One Country/1994 Nummer 3-4/Text

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ONECOUNTRY

Doppcl—Ausgabc 3—4/1994 Nachrichtcnmagazin der Bahá’í International Community


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H.B. Danesh bei UNICEFSymposium: Familic der Zukunft wird gcwaltfrei scin

E18

Ausblick auf PekingerWeltFrauenkonferenzzThema >>Part nerschafm tritt inVordergrund

Prinz Philip fordert >>Wcltcharta zum Schutz derWildcm

Anschlag auWorkampfer der Einheit der Rassen

Der Übergang

vow Global (msh luv Wakidontiml

Rezengion: Huschmand Sabcts »Der Übergang<<


»Die Erde {st mlr cm Land, und (1116 [Wensrhen sind seine Bxir er.« _ Bahá'u'llfih



Prinz Philip {ordert Welt—Fokwstoventin



Prinz Philip, Herzog von Edinburgh (Bildmitte), und FMary Rabbém, eine fUhrende Persönlichkeit des Bahá’í—Glaubens (rechts), waren herausragende Redner der Versammlung. Sie lauschten einer Botschaft des britischen Premierministers John Major, die Ian Lang, der schottische Außenminister (links), verlas.


Auf der diesjfihrigen Versammlung fijr eine >>Weltcharta zum Schutz derWfildem (World Forestry Charter Gathering) im Stjames Palast in London sprechen sich die Teilnehmer fi'jr eineWelt—Forstkonvention aus


LONDON. — Der historischc Palast von St. jamcs, ein Wahrzeichen im I Icrzcn der Stadt London, ist ein ungewöhnlichcr Plntz für ein Trcffcn über globale Forstwirtschaft.

Der Palast — bis hcute Sitz königlichcr Souverfinitéit und Orr der fcstlichen Bcglaubigung der Botschaftcr — stcht im Zentrum des diplomatischen chens in London, eincr Stadt, die gleichzeitig cin Weltzcntrum dcs Geschifts sowie finnnzicller, rcligitiscr und intellcktueller Initiative ist.

Und wcil heurzumge dic gréfitc Bedrohung für dic Wilder der Erdc von den Entschcidungstriigcm in dicsen Bercichen ausgeht, müssen sich Appellc flir ihrc Erhaltung an dicsc Kreise richten.

D213 war der Grundgcdanke der diesjiihrigen Versammlung für eine »Wc1tcharta zum Schutz der Wildem Man wollte nichr nur Regierungen und Iintschcidungstriigcr anrcgcn, über die 1992 aufdcm Erdgipfel in Rio dejaneiro angcnommencn >>Waldrichtlinicn<< hinauszugehen, sondcm ein nachhaltiges Gcfiihl vcrmittcln für die moralischc und gcistigc Dringlichkeit der Bcwahmng und dcs Schutzcs der Wilder aufdieser Welt.

Im Zentrum der Versammlung mm 28. juli im St. james Palast standen cine Ansprache über globale Fommirtschaft von Prinz Philip, Hcrzog von Edin(Fortsetzung auf Seite 11)

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ONE COUNTRY ° Ausgabe 3—4/1994


Die weltumspannende Vision

Richard St. Barbe Bakers

PERSPEKTIVEN


» Wéltweite Auflorstung ist notwendig, weil es bei weitem das konstruletivste undfriedlichste Untemelmzenfi'ir eine internationale Zusammenarbeit ist. D ervielleicht größte Umwelt—Visionéir dieses Jahrhunderts, Richard St. Barbe Baker, reiste von den spiiten zwanzigerjahren his in die achtzigerjahre durch alle Kontinente der einenWelt, umvor den Gcfahren der Zerstörung der Regenwilder, der rücksichtsloscn Abholzung und der maßlosen Vexschwendung natürlicher Ressourcen zu wamen. Der anerkannte Autor

an. Dazu gehörten unter andercm die internationals Proklamation einer >>Grüncn Front gegcn die Wüstem sowie der Aufruf zur Unterstiitzung einer anderen Baker—Initiative, der crsten Sahara—Universitiit.

Als man in den siebzigcrjahren im Zuge der an Bedeutung gewinncndcn weltweiten Umweltbewegung fcststellte, daß anderc intemationale Konferenzen

Richard Baker und Fachmann für Wil— die Funktion der »World


ONE COUNTRY

wird vierteljéhrlich herausgegeben von der nBaha"? International Community, die als Nicht—Regierungs-Organisation bei den Vereinten Nationen due weltweite Bahá'iGemeinde représentiert. Für weitere Informationen zu einzelnen Beitr" en dieser Zeitschrift oderzur Arbeit der Ba é'l International Community wenden Sie sich bitte an: ONE COUNTRY, Office of Pub1ic Information- Bahá'ilnternational Community- Suite 120, 866 United Nations Plaza, New York, New York 10017, USA. E-mail: 1country®bicorg Chefredakteur; Brad Pokorny. Auslandsredaktionen: Nancy Ackerman (Moskau), Christine Samandari-H. (Paris), Kong Siew Huar (Macau), Guilda Walker (London). Redaktion der deutschsprachigen Ausabe: Walter Fritzsche, Saba Khabirpour, erlns Uwe Rahe, Ellen Skupin, Peter Spiege. Redaktionsanschrift20NE COUNTRY- Deutsche Redaktion,EppsteinerStr.89, 065719 Hofheim-Langenhain, Tel. 0 61 92/ 80 79. Fax06192/26395. Herausgeber der deutschsprachi en Ausgabe: DerNationale Geistige Rat erBahá'i in Deutschland e.V. Einzelheftz DM 4,- / SFr 11,- / 65 28,-. Jahresabonnement (4 Ausgaben): DM 15,- / SFR 15,- / 68 100,- (inklusive MWSt und Portokosten). Die ZeitschriftONECOUNTRY kann direkt bei der Redaktion bestellt werden. © 1994 by Bahá'ilnternational Community. ISSN 0945-7062. Gedruckt auf RecyclingPapier.


der und ihre Erhaltung nahm mit seiner Vision unsercs Planeten als eines lcbendigen Organismus die Gaia—Theoric vorweg und arbeitete bercits vor über einem halben Jahrhundert mch den modemsten Grundsiitzen für umweltvertriglicheEnmricklungen: Erbczog dieMen In dem Mafle,

wie Umweltschtltzer über den

besten Weg zu einerglobalverantwortlichen Weltgesellschaft nachdenken, wird die Arbeit mm

Richard St. Barbe Baker - und insbesondere sein Verstdndnis der Bedeutung ethischer Gmndüberzeugungenfür ein tatkrfifiégs Umweltengagement — zunehmend Anerleennungfinden.

Forestry Charter Gatherings« mit besseren logistischen Möglichkeitcn fibcmommen batten, fiihrtc man diese nicht länger fort.

Dennoch hat die Welt bis heute noch nicht angemesscnaufRichardBakers Aufruf zum Schutz und Erhalt unserer Wiilder, die

schen an der Basis in den aktiven Umweltschutz ein und organisierte die bis heute größten Umweltaktionen der Mcnschheitsgeschichte.

So konnte erbeispiclsweise in den zwanziger Jahrcn taus ende von Angeh brigen des KikuyuStammcs in Kenia durch eine Baumpflanzaktion für den firtlichen Umweltschutz begeistem. Ihre Organisation wurdc unter dem Namen »Men of the Trec§<< bekannt. Er verstqnd, wie ihrc eigcnen Überlicfenmgen und chrzeugungen ein solchcs Projekt unterstützen könnten, und daraufbcruhtc untcr anderemsein Erfolg. In den Zeiten der Weltwirtschaftskrise initiierte er in den Vereinigten Staaten ein landesweites Bcgrijnungsprogram, an dem sich sechseinhalb Millioncn junge Menschen beteiligten.

Zu scincm Vermichtnis gehört die Gründung des >>World Forestry Charter Gathering<<, der woh] ersten intemationalen _Konferenz, die von einer globalen Sicht dcs Okosystems Erde ausging.

Das erste dieser Treffen find 1945 start und wurde in den fiinfziger und sechzigerjahren regelmäßig fortgcfiihrt. Mit wachsendcm Ansehcn regten diese Versammlungcn mehrere frühe Bcispicle welrweiter Zusammenarbeit


er »die Haut unset Erdcnannte, geantwortet. Die alljährlichen Berichte über den Zustand der Wilder und der Umwclt dokumentieren dies nachdrücklich.

Die >>Bahá’í International C0mmunity<< kniipfte daher 1989 aus Anlaß des 100. Geburtstages von Baker emeut an die Tradition dieser TrcfiEn 1m. Und das TreEen von 1994 scheint so bedeutsam wic keines zuvor gewesen zu scin.

Dr. Richard Baker 3311 in Bäumen und Wildem eine der lebenswichtigsten globalcn Ressourcen. Er war überzeugt, daß die Anstrengungcn zum Schutz der Wilder und zur Wiederauflomtllxlg gewaltige Effekte für den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt erbringen würden.

>>Weltweite AuflomtungisrnoMcndig, weil es bei weitcm das konstruktivste und fliedlichstc Untemehmcn für eine intemationale Zusammenarbeit ist.« Dr. Baker schrieb 1949 über die Notwendigkeit und Zielsctzung dieser »World Forestry Charter Gatherings<<z >>Sic erhcbcn eine Bestandsprfifung zur Ausdehnung der Wüsten auf fruchtbarcs Land, entwickeln Konchte, wie diese aufgchalten und umgckchrt wcrden können und bckampfen so auch die Nahrungsmittelknappheit.



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Richard Bakers Ansichtgn über die herausragende Rollc cthischer Überzeugungen als Grundlage solcher Anstrcngungcn zum Erhalt der Umwclt waren ebenfalls bahnbrcchend. Als Angehérigcr des Bahá’í—Gluubens zog er stcts dic Lchren scincs Glaubens zur Einheit der Mcnschhcit heran und brachtc auf dicse Wcisc einen auf das Weltganze gcnchtcten, vcreinigcndcn Geist in praktisch jcdes seiner Projekte cin.

T hema des dicsjzihngcn Trefl'ens waren dic »Waldrichtliniem der »Agcnda 21«, dic 1992 auf dem historischen Wclt-Umwcltgipfcl in Rio de Janeiro von den Regierungen der Welt angenommcn \vurdcn. Vicle der Idecn, dic Baker Zeit seincs Lebcns uncrmiidlich in scincn Schriften, Vorlesungcn und auf den jährlichen »World Forestry Charter Gatherings<< vcrbreitetc, findcn sich in dicscn Richtlinicn wieder.

Die Waldrichtlinicn crkcnncn die Notwcndigkeit, die Wilder der Frdc so zu schijtzen, daß es den sozialcn, ékonomischen, 6kologischen, kulturcllcn und gcistigcn Bediirfnisscn gegenwiirtiger und zukünftiger Gcncrationen gerccht wird.

Sic sprcchen femer die Bcdeumng der Bctciligung der Menschen an der Basis für die Planung, Entwicklung und Einfiihnmg eincr nationalcn Wald—Politik an. Und sie erkcnmen, (138 Wiilder komplcxc, nicht~crsct2barc 6kologische Prozessc darstcllcn, die die Grundlagc zur dauerhaften Bcreitstcllung existentiellcr Ressourcen zur Bcfriedigung menschlichcr Bediirfnisse bilden und daß die Umwelt zu ihrcr Selbst—Regencmtion aufsic angewicscn ist.

Dcnnoch warcn vicle enttiuscht, daß die Wcltgemcinschafi keine weiterrcichendcn Bcschliissc zugunsten der Wilder {asscn konntc, was auch einige der Sprecher des dicsjiihrigen Treffens zum Ausdruck brachtcn. Insbcsondere Prinz Philip, der Prijsident dcs »World Wide Fund for Naturc<<, fordcne mchdrücklich die chbschicdung solcher Beschliisse durch dic Weltgcmeinschafi.

Zicl des 1994er »World Forestry Charter Gatherings<< war auBcrdcm die SchafTung eines tiefercn BcwuBtseins der momlischen und gcistigcn Dringlichkeit, mit der die Nationcn sich an die Umsetzung der Waldrichtlinien machen müssen.

Vor vicrzig jahren, 2115 Baker mit diescn Treffen b€gzmn, bat er die Diplomaten im St. James Palace, nicht nur iibcr den Zustand der Wilder ihrcs Landes zu berichtcn, sondem Vomchligc zu untcrbrciten, wie sie 313 Biirgcr einer Welt für den Erhalt, den Wicdemufbau und die Verwaltung dicscs gcmcinsamen Er bes zusammenarbcitcn kénncn. Zu dicsem Zeitpunktwar dies einvöllig neuartiges Koncht.

In einer zunchmcnd komplexen und interdcpendcntcn Welt wird erkcnnbar, daß eine verliiBliche Verwaltung der Wilder untrennbar mit anderen globalen Zielcn verwoben ist, darumer die Errichtung sozialer und wirtschaftlicher Gcrechtigkeit inncrhalb und zwischen den Nationen, die Glcichberechtigung der Geschlcchter sowie dic Einfiihrung eincr dcmokratischen Weldcgislative und globaler Rechtsstaatlichkeit.

Dicscs Konzept globaler Veranrwortung und des Weltbiirgemlms, das Bahá’u’lláh schon vor so langer Zeit cntxvorFCII hat und das Dr. Richard Baker spiitcr auf die Belang€ der Wilder und der Natur insgcsamt anwandte, bictct — wcnn es in die intcmationzllc Politik und die Ilzine für eine umwclrvcrtrligliche Entwicklung cinbezogen wird — die Grundlagc für eine ncue tragfähige Wclt—Ethik.

In dem Mch, wic Umwcltschiitzcr über den bcstcn ch zu einer global—vcranrwortlichen Wcltgesellschafi nachdcnken, wird die Arbcit von Richard Baker — und insbesondere scin Vcrstlindnis der Bcdeutung ethischcr Gnmdiibcrzcugungen fürein tatkriiftigm und wirkungsvollcs Umweltcngagcmcnt — 211nchmend Ancrkcnnung findcn. CI

Richard Baker (rechts) bei einem Wiedersehen mit den ersten Mitgliedern der »Men of the Trees« 1950 in Kenia. Baker grUndete diese Bewegung 1922. Es war eine der ersten nichtstaatlichen Umweltorganisationen, die Unterstfltzung durch eine breite Basis erfuhr und auf geistigen Prinzipien fuBte.


Scitc 3


Richard Baker nahm mit seiner Vision unseres Planeten als eines lebendigen Organismus die GaiaTheorie vorweg und arbeitete bereits vor über einem Izalben jahrlzundert nach den modemsten Grundsatzenfl'ir umweltvertragliche Entwicklngen: Er bezog die Menschen an der Basis in den aktiven Umweltsdmtz eitz tmd organisierte die bis heute grqfiten Umweltaletionen der Menschheitsgeschichte.


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Ein von der UNICEF, UNIFEM und der Internationalen Bahá’í—Gemeinde gef6rdertes Symposium untersucht neue Strategien, um der Gewalt in der Familie weltweit entgegenzutreten

Das Symposium »Strategien zur Schaffung einer gewaltfreien Familie« fand am Hauptsitz des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) statt. Es nahmen etwa 3O Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen und zwischenstaatlichen Organisationen aus 17 Léndem teil.

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»Die Familie

der Zukunft

— sie Wird gewaltfrei sein<<


VEREINTE NATIONEN. — Bci eigentlich jedcm intemationalcn Thema, angefangcn von den fricdenschaffcnden Maßnahmen bis hin zur Entwicklungshilfe, crkcnnen die polirisch Vcranmortlich en allmählich, daß cngc, national, thematisch Oder sonsrwie begrcnzte Ansitzc zur Lösung von Problcmen in einer vemcmen Welt keinen Erfolg habcn kijnncn.

Die Tendenz geht Vielmchr in Richtung eincr integrierten, multi—diszipliniren Innovation, dercn Ziel es ist, die mentalen Kluftcn zu iibcrbrückcn, die allzu oft wirksamc Lösungcn der heutigen Problcme verhindcm.

Dicser Ansatz wurde bci einem bahnbrcchendcn zwcitiigigcn Kongch, der Mitre Mai im UNICEF—Haus, dem Ilauptsitz der Organisation, smttfand, auch aufdas internationalc Problem der Gewalt in Familicn übertragen.

Unter dem Therm >>Straregien zur Schaffung cinér gcwaltfreien Familie<< wollte das Symposium eine Gruppc von etwa 40 Experten aus aller Welt — und 2113 verschicdcnsten Fachgebicten — zusammenbfingen, um Richtlinien für einen Aktionsplan zu cntwickeln, der dazu bcitragen ktjnntc, konkrcte und globale Strategien zur Bckiimpfung von Gewalt in der Familie vorzulcgen.

Wic dic Teilnehmcr und Organisationcn berichtetcn, was das Ergcbnis eine Rcihe gemcinsamcr Einsichten über die Bczichung zwischen Gewalt in der Familie und dem







Zustand unserer Wcltgesellschaft — Einsichten, von dcnen man hofft, daß sie zu einem neuen Nivcau an Vcrflcchtung und Koopemtion zwischen den vcrschiedcnen Organisationen und Gruppicrungcn fiihrcn werden, die sich mjt dicscm Thema bcschliftigen.

>>Es ist in diesem Seminar gclungen, einc sehr gcmischtc Gmppe von Fachlcutcn, Aktivistcn und Prakrikem zusammenzubringcn, die allc fijr das Zicl zusammenarbeiten, gesundc Familien 7u schaffem, crkliirtc Marjorie Thorpe, stellvcnretendeDircktorin des Frauen—Enrwicklungsfonds der Vcrcinten Nationen (UNIFEM), die das Symposium zusammen mit dem Kinderhilfswcrk der Vereinten Nationen (UNICEF) und der lntemationalcn Bahá’í—Gcmcinde gefördert hatte.

