den die in Europa und Nordamerika festgelegte Wirtschaftspolitik aufdie gesamtc Welt hat, insbcsondere auf die Frauen. Es


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bringt die Sorge zum Ausdruck, daß die >>derzcitige Wirtschaftspolitik nicht globulvertriiglich und weder für Ffieden noch für Enrwicklung forderlicll ist<<. Das gcgcnwiirtig rmBgcblichc Paradiglm von Wirtschaft wirke sich zwangsliiufig auch nachteilig zluf die Stellung der Frauen aus.

»Dic industrialisicrtcn Staatcn verbrauchen 75% der wcltweit vcrfiigbarcn Ressourcen und repriscmicren 20% der Weltbcvolkerung<<, so der Aktionsaufruf. >>Unkomrollicrtes Wirtschaftswachstum in der ECEchion gcflihrdet nicht nur die chensbcdingungen der Frauen, sondcm jegliche Aussicht aufvertrctbare und gcrcchtc chensbedingungcn in der Welt. Es {Ordert die weitcrc Ausdelmung der Kluft zwischen Arm und

Reich, sowohl innerhalb der Linder als auch zwischen ihnen, Das Statement will aufzeigen, wie cinc Forderung der Frauen sich unmittclbar auf die Lebensbcdingungen der gesamtcn Menschheit positiv auswirkt, dn Frauen eine entschcidcndc Rolle für den innercn und

ausgewogencn Zusammenhalt der menschlichen Gcsellschnfi spielcn.

Das NGO—Smtcmem untcrstreicht beispiclsweisc die R0116, die Frauen in der Emwicklung von lokalen Gemcinschafien spielcn, und es spricht die dringcndc Empfchlung aus, daß Regierungsbenmte, politische Entschcidungstrzigcr und Planer vor Ort in den Kommunen >>gemeinsammit lokalcn Frauenorganisationen Gnmdlagen für eine sinnvolle Entwicklungspolitih erarbeiten.

>>Die Frauen vor Ort bringcn ein unverzichtbarcs Vcrstlindnis fijr die Problcmc von Frauen, Kindem und Familicn sowic der


Gcmcindecxmvicklung cin und konncn einen unvcrzichtbaren Dicnst zu dercn Losung leistcm, so das Dokumcnt. I Ein Prozeß der Konscnsbildung

In viclcr I-Iinsicht war der Prozeß der Netzwerk— und Konscnsbildung, aus demder Aktionsaufruf rcsulticrtc, so wichtig wie dzls eigcntlichc Statement. Wic Teilnchmerinncn berichrcten, zeigte cs die ausgcpriigte Fiihigkeit von Frauen zu nicht-konfronmtivcr und nicht—kontrovcmcr Entscheidungsfindung. Dies ist im iibrigcn cin weitercr Kempunkt, den chctcfinncn der NGOs in Peking zu dcmonstricrcn hoffcn.

>>Dic Teilnchmerinncn kommen nicht mit ihrer eigcncn lagesordnung. Das ist eincr der Punkte, die mich am mcistcn beeindruckt lmben<<,sagtc1’atricia Daniels, die Prisidemin von Soroptimists International, eincherviceorganisation für Frauen.

>>Wir sind in cinigcn Punktcn einer Meinung und stimmcn in anderen duhingehend iihcrein, (1:115 wirvcrschicdcncr Mcinung sind. Dunn suchen wir Inch einer Sichtweise, die bcide Meinungcn integriert. Wichtig ist, daß allc Smndpunkte zur Sprache kommexm

Ein \vcitcrcr wichtiger Aspekt dcs Forums, so die Teilnchmcrinnen, war das Ausmaß, in dcm es Frauen aus den neu gegriindcten Organisationen in Ostcuropa und der chemaligcn Sochtunion in das thzwerk der Frauen—NGOS cinband.

