Menschen nach Gottes Bild/Text

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BAHÁ’Í-STUDIENTEXTE


MENSCHEN NACH GOTTES BILD


Zusammengestellte Worte von BAHÁ’U’LLÁH und .ABDU’L-BAHÁ'


Veröffentlichungs-Ausschuss des Nationalen Geistigen Rats der Bahá‘í In Deutschland und Österreich e.V. Neckargemünd 1948

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ÜBERSICHT

Lasset Uns Menschen machen ............................................................... Seite 1-4 Diese Welt als Durchgang ..................................................................... Seite 4-6 Mensch seit Anbeginn ............................................................................ Seite 6-11 Die Doppelnatur im Menschen .............................................................. Seite 11-15 Materieller und geistiger Fortschritt ...................................................... Seite 13-17 Wahre Glückseligkeit ............................................................................ Seite 17-21


Quellennachweis

1) .Abdu’l-Bahá, Promulgation of Universal Peace, S. 66 f

2) desgl. … S. 398

3) desgl. … S. 329 f

4) desgl. … S. 220 ff

5) desgl. … S. 351 f

6) .Abdu’l-Bahá, Beantw. Fragen, Kap. 49

7) .Abdu’l-Bahá, Ansprachen in Paris Kap. 18

8) .Abdu’l-Bahá, Promulgation S. 38

9) .Abdu’l-Bahá, Ansprachen i. Paris, Kap 30

10) desgl. … Kap. 30

11) desgl. … Kap. 19

12) desgl. … Kap. 34

13) desgl. … Kap. 23

14) desgl. … Kap. 36

15) desgl. … Kap. 35

16) Star of the West VII, S. 163

17) .Abdu’l-Bahá, Ansprachen i. Paris, Kap.34

18) Bahá’u’lláh, Gleanings XXIX



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MENSCHEN NACH GOTTES BILD

Lasset uns Menschen machen …

Nach den Worten des Alten Testaments hat Gott gesprochen: „Lasset Uns Menschen machen nach Unserm Bild und Gleichnis.“ Sie sagen uns, dass der Mensch ein Abbild und Gleichnis Gottes ist, das heisst, dass die Vollkommenheit Gottes, die Göttlichen Tugenden, sich in der Wirklichkeit des Menschen widerspiegeln oder offenbart sind. So, wie ein blanker Spiegel das Licht und den Glanz der auftretenden Sonne voll und ganz widerstrahlt, so werden auch die Eigenschaften Gottes aus der Tiefe reiner Menschenherzen heraus gespiegelt. Damit wird bezeugt, dass der Mensch das edelste unter den Geschöpfen Gottes ist. Jedes Reich der Schöpfung ist mit den dafür erforderlichen Eigenschaften und Fähigkeiten ausgestattet. Das Mineral besitzt die ihm entsprechenden Möglichkeiten gemäss der Daseinsstufe dieses Reiches, die Pflanze die Möglichkeit des Minerals und darüber hinaus die Fähigkeit der Vermehrung oder die Wachstumskraft. Das Tier ist mit den Möglichkeiten des Mineral- und Pflanzenreiches zuzüglich der Kraft der Überlegung ausgerüstet, und das Reich des Menschen umfasst die Vollkommenheiten aller Reiche unter ihm unter Hinzutritt der nur den Menschen eigenen Fähigkeiten. Darum ist der Mensch den niederen Geschöpfen überlegen und das höchste und herrlichste Wesen innerhalb der Schöpfung. Der Mensch ist der Mikrokosmos (die Welt im Kleinen) und das unendliche All der Makrokosmos