Frau Thorpe wciter; »Dic Werkzeuge, die Sic zur Analyse von Ausdrucksformcn der Gewalt inncrhalb der Familie und zur Mobilisicrung eincs an diesem Themenkreis intercssicncn Personenkreiscs gefunden haben, wcrdcn zu eincr besseren Information der eigcnen Arbeit von UNIFEM auf diesem Gcbiet bcitmgcn und außerdcm gleichzcitig sowohl auflokaler als auch aufglobalcr Ebene zu weiteren Vcrsuchen fiihrcn, die Gewalt in der Familie und der Gescllschaft in ihrer Gcsamthcit auszurottcn. Unter den Teilnchmcm waren Vertreter aus über 30 N icln—Regicrungsorganisationen (NGO's) — darunter Frauenvcrbiindc, Kinderhilfiwerke sowie Gruppen, die sich für



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die Menschenrechte einsetzen, und religiöse

Gruppen — zusammen mit éflcntlichen Ver tretem, Beratem und Experten der UNICEF

und von UNIFEM. Sie warcn aus 17 Lindcm gekommen.

Unter andercm wurdcn folgendc ScthBfolgerungen gefaßt:

0 Gewalt in FamiIicn darf nicht Iiinger als Privatangelcgenheit bctrachtet werdcn. Die Gewalt in der Familie hat tiefgreifendc Auswirkungen auf die Bürger der Zukunft und damit auf die heutige und kiinftige Gesellschaft 215 Games.

0 Gewalt in der Gesellschaft und Gewalt in der Familie stehcn in Bcziehung zucinander. Kriege, Tcrrorismus und sdbst die Bilder von Gewalt haben einen großen Einfluß aufdie Familie. Andererscits fdrdert Gewalt in der Familie die allgemeine GewaItbercitschaft in der Gescllschaft, weil die von ihr hcrvorgebmchtcn nachfolgenden Generarionen immer mchr zu Gewalt neigen.

0 Gewalt in der Familie ist tiefverwurzelt im Vorurteil gegen das Feminine, gegcn ehcr feminine Qualititen dcs Ausgleichs und der VermittIung — ein Vorurteil, das 0ft durch kulturellc und religiöse Faktoren bcgfinstigt wird. Das Verstiindnis deraniger Ursachen familiirer GcwaIt ist ein wesentlicher enter ScImtt zuerréinderung.

I Grundgedanke der Einheit

DerTenor und die theoretischc Basis disses Seminars wurden in Vielerlei Hinsicht durch die programmatische Rede von IIosscin B. Danesh bestimmt, einem kanadischen Psychiater, der den Teilnchmem ein ncucs Paradigma für das Wohl der Familie vorstellte: das Konzept einer aufEinheit basierenden Familie.

In seiner Ansprachc und eincr dem Symposium vorgclegten Abhandlung steIIte Dr. Danesh fest, daß die Familie >>stcts das geeignctste Milieu war, ist und scin wird, in dcm die nachsten Generationcn von Kindcm heranwachscn undihreMeinung übersichselbst, die Welt und den Sinn und chck des Lebens bildem.

In der Vergangcnheit hätte man die mcisten Familien als mmcht—bezogcm dcfinieren können, sagtc Dr. Danesh, der crst vor kurzem in die Schweiz gekommen war, um dort am Institut für Erziehung und Entwicklung in Wienacht die SteIIe dcs Dircktors anzunehmcn. >>Das aufMacht basiercnde ModeIl erfordcn Konformitit und GeI1()rs.1m«, sagte er und fiigtc hinzu, daß von dchradition her der Vatcr die Autoritzitsfigur sci.



Injiingercr Zcit habc die Auflchnung gegen diescs ModclI zu einem auscrwéhmmg beruhcnden ModeII gefiihrt, bei dem es keine Autoritiit gibt und aIIcs erlaubt ist. >>Bei dicsem Familientyp glaubt der Mensch, daß es das wichtigstc im chen sci, das zu bekommen, was man will. Dies fiihrt zu eincm Wirrwarr ichnkcn und Ffihlcm, erliiutertc Dr. Danesh.

In der heutigen interdependentcn Welt versagenbeide Modelle, sowohl in Bczug auf das Ziel der Einheit der Familie als auch auf jenes der Erziehung der nachfolgcnden Generationen. Ein neucs Familienmodcll ist unerliBlich.

>>Die Familie der Zukunft ist eine aufEinheir basierendc Familie«, sagte Dr. Danesh, der Bahá’í ist. Er erklärte, daß eine solche Familie aufder Glcichstellung von Mzmn und Frau sowie auf Gercchtigkeit für alle ihre Mirincder aufgcbaut werdcn mfissc. SoIche Familicn zeichncn sich durch Zusammcnarbeir, Reife und selbstIosc Liebc aus. >>Und cine solche Familie ist bereits von Natur aus gewaltfrei. Der Rede von Dr. Danesh folgte cin Vortmg von Dr. Nahid Toubia, eincr sudancsischen Expertin fürBevbIkerungsfmgen und Gesundh eit von Frauen. Sic sprach über kulturellc Faktoren von Gcwzllt in der Familie. Frau Alda Facia, die Direktorin für Gleichberechtigung der Gcschlechter am Institut für Verbrcchensbekimpfung in Costa Rica, referierte über die sozio-ékonomischen Faktorcn und Frau I-Ilengiwe Mkhize, Dozemin an der Univesitiit in Johannesburg, über »Dic Auswirkungen politischcr Kiimpfc auf die Gcwalt in der Familim.


Scite 5

Dr. H.B. Danesh, der die programmatische Rede des Symposiums hielt, bei der Beantwortung von Fragen. In der Mitte ist Marsha Sfeir, Koordinatorin staatlicher Bildung und Schulung fUr Education Wife Assault - Kanada, die als Leiterin des Symposiums fungierte. Rechts im Bild Dr. Nahid Toubia, eine sudanesische Expertin far Bevölkerungsfragen und Gesundheit von Frauen, die ebenfalls zu den Teilnehmern sprachI

»Die Familie der Zukunft ist eine auf Einheit basierende Familie. Und eine solche Familie ist bereits von Natur aus

gewaltfrei.Dr. H.B. Danesh

[Seite 6]»Hier waren die Schlußfolgerungen aus verschiedenen Fachbereichen und Perspektiven gespeist. Und hierin liegt ein neuer Weg, das Phéinomen zu betrachten - ganzheitlich und fficher übergreifend. Frau Hlengiwe Mkhize, Projekt »Kinder und Gewaltu in Sfidafrika

Ein Großteil der Arbeit des Symposiums fand in kleinen Gruppen statt, in denen die Teilnehmer dazu aufgefordert waren, über die verschiedenen Aspekte von Gewalt in der Familie zu sprechen und Empfehlungen auszuarbeiten.


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»Was klar zutagc trat, war die Notwendigkeit, das Problem nicht in einer auf Fachgebiete begrcnzendcn Art und Wcisc zu betrachtem, meinte Frau Mkhize aus Siidafrika. >>Psychologen reden normalerweise nur von Traumata, Anwiiltc nur von Menschenrechten usw. Abcr hier waren die Schlußfolgerungen aus verschiedenen Fachbereichen und Perspcktiven gcspeist. Und hicrin liegt ein neuer Weg, das Phanomen zu betmchtcn ganzheitlich und ficherübergreifefldx

Obwohl cinigc der Schlußfolgerungcn zuvor von verschiedenen Experten Oder Organisationen bercits vorangcstcllt worden waren, sagten die Teilnehmer, sie könntcn sich an keine Zusammenkunftnerinncm, bei der cine solch weitgchende chrcinstimmung von eincr derart vielschichtigen Gruppc erreicht worden war.

>>Es ist nicht unbedingt ncu, daß Gewalt in der Familie nicht als Pnvamngelegenheit betrachtet werdcn kann, was jedoch neu ist, ist die Vomtellung einer sehr starken chhselwirkung zwischen Gewalt in der Gesellschaft und Gewalt in der Familic — und daß disses Thema deshalb nicht nur diejcnigen betrifR, die sich um die Familie sorgen, sondcm daß es sich um ein Anlicgen der gesamten Gesellschaft handeln mu8<<, meinte Janet Nelson, Chefin der NGO—Vcrbindungsbiiros der UNICEF.

Marsha Sfeir, Koordinatorin von >>Educ21tion Wife Assault«, eincr Organisation, die sich der Bildung der Frauen verschrieben hat, sah ebenfalls eine große Bcdeutung in den viclen interdisziplinsiren Verbindungen, die bei diesem Symposium entstzmdcn sind.

»Man sprach von institutioneller Gcwalt, von Gewalt, die politisch, wirtschaftlich, kul turcll oder rcligiés motiviert ist, von allen Formen der Gcwalt und ihrcr Beziehung zur peménlichen und flamiliiircn Gewalt. Dies geschah nicht oft auf derartigen Veranstaltungem, mcinte Frau Sfeir, die Koordinatorin diescs Symposiums.

>>Eine andere Sache, die oft nicht angesproChen wird, ist, daß Gcwalt in der Familie tief in den kulturcllen und religiösen Vorurteilen der Gcschlcchter verwurzelt ist. Aber dies tauchte in dieser Konferenz immer und immcr wieder auf. I Ein Aktionsplan

Die Organisatoren der Konferenz wollen fiir eine weitc Verbreitung der gcwonnenen Schlußfolgerungen zusammen mit spczifischen Empfehlungen für Aktionen sorgcn und hoffcn, damit die Regierungcn und die Gesellschafi dahingchend zu bceinflussen, daß sie einen universellcren Blick für das Problem der Gewalt in der Familie entwickeln und diesbezüglich weitreichende Schritte cinleiten. Unter den spezifischen Empfehlungen wären unter anderem zu nennen:

0 den in vordetster Front stehendcn Kinderbetrcuem beim Umgang und der Verhiitung von familiirer Gewalt zusitzlichc Unterstiitzung zu bieten;

0 UN—OrganisationcnsowieRegierungsund Gcsetzcsvcmeter flit die psychischen, winschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Gewalt in derfamilic zu sensibilisieren, und sie für deren Überwindung auszubilden und zu mobilisieren;

0 die Entwicklung von Bildungsmaterial, Texten und sogar Spielzeug zu fdrdcm, die die Gleichstcllung der Geschlechter fdrdem;

0 sich um eine Gesetzgcbung zu bcmiihcn, durch die jede Art hiiuslichcr Gewalt krimimlisiert wird und die Grundlage für Kontroll— und Durchsetzungsmechanismen schafft,

Die Bemfihung, die intemationalc Zusammenarbeit der NGO'S zu diesem Zwecke zu fdrdem, trägt bereits Früchte.

Teresa Rodriguez, Koordinatorin des Programms >>Zusammenarbcit gegen Gcwalt gcgcn Frauem am Isis International in Santiago, Chile, sagte, das Symposium habe die Tür zu Kontakten zu NGO's in andercn Lindem geöffnet, die über ncue und interessante Anséitzc verfügen.

»Wir reden zum Beispiel mit Menschen in Siidafiika und hoflcn, dort Ideen austauschen und bei der Arbeit helfen zu kdnnem, sagte Frau Rodriguez nach ihrer Rückkehr nach Chile. »So kann man sagcn, daß die Konferenz bereits dazu bcitriigt, den Aufbau eines wclrweitcn Netzwcrks anzuregen.« Cl


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MAGAZIN



I RIO DE JANEIRO Muttererdc aus 13 Nationen einschließlich Proben vom Quellort des Nils — wurde am Umwcltmg dchcreinten N ationcn in Gedenken an den zweitenjahrestag des Erdgipfels von Rio in das »Friedensmonumenm gegeben.

Das Monument wurde als blfiibendes Symbol dcs neuen Geistes der globalcn Zusammcnarbeit errichtet, ein Geist, der kcnnzeichncnd für dcn Erdgipfel war.

AmSchlußtagdes Erdgipfels 1992 war bercits Muttercrdc aus 40 Nationen in dem Monument abgelegt worden. Im Jahr 1993 kam nochmals Erde aus 15 weitcrcn Nationen hinzu. Das flinchtcr hohc, aus Beton und Keramikbestehcndc und einer Sanduhr nachcmpfundenc Monument war durch die »Bahá’í Intcmational Community<< in Zusammenarbcit mit der brasilianischen Bahá’í-Gemeinde gesponsert wordcn.

Am fiinftenjuni dicscsjahres wurdc nun Erde von den folgenden 13 Nationen für dicscs Projekt gestiftet: Bulgarien, Kroatien, Zypem, Diinermrk, Kribati, Libcfia, Mauritius, Mexiko, Norwegcn,










Am Brandenburger Tor wurde ein »Raum der Stille« eingerichtet

I BERLIN. — Dic Eréfinungsfeier Für den »Raum der Stille<< im nérdlichen Torhaus dcs Brandenburgcrlorcs find am 27. Oktober start.

Nach dchegrfiBung durch Dr. Maria Diefenbach, die

i Vomitzende des Férderkrei










Polen, Spanien, Surinam sowie Uganda.

Wis auch schon 1992 und beim Umwelttag 1993 kamen vicle der Erd—Spenden von historisch wichtigen Omen. Die Erdc aus Uganda kommt beispiclsweise aus dem Ortjinja, das im Quellgebiet des Nils liegt. Die Erde aus Liberia wurde vom Geliinde des »Centennial Memorial Pavillion« in Monrovia enmommen, dem Orr, an dem alle Staatspriisidenten dcs Landes ihren feierlichen Amtscid Icistcn.

Die Erdprobe aus Diinemark wurdc von »Grenem (Ast), cincr Landzunge von Skagen,

ses, sprachen der Senator fijr kulturelle Angelegenhciten in Berlin, Ulrich ROIOff—AAOMU, sowie die Prisidentin des Abgcordnctcnhauses, Dr. Hanna Weitere 13 Nationen legen Mutterboden in das Friedensmonument des Erdgipfels von Rio de Janeiro

angelicfert, dem Punkt, an dem die Gewisser des Baltischen Meeres und der Nordsce zusaxnmentreflen und durch die Stiindige Sandverschiebung immer wieder der Kontinent neu geformt wird.

Das dinische Ministcfium fiir Wilder und Ticre, das die Erde von Grenen gesandt hatte, schrieb, daß dieser Ort gewiihlt wurde, weil »der Sand sich unaufllérlich bewegt, iihnlich der menschlichen Gesellschaft. Mcnschen von nah und fem besitzen nun vercint die Kraft und die Fihigkeit, unsercn Planeten zu bcwahren.« Damit haben sich nunmehr 68 Nationcn bereiligt.


































Renate Laurien, die die Schirmhemchaft des Férderkrcises »Raum der Stillc<< übernahm. Dr. Diefcnbach sprach die Geschichte des Brandenburger Tores an, welches ursprünglich als Fnedcnsrorkonzipiert war. Der »Raum der Stille<< sol] ein Zcichen gcgen Gewalt und Fremdenfcindlichkeit und für Geschwisterlichkeir sein und so zu Toleranz untcr den Religionen und Völkern beitragen.

Neben Vertretcm der andercn großcn Welrrcligionen sind auch mehrcre Bahá’í Mitglicder dcs Férderkreises.

UN-Gipfel Kopenhagen

I KOPENHAGEN. — Am UN—Gipfel über soziale und \A/irtschafilicthxltwicklungim März 1995 wird eine starke Delegation der Bahá’í—Gemeinde tcilnehmcn.

In Ausstellungen, Vorträgen und Stellungmhmen $011 insbesondere die R0116 der Religion für soziale Gcsellschaftspolitik thematisiert werdcn. Dic innere Einheit der Religionen steht dabei im Vordergrund der Bemühungen um ein gemcinsames Wcltethos.

Adressen








lnformationen über die Themen dieser Ausgabe von ONE COUNTRY oder a1lgemein zur Bahá’í—Religion erhalten Sie in Osterreich und der Schweiz über folgende Adressen:

I Der Nationale Geistige Rat der Bahá't in Osterreich, Thimiggasse 12, A-1 180 Wien, Tel. (01) 4 7911 53, Fax (01)

4 79 89 58.

I Der Nationale Geistige Rat der Bahá'u in der Schweiz, Dufourstr. 13, CH-3005 Bern, Tel. (031)44 10 20, Fax (031) 44 47 16.


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Die Internationale Bahá'iGemeinde finanzierte während der Kommissionssitzung einen Arbeitskreis mit dem Titel »Ménner und Frauen als Partner«. Abgebildet (von links nach rechts) sind einige der Teilnehmer: Bernadette Palle, Koordinatorin des »Reseau Sous-Regional Femmes Africaines et Droits Humains«, Gianni Ballerio, Vertreter der Bfiros für die Férderung der Frau der lnternationalen Bahá'iGemeinde, und Miriam P. Quedraogo von »Femmes Action« in Burkina Faso.

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Ausblick auf Peking;


Bei der UN—Kommission zum Status der Frau tritt das Thema


VEREINTE NATIONEN. — Es gibt Vic]lcicht kein besscrcs Barometer fijr die Vorgiingc und Veriinderungen in der Welt in Bczug aufdie Lagc der Frauen als die alljéihrlichen Sitzungcn der Kommission der Vcreinten Nationen zum Status der Frau.

Vom Wirtschafts— und Sozinlrat 1946 gcgründet, fibcrwacht und fordert die Kommission das Fortkommen der Frauen weltwcit und dient als Brennpunkt für Information und Aktion.

Die Kommission richtct ihr Ilauptaugcnmcrk auf zcntralc Dauerthcmcn wie die unglciche Belasrung der Frauen durch Armut, die weire Kluft zwischen dcn Gcschlcchtcm in Machtposirionen und cinfluBreichen Amtcm, der crschrcckende Ansticg von Gcwalt gcgcn qucn und die gcncrcllc Ungleichhcit im Zugang zu Bildung und Gesundheitsfilmorge für Frauen.

Eines der Themen, dic aus der diesjiihfigen Sitzungvom7.—18. März 1994 hervorgingen, war die Bcdcutsamkeit einer neucn Partnerschaft zwischen Mann und Frau in der Sachc der Frauerfdrderung. Dicscs Thema war wie ein rotcr Fadcn, der sich durch die Sitzung 20g und sich in Kommentarcn der Haupt >>Partnerschaft<< in denVordergrund

redner vor der Kommission bis hin zu kleinen Verinderungcn in später vcrabschicdctcn Texteingabcn niederschlug.