Anna Syomina, dic Dircktorin von >>Mama '86« — cincr Umwcltorganisation von Mijt[cm in Kjew, Ukraine — sagtc, sie habc wihrcnd des Forums viele hilfrciclle Kontaktc gcknijpfi, die, wic sie hoffi, zu ncucn


Scite 25

Die Bahá’í-Delegation beim Wiener Forum der NGOs bestand aus Vertreterinnen der Bahá'l International Community (BIC) und Vertreterinnen verschiedener nationaler Bahá’í-Gemeinden. Vorne, v.l.n.r.: Wendy Momen (GB), Mary Power (New York), Frangoise Teclemariam (Frankreich) und Louis Hainsworth (GB). In der hinteren Reihe: Michael Penn (Philadelphia), Kit Cosby (USA), Jenny Field (New York), Roberta Law (Niederlande), Giovanni Ballerio (Genf), Ann Mannen (Niederlande), Brenda MaxweH (Kanada), Sepideh Taheri (GB), Nateghe Saffar (Deutschland) und Sholeh Rahmatian (Rum'énien). Nicht abgebildet sind Bahia Ettehadieh (Wien), Neda Forghani (Wien), Rebequa Getahoun (USA) und Bridget McEvoy (Island).

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»Die Frauenbewegung von heute dreht sich um Einbindung und Verbindung. Man muß verstehen, wie frauenspezifische Themen mit umfassenderen Fragen wie der der Globalisierung der Wirtschaft, Handelspolitik, Entwicklungspolitik, Gemeindeentwicklung und sozialer Gerechtigkeit

verbunden sind. Sue Tibballs von »European Women for a Common Futureu

Ein Fest zu Ehren eines Gastes in Kiribati mit Tanz, Gesang und der Übergabe eines Présentes an den Gast.

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——————_———_ Gemeinschafisprojckten fijhrcn werden. Die großc Viclfillt der Frauen aus den vcmchiedenen Lindcm zu erlcben, war ebenfillls erhcbend für sic.

>>1ch bcmcrkte zum crstcn Mal, wie weit unscre Welt ist und wie verschiedenanig unserc Vélkcr - aber alle Frauen, gleich wclcher Narionalitiit und I-Iautfarbc, warcn eine wundervolle Bcrcichcrung. Es war eine schr werrvollc Erfllhrung für mjch. I Die Integration vcrschiedcner Themen

Zusitzlich zu traditioncllcn Problcmstcllungen wie besscrcr Glcichstcllung, bcsscrem Zugang zu politischer Mitbcstinnnung und speziellcn »l:r;1ucnfragcn« wic Fortpflnnzung und Gesundheit der Frauen sprachen (1.13 Forum und scin Akrionsaufmfguch Themen 2m wic >>global govcmzmcm, Okologie und Abriistung.

»Dic Frauenbcwcgung von heute dreht sich um Einbindung und Vcrbindung<<, sagtc Sue Tibballs von >>Europczm Women {or a C0111111011Future<<. »Mnn muß verstehen, wie {rzluenspczifischc Themen mit umüssendercn Frzlgcn wic der der Clobalisicmng der Wirtsclmfi, Ilandclspolitik, lintwicklungspolitik, Gerneindccxmvicklung und sozialer Gcrcchtigkeit verbunden sind. D413 Therm der Partnerschuft tzluchr bci den vorbcrcitenden Konferenzcn für Peking immcr wieder auf Aktivc Fraucnrcchtlcrinnen crkcnncn, daß wcitcrgehcndes Fonkommen der Frauen Vcrhndcmngcn in der Haltung der Miinner erfordert, und daß dicse Verifinderungen nur vcrwirklicht werden k61mcn,wenn Minncr in partnersclmftlicher Weise in die Bewcgungfiir eine echte Gleickstellung der Geschlcchtcr mjt einbezogcn werden.

>>Bei dicser Konferenz schien es mir, als wiirdc zunchmend über das Them; Partnerschafi gcsprochcm, so Frangoisechlcrmriam, die die franzésischc Bahá’í—Gemcinde beim Forum vcmar. »Dies ist meincs Erachtcns ein sehr wichtigcr Punkt, der eines der Hauptthemen in Peking scin wird. Francoise Teclemariam war eine von 18 Bahá’í—Vcrtretcrinncn bci diesem Forum. Ncben Vcrtretcrinnen der Bahá’í Intcmational Community hatten die Bahá’í-Gemeinden von Kanada, Finnland, Deutschland, Island, Holland, Ruminicn, Großbfitannicn und den USA Reprisentantinnen gcsandt. Ebcnflqlls wurdc eine Bahá’í—Dclegation zu cinerspczicllcn]ugcndberatung entsandt, die vom UN—Sckretariat für die 4. Wcltfraucnkonfcrcnz gcsponsort wurde.