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(die dem menschlichen Organismus entsprechende grosse Welt). Die Verborgenheiten der grösseren Welt oder des Makrokosmos finden ihren Ausdruck oder ihre Offenbarung in der kleineren Welt, dem Mikrokosmos. Der Baum ist gleichsam die grössere und der Same in seinem Verhältnis zum Baum die kleinere Welt, aber der grosse Baum als Ganzes ist in dem kleinen Samenkorn als ruhende Möglichkeit verborgen. Wenn wir den Samen in den Boden legen und pflegen, so wird der Baum sich offenbaren. So schlummert auch die grössere Welt, der Makrokosmos, verkleinert in der mikrokosmischen kleineren Welt des Menschen. Hieraus ergibt sich der umfassende Charakter, die Vollkommenheit der im Mensch ruhenden Möglichkeiten. Darum heisst es, dass Gott den Menschen nach seinem Ebenbild und Gleichnis schuf.

Es ist klar, dass wir unter diesem Ebenbild und Gleichnis nicht die menschliche Form oder Gestalt verstehen dürfen, denn die Wirklichkeit des Göttlichen ist auf keine Form nach Aussehen irgend welcher Art beschränkt. Gemeint sind vielmehr die Kennzeichen und Eigenschaften Gottes. Gleichwie wir Gott als den Gerechten ansprechen, muss auch der Mensch gerecht sein. Wie Gott zu allen Menschen liebevoll und gütig ist, muss auch der Mensch der ganzen Menschheit gegenüber liebevolle Güte äussern. Wie Gott getreu und wahrhaft ist, so muss auch der Mensch die gleichen Eigenschaften in der Menschenwelt erzeigen, und wie sich Gott über die ganze Welt erbarmt, so muss sich auch der Mensch als Offenbarung der Barmherzigkeit erweisen. Mit einem Wort: das „Bild und Gleichnis Gottes“

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stellt die Tugenden Gottes dar, und der Mensch ist dazu ausersehen, den Glanz dieser Göttlichen Eigenschaften zu empfangen. Dies ist klar der Urgrund aller Göttlichen Religionen, die Wirklichkeit an sich, die allen gemein ist. 2)

Die Ehre des Menschen liegt in der Erkenntnis Gottes, seine Glückseligkeit entspringt der Liebe Gottes, seine Freude sind Gottes frohe Botschaften, und seine Grösse hängt von seinem Dienst in Gott ab. Die höchste Entwickelung des Menschen liegt im Eintritt in das Gottesreich und die Frucht von seinem Dasein ist der Keim und Geist des ewigen Lebens. Wenn der Mensch der Göttlichen Gaben bar ist und Glück und Freude sich für ihn auf seine stofflichen Neigungen beschränken, was vermag ihn dann vom Tier zu unterscheiden? Das Glück des Tieres wäre dann tatsächlich grösser als seines, sind dessen Bedürfnisse doch geringer und die Möglichkeiten, das Lebensnötige zu gewinnen, leichter. Obwohl auch der Mensch Befriedigung seiner materiellen Erfordernisse und Bequemlichkeiten suchen muss, so ist doch seine wirkliche Notwendigkeit, die Segnungen Gottes zu erlangen. Wenn er dieser Göttlichen Gaben, geistigen Empfänglichkeiten und himmlischer Frohen Botschaften beraubt ist, so hat der Mensch in seinem Erdenleben keine würdige Frucht getragen. Darum sollte er, solange er noch im physischen Leben steht, den Grund zum geistigen Leben legen und im Verein mit körperlichem Wohlbehagen und Glück die Göttliche Freude und Zufriedenheit geniessen, denn dann erst wird er „nach Gottes Bild und Gleichnis“ sein, ist doch das Bild des Barmherzigen durch die Eigenschaften des Himmelreichs gegeben. Erscheinen keine Früchte des Himmelreichs in dem Garten seiner Seele, so ist der Mensch auch

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nicht das Ebenbild und Gleichnis Gottes, doch kommen sie hervor, so wird er zum Empfänger wahrer Gaben und ist er durch das Feuer der Liebe zu Gott entzündet. Wenn seine Gesittung geistig und sein Streben himmlisch wird, wenn seine Handlungen mit Gottes Willen gleich verlaufen, dann hat der Mensch zum Bild Gottes und zur Ähnlichkeit mit seinem Schöpfer hingefunden, sonst aber ist er das Bild und Gleichnis Satans. 3)


Diese Welt als Durchgang.