»Tatsachc ist, keiner der kritischen Problcmbercichc, denen sich Frauen gegenüberschen — wic Armut, Erzichung, Gesundheit, Gewalt und persénlichc Sicherhcit — kann wirklich ohm: Männer angegangen wcrden, da in den meisten Féllcn Minncr wcitcrhin die Schliissclpositionen der Entschcidungsbefugnis in der Gesellschaft innehabcn<<, sagte Mary Power, Vorsitzcndc des New Yorker Komitccs der nicht—staarlichen Organisationen zum Status der Frau und Dircktorin des Biiros zur Férderung der Frau der Intcmatiomlen Bahá’í—Gcmcindc.

»Dcshalb rückt das Konzept der Partnerschaft in den V0rdergrund<<, meinte Frau Power. »Es spiegclt dic Erkennmis wider, daß zum gcgcbcncn Zeitpunkt Minncr ebenfalls in den Vcriinderungsprozefi cingcbunden werdcn müssen, dcnn W€nn nicht auch sic ihrc Einstellungcn findem, wird die Gesellschaft ihr vollcs Potential nicht cnwickcln könnerm

Dcm Aufkommen eines solchen Themas kommt aufgnmd der R0116 der Kommission


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als vorbereitcndem Komitee Für die Vicrtc Weltkonfercnz zur Lagc der Frau bcsonderc Bedeutung zu.

I Ausblick auf Peking

Das Anlicgcn der für September 1995 in Peking tcrminiertcn Viertcn Weltkonfcrenz zur Lage der Frau ist es, einen Überblick und cine Bcurteilung zum Fortschfitt der Situation der Frau seit 1985 zu gcbcn, 2115 in Nairobi dic vorwértsgcrichtctcn Strategicn fijr die Forderung der Frau verabschicdct wurdem

Es wird erwartet, daß aufder Konferenz in Peking ein >>Aktionsrahmcn<< vcrabschiedct wird, der dcn Regierungcn einen konkretcn Plan zur Bcscitigung der vcrblcibcndcn I‘Iindemissc auf dem ch zu cincr vollständigcn und glcichwertigcn Betciligimg der Frau in 311011 Bercichen dcs Lebcns darlcgt.

Ein Entwurf für einen solchen Aktionsrahmen wurde von der Kommission gcnchmigt. In einer Vcrlautbanmg wcrden die Hauptanliegen der Pekingcr Konferenz untexsmchen — und das Thoma der Partnerschaft mit einbczogen:

»Der Aktionsmhmen hat zum Zicl, einen beschleunigten Abbau derverbleilwcnden Hindemisse aufdcm Weg zu eincr vollstindigcn und glcichwertigen Bctciligung der Frau in allen Lebensbercichen, einschlicBlich der wirtschaftlichen und politischen Entschcidungsfmdung, zu crrcichen, die Menschenrechte der Frau wihrcnd aller Lebensphascn zu schiitzen und Frauen in allen Bcreichen zu fordem, so daß Männer und Frauen gcmeinsam fur Gleichhcit, Entwicklungund Frieden arbeitcn k6nncn. I Die Bcteiligung der NGO's

Mehr 315 800 Vcrtrcter nicht—staatlicher Organisationcn trafcn sich wdhrcnd der

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Kommissionssitzung zu parallel stattfindenden Zusammenkflnftcn und Workshops. Diese bislang großte Teilnchmcrzahl ist bczeichncnd fur das wachsende Interesse bci nicht—smatlichen Organisationen an der Pekingcr Konferenz.

>>Bei der lctztcn Kommissionssitzung vor einemjahr in Wien warcn erwa 200 Reprisentanten nicht—staadichcr Organisationcn anwescnd. 1m vcrgangcnen Mirz waren es mehr 2113 1.000«, stclltc Claire Fulchcr, die Vcrtrcterin dcs Intemationalen Vcrbandes der gcschäfts— und berufsrhtigcn Frauen bci den Vereimcn Nationcn, fest. »Dics rcflekticrt die wachscndc Aktivitiit und (L15 wachsende BcwuBtsein der Frauen weltweit. Vcrtreter der nicht-smatlichen Organisationen trafcn sich tiiglich während der Kommissionssitzung, um den entstchendcn Aktionsrahmcn zu diskuticrcn und anschlicBend Abgcordnete 7u Verindcmngcn zu bewegcn.

Laut Sudha Acharya, der Vertretcrin der Indischen Fraucnkonferenz bei den Vereinten Nationen, ist die Sprache dcs Aktionsrahmens in einigen Bercichen, so bcispielswcisein Fragen der Enrwicklung Oder zu Themen wie Untcmchmcrtum und Beschäftigung, maßgeblich durch den Einfluß der nicht—staatlichen Organisationen vcrindert worden.

Frau Acharya vcrtrat dic Mcinung, daß schon die Zusammenkunft so viclcr Frauen aus so vielcn Lindcm bci den Vcranstaltungen der nicht—staatlichen Organisationcn wichtigc Auswirkungen hatte. So wurden emmals ctwa 70 Workshops von nichr—staatlichen Organisationen durch smatlichc Stellen finanziell untcrstiitzt.


»In den letzten Jahrzehnten lag die Last der Verhaltensfinderung in überwéltigendem Maße auf den Frauen, und sie haben sich dieser Herausforderung mit positiver Einstellung, mutig und entschlossen gestellt. Es ist sicherlich gerecht zu sagen, daß die Anforderungen an die Méinner in Bezug auf Veranderung bisher geringer waren, jedoch

zunehmen werden. Mary Robinson, Staatsprésidentin lrlands

Eine Gruppe von Bahá’í nehmen an einem Demonstrationszug zum lnternationalen Frauentag in Uganda teil. Die Botschaft ihres Transparentes: »Gleiche Rechte fordern Gesundheit und Entwicklung«.

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»...Frauen und Méinner zusammenzubringen, um die gegenwéirtigen globalen Strukturen und Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen in Frage zu stellen und durch die Hochachtung der Frau in der Gesellschaft sowie durch erweiterte Machtbefugnisse für Frauen zu verandern

und neu zu gestal ten. Zielvorgabe fflr das Forum der nicht-staatlichen Organisationen in Peking

Diese Bahá’í—Frauen indianischer Herkunft basteln im Guaymi-Kultuzentrum in Panama Puppen fUr ein Theaterstiick, durch das Grundsätze wie gleiche Rechte far Frauen und Ménner vermittelt werden sollen.

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»Die Arbeitskrcisc wurden von intcmationalcn Frauengruppcn organisiert, und das augcnfallige damn war, daß sich ihncn Zihnlich motivierte Gruppcn aus allen Teilcn der Welt anschlossen<<, meinte sic. »Das zeigt, in welchem Ausmaß sich die Anliegcn der Frauen in der ganzcn Welt gleichen - und es zeigt cbenfalls, daß eine thzwcrksarbeit der Frauen für Peking bereits bcgonnen ham

Eine Rcihe von Workshops hattc das neue Thema der »Pamlcmchaft der Gcschlcchter fiir die Glcichberechtigung der Frau<< als Hauptthema Oder bczog cs zumindcst ein. Eincr dieser Arbeitskreise unter dem Titcl »Fraucn und Minncr als Parmcm wurde von der lntematiomlenBahii—Gcmcindc gesponscrt.

Frau Fulch cr und andere Teilnehmcr diescs Trcffens bestätigtcn, daß >>P11rtncrschaft<< much in den chtungcn der nicht—stzmtlichen Organisationen thematisiert wurde. Bei cincr Sitzung am 5. März 1994 cinigte sich das Planungskomitec für das Forum der nichtsmatlichen Organisationcn bci der Pekingcr Konfercnz 1995 darauf, daß das Ziel der Veranstaltungcn der nicht—smatlichen Organisationcn in Peking sein solltc, »Frauen und Männer zusammenzubnngen, um die gcgcnwiirtigcn globalcn Strukturcn und Entschcidungsprozcsse aufallen Ebenen in Frage zu stellen und durch die lrrlochachmng der Frau in der Gcscllschaft sowie durch crwcircnc Machtbcfixgnisse flit l3raucn zu verlindcm und neu zu gestalten. Wir vcrschreibcn uns den Ziclcn Glcichheit, Fricden, Gcrcchtigkeit, Einbczichung und umfilsscndc Tcilhabc allem

I Programmatischc Rede der Staatsprisidentin Irlands

Das Aufkommen des Themas Partnerschaft ist héchst willkommen, so die Mcinung sciner Verfcchter. ln ihrcr programmatischen Rcde vor der Kommission formuliene Mary Robinson, die Staatsprisidentin Irlands, dies so:

»Die Rolle der Frau in der Gcsellschaft cntwickclt sich. Sic bcwcgt sich von ihrcr Position als Hauptstfitzc der Familie zu anderen Aufgabcnbereichen, als gleichbcrechtigtc Partnerin des Mannes in allen Bereichen der Gcsellschafr.

Sowohl Männer wie Frauen haben betreichtlich von diescr neucn Ordnung profitiert. Bcidc Seiten kénncn eine neuc und ausgcglichencrc Form der Panncrschaft erreichen, indem sie die fürsich sclbstangemesscnc Rollc als Vcrdicner oder Vcrdienerin des Familienuntcrhalts und I’Iaushaltsvorstand, oder als gleichrangigc Bcitragendc zum Lcbcnsunterhalt wéihlcn.

In den lctztcnjahrzehntcn lag die Last der Vcrhaltcnsiinderung in fibcrwiiltigcndcm M2186 auf den Frauen, und sie habcn sich dieser I Icratlsfordemng mit positiver Einstellung, mutig und entschlosscn gestellt. Es ist sicherlich gerecht zu sagcn, daß die Anforderungen an die Miinnczr in Bezug311FVer§nderung bishcr gcringer warcn, jcdoch zunchmcn wcrdcm, schloß die irischc Staatsprisidcntin Mary Robinson ihrc Anspmchc. »Dies stellt hohe Anfordcnmgen an den Einzclnen, und es ist wichtig, daß Mafinahmcn der Politik dicse Art der Vcrindcnmg und pcrsénlichen Entwicklungwahmehmcn und erlcichtem.« Cl


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ms


Pryinlz Philip fordert bei Gedenkfeier für Richard Baker eine Weltcharta für

den Schutz der Wilder

(Fontsetzung von Seite 1)

Holzproduktcn für allc gleich sein mfisscm,

burg und Prisident des »World Wide Fund forNaturc<< (WWF), und eine Rcdc von Frau Mary Rabbini, einer führenden Pcrsénlichkeit des Bahá’í-Glaubens, die ebenflllls seit langer Zeit einc engagicrtc Umwcltschiitzcrin ist.

In seiner Rede pliidicrte der Herzog von Edinburgh fijr dic Annahme eincr gcsetzlich bindendcn globalen Forst—Konvcmion. Er sagte, SOICII eine Konvcntion miissc fürc und gcmeinsamc chclungen für den intemationalen Handel und Wettbcwcrb mit H012 fcstsetzen, so daß dic ungehemmte welrwcitc Ausbcutung der Wilder eingeschriinkt werden kann.

»Dic Basis für eine Konvention wic dicsc muß 36in, daß dic cheln für den intemationalcn Handel und Wcttbewcrb mit Holz und

sagre Prinz Philip. »Dic Regierungen müssen akzepticren, daß jcdc cinscitigc nationale Subventionspolitik, die die heimische Forstindustrie aufdem intemationalcn Markt wettbewerbsfiihiger machen 3011, absolut unannehmbarist. Es ist die Aufgabc derintematiomlcn Gemcinschafi zu entscheidcn, wie der Markt am besten zu regeln ist, um sichcrzustellen, daß er fijr alle IIcrstcllcr die gleichen Chancen bietem

Frau Rabbéni driingtc aufstiirkere Bemühungen, Kinder und Jugendliche über die Notwcndigkeit, die Erdc zu bcschiitzen und zu vcrchren, zu untcrrichten.

»Was wirwirklich brauchen ist eine grb Bere Liebc zu unsercm Planetém, sagte sic. »Ich

hoffc, daß 3116 von uns Wegc findcn können, dem Plancten zu helfen, damit unsere un


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Frau Guilda Walker (links) schaut zu, wie Prinz Philip, Herzog von Edinburgh, Frau Mary Rabbém (rechts) im St. James Palast willkommen heißt. Neben Frau Rabbéni steht Frau Violette Nakhjavani. Frau Walker organisierte das »World Forestry Charter Gathering1994 im Auftrag des Internationalen Bahá’í-BUros fUr Umwelt.

»Wie bei so vielen 6ko|ogischen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, darf es keine Grenzen geben Für den Schutz sowie für ein nachhal tiges Management der Wéilder der

Erde.Président Bill Clinton

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»Das 1994er Treffen für eine Weltcharta zum Schutz der WSIder macht eine neue Dimension und Integration der Sorgen und Interessen für die Überwindung der Umweltkrise deutlich... Das Trefien spiegelte zudem die wachsende Überzeugung wider, daß die Okosysteme der Welt - und insbesondere unsere WSIder - ein gemeinsames Erbe der gesamten Menschheit dar stellen. Lawrence Arturo, Leiter des Umweltbfiros der Internationalen Bahá’í—Gemeinde

Bild links: Portr'étfoto von Richard St. Barbe Baker vor seinem Lieblingshintergrund: dem Wald.

Bild rechts: Baumpflanzaktion von Bakers »Men of the Treesin einem zerstércen Waldgebiet in Nordamerika.

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schiitzbare Mutter Erde für zukünftige Generationen bewahrt wird. I In der Tradition der Weltversammlungcn für eine »Wcltcharm zum Schutz der Wilden

Nach dem Muster der historischen Weltvcrsammlungen für eine »Wcltcharta zum Schutz der Wildem, die in den 194061’, 5061’ und 60erJahren von Richard St. Barbe Baker einberufcn worden waren, wurde die 1994er Versammlung von der Bahá’í lntcmational Community organisicrt, untcmtfitzt von der »Intemational Tree Foundatiom, dem »World Wide Fund for Naturc<< (WWF) und UNEP, dem »United Nations Environment Programmm.

Unter den Teilnehmcm in diescmjahr waren rund 160 Botschafter, Geschliftsleutc und Vemeter von Nicht—Regierungsorganisationen aus über30 Lind em. Der Rahmen war ein diplomatisches Essen, das mit einem Empfang eréffnet wurde, danach wurden Reden gchalten und am Ende gab es ein peménliches Abcndessen mit dem Prinzen von Edinburgh.

Siebzelm Regierungcn sandtcn offizicllc Botschaftcn an die Versammlung. Unter diescn überbrachtcn acht Staats- und Regierungschefi perséinlichc Stellungmhmcn: der argcntinische Prisident Carlos Mencm; der brasillianische Prlisidcnt Itamar Franco; der israclische Prisidcnt Ezcr Weizmann; der kcnianischc Prisidcnt Daniel Amp Moi; der

’ Wiirdigungen

Richard St. Barbe Baker

»...der Picnic: bei der Erstellung cine: globular: Naturschutzleonzepm CLUB or R0»:

». . .der Vorkcimpferfür die Erhaltung der Wiildem

WORLD Wm: FuND FOR NATURE


ruminischc Prisidcnt Ion Iliescu; der britische Premierministcrjohn Maj or; der Prisident der U.S.A., Bill Clinton und der venezulanische Prisidcnt Rafiel Caldera.

Viele dieschotschaften betonten die wechselseitige Abhiingigkeit des 6kologischen Systems der Welt und den Bcdarfür gemeinsame Bemiihungcn, die Wilder zu schiitzcn.

»Wie bei so vielcn 6kologischen Herausforderungcn, dcncn wir gegenfibemtchen, darf es keine Grenzcn geben für den Schutz sowie für ein nachhaltigcs Management der Wilder der Erde<<, sagte Prisidcnt Clinton. »Wir wcrdcn nur dann Erfolg habcn, wcnn Regicrungen, private Organisationcn und Einzelne intensiv zusammenarbeiten. Der russischc Botschaftcr Boris Pankin, der auch dem Essenbciwo]1ntc,bctome, daß RuBland »cine vcmiinftigc Nutzung und die dauerhaftc Bcwahrung dcs Rohstoffes der Wilder« als »nicht nur ein nationalcs, sondem in erster Iinie als ein globales Problcm<< betrachtct.

I Augcnmcrk auf global verbindlichen Waldrichtlinien

Viclc Umweltschiitzcr waren enttiiuscht, (138 die Regicrungcn der Welt beim Erdgipfel 1992 in Rio nicht in der Lage waren, über cine gesctzlich bindendc Konvemion Für die Wilder zu vcrhandeln und stattdesscn nur die Anmhme von unverbindlichen Waldrichtlinien vcreinbartcn.


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Die Organisatoren verbanden mit diesem T reffcn die Hoflhung, daß dag Zusammenkommen von Vertretem aus Regierungen, Wirtschaft und Religion sowie dem Umweltbereich den Grundstcin fijr eine weltweite Bcwegung fijr solch eine Konvention legen würde. Konkret sollte diese Vemammlung die Beratungen der Kommission der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung fdrdcm, die 1995 das Thema der Wilder aufgrcifen wird.

»Das Ziel der Versammlung war, den Fa. den von Rio aufzunehmen und wcitere konkrcte Anregungen zu der Frage eines gesetzlichen Rahmcnwerks zur globalen Forstwirtschaft zu geben, das für alle Lander in gleichem M2186 bindend ist«, sagte Guilda Walker, die das Ereignis imAuftrag des Biiros fijr Umwelt der Bahá’í International Community organisiert hat.

»Wir hofften inbesondere, die Frags der Forstwirtschaft in einen globalcn Kontext zu stellen, die Idee zu fordem, daß die Wilder der Welt als das gemeinsame Erbe der ganzen Menschheit angesehen werden müssen, wenn wir sie erhaltcn und dafür in cntsprechender Weise behandeln wollcn<<, sagte Frau Walker. »Und dies war cincr der Gründe, weshalb dieses Ereignis in der Form eincs diplomatischen Essens abgehaltcn wurde. Der Erfolg dicscs Konzeptes kam nicht nur durch den Aufrufdes I lcrzogs von Edinburgh, Prinz Philip, zum Ausdruck, sondcm auch in den veröffentlichten Vcrpflichtungcn ciniger Regierungcn, diescs Anliegen aktiv zu umcrstützen.