Die Bahá’í Intcmational Community untcrstiitzte auch — in Zusammenarbeit mit UNICEF, dem Kinderhilfswcrk der Vcrcintcn Nationcn, und der Intematioml Women's Rights Action Watch (IWRAW) — eine Arbcitsgruppc mit dem Titel: >>Menschenrcchte zulmusc: Die Bildung von gcwaltfreien Familieu und Gemeinschafiem.

>>Es wird inzwischen aufbreitcr Basis amerkzmnt, (L113 Gcwalt gegcn Frauen wcltwcit cin Kemproblem ism, so Mary Power, die Direktonn des Bijros der Bahá’í International Community zur Férderung der Frau. >>Dcr Schwcrpunkt unscres Arbcitskreiscs warnicht nur eine Vcrdcutlichung dcs Themas, sondcm wir haben auch kreativc Lösungcn aufgczcigtl Insbcsondere wollcn wir die Vorstcllung unterstijtzcn, daß wir damn arbeitcn kdnncn, eine neue Art von Familic zu bildcn, cine auf Einhcit gegründete Familie, die gewaltfrei sein wird. Der Arbeitskrcis sollte dies vcmnsclmulichen.« D


Scitc 26

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Die Botschaftvno Kairo: Frauen spielen die Haup



trolle bei einer

globalen Bevblkerungspolitik


KAIRO. — Die Politik der Vergangenhcit versuchtc die Weltbevélkcrungszahlen in erstcr Linic durch tcchnische Programme zur Empfiingnisverhiitung undBildungsmaßnahmen zur Familienplanung zu stabilisieren. In eincm völlig neuen Ansatz verabschiedete die Internationale Bcvélkerungs— und Entwicklungskonferenz einen Aktionsplan, der den Fortschntt in der Gleichberechngung der Frauen in den Mittelpunkt wcltwcitcg Anstrengungcn stellte, um das Problem der Überbcvblkerung zu bewiltigcn.

Vom 5. bis zum 13. September 1994 kamen rund 180 Regierungsdelegationen sowic über 10.000 Vcrtreter nichtstaatlicher Organisationcn und Biirgcrbewegu ngen nach Kairo zu dicscr Konferenz.

Zwar bchandeltcn die Median die umstrittene Rollc der Abtreibung in vetschicdenen Bcvélkerungsprogrammen vorrangig, in den meistcn Fragenjedoch erziglte die Konferenz cin sehr hohcs Maß an Übercinstimmung und verabschicdetc einen Aktionsplan, der in scchzehn Kapiteln auf118 Seitcn eine Reihc von notwendigcn Maßnahmen nennt, um das Wachstum der Bevölkerung (gegenwiirtig 86 Millionen Menschen pro Jahr) aufzuhalten.

Die Stärkung der Frau steht imMittelpunkt dicses Aktionsplanes. >>F6rderung der Gleich berechtigung der Geschlechtcr, der Ausbildung der Frauen und der Gercchtigkeit gcgenfibcr Frauen, die Abschaffung jeglichcr Art von Gewalt gegen Frauen und das Recht aufSclbstbestimmung in der Frags der Empfiingnis sind Eckpfeilcr bevélkerungs— und cntwicklungsbczogener Programmm, heißt es in dem Aktionsplan.

»Das vielleicht bcdeutcndste Ergebnis dieser Konfercnz ist die nahezu cinmütige Einsicht, daß der gesellschaftliche Status der Frau und ihre Stellung als gleichwertiger Partner an crster Stelle bei allen bevélkerungs— und enmicklungspolitischen Mafinahmcn stehen muß«, sagt Dr. Beth Bowen, eine der beiden Venrcterinnen der Bahá’í Intematioml Community. >>Schon allein die Anerkcnnung diescs Prinzips sorgt für eine wcit besscrc Beratung und eine weir stirkerc Einheit in allen Lebcnsbereichen von der Familie bis zur Nation. Der Aktionsplan zeigt wcitcr das Muster umweltschiidigenden Produktions— und Konsumverhaltens auf, verlangt die Abschaffung extremer Armut, bezeichnet die Familic als den Grundbaustein der Gesellschaft und be kriiftigt das allgcmeinc Recht auf Bildung. »Dic Weltgesellschaft hat die bcsondere Ver antwortung, für eine immer besserc Bildung der Kinder zu sorgcn, so daßjcdes zumindcst

———-———————_

Scite 27


Bei einer Workshop-Reihe über den Beitrag der Religionen zu den Themen der InternationaIen Bevölkerungs- und Entwicklungskonferenz sprach Dr. Beth Bowen (links im Bild) als Vertreterin der Bahá'l International Community. Die Workshops wurden von WCRP (World Conference on Religion and Peace) veranstaltet. Patrice Brodeur von WCRP ist rechts im Bild zu sehen.