Prisidcnt Arap Moi schrieb, dnB »dic Bcdcutung der Wilder für das gcmeinsamc Wolllcrgchen der Menschheit weir über das



Thema der Versorgung mit Rohstoffen hinausgeht.. »Ich bin sicher, daß dieses Treflen zur Entstchung einer Konvention über die Forstwirtschaft beitragen wird und sein Anliegcn crrcicht, unscr gemeinsames Erbe — die Wilder der Erde ~ zu bewahren und wiederherzustcllem, meinte Prfisident Amp Moi.

Sir Alexander Stirling, der Vorsitzende von »SOS Sahcl<<, einer Vereinigung nicht—staatlicher Organisationcn, die sich der Férderung nachhaltiger Entwicklungsprojekte in (let Sahelzone und am Hom von A&ika verschfieben, sagtc, daß er derartige Selbstverpflichtungscrkliirungen von führenden Staatsleuten dieserWelt für eines der wichtigsten Ergcbnissc dicser Versammlung halte:

»Ich hege die Hoflhung, daß wir uns auf

das, was diese Persönlichkeiten gesagt haben, kiinftig beziehen k6nn€n und daß sie sich anschicken werden, praktische Hilfe fijr derartige Schritte wic Cine Welt— Forstkonvention zu lcistem, meinte Sir Alexander beim diesjihfigen »World Forestry Charter Gathering<< im St. James Palast.

Die erste derartige Zusammenkunft für das Ziel einer »Weltcharta zum Schutz der W51dem organisierte Richard Baker — ein renommiertcs Mitglied der Bahá’í—Gemcinde und laut Club of Rome »der Pionier für cin globalcs Naturschutzkonzepw — in den SOcr Jahren. Er gewann damals ein bcmcrkenswcrtes éfientliches Intercsse sowie die Aufmerksamkeit mehrerer Regierungen flit scin globalcs Programm zur Erhaltung der Wiilder. Allerdings tratcn in der Folgezcit zunächst wieder andere Themen in das Blickfcld dchenschen, s0 daß Bakers Vorausschau in Vergessenhcit 7,u drohen schicn.


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Das erste Zusammentreffen der beiden Hauptredner des diesjährigen World Forestry Charter Gatherings fand im Jahr 1987 statt, als Frau Rabbéni Prinz Philip das Bahá’í—Statement zur Natur flberreichte.

»Die Bedeutung der Wéilder für das gemeinsame Wohlergehen der Menschheit geht weit über das Thema der Versorgung mit Rohstoffen

hinaus.Président Arap Moi

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»Wie es inzwischen von vielen Seiten gesehen und gesagt wird, ist die Bkologische Krise in der Tat eine Krise der ganzen Menschheit. Es ist nicht irgendeine Krise, sondern in erster Linie eine Krise der geistigen und ethischen Werte. Daher müssen wir einen Weg finden, zu allererst als Menschen zusammenzukommen. Es muß ein Dialog stattfinden, für den auf dieser Versammlung ein Muster geschaffen wurde, wo Geschfiftsleute, Umweltaktivisten und religiöse Gruppen alle zusammenkommen. Das ist wirklich eine

großartige Leistung.Kerry Brwon, religiöse Beraterin cles WWF

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DicTraditiondicscrjährlichenTreflEnwurdc zu neuem Leben erweckt, als der Gedenktag zu seinem 100. Geburtstag imjahre 1989 von der Intemationalen Bahá’í—Gcmeindc zusammcn mit der »Intemational Tree Foundatiom (früher »Men of the Trccs<<), dem »World Wide Fund forNaturc<<, dem »United Nations Environment Programmc<< sowic dcm Verwaltcr von Dr. Bakers literarischem Erbe, Hugh Locke, feicrlich begangen wurde.

Zur Idee der diesjihrigen Versammlung sagtc Lawrence Arturo, der Dircktor des Umwcltbiiros der Intemationalcn Bahá'iGemcinde in New York:

»Das 1994cr Treffcn für eine Wcltcham zum Schutz der Wiilder macht eine ncue Dimension und Intggration der Sorgcn und Interessen flit die Überwindung der Umwcltkrise deutlich. Dies wird unter anderem symbolisicrt durch den Ort der dicsmaligen Versammlung, den St.]ames—Palast, dersonst ausschließlich fürstaatlichc Anliissc vorbchalrcn bleibt. pas Trcflcxl spiegeltc zuderp die wachsende Ubetzcugungwider, daß die Okosysteme der Welt — und insbesondere unserc Wilder — ein gemeinsamcs Erbc der gesamten Mcnschheit darstellen. Es muß ein noch nie dagcwcsencs Nivcau an aufEinheit und Gcrechtigkeit basierender intcmationaler Zusammenarbcit angestrebt werden, wenn die Wilder der Welt crhalten wcrden sollcn. Richard Baker schricb zahlreiche Bücher, griindete mchr 211$ 20 Umwelrschutzorganisationcn und organisicrte uAa. die gréfitc Umweltaktion allcr Zeiten mit mchr als sechs Millionen Teilnehmcm. 1924 schloß cr sich der Bahá’í-Rcligion an, weil er darin die klarste Sicht der unteilbarcn Menschheit sah.

I Prinz Philip ehrt »dcn Mann der Biumu und untcmiitzt dessen Forderung einer Wcltcharta

Für das Trcffcn 1994 wurde die Unterstiitzung des llcrzogs von Edinburgh, Prinz Philip, im lctztcn November gcwonncn, sagtc Frau Walker. »Er war sehr begcistcrt von dcm Koncht, weir über die Waldfichtlinien, wie sie in Rio verabschicdct wurdcn, himuszugchen. Prinz Philip stellte sich in seiner Anspmche vorbehaltlos hinter die bcrcits von Dr. Richard St. Barbe Baker vor vicrjahrzchnten crhobene Forderung nach eincr für 3116 Nationcn verbindlichen »Weltcharta zum Schutz der Wiildem. Er sieht darin dic wichtigstc Voraussetzung und das einzig hinliingliche Instrument, um zum Bcispicl endlich der rücksichtsloscn Abholzung aufdiesem Planeten Einhalt zu gcbieten und die srindige Reduktion des Waldbcstandcs umzukehren.

Die »Intematioml Tree Foundatiom, Nachfolgeorganisation der von Baker gegründeten Bcwegung »Mcn of the Trees<<, versprach ebenfalls frühzeitig ihre Hilfe.

»Durch das Zusammenbringen von einflußreichen Menschen bieten solchc Ereignissc eine ideale M&Sglichkeit für die Erweiterung dcs Umweltbewußtseins und dafür, die Pionierarbeit unsercs Stiftcrs, Richard St. Barbe Baker, weitcr aufzubauem, sagtcjohn Caunce, der Direktor der Sitftung.

I Einc Zusammcnkunft h6chst untcrschicdlichcr Interesscn

Einer der Redner, von dem rmn am viellcicht wenigsten entschiedcnc Wortc für eine verbindliche globalc Welt—Fomtkonvention erwarten konnte, war ein Reprisentant von »Oilinvcst B.V.« (Niederlandc), der Dachgescllschaft von »Tamoil«, die die Versammlung finanziell untcmtfitzte. chn Direktor, G.NA Cimarra, bemerktc zur chrraschung Viclcr:

»Dic Mcnschheit muß erkcnncn, daß ihre heutige Lebensweise und ihr Umgang mit den dafür eingcsctzten Mitteln in der gcgenwiirtigcn Form nicht aufrcchtzuerhalten sind. chn wir um die Vcrlcgenheit ersparen wollcn, von den kfinfrigcn Generationen für die irreparable Schidigung der Natur im allgcmeinen und der Wilder im spcziellen für schuldig befunden zu wcrdcn und wenn wir dic durch unsere IIandIungen und durch unsereNachliissigkeitverursachtenVcrheerungcn . noch umkchren wollcn, so sollten wir flfonf handeln. Kerry Brown, die religiöse Bcratcrin dcs »World Wide Fund for Nature<< (WWF), empfl’md es 213 bcsonders bcmerkenswert, daß bei dieseerrsammlung Pcrsénlichkeitcn zusammengcfiihrt wurdcn, die sich sonst kaum begegncn, geschwcige dcnn zusammcnarbeiten — vom Hochadel über die Wirtschaft bis zur 6kolog1'schen Bewegung und zur Religion.

»Wie es inzwischen von vielen Seiten gcschen und gcsagt wird, ist die 6kologischc Krise in derTat cinc Krise der ganzcn Menschhcim, sagte Frau Brown bci ihrcm Bcsuch dcs Treflcns. »Es ist nicht irgcndeine Kfisc, sondem in erster Linie eine Krise der gcistigen und ethischen Wcrte. »Dahcr miisscn wir einen Weg findcn, zu allcrcrst als Mcnsrhen zusammenzukommem, meimc Frau Brown. »Es muß ein Dialog stattfindcn, flir den auf dieser Versammlung ein Muster gcschaffcn wurdc, wo Gcschiiftslcutc, Umwcltaktivisten und rcligiése Gruppen zusammenkommen. Das istwirklich eine groBartigc Leistung,« C]


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Barbados Kllnseln

in Okologie

BRIDGETOWN, Barbados. — »I IOFFNUNG<< und >>HORROR<<, zwci sieben Meter hohe Puppen standen am Eingang zum »Dorf der Hoffnung<<, einem Ausstellungsbereich, der 215 Teil dcs Bcitmges der NGO'S für die Konfercnz der Vereinten Nationcn über nachhaltige Enrwicklung von sich cntwickclndcn kleinen Inselstaatcn, die vom 25. April bis 6. Mai 1994 in Bridgetown, Barbados, abgehaltcn wurde.

»HOFFNUNG« war gréBtcntcils nus elegant wehendcm Segcltuch und am Strandc gefundcnem Naturmaterial hergestclk und bot das Bestc aus Natur und Menschengcist dar. »I {OFFNUNG« diskutierre geduldig mit »HORROR<<, der hauptsijchlich aus altcn Autotcilcn, zerbrochencn Femsehcm und andercm Abfhll bcstand und Ilabgicr, Mißtrauen und Sclbstsucht symbolisierte.

»Hast Du noch nichts davon gchört, daß man vermindem, wiederverwcnden und recyclcn muß? Du könntest dcinen Wasservcrbmuch vermindem, wéchcmlich wcnigcr Autotourcn machen und vicllcicht manchcs rcpancrcn, start es wegzuwcrfen und Ncucs zu kaufcxm

»Ich könnte cs schon, abcr mcin Nachlwar will 65 nicht, und dahcr kann ich es auch niclm, anrwortcte >>HORROR<<. »Erverbraucht 31163, was ich zu sparen vcrsuchc. Da méchtc ich doch lieber als enter dram scin. Obglcich sie simpcl emcheint, hat dicsc gcspiclte Unterhaltung iibCr den Ausglcich

ganz groß

zwischen Umwcltbcsorgnis und Marktwcttbcwcrb sehr gut die schwicngen Problemc widergespiegck, vor dcnen die Teilnehmcr dieschonfcrcnzsmndcn, die cinbemfen wordcn war, um die besondere Verletzlichkeit kleiner, sich entwickelnder Inselstaatcn und nicdrig gclegener Kiisrcnregionen zu untersuchen. Dabei wurden aktuellc Tendcnzcn ihrcr sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung behandclt und cin Aktionsprogramm für eine nachhakige Enrwicklung vorgcschlagen. Die Konferenz erbrachtc cinige spezifischc Ergcbnisse:

0 Die Annahmc der Barbados—Dcklaration, eines zweiteiligcn Dokumentes, das die Zustiindc und Problemc der kleinen lnsclstaaten fcststcllt; ihrc Verlctzlichkeit durch mtfirlichc und Umwcltkamstrophen, Verschmutzung und die Auswirkungen der Klimavcréndemngen anerkcnnt; dic Enrwicklung von Programmcn empfichlt zur Férdcnmg mcnschlicherRessourccn, technischcrl Iilfcn und Netzwerkcn für Infomqtionsmstausch sowie mchr Hilfe durch dic intcmationale Gemcinsclmft.

0 Die Schaffimg cincs Aktionsprogmmmes, das 14 Problcmkreise dcfinicrt, dcnen sich klcine Inscln und nicdng liegende Küstenrcgioncn gcgcnfibcrsehcn, und das spczifische Empfchlungcn fijr Maßmhmen aufnatiomlcr, rcgiomlcr und 611licher Ebenc gibt.


Scitc 15

Am Eingang zum »Dorf der Hoffnung« - einer Ausstellung der Nicht-Regierungs-Organisationen bei der UN-Konferenz fCIr nachhaltige Entwicklung in kleinen Inselstaaten — standen zwei Übergroße Puppen mit den Namen »Hoffnung« und »Horror«. »Hoffnung« war aus Naturmaterialien gefenigt und »Horror« aus Industrieabf‘éllen. Während die eine Puppe den Geist der Natur und Spiritualité’it symbolisierte, stand die andere für kurzsichtigen Eigennutz.

»Man kann sagen, daß dies der erste spezifische von der UNO unternommene Versuch ist, die Agenda 21 mit Leben zu erfüllen. Bei dieser Gelegenheit hat man das Konzept der nachhaltigen EntwickIung ein Stück vorangebracht, indem ein Sonderfall - kleine, sich entwickelnde Inselstaaten - aufgegriffen und deren Bedürfnisse genauer

definiert wurden.Marina Lent, ProgrammIeiterin des NGOVerbindungsbfiros der UNO


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0 Die Stärkung der Vereinigung klciner Inselstaaten, ein Zusammenschluß von 36 Mitgliedcm und 5 Beobachtem, die jctzt wahrscheinlich ein lcbensffihigcr Verhandlungsparmcr innerhalb des Systems der Vercimcn Nationcn werden wird.

0 Einvcrhältnismifiighohes und ncucs Maß an Zusammcnarbeit zwischen Regierungcn und NGO's. Es wurde ancrkannt, daß die NGO'S der Bcachtung der Aspekte der nachhaltigen Entwicklung wahrend der Konferenz Nachdruck verlichen 113an und das kommt auch in den Formulierungcn der Dcklaration zum Ausdruck.

I Durch die Agenda 21 bcauftragt Vemctcr von 111 Regicrungcn, von mehr

daß diese Verpflich. 315 90 nicht—smatlichen Organisationcn und zahlreichenKérpcrschaftcndchercintenNa tung emgegangen tionen, zwischenstaatlichen Organisationcn wurde, iSt bemerkens- und der Mcdien nahmen an der Konferenz wert.« tCil,dic ihrcn Auftrag aus der Agenda 21

. . ablelrct, dem Aktlonsplan, der 1992 belm Lele Lelaulu, Koordmator Wcltgipfel in Rio dejrmeiro, Brasilien, angeder Konferenz nommcn wurde.

»Man kann sagcn, daß dies der erste spezifische von der UNO untcmommenc Versuch ist, die Agenda 21 mjt Leben zu crfiillen«, sagte Marina Lent, die Programmleitcrin dcs Nichr-chicrungs—Verbindungsdienstes der Vcreintcn Nationcn. »Bci dieser Gclcgenheit hat mrm das Konzept der nachhaltigen Enrwicklung cin Stfick vorangcbracht, indcm cin Sonderflall - klcinc, sich cntwikkelndc Inselsmaten - aufgcgriffen und dercn Bediirfnisse genaucr dcfinien wurdcn. Wic es bci solchen intematiomlcn Konferenzcn mcist der Fall ist, war die Finanzierungsfragc (tines derschwicrigsten Problems.

»Diese Lander waren alle bereit, sich zu neuen, zuséitzlichen und regelmSBigen Finanzbeitréigen zu verpflichten. Viele Kritiker hatten erwartet, daß bei dieser Konferenz nur wenig herauskommen würde, aber allein schon

lm Plenum der UN-Konferenz filr eine nachhaltige Entwicklung in den kleinen lnselstaaten waren 111 Regierungen und fast 90 Nicht-RegierungsOrganisationen vertreten sowie zahlreiche UN-Einrichtungen, zwischenstaatliche Organisationen und Medienvertreter.

Die Abschlußforrnulierung dcs Aktionsprograms sagtjedoch, daß die Durchfijhrung »angcmesscne, vorhcrsehbare, neuc und zuséitzlichc Finanzmittel gcmZiB Kapircl 33 der Agenda 21« erfordem werde und empfichlt einc rationcllc Verwendung der vcrfiigbaren Mittel.

»In Anbetracht der welrweitcn Rezession gab es bci den Geberliindem ein gToBcs Zdgcm in bezug auf die Bereitstellung zuséitzlichcr Geldmittck, sagt Lelci Lelaulu, der Koordinator der Konferenz. »Abcr in Barbados gab es beachtlichc Erfolge. Dicse LZinder waren alle bereit, sich zu neuen, zusitzlichen und regelmliBigen Finanzbeitrfiigen zu verpflichtcn, Viclc Kritiker hattcn erwartct, daß bci dieser Konfcrcnz nur wenig herauskommen würde, aber allein schon, daß diesc Vcrpflichtung cingegnngen wurdc, ist bemcrkcnswert. Das Aktionsprogramm erkennt an, daß klcinc Inselstaatcn in bcsondercr Weisc unter den Folgen solcher Probleme wie Klimaverinderungcn, Anstieg des Meercsspiegels, natürlichen und Umweltkatastrophen und giftigcn und gefihrlichen Abfallen lcidcn. Zu den Empfchlungen gchörtcn Ausbildung, die Hcrausstcllung von Fiihigkeiten und die Entwicklung gecignetcr Technologie. Das Progmmm sicht auch den Schutz natürlichcr Ressourcen, die Férderung emeuerbarcr Encrgicqucllen, die Planung von sanftem Tourismus und die Bctonung der Wichtigkeit von biologischer Viclfalt vor.

Ein uncrwartetes, aber schr bedeutsamcs Ergcbnis der Konferenz war die Stärkung der Vercinigung Kleiner Insclstaaten (AOSIS = Alliance omeall Island States). Umprfinglich warsie dazu gedacht, ein cinzigcs driingcndcs Problem allcr klcinen Inscln herauszustellen,


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niimlich die Klimaveränderung und den Anstieg des Meeresspiegcls, aber die Vereinigung ist in den neun Monaten der Vorbereirung der Konfercnz zu einer lebensfiihigen Koalition herangereift, die inncrhalb dcs UNSystems die I nteressen klciner Inselstaaten aus alien Ecken der Welt erfolgreich vertreten kann.

»Alle stimmen darin überein, daß ihre Entwicklung nachhaltig sein muß<<, sagt Herr Lelaulu. »Das wollte der Weltgipfcl für allc Tcile des Planeten encichen. Wenn man nur kleine Schritte tut, sichert man sich Langzeiterfolgm

Die Probleme, die alle kleinen Inseln und nicdriggelcgenen Ufcrregionen bctreffen wie steigcnder Meercsspiegel, Natu rkatastrophcn, die Zerstörung der Korallenriffc und Regen—wilder und dieBehandlung von Giftabfiillcn der vorbcifahrendcn Schiffe — wurdcn bci der Konferenz besprochen. Es war aber entschcidcnd, sagten Teilnchmer, daß dicse Problems in ihrcm gréBcrcn Zusammenhang als cng vcrzahnte Hcrausforderungen der Umwelt und der Winschafi geschen wurden, als ein Mikrokosmos dcs weltweiten Bildes. Viele merkten an, dJB die auf diescr Stufc entwickcltcn Konzepte Beitriigc zu L'o'sungen im Weltmaßstab sein kénnrcn, Beitriige, von dcnen die großen Nationcn einigcs lemen könntcn.

»Kleine Inseln haben manche Problemc, die eindcutig nicht von ihnen selbst verursacht worden sind, wic Klimaveränderungcn und der Anstieg des Meeresspiegels<<, sagte Frau Lent von den NGLS. »Es wire für sic schr teuer, dicse Problemc selbstindig zu Ibsen. Sic tragen die Kostcn für erwas, das sic nicht vcrursacht haben. Hier {and ein Test flit das Funktionieren der intemntionalen Gemeinschaft start. Es ist cins, sich über ein Aktionsprogramm zu einigen, und crwas anderes, es auch durchzuführen. Nun müssen wir sehen, wie gut und wie sorgfzfltig es durchgefiihrt wird. I Die Schlfissclrolle der NichtRegierungs—Organisadoncn

Wiihrcnd einigc Tcilnchmer ihnliche Vorbchalte iiuBcrten, warcn andere durch die Vorgiinge selbst ermutigt, besonders durch dic von den NGO's gespiclte Rolle. »Zum erstcn Mal wurden aufimemationaler Ebene die Sorgen und Problémc der klcinen Inseln nicht nur von Regicrungsseite gcäußert, sondern von der OEentlichkeim, sagte Dr. Waldaba Stewart von der Pan-Afiikanischen Bewegung, der sich bei der Aufstcllung des Aktionsplanes betciligte und die Gruppc der Inseln der siidlichen Erdhilfic leitctc. »In

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Vielen Fillcn besteht die Tcndenz, daß Re— Die Puppe »Hoffnung« in gierungcnund NGO's nichtzusammenarbei- Aktion. Sie wurde entworfen ten. Man hat den Findruck, daß sie sagen von Winnie und Oscar Merritt, dies ist mein Bier, und das ist dein Bicr. Die beide Mitglieder der Bahá'iBarbados—Konferenz hat gezeigt, daß die Be— Gemeinde von Barbados.

tciligung von Nicht-Regierungs—Organisationen sehr sinnvoll und konstruktiv sein kann. Nicht—Regiemngs—Organisationcn hattcn auch zwei der Ausstellungsbcrciche geschaffen: die Suschh '94 und das »Dorf der Hoflhung<<, die gecignete chhnologien und künstlcrische Darbietungen prisenticrten. Einc Parallelkonfcrcnz, das »NGO Imelforum 94« bestand aus tiiglichen NGO—Vollsitzungen, Besprechungcn mit Regierungen und UN—Unterglicderungen sowie Arbeitsgruppen über solchc Themen wie Kolonialismus, Militarismus,VerwaltungderRohstofR/orriitc, und dazu kulturellc, religiöse und geistigc Aspektc der nachlmltigen Entwicklung.

I Der Bcitrag der Bahá’í zur Konfcrcnz

Die ricsigen Puppcn namcns »HOFFNUNGund >>HORROR<<, die eingangs erwihnt wurden, waren ein Beitmg der Bahá’í—Gemcinde von Barbados.

Joseph Dolphin, ein Vcrtreter der Intematiomlen Bahá’í—Gcmcindc im Regicrungsbcrcich derKonferenz, mcintc, daß der Schliisscl fijr den Erfolg der Zusammenkunft darin bcstand, daß sie Menschen von allen Inseln der Welt zusammenfiihne, von den Scyschellen bisjapan, und daß sie erleben durften, daß ihre Problcmc kcincswegs so vcrschieden waren.

»Die Erfihrung der gcmeinsamen Sorgen war ein positives Ergcbnis der K0nfercnz<<, sagte Joseph Dolphin nach der Konferenz. »Man erlebte, daß dic Zcrstérung der kultu rellen Viclfalt die Wurze] all diescr Probleme ist.« Cl

»Die Erfahrung der gemeinsamen Sorgen war ein positives Ergebnis der Konferenz. Man erlebte, daß das Verdréingen cler kulturellen Vielfalt am Grunde all dieser Probleme |iegt. Joseph Dolphin, ein Vertreter der Internationalen

Bahá’í—Gemeinde bei der Konferenz

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Brasilia hat etwa 85 verschiedene Botschaften. Die »Schule der Nationen« hat einen guten Ruf

erworben als eine Schule, in der


Kinder aller Kulturen und Lénder eintr'échtig zusammenkommen können. Nebenstehend eine Gruppe Grundschfller, hocherfreut über die

Gelegenheit, photographiert zu

werden.

Vom Kindergartenalter bis zur achten Klasse werden etwa 230 Schüler aus 25 verschiedenen Nationen ganztégig unterrichtet; die Schule bietet einen außergew6hn|ichen Lehrplan, der neben einem Schwerpunkt auf kulturübergreifenden Erfahrungen auch


>>Schule der Nationem Klassenzielz global denkende

Führungspersé

BRASILIA, Brasilien. — Wihrend des Golfkrieges 1991 sah sich das Kollcgium der >>Schule der Nationem einem heiklen Thcma gegcniibcr, das vicl Fingerspitzengefiihl erfordenc.

Viele der Schiilcr an diescr Schule in der modemen sijdamefikanischen Hauptstadt sind die Kinder der zahlreichen intcmationalen Diplomatcn, die hicr tiitig sind.

In jenem Jahr war auch der Sohn des irakischen Botschaftcrs eingcschricben — zusammen mit Vielen anderen Kindcm aus den USA und anderen Lindem, die in der von den Vcrcintcn Nationen gcstiitzten Koalition intervenicrten, um die irakische Bcsctzung Kuwaits zu beendcn.

Es gab eine Zeit, in der einige Schiilcr aggressive cherkungen gegenüber dem Iraker rnachten.

»Aber glijcklicherweise sammcltcn sich die meisten anderen Schüler um den irakischen

moralische und religié- Jungen und sagten Dinge wie Hier an der

se Erziehung in einen zweisprachigen Rahmen einbettet.

Schule sind wir allc Freunde und Hicr an der Schule spielt Nationalitit keinc Rollc«, so Dr.]amcs M. Sacco, dchircktor der Schule.

Dicser Vorfall belcgt wie viele andere, den Erfolg der Schule in d€r Erfüllung des explizit

nlichkeiten

gesteckten Ziels: eine neuc Generation von Führungspetsénlichkeiten zu erzichen, die das Ideal des Weltbürgertums vennnerlicht haben.

Seit der Gründung der Schule 1980 durch cine Gruppe von Bahá’í—Lehrem aus den Vereinigten Staaten und Brasilien wurden die angestrebten Ideale und Zielc engagiert verfolgt.

Vom Kindergartemlterbis zurachten Klasse werden etwa 230 Schüler aus 25 verschicdenen Nationcn ganztligig unterrichtct; die Schule bietet einen außergewöhnlichen Lehrplan, der neben einem Schwerpunkt auf kulturübergreifendcn Erfahrungen auch moralische und religiöse Erziehung in einen zweisprachigen Rahmen einbettct.

Die Hilfie dcs Untcn—ichts wird in Englisch, die andere Hilfic in Portugiesisch abgehalten. So werden nicht nurallc Erfordcmisse der brasilianischen Regierung an den Lehrplan erfijllt, sondem auch der Wunsch der Eltcm, daß sich ihrc Kinder in einer multikulturellenundincinandervcrflochtenenWelt intellcktucll frei bcwegcn können.

>>Diese Philosophie hat uns schr angcsproChen, und das ist einer der Hauptgründe,


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wcshalb wir unsere Kinder aufdicse Schule schickcm, sagtc Clemens Birrcr, der Rechtsbcistand der Schweizchotschaft, dessen zwei Téchtcr dic Schulc besuchen, »Mcinc Frau und ich sind überzcugt, daß mcnschliche Bcziehungcn völlig ungcachtct von I-Iautfarbc, Rasse Oder Nationalitit aufgcbaut wcrden müsserm

»Wirsind darüberhinaus der Mcinung, daß mcnschliche Bczichungcn auf cincr Basis rcligiésen Glaubcns aufgcbaut wcrdcn 5011ten, da die Ethik die mcnschlichen Bczichungen entschcidcnd bccinfluBt. Aus dicsem Grund, so Anwalt Birrer, bcgnjBten er und seine Frau das chijhcn der Schule, Lehrcn über 3116 großcn Religionen der Welt in den Lchrplan aufzunehmen, wcnnglcich sie sclbst aktivc Katholikcn sind.

»Wie kann mzm einen Weltbiirgcr crzichen, wcnn man beispiclswcisc nichts iibcr den Islam wciB? Der Islam ist nhmlich stark auf momlischen Prinzipien gcgriindct. DCShalb bcfiirworten wir die allgcmcinc Religionscrziehung, um die Kinder dnfiir 7,11 scnsibilisiercn, daß es nur einen Gort gibm

Obwohl die Schule V011 Bahá’í gclcitet wird und die Religion einen Tcil dcs Lehrplans darstcllt, bemijhcn sich Vcrwaltung und Lchrer in großem M38, Respckt für alle großcn Religionen dieser Welt zu lchren.

Als bcispiclsweise 1987 ein neucs Gebäude eingcweiht wurde, sah die Zeremonic nicht nur Bahá’í-Gcbcte vor, sondem auch christliche, muslimische, jfidischc, buddhistische und hinduistischc Gcbete, die den unterschicdlichen rcligiésen I lintergrund der Schillcr widerspicgcltcn. »Es war im iibrigcn der irakische Junge, der aus dem Koran gelescn haw, so Dr. Sacco.

»Von der fiinfien bis zur achtcn Klasse wird durchgiingig vcrglcichendc Religionswisscnschaft gclchm, Eihrt Dr. Sacco fort. »Es bcginnt in der 5. Klassc mjt dem Studium der Bibcl in cincm historischen Kontcxt, dann folgt in der 6. Klassc das Ncuc Testament, in der 7. Klassc der Islam. In der 8. Klassc wird der Bahá’í—Claubc durchgcnommcn sowic .mderc philosophischc und rcligibsc Bewegungcn des 19. und 20. jahrhunderts. Aufgrund dicscs umfilsscndcn Ansatzes habcn sich Viclc muslimischc Diplmmten entschlossen, ihrc Kinder auf dicsc Schulc zu schickcn, und ihr sogar dcn Vorlug gcgcnüber so ausgczcichnetcn Altcmzltivcn wic der Amerikanischen, der Franzbsischen oder 10kalcn brasilianischen Schulcn gcgcbcn.

Bil Eryilmaz, ein pcnsionicrtcr tiirkischcr Diplomat, und seine Frau Emel, die derzcit 2115 Vcwvaltungsattaché an der tiirkischen Bot schaft arbcitct, haben drci ihrer Kinder auf diese Schule geschickt und bcfiirworten ihre Philosophie einer Férderung dcs Weltbiirgenums. »Es ist wichtig für Kinder, etwas über andere Menschen und andere Kulturcn zu lemem, sagt qu Eryilmaz. »McineTochter hatjetzt Freunde aus Afrika, dcn Vcrcinigtcn Staaten und RuBland, und das ist sehr schön. Sic hat gleichzeitig ihre Kultur anderen niihergcbracht. Sic sind auch mit dem akademischen Erfolg der Schulc zufricdcn. Wic sie crzihlcn, hat ihre iiltcste Tochtcr kürzlich die Schulc abgeschlossen und ist in die Türkei zurückgekchrt. Und trotz langcr Jahrc außerhalb der Türkei hat sie in den umfzmgreichen Prüfungcn 2m ihrer ncuen wciterführendcn Schulc ausgcsprochen gut abgeschnittenl

WährendDr. Sacco besthtigt, daß die Schiilcr cin hohcs Nivcau akadcmischcr Leistungcn vorzuweiscn haben, sind jcdoch Verwaltung und Lchrcrschnft scincr Mcinung nach viellcicht am mcisten stolz auf ihren Frfolg, bei den Schijlcm eine Philosophie zu vcrinnerlichen, dic derhcutigen, eng mitcinander in Vcrbindung und gcgenscitiger Abhiingigkeit stchendcn Welt angcmcsscn ist.

»Was dic Schulc der Nationcn wirklich von anderen absent, ist dicscr Aspckt der Fricdcnserzichung, der Erzichung 7ancltbiirgcnurm, sagt Dr. Sacco.

»AuBcnstchendc habcn uns befichtet, daß dic Kinder der Schulc aufgcschlossencr sind, mchr Bereitschaft zeigcn, Freunde zu gcwinncn und ncuc Erfllhnmgcn 7,11 mnchen. Wir bringen den Kindcm nicht nur bci, Andersartigkeit zu tolcricrcn, sondcm sie aktiv zu suchen und nicht vor ihr zurückzuschrcckcn. Wir habcn das Gcfiihl, daß das vicllcicht das Wichtigste ist, was wir anzubictcn habCIM Cl


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»Es ist wichtig für Kinder, etwas über andere Menschen und andere Kulturen zu lernen. Meine Tochter

hat jetzt Freunde aus Afrika, den Vereinigten Staaten und RuBland, und das ist sehr schön. Sie hat gleichzeitig ihre Kultur

anderen naherge bracht.Frau Emel Eryilmaz

Schüler der »Schule der Nationen« in Brasilia studieren vielféltige Aspekte vieler Kulturen. Hier Uben einige Oberstufenschfller mit ihrer Lehrerin LaRae Johnson David indische Ténze em.



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Der Pal‘éstinenser Nabil Azam, links, spielte zusammen mit dem israelischen Gitarristen David Broza an der Universit‘ét von Maryland im April anl'éBlich einer Konferenz über Frieden mit dem Titel: »Weltreiche brechen zusammen: Religion, Volkszugehérigkeit und die Möglichkeiten for Frieden<<. Die Konferenz untersuchte die Möglichkeiten, wie Religion und Kultur die Aussichten fUr Frieden verbessern können. Der Bahá’í-Lehrstuhl fUr Weltfrieden war an der Durchfuhrung beteiligt.

»Hier kamen Menschen zusammen, die normalerweise nicht miteinander sprechen würden, wie zum Beispiel Menschen aus dem Nahen Osten oder verschiedenen

Teilen Afrikas«,

Bernard Cooperman, Direktor des Meyerhoff-Zentrums für jfidische Studien


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Konferenz in Maryland: Miissen Religion und Ethnie

COLLEGEPARK, Maryland, USA. — Als der israelische Gitanist David Broza auf die Bfihne trat, wurde er von einem herzlichen Applaus scainer Fans begriiBt, die bci seinem bekannten israclischen POp-Lied, das er in Englisch und Hebriisch vortrug, mitsangen und mitklatschtcn.

Für den niichsten Aufirctcndcn, den wciBhaarigcn paléistincnsischen Arabcr NabilAmm, war der Empfing wcit weniger herzlich. Unter den Zuhérem gab es Vielejudcn und sie hénenhéflich zu, als crseine kiirbisfdrmige Oud strich. Der Beifall war angcmcssen, abet ohne größere Begeistcrung.

Dann grifl‘llerrAzam zur Geige und die als nichstes gespielrc süße, klagcnde Melodic schicn die unsichtbaren Schranken aufzulösen. Reflexanig crhobcn sich die Stimmen immcr lauter und sangen auf I-Iebriisch das von Herm Azam gespielte »jerusalem aus Gold« mit, cin b€kanntes israelischcs Lied über die Heiligc Stadt. Dies wirkte wie dic Dancichung eincs Olivcnzwcigs, dem kciner widcmtchen konnte.

Das Konzcrt unterbrach eine vom 9. bis 11. April an der Universitit von Maryland veranstaltete Konfercnz zum T berm »Wcltrciche brechen zusammen: Religion, Volkszugehé Ursachct von Konflikten sein?

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rigkeit und die M(Sglichkeitcn für Fficden.Die auf der Bfillnc bcwicsene Harmonic zwischen einem Israeli und einem Palistinenscr bildetc ein dramatisches Symbol für die Hoffnung auf eine fnedlichc Lösung dcs Konfliktes im Nahen Osten, der nur einer von mchr als 40 Srrcitfiillen ist, die gegenwärtig aufder ganzen Welt wegcn rcligiéiser OdCI‘ kulturcllcr Unterschicdc wiiten.

Wie Religion und Volkszugehéfigkeit den FriedensprozeB Fdrdem Oder bchindcm können wurde durch künstlerische Darbictungen, wissenschaftlichc Vomiige und Diskussionsgruppen untcrsucht.

»Hier kamen Menschen zusammen, die nonmlcrweise nicht miteinander sprechen wiirdcn, wie zum Beispicl Menschen aus dem Nahcn Osten Oder vemchicdencn Teilcn Afrikas<<, sagte Bernard Coopcrman, der Direktor desjoscph und Rebecca Mcycrhoff Zentrums flirjiidische Studien, einer der drei Organisatoren der Konferenz Zu diesen gehéne auch die Historische Abteilung und der Bahá’í—Lehrstuhl für Wcltfi'icden an der Univcrsitit von Maryland.

Zu den mehr 315 700 Tcilnchmem zihltcn Studentgn, Akademiker, und Petsénlichkeiten des Ofl'entlichen chens aus allen Teilen

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der Welt, die einen Quenchnjtt der wichtigsten religiösen und politischen Denkrichtungen damtelltcn.