Die Stérkung der Frau ist der Schlfissel für wirkungsvolles Handeln - dies war das einmütige und wichtigste Ergebnis der Internationalen Bev6lkerungs— und Entwicklungskonferenz


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Drei Représentanten des Nationalen Geistigen Rates Überreichen dem Présidenten von Guinea-Bissau, Joao Bernardo Vieira, ein Statement über Bahá’u’lláh, den Stifter der Bahá’í-Religion.

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cine Grundschulausbildungbekommt«, hejBt es in dem Dokument.

Bezfiglich der Abtreibung kam man übercin, daß Regierungcn den Frauen ihres Landes hclfcn miisscn, die Abtreibung, die keinesfiills als Methodc zur Familicnplanung gelten darf, zu vermeiden. Regicrungen müßten sicherstcllcn, daß Frauen, die abgetfieben bitten, untcr allen Umstiinden in menschenwürdiger Weiss behandelt und beratcn wcrden.

Der Aktionsplan verlangt abcr auch eine engc Zusammenarbcit zwischen Regierungen und nichtstaatlichen Organisationcn bei

der Ausarbeitung, Vcrwirklichung, Bcobachtung und Beurtcilung bevélkcrungs— und cntwicklungspolitischcr Maßmhmcn. Dic unverzichtbarc R0116 von Fraucn—Organisationcn wurde dabei bcsonders hcrvorgehoben.

Nicht alle Programmpunkte wurden einstimmig angenommen. 24 Delgationen zeigten Zurückhaltung bei Punkten wic sexueller Beziehungen auBcrhalb der Ehc, dem Schutz der Familic, der Empfiingnisvcrhiitung, der Beziehung zwischen Fortpflanzung und Sc xualitit und der allgemeinen Definition von Familic. Cl

UN—Vollversammlung weiterhin besorgt

über die Menschenrechtssituation im Iran

VEREINTE NATIONEN. — Zum neuntcn Mal in den letzten zchnjahren hat die Vollversammlung der Vereintcn Nationen eine Resolution verabschicdet, die ihrer Besorgnis überBefichtc von Menschenrcchtsverletzungen im lrzm Ausdruck vcrlciht und die dortige Verfolgung der Bahá’í gesondert crwiihnt.

Mir einem Abstimmungscrgebnis von 74 zu 25 Stimmen bei 55 Enthaltungcn lenkte die Vollvcrsammlung der Vercimen Nationen am 23.12.1994 die Aufmerksamkeit auf die wcitcrhin cingchenden Berichte über cine hohc Z3111 von Hinrichtungen, F5116 von Folter und grausamer Behandlung und das Versagen dcs Iran, >>intcmatiomlcn Standards


und die Behandlung religiöser Minderheiten

im Hinblick aufdic Rechtsprechung gerecht zu werden. Die Resolution äußertc auch Bcsorgnis über die »diskfiminierende Behandlung von Minderheiten aufgrund ihrcs religiösen Glaubens, insbesonderc der Bahá’í, dercn Existenz als lebensfihigc religiöse Gcmeinschaft bedroht ist.« Sic JaiuBerte auch Kntik an dem »Mangcl angemessencn Schutzes der christlichen Minderheitcm und sagte aus, (138 wiederum >>kürzlich eine Anzahl von Pcrsoncn errnordet wurde oder zum Ziel von Einschfichterungcn geworden ist. .. Die Versammlung ncf zur Fonsetzung der chrwachung der Menschenrechtssituation im Iran auf.

chheste Ahderom, Hauptvertrcter der Bahá’í International Community bci den Vcrcintcn Nationcn, 10th die vcrabschicdete Resolution der diesjihrigcn UNO—Vollversammlung und crwiihnte, daß die anhaltende intemationale Beobachtung der Menschenrechtslagc der Schlfisscl zur Sicherheit für die 350.000 Mitgljeder zihlende iranische Bahá'iGemeindc ist.

' >>Die Bahá’í im Iran, die allein wegen ihres

religiöscn Glaubens der Verfolgung im Iran ausgcsctzt sind, sind dankbar für die Unterstiitzung der intemationalcn Gcmcinschafw, sagte Techeste Ahderom.