Dozenten und Lciter von 30 Arbeitsgruppen sprachen über die einziganigcn M&Sglichkeitcn für Friedcn, die sichjetzt nach dem Ende des Kalten Kricgcs ergebcn, und die gfinstige Gelegcnheit, die Aufmerksamkeit nicht mehr aufdie Vcrteidigung sondem auf dringendc Weltproblemc zu lcnken.

Mona Gricscr, Hauptgeschiifisfiihrerin der Glovis Gesellschaft, sagte, daß gegenwiirtig weltweit völlig einseitig das winschaftliche Paradigm; dominiere. Die zwischenmenschlichc und geistigc Komponente, die in der Dritten Welt weit besser verankcrt und entwickelt ist, wird bis heutc ignorien.

>>Sicher1ich besitzcn wir die technologischen M&Sglichkeiten, um allen Menschen der Welt Emihrung, Kleidung und Wohnung zu ermöglichem, sagte Frau Griescr, die auch Bahá’í ist. »Daß dies nicht gcschicht, ist ein geistiges Problem, das nach einer Lösung verlangt. Wenn Geistigkeit kollcktiv und individuell auf Weltproblemc angewandt wird, kann sie eine neue aufeincr gemeinsamen Vision begrfindcte Weltsicht ergebcn. Geistigkeit kann eine moralische Autontiit und eine Motivation bietcn, urn ncue Maßmhmen und Programme in Gang zu setzcn, wobei neue Pfioritéiten gesetzt wcrdcn mfisscn. Paul—Marc Henry, ein Botschafter im Auswiirtigen Dienst Frankreichs, sagte, daß hampts'éichlich cin >>gcistiger Mangel<< fijr die Micfe Krisc<< der Welt verantwortlich sci, was sich von der Vetschlcchterung der (iffentlichen Baumafinahmcn und des Schulwesens iibcr

Scite 21

die stcigende Arbcitslosigkeit bis zur zunehmenden Gewalt durch frustriertejugendliche manifestiere.

»Die Langzeitentwicklung darf nicht nur aus dem Bruttosozialprodukt errechnet werden, sondem aus der Hoffnung an die Zukunft<<, sagte er. >>Im Grunde ergibt sich die Krise aus der Verzweiflung. Ernest Gcllner, der Direktor dcs Europiiischen Zentrums zum Studium des Nationalismus in Prag, trug aus einer mehrweltlichen Sicht die Ansjcht vor, daß die Unterschiede der Kultur als Zufille aus Gcburt und Geschichte gesehen werden sollten und nicht dazu dienen dürftcn, der einen Gruppe vor der anderen Biirgcrrcchte zuzusprechen Oder abzuerkennncn.

Nationalismus, sage Dr. Gellner, sei ein >>künstliches Phinomem, wobei Kultur als Kriterium nationaler Abgrenzung durch eine elitirc Gruppe ganz cng dcfiniert wird. Wet den von der Elite gesctztcn Maßstéiben nicht entspricht, liuft Gefizhr, ausgeschlosscn oder untcrdrückt zu warden, was wiederum zu Gewalt fiihrt.

Die bei dchonfercnz gehaltenen Vonriige sollen in einem Buch zusammengcfafit werden, von dem die Organisatorcn hoffen, daß es zu einer fondauemden Diskussion der neuen Friedenschancen crmutigen wird.

>>Es ist schon eine besonderc Lcistung, daß dic akademisctheIt anerkennt, (L18 Religion für dic Errichtung des Friedens Oder als Grundlage cincrbcsscrcn Versthndigungstreitender Vélkcr ein wichtigcr Faktor ist«, sagte Professor Suheil Bushmi, der Inhabcr dcs Bahá’í—Lehrstuhls für Wcltfricdcn an der Univcmitiit von Maryland. El


Gegenwéirtig dominiert weltweit v6||ig einseitig das wirtschaftliche Paradigma. Die zwischenmenschliche und geistige Komponente, die in der Dritten Welt weit besser verankert und entwikkelt ist, wird bis heute ignoriert.

Ein friedliches Zusammenleben aller Völker und Rassen der Erde ist möglich, wie bei immer mehr internationalen Tagungen zu gemeinsamen Problemen der unteilbaren Welt hautnah erlebbar wird. Hier ein Bild von der lnternationalen Tagung der Bahá’í-Weltgemeinde, bei der Repr'ésentanten aus über 160 Léndern zusammentrafen, um die höchste, neunképfige Körperschaft der Bahá’í-Welt zu wéhlen.

[Seite 22]Die Landegg Academy in der wunderschönen Landschaft zwischen Bodensee und Schweizer Alpen entwickelte sich zu einem internationalen Treffpunkt von Menschen, die nach Lösungen fflr die Herausforderungen an der Schwelle zur Weltgesellschaft suchen. Landegg Academy ist eine Einrichtung, die von der Bahá'iGemeinde getragen wird.

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Die Landegg Academy 95: Im Zentrum stehen >>Werte fiir eine neue Weltordnung<<






LANDEGG, Schweiz. — Vor gut zchnjahrcn startcte die Landegg Academy mjt ihrem ersten Program. Sic ist hcutc international ctabliert und angcsehen als cin hcrausragcnder Ort der Bcschéifiigung mit den Herausforderungen disses Zeitalters.

Vor der Kulissc der Schweizcr Alpen und mit erhebcndem und inspiricrendcm Panoramablick über den Bodensec crhcbt sich zwischen Rorschach und St. Gallen das Tagungszcntrum Landegg. Der Wcite und dem Ab


wcchslungsreichrumderLandschaftentspricht der »Gcist von Landcgg<<, der das dort entwikkelte und gepflegtc Programm trigt und prigt.

Hier fandcn und flnden sich international renommi cnc Vordcnkcrinnen und V0 rdenkcr ein, um in anregcnder Atmosphiire ihre Gcdankcngfingc und Vorschliigc zu einer zusammenwachsendcn Menschhcit vorzutragen und fortzucntwickeln: von UNESCOGcncralsckretiir Federico Mayor über den Prisidcmen des Club of Rome, Bertrand Schneider, bis zum Direktor der seinerzeitigen UNO-Fricdcnsuniversitiit, Ervin Laszlo, um nur wenigc Namen zu nennen. Einer der thepunktc deraniger Programm—Angcbote war der >>Imemational Dialoguc<< zum Thema >>Transition to a Global Society<<, dessen Ergcbnisse maßgeblich in den jungsten Bcricht dcs Club of Rome »Die erste globalc Revolutiom cinflossen.

Ein anderer Pol des Spannungsbogens ist das jährliche Musik—Forum, das Top—Musiker aus allen Spanen von Klassik bis Modcmc und aus allen Kulturcn der Welt zusammenfiihrt.

Was die Besucher der Landcgg—Progmmme immcr wieder hcrvorheben, ist die Leichtigkeit, mit der man gégcnseitig ins Gcspriich kommt. Man betrachtct sich wie sclbsrver


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stindlich als glcichwertigc Partner, glcichgfiltig welche Vorbildung oder Vorprigung man mitbringt.

Das neuc Programm für dasjahr 1995 fiihrt die bisherige Linie in vielen Bereichen fort und setzt cinigc neue Akzente. Der neue Programmdirektor, Prof. HosseinDancsh, meint, daß in den nichsten jahren das Thema der angcmesscnene Werte für die ncue sich herauskristallisierende Weltordnung in den Mittelpunkt der Weltéflentlichkeit tretcn wird. Dcmcntsprechend lautet das Lcitthema für

Weltordnung<<. Dieser Programmschwcrpunkt wird seinen Hijhcpunkt in einer besonderen Veranstaltung aus Anlaß des 50. jahrestages der Grijndung der Vereintcn Nationcn flnden.

Dcr ncuen Leitung von Landcgg war es cin besonderes Anliegen, ihre Programme auch unter cincm anderen Vorzeichen noch weitcr zu éfi‘nen. So wurden insbesondere für die Jugcnd die Teilnahmepreisc tcilwcisc drastisch reduzicrt. Außerdem wurden besondere Programmangebote für die nachwachsen das 1995€r Program: >>Wertc für eine ncuc dc Generation integricrt.

LANDEGG ACADEMY 1995

WERTE FUR EINE NEUE WELTORDNUNG



SPECIAL EVENTS



9501 Internationale: Jugwd-Symposium über ethische 10.47. Filming um! Dim! in einerglobalen Gesellschqfi April

9517 Care 8 Fair _0 Int. Konferenz über ein neues 4.-7. Koncht Zur Überwindung der Nord—Siid-Kluft April






9502 Computer and Sula ' Erste intemationale Kon- 10.-14. ferenz zum Thema »Geistige Dimensionen und April ethische Implikationen der kfinsdichen Intelligenz und Computer-Welt 9514 Die Vereinten National um! die neue Weltmlmmg 21.-24. 9 Eine besondere Veranstaltung zum 50. Jahra- Oktober tag der Gründung der Vereinten Nationen. Sie beinhaltet herausragende Prasentationen über die Geschichte und Zukunft der Vereinten Nationen, künstlerische Darbietungen und die Einweihung eines der Einheit der Menschheit und des Weltfriedens gewidmeten Monumenta.






9503 Gathering 95 0 Das erste eines jährlichen neuen 14.-17. Symposium: flir Akademiker, Wissenschaftler, April Künstler, Geschiftsleuce und alle, die bestrebt sind, geistige und ethische Prinzipien in ihre tigliche Arbeit und ihr peranliches Leben zu integrieren.






INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT & SPEZIELLE PROGRAMME






9518 Dialog zwischen Psychologie and Religion 0 Zwi- 29. Mai schen Psychologie und Religion gibt es viele bis 1. Juni Berührungspunkte: Beide können dem Menschen helfen auf seinem Weg zu einem glücklicheren und vollkommeneren Leben. Wie kannen sie sich dabei gegenseitig unterstützen?



9505 World Order Studies ‘ Umfassendes Dreijahres- 3.-29. programm über verschiedene Aspekte der Bahá’í— Juli Religion mic bczug auf aktuelle Weltprobleme






9509 7.]ahmtagung Jet »C¢scllschqflfiiv Persixche Lite- 21-29. mtur und Kunsta ’ Ein tiefgehendes Srudium des August Lebens und der Arbeit von Nabil, dem Autor von »Nabils Bericht« sowie ein besonderes Verticfungsprogramm für junge Teilnehmer.





9506 Erziehung zum Fncden ° Ein zweijihriges Pro— 30. Juli gramm für jugendliche mit der Zielsetzung, die bis 10. Teilnehmer im Umgang mit ethischen, geistigen August und psycho—sozialen Herausforderungen der ju- . . . ’ . gend zu schulen und sie zu Fdedensfdrderem 9512 B‘hé'l P"„Z'P“„ B‘h ILL‘b„ . DreserInten- 1145' auszubilden. sivkurs konzentriert sich auf die Lehren Oktober

Bahiu‘lléhs über grundlegende Themen wie

Gebet, Meditation, Fasten und andere Aspekte

eines geistigen Lebens, die für die Entwicklung

der menschlichen Seele und die Vergeistigung

des menschlichen Lebens unentbehrlich sind.








9507 Ceistige Wandlung 0 Bin einwfichiges Intensiv- 11.-17.

Programm in zwei Teilen: August

9507 Workshop meénliche Entwickluny 0 Ein inten- 11.-14.

A siver Workshop über geisrige, psychologische August und ethische Aspekte der menschlichen Entwick lung mit dem Batreben, eine inregrierte Persönlichkeit zu werden.

9507 Workshop vEntwuclelung (in) der Elm: ‘ Wie 14.-17. B erreicht man eine eimge und gesunde Ehe? Für August Ehepaare und jene, die sich auf die Ehe vorberei ten. Unter besondercr Brücksichtigung der Ethik der Gleichwertigkeit.






9515 Missile Forum 95 9 Ein herausmgendes Musik— 24.-26. Festival, das den Geist des Menschen und den November Geist dieses Zeitalters würdigt






Ein Croffi'teil der Programme win! simullan in Deutsch, Franzésisch und Englisch fibmetzt. Bei den meisten Progmmmen warden pnyelztorientiefle Arbeitskreise angebolen sowie Studienpmgmmme, die Celegenheit bieten, alas Thema über das Seminar hinaus weiter zu vertiejen. Die Landegg Academy bietetfemer :pezielle deutsch- und antlersspmhlge Programme an. Mehr hierzu egfahren Sie bei der Landegg Academy, CH—9405 Wienacht, Schweiz, Tel. 0041/71/919131, Fax 0041/71/914301.






9513 Baalung 0 Entscheidungsfindung und Konflikt- 15.49. bewiltigung in der neuen Weltordnung Oktober






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Das bischéfliche Palais in Verdun beherbergt heute ein fast fertiggestelltes Weltzentrum {Ur Frieden, Freiheit und Menschenrechte.

Dieses Museum soll »ein internationaler Treffpunkt, eine Bilhne für den Austausch und ein symbolischer und visionfirer Ort werden, der allen Völkern der Welt

Frieden verkündet.Aus der Museumsbroschfire

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Europas ehemalige >>killing fields<< beiVerdun beherbergen

jetzt ein Friedens—Museum

VERDUN, Frankreich — Als Ort einer der blutigsten Schlachtcn des Erstcn Weltkriegcs erinnert diese sonst malerische Stadt im MaasTal zwangsliufig an die Schrecken des Krieges.

Mehr 313 500.000 Soldaten starben hicr in der crsten Halfte des Jahres 1916 aufbeiden Seiten, 315 die franzéisischen Streitkrifte einen massiven dcutschen Angriffgegen die strategischen Befestigungcn erfolgrcich abwchrten. Die Stadt wurde dabei in Schutt gelegt.

Jetzt wieder völlig aufgebaut und restauriert, hat sich Verdun zu einem bedeutcnden curopiiischen Symbol für Frieden und Fortschritt entwickelt.

1984 find hier eine emcute Bekrdftigung der Friedcnsbemiihungcn der französischen und deutschen Regierungen start, 315 sich der deutschc Bundcskanzler Helmut Kohl und der franzésische Prisident angois Mitterand in Verdun die Hand rcichtcn.

Ein weitcres Zcichen fijr diesc chiihungen wurde am 1.]uli diesesjahres gesctzt, als das ncue Weltzentrum für Frieden, Frciheit und Menschenrechte eingcweiht wurde.

Es ist untergebracht im bischéflichen Palais, dem frühcrcn Sitz des Bischofs in der

Nihe der aus dem 10. Jahrhundert stammenden Kathedrale der Stadt. Das Zentrum bcherbergt ein Friedensrnuseum, ein Zentrum fiirkulturelle und wissemchafiliche Forschung, cin Dokumen—tationsarchiv und Rfiumc für intemationale Konferenzcn. Auch sollen Arbeitsgruppcn und Friedenskurse fürJugendliche stattfinden.

>>Natfirlich gibt vor allem seine geographische Lage dem Zentrum seine bcsondere Bedcutung<<, sagt Kazem Samandari, ein Mitglied der leitendcn K&Srperschaft der Bahá’iGcmcinde in Frankreich. Die franzésische Bahá’í-Gemeinde arbeitet mit den Gründcm des Zentrums seit 1989 - ein Jahr nach Beginn der Planung, — zusammen.

>>In derWelt gibt es Dutzcnde von Museen, die an Kriege erinnem; dicscs Zentrum ist cines der wenigen, das sich dem Frieden widmem Und Kazem Samandaß fiigt hinzu: »1n einer Welt, in der gcgenwiirtig zwei Dutzcnd Kricge gcfiihn warden, stellt cs ein d€utlichcs Symbol Für die Möglichkeit der Vcrstiindigung zwischen Völkern dar, die jetzt, nachdem sie in zwci Weltkricgcn Feinde waren, in der Europiischen Union vereint sind.


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I Ein intemationaler Trcfi’punkt

Das Zentrum wurde hauptsiichlich rnit französischen Regierungsgeldem aus den kommunalcn, regionalen und nationalen Etats finanziert, aber auch aus Bcitréigen des Europafonds für regionale Wirtschaftsentwicklung sowie aus privatcn Quellen. Die Kosten für den Bau und die Ausstattung betrugen über 25 Millionen DM.

Es ziclt darauf, >>ein intemationaler Trefll punkt, eine Biihne für den Austausch und cin symbolischer und visionirer Ort zu werden, der allen Völkern der Welt Frieden verkündet«, heißt es in der Muscurnsbroschiire. Dementsprcchend plant das Zentrum eine Zusammenarbeit mit allen Lindem der Welt, um geschichtliches Material zusammenzutragen, das die chfihungen und den Fortschritt der Mcnschheit um Fricdcn dokumcntiert. Im Erdgeschofl dcs Palais werdcn sicben Monolithen aufgestcllt, die mit einem audio—visuellen System ausgcstatret sind und verschiedene Aspekte der Fricdcnsstiftung darstellen.

Die Bahá’í—Gcmcinde wird cin Modell des Bahá’í—Hauses der Andacht in Indicn stiften. Diescs wurde 1986 eingeweiht und hat weltwcit wegen seiner kiihnen und 3nregenden ArchitckturAnerkennunggcfimden. Es wurde von der Lotusblume inspifiert, hat neun Seiten und neun Türen, so daß man aus allen Richtungcn eintreten kann. Es avancierte inzwischen zum meistbcsuchtcn Bauwerk der Erde und gilt Anhingem allcr Religioncn als ein lebcndiges Symbol für die Einheit allcr Völker und allcr Religionen.


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Frau Rfihiyyih Rabbéni, eine hcrausragcndc Persönlichkeit der Bahá’í—Gemeinschaft, ist eine der ersten intemationalcn, religiösen, kulturellen und politischen Gestalten, die die Errichtung dicses Zentrums unterstiitzten. Zum Férderungsausschufi gehércn weiterhin Sadruddin Aga Khan, der Wirtschaftler John Kenneth Galbraith, der tschechischc PrisidcntVaclav Havel, der fifihere britische PremierministerEdward Heath, Oumar Konarc, der Prisidcnt von Mali, eine Anzahl Nobelpreistriger wie Hélénc Ahrweilchean Dausset, GérardDebrcu, Mairead Maguirc und die Friedcnspreisttiigcr Rigoberto Menchu und Elie Wiesel.

Das obcrstc Ziel des Zentrums bcstcht darin, emeutes Nachdenken über die Möglichkeitcn der Ffiedcnsfdrderung anzuregcn, so DirektorDenis Maréchal. Das Dokumentationsarchiv wird Material des Europaratcs, der Vcreinten Nationen und andercr Menschenrcchtsorganisationen und humanitiirer Körperschaftcn zusammentragen. Diese Unterlagen wcrden Wissenschaftlcm zur Vcrfiigung stchen und in bcsondercn Friedcnskursen für dicjugend bcnutzt warden.

»Diese Kurse wcrdcn diejugendlichen daraufvorbereiten, über Fricdcn nachzusinncn und wcrden sie lehren, anders zu dcnkem, sag: Maréchal. >>So bcreitcn wir z.B. Filmmaterial iibcr Kficg und Fricden fijr das zu erfichtende Dokumentationszcntrum vor. Wirstellen fest, daß es viclc Filmc überKrieg, aber nur wenige über Friedcn gibt. Darum wcrden wir auf Friedcn bcsondercn Nachdruck legcn.« C]

»In der Welt gibt es Dutzende von Museen, die an Kriege erinnern; dieses Zentrum ist eines der wenigen, das sich dem Frieden widmet. In einer Welt, in der gegenwéirtig zwei Dutzend Kriege geführt werden, stellt es ein deutliches Symbol für die M69Iichkeit der Verstfindigung zwischen V6|kern dar, die jetzt, nachdem sie in zwei Weltkriegen Feinde waren, in der Euro palschen Union ver eint sind. Kazem Samandari, Mitglied des Nationalen Geistigen Rates der Bahá'l in Frankreich, der das Friedensmuseum aktiv unterstfitzt

Dieses Bahá’í—Haus der Andacht in Neu Delhi in Indian wird jéhrlich von Millionen von Anhängern der verschiedensten Religionen besucht und als Symbol der Einheit und des Friedens unter den Religionen und Kulturen der WeIt wahrgenommen. Die franzésische Bahá’í-Gemeinde stellte daher ein Modell dieses Bauwerks filr das Friedensmuseum in Verdun zur Verfflgung.

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»Wir beklagen die Verfolgung der Bahá'l in der Islamischen Republik Iran, auf die zahlreiche dokumentierte Festnahmen, Folterungen und Inhaftierungen von Mitgliedern des Bahá’í-Glaubens sowie die T6tung von 201 Bahá'l seit dem Jahre 1979 schlie Ben |assen. ONE COUNTRY ‘ Ausgabe 3—4/1994


UN—Menschenrechtskommission

besorgt über Lage der Bahá’í 1n Iran

GENI‘. — Die Menschenrcchtskommission der Vereinten Nationen erließ am 9. Mirz 1994 eine eindringliche Resolution und brachtc damit ihrc tiefe Sorgc über die Bcrichtc von anhaltcndcn Mcnschenrechtsverletzungen im Iran, einschließlich der Vcrfolgung der dortigcn Bahá’í—Gemeinde, zum Ausdruck.

Mit 22 gegen 11 Stimmen bcauftragte die Kommjssion ihren Sonderbeauftragten, scine Beobachtungcn derMenschenrechtssituation im Iran fortzusetzen, und bat ihn, der Kommjssion im nichsten jahr wieder Bcricht zu crstattcn.

Im dicsjihrigen Bcricht schrieb der Sonderbeauftragte Reynaldo Galindo Feb] 3115ffihrlich über die Situation der iranischen Bahá’í-Gcmcinde und stellte fest, daß es entgcgcn der Dementi der Regicrung rcligiésc Vcrfolgung gibt und daß die »Gcmeindc an Diskriminicrung und Schikanicrung leidcm

Scit 1979 wurdcn in einér von der Regierung Irans untersrfirztcn Kampagne systematischer religiöser Vcrfolgung über 200 iranische Bahá’í hingerichter, Hunderte gefin Statement der NGO's

gengcnommcn und Tauscndc ihrer Arbeitsstelle, Ausbildung und ihres Rechtes auffreie Religionsausfibung bcraubt.

Die Kornmission hat seit 1982 jedes jahr ihrc Sorge über die Situation im Iran zum Ausdruck gcbracht. In der diesjährigen Resolution forderte die Kommission die Regierung des Iran auf, »ihre chfihungen zu verstärken, um die Menschenrechtsproblemc zu untcrsuchen und zu behcbem, die vom Sonderbcaufrragten angesprochen wurden. Sic solle sich an die intemationalen Menschenrechtsdokumentc halten, um>>sicherzustellen, daß allc Menschen inncrhalb ihrcs Gebietcs und unter ihrer Rechtsprcchung, einschließlich religiöscr Gruppcn, die in diesen Dokumenten zugesprochenen Rechte genicfien können_ Wihrcnd der Sitzung der Kommission gab cine Gmppe intemationaler Nicht-Regierungs—Organisationen ein gcmcinsames Statement ab, in der sie ihrc Sorge und ihr Entsctzen fibcr die anhaltende Verfolgung derBahá'i im Iran zum Ausdruck bringt (siehc nachstehendes Statement). Cl

über den Iran

Wir, die unterzeichneten Nicht—Regierungs-Organisationen, sind in Anbetracht der Menschenrechtserklfirungen der Vereinten Nationen, die von der Islamischen Republik Iran mitunterzeichnet wurden, erschrocken und entsetzt über die jfingsten Entwicklungen in der Islamischen Republik Iran. Wnr nehmen zur Kenntnis und unterstützen die

esolution 48/245 der Generalversammlung vom 20. Dezember 1993 sowie zahlreiche frühere Resolutionen der Generalversammlung, des thschafts- und Sozialrates. der Menschenrechtskommission und der Unterkommission zur Verhfitung von Diskriminierung und zum Schutz von Minderheiten hinsichtlich der unsicheren Situation der irani schen Mitglieder des Bahá’í—Glaubens.

Wnr beklagen die Verfolgung der Bahá’í in der Islamischen Republik Iran, auf die zahlreiche dokumentierte Festnahmen, Folterungen und Inhaftierungen von Mitgliedern des Bahá’í—Glaubens sowie die T6tung von 201 Bahá’í seit dem Jahre 1979 schließen

lassen.

er beklagen die Festnahme vn Herrn Bahman Samandari, eines Teheraner Geschäftsmannes, am 17. Mfirz 1992 sowie dessen plfitzliche Hinrichtung am 18. Miérz 1992. Wir beklagen desweiteren das Todesurteil ge en Herrn Bihnam Mlthaqi und Herrn Kayvan Khalajabadi am 23. November 1993, as allein aufgrund ihres religiösen Glaubens verhéngt wurde und in dern sie als »unprivilegierte Ungléubige im Krieg mit den moslemischen Nationen« angeklagt worden sind.

VWr fordern die derzeitige Sitzun der Menschenrechtskommission drin end auf, die Verletzungen der Menschenrechtser lärungen der Vereinten Nationen durc die Islamische Republik Iran grfindlich zur Kenntnis zu nehmen und die hörtest möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte der freien Religionswahl und Religionsausfibung aller BGrger der Islamischen Republik Iran zu veneidigen und zu schützen. Unterzeichner: Caritas International, Hauptkonferenz der Siebentage-Adventisten, Internationaler Verband für religiöse Freiheit, Lutherischer Weltbund, Graue Panther, Weltunion für

progressives Judentum


Scitc 26

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Anschlag in Siidafrika:

DreiVorkeimpfer für die Einheit der Ethnien in Sfidafrika ermordet

MDENTSANE, Ciskei. - A13 Hushrmnd Anvafi mit lichelndem Gcsicht und über dem Kopfgefhlteten Héndcn das Bahá’í—chtrum im schwarzcn Township betrat, dachten vicle, er spielt mit ihnen einen seiner berfichtigten Streiche.

»Er hat immer Witze mit uns gemacht<<, sagte Shumi Nkonzo, die an diesem Sonntag im März anwesend war. »Wir dachten, er macht wieder einen Scherzx<

Aber als Frau Nkonzo und die anderen Bahá’í des Ortes, die sich zu eincr Diskussion zum Thema Familienleben versammclt hatten, sahcn, daß ihm einjunger Mann folgte, der ihm sein Gewehr in den Riicken drückte, wußten sic, daß es diesmzll nichts zumLachen gab.

Insgesamt kamen am 13. Mirz 1994 vier junge Männer in das Bahá’í—chtrum, wiihrcnd zwei weitere draußen Wache standcn. Allc trugen Maschincngewehre. Sie befihlen lIushrmnd Anvm und den andercn zwei WciBen, sich abseits von den 13 schwarzen Erwachsenen und Kindem aufzustellen.

»Sie sagten, d28 die Wechn aufder einen Seite des Raumes stehcn sollten und die Schwarzcn auf der andercm, befichtet Frau Nkonzo, einc 75j3ihrige Sfidafrikanerin. >>Dann sagtcn sie den Wcchn, daß sie ihre

Schliissel aus den Taschen nehmen sollten. Und anschließend haben sie sie einflach crschossen. Hushmand Anvafi, ein 43jeihriger Computerfichmann und Vatcr von drei Kindem, war sofort tot, ebenso Rial Razavi, der 44j§hrige Finanzdircktor der nahcn Universitit von Fort Hare. Dr. Shamam Bakhshandcgi, ein 29j2ihriger Zahnarzt, atmete noch, nachdem die Bewaflhcten abgezogcn waren. Als er jedoch im dnlichen Hospital ankam, war auch er tot — in demselben Hospital, in dem er jeden Vormittag meist schwarze Patienten behandelt hatte.

Bei einem Anruf, den die South African Press Association erhiek, behauptete ein Mann, daß diese Morde von der militanten Azanian Liberation Army ausgefiihrt wurdcn. Zcitungsartikel führtcn an, daß der Anschlag ein Protest von Terroristen gegen die Entscheidung des Pan—Afi'ikanischen Kongresses gewesensein mag, seinen bewafrneten Kampfvor Siidafi'ikas erster multiethnischen Wahl im April diescs Jahres aufzugcbcn.

Für die Bahá’í—Gcmeindc Siidafrikas war die Errnordung diescr drei ihrcr Mitgliedem ein Schock. Seit über 40 Jahrcn habcn die Bahá’í in Siidafrika standhaft für die Integration aller Ethnien gearbeitct.


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Die Aufnahme dieses Bildes liegt drei Jahre zuriJck. Es zeigt ein Treffen von Représentanten aus verschiedenen Bahá'iGemeinden in Siidafrika und dokumentiert die Einheit der Rassen und ihr friedliches und selbstversténdliches Zusammenwirken.

»|n Zukunft werden wir wahrscheinlich immer mehr über die Bahá'l hören... Die Einstellung der Bahá'l zu rassischer Einheit geht v6|lig konform mit unseren Hoffnungen für die kiinftige Entwicklung in Siidaf rika. Dr. Gerrie Lubbe, Président des sfidafrikanischen WCRP


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»Die Bahá'l in Siidafrika waren nicht am zivilen Ungehorsam beteiligt und haben auch keine Steine und Flaschen geworfen. Sie haben sich Vielmehr auf den moralischen Wiederaufbau, auf den Aufbau einer vorbildlichen Gemeinde konzentriert - als Iebendigen Beweis dafür, daß ein friedliches und gerechtes, freiheitliches und für alle fruchtbares Zusammenleben aller

Rassen möglich ist.Krishna Naidoo

Unter den 500 Gésten bei der Beerdigungsfeierlichkeit zu Ehren der drei ermordeten Bahá’í waren auch deren Angehéjrige (Foto unten).










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»Es ist eine Ironic des Schicksals, daß die Bahá’í das Opfer dieses rassistischen Angriffs gewordcn sind, derm sie haben in der Tat immer für die Einhcit der Rassen und für Zusammenarbeit gearbeitem, sagtc Krishna Naidoo, Vorsitzender des Nationalen Gcistigen Rates der Bahá’í in Sfidafrika. I Stillc Arbeit für Integration

Alle drei Errnordeten waren ganz besonders in der Férderung der Einheit unter den Rassen engagiert und bemühtcn sich, die sozialenBcdingungen für die schwarze Mehrhcit zu verbessem.

Hushmand Anvari und seine Frau batten em vor kurzcm eine Tutorenschulc fürjunge schwarzc Kinder gegründet. Dr. Bakhshandegi war einer der wenigen wciBen Ärzte, die am Cecilia—Makiwane—Krankenhzms arbeitetcn, das das einzigc größere Krankcnhaus in Mdantsane ist. Und Riaz Razavi war als Finanzdirektor der schwarzen Universitht von Fort Hare einer der wcnigcn weißen Administratoren dort.

Ihre Aktivitéten und ihr Engagement spicgcln das übergeordncte Ziel der Bahá’í in Sijdafi'ika wider, die während der ApartheidZeit im Stillen an der Etablierung eines M0dells für eine integrierte Gesellschafi arbeiteten — und heute zunehmende Anerkennung fijr ihre Erfolge aufdiesem Gebiet gcwinnen.

»In Zukunft werden wir wahrscheinlich immer mehr über die Bahá’í hören<<, sagt Dr. Gertie Lubbe, Prisident des siidafrikanischen WCRP, einer international anerkannten interreligiösen Organisation, die sich umwcltweiten Fricden bcmfiht. »Die Einstcllung der Bahá’í zu rassischcr Einheit<<, sagtc er, »gcht völlig konform mit unseren Hoflhungcn für die kiinftige Entwicklung in Siidafi’ikm


Auch während der dunkelsten Periode der staatlich gcfdrdertcn Apartheidspolitik setzten die Bahá’í ihre Arbcit fort, veranstaltctcn multirassische Andachten und Treffen und konzentfiertcn sich darauf, eine harmonische und vielfliltigc Gemeinde zu schaffen, urn dem Land ein Bcispicl zu geben, daß Zusammcnarbeit nicht nur möglich ist, sondem die größte Frcudc für alle bedeutet und eine Widerspicgelung der Realitit der Einhcit der Mcnschheit ist.

I Die Bahá’í—Gemeinde umfaßt alle Hautfarben und Ethnien

I-Ieute umüßt die Vielfilt der sfidafi-ikanischen Bahá’í—Gemeindc in der Tat alle Rassen, ethnischen Grgppen und Stiimme, die hier anséssig sind. chr 90 Prozcnt der Bahá’í in Siidafnka wircn unter den alten Rassengesctzen als Nicht—Wech klassifizicrt worden.

»Die Bahá’í in S'Lidafi'ika waren nicht am zivilen Ungehorsam betciligt und haben auch keine Steine und Flaschen geworfem, sagt Krishna Naidoo. »Sie haben sich vielmehr auf den moralisch en Wiederaufbau, aufden Aufbau einer vorbildlichen Gemeinde konzentriert — als lebendigen Beweis dafür, daß cin fricdliches und gercchtes, frciheitliches und fiir alle fruchtbarcs Zusammenleben aller Rassen möglich ist.« ..

»Es ist in der Tat wahr, daß diese Übergangspcfiode (zwischen wechr und multirassischer Hemchafi) viele Menschen vcrschiedenen Glaubens niher zusammengefiihrt haw, meint Sheena Duncan, ein Mitglied des South African Council ofChurches. »Und die Bahá’í 3in Teil disses Prozesses. Sic sind jetzt ein fcster Bestandteil der interrcligiésen Gemeinde Siidafi—ikas. I Von der Polizei überwacht

Es war nicht immer möglich, daß die Bahá’í in Sfidafrika so offen mit ihren Glaubensgrundsätzen umgehen könnten. Obwohl cs schon seit 1911 Bahá’í in Siidafi'ikai gibt, so besreht doch cm seit Mittc der fijnfzigerjahre cine grtifiere Gemeindc dort.

Seit dieser Zeit und bis zum Ende der Apartheid im Jahre 1990 wurde die Bahá'iGemeinde sehr genau von der Sonderpolizci überwacht, die den Auftrag hatte, für die Einhaltung der Rassentrcnnung zu sorgen. D3 die Bahá’í cincmeits durch ihre Glaubcnsprinzipien daran gebunden sind, Einheit der Rassen zu praktiziercn, andererseits aber auch den Gesetzen dcs Landcs gehorchen müssen, bcdeutete das unter den alten Rasscngesetzen fiir sie einen Tanz aufdem Drahtscil.

»Es war völlig entgegcn des éfientlichen Erwartungsdrucks, daß sich Schwarze und

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WeiBe miteimnder trafem, erziihlt Lowell Johnson, ein US—Amerikaner, der seit 1953 in Siidafiika cht. »Für unsere Trcfl'en mußten wir die Leute durch die Hintcrtiir hcreinlassen, durch die Kiiche schleusen und durfien erst mit zugezogenen Gardinen das Licht anmachen. Obwohl das Gcsetz Zusammenkiinfte im privaten Kreis erlaubtc, könnten die Nachbam durch ihren Einspruch die Trcffen verhindem, Also mußten wir auch die einfachsten Treffen verdeckt abhalterm

Daniel Ramoresi, der in den fiinfziger Jahren als einer der erstcn Schwarzen Bahá’í wurde, erklärt die Situation so: »Sich offen zur Einheit der Menschheit oder zur Einheit der Rassen zu bekennen, das wire nicht tolefiert worden.« Seine Frau,]11dy Ramoresi, fiigt hinzu: »Dic Polizei iibcrwachte uns Stiindig. Meinc Familic war ihr Zicl, abcr sic könnten bei uns nichts finden, denn wir hielten uns an das Gesetm

Nichtsdestotrotz hiclt sich die Bahá’í—Gemeinde fest 2m ihrc Grundslitze. Der erstc Nationale Geistige Rat, der 1956 gewéhlt wurde, hatte vicr weiße und fiinf schwarze Mitglieder — cin AusrmB an Integration, das zur darmligen Zeit sehr selten, wcnn nicht sogar einzigartig fijr ein nationalcs Gremium war.