»Als fricdliche und gesetzestreuc Gemcinschaft strcbcn sie nur danach, ihre Religion fiei ausüben zu k6nncn, wic dies in den intemationalen Mcnschenrechtscrklirungen garantiert wird, dcnen sich auch der Iran angcschlossen ham Cl


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UPPSALA. (cs) — Die Emchtung eines Netzwerkes zwischen Lchrerinnen und Lehrem aus allen Nationcn Europas soll die dcmokmtische und ethischc Erziehung der Jugcnd fdrdem.

Der Europarat hatte vorwiegend Sozialkundelehrcr/innen aus allen Teilen Europas zu einem Seminar vom 30.10. bis 4.11.1994 nach Uppsala in Schweden eingclndcn, das in Zusammemrbcit mit dem In—Scrvicc Training Department der Universitlit Uppsala organisiert wordcn war. Lehrcr/inncn der Sckundarstufe, aber auch Sozialpiidagogcn und Erzichungswisscnschaftlcr aus 17 Nationcn Europas warcn der Einladung gcfolgt.

Die zentralc Fragcstcllung der Veranstalrung Iautete: Wie kann die Erziehung von Bilrgcm in einem neuen vereinten Europa den Erfordemisscn einer Welt gerecht werden, in der fundamentale Veriinderungen ablaufen?

Aufder einen Scite findet eine zunehmcndc lntemationalisierung in allen gcsellschaftlichen Bereichen statt. Die Auflésung dcs Wamchaucr Paktcs lfiutete andererseits eine ncue Phase nationaler Differenziemng cm.

Einen weitercn Schub gesellschaftlichen Wandels bringt die Migrationsbcwegung in und außerhalb Europas mit sich.

Die Marktwirtschafi crlcbt in den westlichen lndustfiestaatcn eine Krise, das Wirtschaftswachstum stagnicrt, dennoch breiten sich die wirtschafilichen Prinzipicn der freien Marktwirtschaft in der gnnzen Welt aus — 0ft ohncjcglichc soziale Abfcdcmng.

In cincm immer gréBcren Ausmaß sind diese großcn Vcrlinderungcn gleichzeitig die Ursachc für soziale Unruhcn, Strciks, gewaltsame Auscimndersetzungcn und sogar Biltgcrkrieg. Dic politische und soziale Wirklichkeit Europas bedarf einer dringenden Rcform, die auf der Ebene der politischen Erziehung und einer neuen Ethik ansetzen muß.

I Wie soll der Staatsbfirgcrkunde-Unterricht der Zukunft aussehcn?

Das Seminar solltc Lösungen erkundcn, wie die hcutigen Erziehungssysteme in den verschiedcncn Linden) der Europiiischen Gemeinschaft dicsen neuen Herausforderugen begegncn kbrmen.

—_——_———————-———_

Seite 29


Die Teilnehmer des Seminars der Sozialkundelehrer und -lehrerinnen in Uppsala.

Die zentrale Fragestellung der Veranstaltung Iautete: Wie kann die Erziehung von Bürgern in einem neuen vereinten Europa den Erfordernissen einer Welt gerecht werden, in der fundamentale Veränderungen ablaufen?

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Der Historiker Prof. Kristian Gerner von der Universitfit Uppsala erklärte, daß das Christentum die vereinigende Kraft in weiten Teilen Europas war, daß allein die Religion ethnische Konflikte verschwinden ließ, da sie neue, übergreifende Identitéiten schuf.

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Wie können Lehrcr/inncn kiinftigc europiiische Bürger aufihre neue, viillig verinderte Staatsbiirgexsituationvorberciten? Wic milssen Lehrpliinc, Unterfichtsmatcrialien und Lehrmethoden verindert wcrdcn, wenn sic zu eincm ncuen globalen Weltbild erziehcn sollen, welches zunehmend das politische Nationalbewußtscin ablösen wird?

Das Seminar hat einen Beitrag zur Entwicklung ncucr pidagogischcr Handlungswciscn gelcister. Durch cngcre Zusammenarbeit von Lehrem und Lehrcrinnen aus den verschiedenen Nationen soll auch das Erziehungssystcm illtcmationalisicrt wcrdcn. Aus der alten >>Smatsbfirgcrerziehung<¢ kann so cine neuc »Weltbfirgererziehung« werdcn.

Die eingcladcnen Refercnten betonten mehr Oder wenigcr einstimmig, daß die Erzichung zu internationaler Demokratieflilligkeit, zur Beachtung der Menschenrechte und zu Toleranz in cincm ncucn Europa an erster Stellc stehen muß.

I Menschenrechtscrzichung als Mittcl im Kampf gcgcn Rassismus und Intoleranz

Maitland Stobart, der amtiercndc Dircktor der Abteilung Erziehung, Kultur und Sport bcim Europarat, sah in der Menschenrechtserzichung einen Schwcrpunkt, um zunehmender Intoleranz, Rassismus und politischem Extremismus zu bcgcgncn.

Der Europarat plant auBcrdcm die Enichtung eines Europiischen Informationszcntrums für Bfirgemchafiserzichung, wclches in Warschau angesicdelt werdcn 5011.

Professor Kuklinski von der Univcmitit Wamchau rcflcktiertc iibcr das Europa zur jahmuscndwcndc und fordertc ein offcnens Europa, cin Europa ohnc weiterc Militarisierung. Am Beispicl der Bundcsrcpublik und Japans fijhrte er aus, daß der wirtschaftliche Wohlstand nur untcr Verzicht aufeinc teuerc Armee zu erhaltcn sci. Kijnftige Bürger 5011ten zur >>Ffihigkeit, über die Zukuntft nachzudenkem, erzogen werden. Visionires Handeln ist also dag Ziel.

I »Agenda 21«-Ziel: Alle Menschen mfisscn Bildung crhaltcn!

Schwedcns chenmligerBotschafter in China, B0 Kjellcn, Leiter der schwcdischen Dclegation bcim Umwcltgipfel in Rio, stellte in seinem Vortrag hauptslichlich die Ergebnissc der Konferenz in Rio und die Wciteren internationalcn Zielsetzungen dar, die sich aus der Konfercnz crgaben.

Er crmutigte die Scminartcilnchmer/innen, damn zu glauben, daß die Mcnschheit mit den Umweltproblemcn umgehen könne.

Nur durch den positivcn Glauben an die mcnschlichen Fihigeiten könnten die Umwcltprobleme gelöst werden. Er betonte die Verantwortung dcs Menschen gegenüber der Schöpfung und riefzu ganzhcitlichcm Denken auf. Er verglich die Menschheit mit einem Vogel und zitierte einen englischen Dichter mit den Worten: »Unscr Nest sind unsere Fliigek.

Diescs Bild crkliirt die Norwendigkeit von Taten anstelle von Wortcn. Weiterhin stellte er die Kemaussagcn der »Agcnda 21« vor, wobei er die Ziele zur Erziehung besonders hervorhob. Dicsc lauren: Allc Menschen müssen Bildung erhalten! Die Erziehung zum Frieden ist die Voraussctzung einer Erziehung zum Umweltschutz und zum Fortschritt der Menschheit!

Der Historiker Prof. Kristian Gerner von der Universitit Uppsala stellte schlicBlich einen intercssanten historischen Vcrgleich zwischen der Entwicklung Ostcuropas und Wesreuropas seit der letztenjahrtausendwcnde auf. Er crkliirtc, daß das Christentum die vereinigendc Kraft in weiten Teilen Europas war, daß allein die Religion ethnische Konflikte vcrschwindcn ließ, da sie neue, übergrcifendc Identititen schuf.

Ist aber nicht auch heute eine universale Religion notwendig, urn den Mcnschen diese vcrcinigcnde Kraft zu geben?

Wit sonst sollte es gelingcn, die Mcnschen zu Weltbiirgcm zu crzichen, wcnn nicht durch den Glauben an Gott und die sich daraus cntwickclnde Achtung vor der Schöpfung und das VcrantwortungsbcwuBtscin für dicsc.

Das Trefien von Lehrcm und Lehrcrinnen in Uppsala war von einem besondercn Gcist gepriigt: Gefijhle der Verbundcnheit, die Erkennmis der gcgenseitigen Bcrcicherung durch intcmationale Zusammenarbcit waren am Ende bei allen Teilnehmcm vorhanden. Allc sagtcn zu, aktiv an einem solchen internationalen Netzwerk von Lehrem und Lehrcrinnen mitzuwirkcn, um die Erziehung von demokratischen toleranten und friedfertigen Bijrgem zu fdrdem.