»Die Integration unter dcn Bahá’í ist nicht nur administrativ vorhanden, wie dies langsam auch anderc Kirchen und rcligiése Gruppen in Siidafrika erreicht haben, sondem geistig und sozial<<, sagt Shoreh Rawhani, die Sekreta'fin des Nationalcn Geistigen Rates. »Wir sind natürlich noch nicht da, wo wir geme wiren. Aber cs gibt in der Bahá’í—Gemeindc echte Liebc zwischen den Rassen, die







über den intellektuellcn Gleichheitsgedankcn hinausgeht. Und es ist dicsc natürliche Sozialisierung, von der wir glauben, daß sie ein deutliches Beispiel abgibt. I Allc Ethnicn repriscnticrt

Aufeinem Bahá’í—Treffen injohannesburg vor einigen Jahren, auf dem sich Delegierte aus 25 regionalen und lokalen Gemeinden mit den neun Mitgliedem dcs Nationalcn Gcistigen Rates trafen, ziihlte ein Außenstehender cinmal die verschiedencn ethnischen Backgrounds auf. Von den nicht einrml 50 Anwesenden gab es Frauen und Männer von weißer, schwarzer, farbiger, indischer, chinesischer und persischcr I’Icrkunft. Unter den Schwgrzen gab es Mitglieder des Sotho-, Batswana—, Venda— undXhosa—Stammcs. Und bezüglich der religiösen I-Ierkunft umfaßte das Trcflkn chemalige Christen, Hindus,]uden und Moslems. Trotzdcm herrschte ein Geist entspannten Umgangs mitcinander.

Dieser freundschafdichc Geist zwischen allen Ethnien erschließt sich natijrlich nicht allein durch statistische Faktcn über die Baha'iGemeinde. Die zahlreichen Gcschichtcn, die die Bahá’í Siidafhkas zu erziihlen haben, sind ein vicl nachhaltigcrer Beweis für ihre Integration über alle äußercn Unterschicde hinweg.

»Für mich ist die Bahá’í—Gemeinde anders als andere Gemeinden in Sfidafi'ikgw, sagt Daphne Masethla, eine 66j2ihrige SowetoBewohncrin, die auf dem Treffen injohannesburg dabei war, »Wir kiimmem uns wirklich umeinander, Wir planen gemeinsam, wir treflcn uns, wir unterhaltcn uns, unsere Kinder spielen zusammcn, und wir cntwickcln uns in Einhcit.« CI

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Lowell Johnson (links) und Daphne Masethla, hier vor dem Nationalen Bahá’í-Zentrum in Johannesburg, sind Mitglieder der Bahá’í-Gemeinde seit den filmzinger Jahren.

»Sich offen zur Einheit der Menschheit oder zur Einheit der Rassen zu bekennen, das ware nicht tole riert worden.Daniel Ramoresi

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Hushmand Anvari floh aus seincm Heimatland Iran kur7. nach Beginn der Vcrfolgungen der Bahá’í dort in den spiten sicbzigerjahren. Erging zunichst in die USA, we er eine Ausbildung als Computcrfachmann machte und heiratctc. Nach einem Bcsuch in Siidafnka im Jahr 1985 entschied dic Familie Anvari, hier crwas zur Vcrbcsscnmg der Situation zwischen dcn Rasscn 7n tun, und sie bcreitctcn ihre UmsiCdlung vor, obwohl IIushmand Anvari gcrade crst die US—Iiinbijrgcrung erhalten hattc.

>>Es schicn cinfach so, 315 könne man hicr sovicl fijr die Afrikaner tun, dcnn es gab Zeiten, in dcnen die Schwarzen absolut nichts hattem, sagt Dina Anvari, dic 33jiihrige Wirwe. >>Die Leutc vcrsuchtcn, uns dcn Umzug auszureden und sagtcn, (1.18 Apanhcid ganz schrecklich sci. Abcr für uns bedeutcte das eine Ilcmusforderung. Namlich dafür zu arbcitcn, daß alle Rasscn cntsprechend dcn Bahá’í—Lchrcn 315 absolut gleichwcrtig angesehcn wcrdcn, wiihrend die Gcscllschaft noch weir von dicser Sicht cmfcmt wam

Die Anvaris kamcn 1990 mch Sfidafrika und créflhctcn 1991 eine kleine Tutorcnschulc für schwarzc Kinder in East London. »Obwohl die sogcnanmen wechn Schulen damals angcblich für alle geéffilct waren, mußtcn die Schwarzen schr schwierige akadcmischc Aufmhmeprfifimgcn bcstehcm, crzihlt Frau Anvari. Ihre Schulc solltc den jungen Schwanen helfen, die Kluft zwischen den wcchn und schwarzcn Schulen zu überwinden. Frau Anvari hat vor, die Schule, die inzwischen 80 Schiilcr hat, weitcrzufijhren.






















Die drei Männer, die bei dem Überfall am 13. Marz1994 auf das Bahá’í-Zentrum in Mdantsane ermordet wurden, waren von den 6rt|ichen Bahá'l ins Township eingeladen worden, um mit ihnen zu diskutieren, was die Gemeinde zum Internationalen Jahr der FamiIie tun kanne. Alle drei waren sehr in der Arbeit fur die Einheit der Ethnien engagiert. Sie hatten sich aus freiem Willen fUr SUdafrika entschieden, weil sie fUr eine Gerechtigkeit jenseits aller ethnischen Grenzen arbeiten wollten.



Dr. Shamam Bakhshandegi wurdc in Afrika gcboren, und zwar in Mauretanien. Nach Absolvierung der Highschool kam er für sein Studium mch Siidaffika. Nachdcm er sein zahnmcdizinischcs Studium im jahre 1989 abgcschlosscn hatte, créffnete er sofort einc Praxis in Mdantsanc. Morgens arbeitete er im Cecilia—Makiwane—Krankenhaus und nachmittags in seiner cigencn Praxis.

>>Shamam war dcn Afi'ikanem schr zugctan, und dcshalb wolltc er seine Praxis hicr créffilcn und für die Menschen in dicscm Lande arbcitem, sagt seine Mutter, Frau Badri Bakhshandcgi, in einem Interview. >>Sein I'Icrz gehdrte ihncn. Dr. Bakhshandegi war nicht vcrhciratet und lcbtc in East London. Er war cin dynamischerMensch, der fiinfSpmchen sprach und sehr aktiv im Gemcindelcbcn involvicrt war. Er war Mitglied dcs lokalcn Rotary Clubs und schrieb Artikel über Zahnhygicnc für eine lokale Krankenschwestcr—Zcitung.


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Ihre Wahl für Gerechtigkeit jenseits der Rassen


Riaz Razavi fiihltc sich ebcnso zu Afnka hingezogcn. Er vcrlicB scin llcirmtland Iran in den frühen siebzigcr Jahen und siedclte sich zuniichst in Lesotho an, we er seine bclgischc Frau kcnnenlemte und hciratctc. Anflmg der 806rjal1re gingen sie nach Siidafrika, und für lange Zcit arbcitete Rial Razavi fiir die nationalc Entwicklungsbank der Ciskci.

Etwa vor zweicinhalbjahrcn nahm cr die Stelle als Finanzdirektor der Universit'ét von Fort Hare an, die sich in der Stadt Alice befindet und die die bcdcutendste Universitit der Ciskei ist. Dicsc Stellc gcfiel ihm unter anderem dcshalb, wcil er der schwarzcn Bevélkcrung dicscs Homelands so besser helfen konntc, bcrichtct Daniel Ramoroesi, ein schwarzcr Bahá’í, der mit Riaz Razavi scit den Zeitcn, als Riaz Razavi noch in Lesotho lcbtc, cng bcfrcundct war. >>Er war ein grofier Frcund der Afiikanem erziihlt Daniel Ramoroesil >>Er halt] edcm, wcm und wo immcr er nur konme. Frau Anvari, dercn Ehcmzmn ein gutcr Frcund von Riaz Razavi war, sagte, daß er seine Wochencnden damit verbrachte, in schwarzc Townships zu rcisen, um das Bahá’í—Idcal der Einheit der Rassen und der Einhcit der Mcnschheit zu fdrdcm und 3116 Mcnschen Für dicse ncue Ethik zu gcwinnen.

Das Ehcpaar Ramvi hat zwci Kinder, das 13jiihfigc Miidchen Rouhich und den 15jiihrigen JungcnjalaL Der Vater Riaz Razavi war außerhalb seincs bemflichen wic sozialcn Engagements auch ein anerkanntcr Musiker. Er lcbte mit

seiner Familic in der Stadt Kingwilliams Town. Cl

Seitc 3O

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Huschmand Sabet: »Der Übergang vom Global Crash zur Weltidentitéit<<

Ist der Menschheit ihrc Unteilbarkeit, ihre Einheit nun endlich vermittelbar?Am seidenen Faden dieser Frags hiingt das Schicksal einer inzwischen auf Gedeih undVerderb miteinander verflochtencn — heute müßte man wohl eher sagen: miteinander verstrickten — Menschheit. Oder bleibt dicse Erkenntnis weiter aus unserem aktuellen Bewußtsein ausgesperrt — eingcspcrrt in Gedankengeféngnisse namens »Utopie«, >>Weltdiktatur<< Oder >>realitiitsferne Triumereid

Huschmand Sabets Anrwort hierzu: »Die Erde, die Menschheit, die Religion, alle diese drei Entititcnwaren ihrem Wesen nach schon immer eine Einheit, Der Mensch hat sie abet nicht als solche gesehcn, seine Sicht aufderen inneres Gleichgewicht war vernebelt. Aufgrund dcs begrcnzten Wirkungsradius des Menschen war er aufdiese Einsichtjedoch bis vor relativ kurzer Zeit noch nicht existentiell angewiesen. Er konnte damjt leben, die Erde in Linder, die Mcnschheit in Völker und die Religion in Religionen aufiuspalten. Diese Sichrweise erwcist sich nun jedoch in arcmberaubender Geschwindigkeit als Existenzbedrohung für Erde, Menschheit und Ethik. Nur: Appellc, das wissen wir, wirken nicht, sie erlangen keine Verankerung in den Herzen und Köpfen der Menschen, solange sic damit nicht klare Hofiungen und Visionen fiir ihr Leben verbinden können.

Die Aufgabe, fibcrzcugende, fichtunggebende Hofihungen und verbindcnde Wcrtc zwischen Mensch und Natur, zwischen Mensch und Mensch zu transportieren und zu verankcm, diese Aufgabc lag traditioncll bei den Religionen. Bis zur Hochbliite der islamischen Religion und Kultur haben die Religionen der Vergangenhcit hier in Schiibcn immer wieder eine neue, fiaszinicrende gemeinschafts— und kulturstiftende Strahlkraft entflaltct. Diese schien aber an den Herausforderungen der Neuzeit zu schcitem. In bezug auf die großen Weltreligionen, die ihren chit alle in der Vergangcnheit batten,

schreibt etwa Susanne Schaup in dem gemeinsam mit Huschmand Sabet veröffentlichten Buch »Welcher Ring ist der echte?«:

»Die geschichtliche Entwicklung hat alle Religionen insofem hinter sich gclassen, als die Zivilisation sich weitcrentwickelte und die Religionen in ihrcr ursprünglichen Auspriigungstehenblicben. Sic hatten kcine Antwortaufdie rasantc mturwissenschaftlichtcchnische Entwicklung; sie hatten kcine Anrwort auf die Exzcsse des menschlichen Eroberungswillens, aufdie immer größer werdendc Schere zwischen Reichen und Armen. Sic hattcn keine Antwort aufdic Ausrottung der Artcn in der Tier— und Pflanzcnwelt. Sic hatten keinc Antwort auf die stillschweigcnde oder zum Himmel schreiendc wcltweite Unterdrückung der weiblichen Hilfte der Menschheit. Sic hatten keinc Antwort aufdie unweigerliche Erstarrung ihrer cigcnen Institutioncn, auf die Korrumpierbarkeit ihrcr Hiirem

Susanne Schaup listet prizise die großen Verwerfungen der Ncuzeit auf: jene zwischen Wissenschaft und Religion, jcne zwischen Reich und Arm, die wcitgehend Cine zwischen Nord und Siid ist, jene zwischen Mann und Frau, jene zwischen hchrcn Ziclen und kimpfcrischen Mitteln und jcne zwischen den ncuen Möglichkeiten globalen Handelns und dem Mange] an eincr globalen Ethik.

An die angcsichts der hcutigcn Bedrohungen und Verwerfungen fürjederman selbstvetstindlichc Aussagc »Ein Neuansatz war dringend gebotem kniipft Susanne Schaup jedoch eine heute gar nicht selbstverständliChe Hoflilung in Bczug auf das »Woher?eines Ncuansatzes: »Die Welt schrie nach ciner neuen Wenbamngk

Exakt hicr setzt Huschmand Sabet, der »philosophe Untemehmem, wic ihn das »Managcr Magagim nannte, mit seinem neucsten Buch »Der Übergang. Vom Global Crash zur Weltidentitfiim ein. Der Autor, der Vergleichende Religionswissenschaft bei Helmuth von Glasenapp studierte, eignet sich vicllcicht gerade deshalb zum Querdenken, weil er die Klammer zwischen pragmatischem Denken, zu dem ihn seine Profession als Untcmehmer


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»Die Erde, die Menschheit. die Religion, alle diese drei Entitéiten waren ihrem Wesen nach schon immer eine Einheit. Der Mensch hat sie aber nicht als solche gesehen, seine Sicht auf deren inneres Gleichgewicht war vernebelt. Aufgrund des begrenzten Wirkungsradius des Menschen war er auf diese Einsicht jedoch bis vor relativ kurzer Zeit noch nicht existentiell angewiesen. Er konnte damit leben, die Erde in Lander, die Menschheit in V6Iker und die Religion in Religionen aufzuspalten. Diese Sichtweise erweist sich nun jedoch in atemberaubender Geschwindigkeit als Existenzbedrohung fiir Erde, Menschheit

und Ethik.Huschmand Sabet


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Huschmand Sabet

Der Übergang Vom Global Crash

zur Weltidentjfgét

1994. 160 Seiten. Broschur DM 19,Stuttgart1994

Horizonte Ver/ag ISBN 3-89483-009-3


ONE COUNTRY ‘ Ausgabe 3—4/1994


Huschmand Sabet:

Ist >>W€1t1d€ntitéit<<

IHZWI S C h C H V61. m1tt€1b 31‘? (Rezcnsion »Der chrgang<1)


zwingt, und visionircm Dcnkcn nic 1051168, sondcm 1m Gegcntei] bewußt pflcgtc.

In schcinbar krassem Gcgpnsatz 211m Zeitgcist rmcht cr die Kraft zur chrwindung der von Susanne Schaup so trcfflich bcschricbcnen Vcrwcrfungen der Gcgenwart ausgcrechnct bci einer ncucn Offcnbarung aus, konkrct: in den Schriftcn Bnhiu'lléhs, dcs Stiftcrs der Bahá’í Religion Fr 7cigt, daß cinc HCUC rcligiosc Offenbmmg schr wohl 1111312mdc 131 (1:13 711 lcistcn w1s kmm noch

jcrmnd (10111»1aktochligiona zurrautc, 711m

Bcispiel:

. die (flwmrindung dcs vcm1cintlichen Gegcnsatlcs lwischen Religion und Wisscnschaft (Bnhiu'llzlh crll1'1ltcrtc, (1:18 cs 1111r cinc untcilbarc Wahrheit gibt, 7,11 der Wisscnschafi und Religion zwci untcrschicdlichc, abcr unvcrzichtbar wcrtvollc 7,11g31ngc 51nd,

Huschmand Sabet

Der Übergang vom Global Crash zur Weltidentitéit

Horizonte


d1c sich 1m Glcichgewicht halten mfisscn, wcrm d1c Enrwicklung nicht in Richtung Abcrglaullen oder Matcrialismus gchen $011); 0 die chrwindung dcs Dualismus zwischen Mann und Frau (cntsprcchend der Bahá’í—Lchre kann kein gcscllschaftlichcr Bcrcich sich gcsund cntwickcln, wenn dort nicht cin Glcichgcwicht zwischen dcn Ge schlcchtcm henscht); gensatzcs zwischen

BUCHER Nord 11111181111 (Bahi '11'Il{111 gal) der von 1111‘11bcscl1r10bcncn Vision cincr gccintcn Mcnschhcit c111 klares Kon7cpt cincr ncucn, dcmokratischen Weltordmmg,d1c die polit1scl1cn, sozialcn und kulturcllcn Vomusscmmgcn und Rahmcnbcdingungen für dic Iintwicklung cincr 501111111schen qutgesellschafi bcrcitstcllt);

0 die Überwindung dcs schcinbar 1m11bcrwindlichen Spannungsverhiltnisscs zwischen hehrcn Zielen und kimpfcrischen Mitteln (Die Bahá’í—chtungskultur 151 (11c vicllcicht Libcrraschendste historischc Errungcnschaft dieserjungcn Religion. Sic ermöglicht tatsiichlich eine auf alien Ebenen und in 311611 Konfliktfhllen fiicdliche Lösungsfindung, wie von immer mehr unabhingigen Beobachtem am >>Studicnmodc11Bahá'i-Weltgcmcimchafifcstgestell_t_ wird);

0 die Überwindung der vermeintlich unüberbrückbarcn Kluft zwischen dem >>techn1schen Ricscm und 1>gcistigen Ncandertalem, wie z.B. GiimherAndcxs die Liickc zwischen den menschlichen Möglichkeiten und den humanen Norwendigkeiten beschricb (Bahá’u’lláh schafft eine neue Wcrte—Ordnung, die sich um die neue zentmlc Werte—Achsc der Einheit der Menschheit struktufi'ert).

Huschrmnd Saber zeigt, warum diese Verwcrfungen, d1c kcinc der traditioncllen Religionen abcr auch keinc der ldeolog1€n Liberwindcn konnte ,ausgcrcchnctdurch eine ncuc rcligiosc Offenbarung 11m: Trans7cndicrung flndcn. Er macht dcutlich, daß cin Schritt zu cincm derartig neucn integrativcn Denkcn 111111W311mchmcn wcder durch [dcologicn noch durch interrcligiéscn Dialog errcichbarist sondcm norwcndigcnzvcisc durch einc Fortsct7ung der Offenbarungsgeschichtc von Moses 1111cr Buddha Christus und Muhamnmd. Peter Spiegel Cl

0 die chrwindung dcs vcrmcintlich un11bcrw1ndlichcr1 Gc



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