Die Zeit ist reifür eine weltweite Zusammcnarbeit, um die rassischen, kulturcllcn, sozialen und religiösen Vorurteile zu überwinden und eine gerechtere mcnschliche Gesellschaft aufzubauen. Das Netzwcrk intemationalcr Beziehungen auf dem Gebiet der Politik, der Wirtschaft und der Kultur wird immcr dichtcr. Die Erziehung zur globalcn Verantwortung, wie sie die BahiiReligion lehrt, wird zunehmend zum Erziehungszie] eincr neuen Menschheit. Cl

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Olya Roohizadegans I/érsprechen: »Sollte ich jemals das Gefeingnis V011 Adelabad verlassen, Wiirde ich der Welt ihre Geschichte, unsere Geschichte erzéhlen. 1m englischen Sprachraum avancierte der Erfahrungsbericht von Olya Roohizadegan inzwischen zum Bestseller. Die Autorin gab über 200 Interviews und mehr 313 500 Berichte und Rezensionen crschienen.

»Ich hatrc ihncn immer wieder geschworcn, wic sie es mir gcschworen batten: Solltc ich jemals das Gefiingnis in Adelabad vcrlassen, würde ich der Welt ihre Geschichte, unserc Gcschichtc crzzihlen. Olya Roohizadegan hat disses VcrsprcChen gchaltcn. Sic überlebte das Frauengcfiingnis von Schims. Abcr ihre Freundinncn mußte sie zurücklassen. Sic rcttetc ihchcobachtungen und Erinnerungen, die Schiclsalc von mutigen Frauen undMiinncm. Nach ihrcr Flucht vom Iran nach Pakistan schricb sie ihrcn Augcnzcugenbericht nieder, um vor der Weltéffcmlichkeit von den Mißhandlungen, Folterungen und I-linrichtungen V011 unschuldigcn Bahá’í Zcugnis abzulegen.

Der Lcser muß sich in dicse Situation einfühlen, um ihrc ganz eigcne Sprache zu vcrstehcn. Durch ihre schlichte und eindringlichc Sprache schafft sie cs, den in Friedcn und Frcihcit lcbenden Leger in (133 Frauengefiingnis von Schiras zu schmuggcln, um hicr athergewöhnlichen weiblichen Geflmgcnen zu begegncn und um mir ihr Zeugc zu werden.

Bcvor Olya Roohizadegan Gcflmgenc, dam] Fliichtendc und schließlich Schreibendc wurde, arbeitctc di€ Mutter dreicr Sbhnc fiir die National Iranian Oil Company in Schims. In der Stadt der Rosen und Végcl, wic sie ihre l IciImtstadt Schiras bcschreibt, war sie ein engagicrtcs Mitglied der BahiiGemcinde.

Hier beginm »Olyn's Gesc]1ichte«. Die ira


nische Revolution bricht aus und mit ihr der ungczfigcltc 1-1118 des aufgcstachelten Straßenmobs, der Bahá’ís gcwaltsam aus ihrcn Hiiuscm vertrcibt.

Stcts beeilt sich die Autofin fcstzustellen, daß lingst nicht allc Muslims voruneilsbcladen und aggressiv gegen die Bahá’í vorgingcn. 1m Gcgcnteil: Vielc muslimische Nachbam bckundcten ihrc Sympathie und

Olya Roohizadegan

A Sun i\ m K Drunmlié Aicoum of the Persecution of Bahá’ís in Revolutionary Iran


boten ihren Bahá’í—Frcunden Hilfe an. Trotz dicscr I—Iilfe vcrlicrt Olya ihrc Arbcit. Sic hattc sich geweigcrt, zum Islam überzutreten.

Dgch beunruhigt wird sie von viel grimercn Angstcn. In Schiras werden am 30. April 1981 drci Bahá’í hingerichtct. Yadolah Vahdat, Sattar Khuschkhu und lhsan lehdizadeh. Olya Roohizadcgan beschreibt dic Tage vor ihrcr Hinrichtung.

Sic glorifizicrt die Opfcr nicht. Viclmehr entwirft sie Pcrsoncnskizzcn, in denen


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Sie bringt uns die Menschen nahe und damit deren Leid und Pein, die sie in den endlosen Verhören ertragen müssen. Olya erzählt die ganze Geschichte. Die letzten Tage bevor die Frauen hingerichtet werden. Olya Roohizadegan hat überlebt. Vor eineinhalb Jahren erschien »O|ya's Story« in England und wurde in dieser Zeit zu einem vielgelesenen Erfahrungsbericht.

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Olya's Geschichte

1995. 351 Seiten. Paperback DM 12,90 Bergisch Gladbach 1995 Gustav LLibbe Ver/ag ISBN 3-404-61322-8



ONE COUNTRY 9 Ausgabe 1/1995


>>Olya's Geschichte<< — Eine authentischer Bericht derVerfolgungen der Bahá’í im Iran


menschliche Ziige erkennbar werden, die auch Schwichen vermutcn lassen. So bekommen die Namen aus den Opferlisten Eckcn und Kamen, gewinnen an Kontur und sie werdcn — das ist entscheidend — dem Leser vertraut.

Doch wohernehmcn diese Bahá’í die Kraft, bei ihrcr Hinrichtung laut und deutlich >>nein<< zu sagen und nicht zum Islam überzutrcten, indem sie dem Bahá’í-Glaubcn abschwären? Sic werden hingerichtet. Ihr einziges Vergehen war der Glaube an eine Religion, deren Ziel die Einheit der Menschen ist.

Angst schleicht sich in vicle Bahá’í—Familien cin. Festnahmen! Olyas Freundin Nusrat Yaldai wird abgeholt. Sic bcsucht Nusrat im Gcfiingnis, kiimmcrtsich um die Familien der andercn Gcflangcncn und hctzt von einem Bahá’í zum nichsten, um Neuigkeitcn und

Olya Roohlzadegan

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Der erschättemde Bericht einer Frau,

die — zusammen mit anderen — wegen ihrer Zugehérigkeit zur Bahai-Religion von den Mullahs im Iran

inhaftiert und mißhandelt wurde.

Doch trotz aller Schrecken ließ sie sich nicht beirren, und es gelang ihr die Freiheit zunickzugewinnen.

E513



Ratschliigc weiterzuleiten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Olya festgenommen wird.

Als sie eines abends nach Hausc kommt, sieht sie den Jeep der Revolutionswichter schon vor dem Hans stehen. Wenig später rast derjcep mjt der unschuldigen Gcfl’mgcmen in Richtung Sepah—Gef‘éngnis. In der dunklen Zellc ist sie nicht die einzige Bahá’í. Fastallebekanntenund aktiven Mitglieder der Gemeinde wurden in Der Zusammenhalt und die liebcvollc Ffirsorgc der Frauen flireinander ist eine Kraftquelle, um die Haft zu überleben. Vcrhéjre, Drohungen und immer wieder die Schrcie deljenigen, die gefoltcrt werdcn.

Olya soll Namen und Adressen ncnnen, sonst wird sie ausgepeitscht. Sic wciB. was das bedeutet, seit Nusrat in ihre Zelle geworfcn wurdc. In der Einzclhafi war die zicrlichc Frau tagelang mit Elektrohbeln ausgcpeitscht worden. Aufdie Fußsoillcn. Abcr Olya bleibt konsequent.

Den zweifclsohne bcwegendsten Tcil von >>Olyas Geschichte<< bilden die Portriits jeder einzelnen Frau, die in der finsteren Zellc bcieinander hockten: Sic streift die Zeit vor der Frciheit, schildert bcwegende Dialogc in der Zelle und schmunzelt über die Streiche der jungen Bahá’í—Miidchen, die versuchen, die anderen aufzuheitem.

Sic bringt uns die Menschen nahe und damit deren Leid und Pein, die sie in den endlosen Verhören enragen müssen. Olya erzhhlt die gauze Geschichtc. Die letzten Tagc bcvor die Frauen hingerichtet wcrdcn.

Olya Roohizadegan hat iibcrlebt. Vor eineinhalb jahren emchien »Olya's Story<< in England und wurde in diescr Zeit zu einem viclgelesencn Erfilhrungsbcricht.

Etwas trcibt sic, erklirt sie im Gcspriich mit ONE COUNTRY, die Gcschichte ihrer Freunde zu erziihlen. Sie erkliirt, daß sie die zahlreichen Interviews in britischen und amerikanischen Medien nut geben könne, weil >>sie mir Kraft gebem. Mit »sie« mcint sic die Protagonisten ihrcr Geschichte, die für ihre Ideals ihr chen hingaben. Sic gcben Olya die Kraft, ihr Versprechen zu halten. Babel Schayani Cl


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