Der Mensch ist in der Daseinswelt über eine Reihe von Stufen hinweggeschritten, ehe er bis zum Menschenreich gelangt ist. Auf jeder Stufe seines Fortschritts hat er Fähigkeiten für die Erreichung der nächsten Stufe und Gegebenheit entwickelt. Im mineralischen Bereich erlangte er die Fähigkeit, ins Reich der Pflanze aufzurücken. Im Pflanzenreich vollzog sich die Vorbereitung für die Tierwelt, und von dort entwickelte er sich zur Stufe oder dem Bereich des Menschen. Während dieser Entwickelungsreise aber ist er immer und zu jeder Zeit im Keime Mensch gewesen. Zu Beginn seines menschlichen Lebens war er zunächst als Embryo in der Welt des Mutterleibes. Dort erhielt er die Fähigkeit und Ausrüstung zum wahren Menschendasein. Er empfing in dem begrenzten Zustand die Kräfte und Möglichkeiten, die er für diese Welt benötigt. In dieser Welt musste er Augen haben, und er erhielt sie, vorgebildet, schon in jener, er brauchte Ohren, er erhielt sie, bereit und vorbereitet für sein neues Dasein. In der Welt des Mutterleibes

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wurde ihm die Kräfteausrüstung für diese Welt zuteil, sodass er beim Eintritt in dieses Reich des wirklichen Daseins nicht nur über alle erforderlichen Lebensvorgänge und Kräfte verfügte, sondern auch Vorkehrungen für seine materielle Erhaltung vorfand. Daher muss er sich in dieser Welt auch für das nächste Leben vorbereiten. Was er in jener Welt benötigt, muss er sich hier erwerben. Wie er sich in der Welt des Mutterleibes durch Erlangung der für diesen Daseinsbereich erforderlichen Kräfte vorbereitete, so müssen die unerlässlichen Kräfte göttlichen Daseins keimhaft schon n dieser Welt gewonnen werden. Was braucht er in dem Reich, das jenseits des Lebens und der Begrenzungen dieses sterblichen Bereichs ist? Die jenseitige Welt ist eine Welt der Heiligkeit und des Glanzes, darum muss er diese Göttlichen Eigenschaften schon in dieser Welt erwerben. In jener Welt wird Geistigkeit, Glauben und Gewissheit, Gotteserkenntnis und Liebe zu Gott benötigt, und er muss sie in dieser erlangen, damit er nach seinem Aufstieg vom irdischen Reich zum Himmelreich all das für sich vorbereitet finden möge, was jenes Leben erfordert. Jene Göttliche Welt ist eine offenbare Welt des Lichtes, darum braucht der Mensch schon hier Erleuchtung. Sie ist eine Welt der Liebe, darum ist Gottesliebe wichtig. Sie ist eine Welt der Vollkommenheiten, so müssen denn Tugenden und Vollkommenheiten erworben werden. Jene Welt wird belebt durch den Hauch des Heiligen Geistes. In dieser Welt schon müssen wir ihn suchen. Sie ist das Reich des ewigen Lebens, während dieses vergänglichen Daseins müssen wir zu ihm gelangen. Wie kann der Mensch das alles erwerben? Wie wollen wir diese Gnadengeschenke und Kräfte erlangen? Zum ersten durch die Erkenntnis

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Gottes. Zum zweiten durch die Liebe Gottes. Zum dritten durch den Glauben. Viertens durch menschendienliche Taten. Fünftens durch Selbstaufopferung. Zum sechsten durch Loslösung von dieser Welt. Zum siebenten durch Heiligung und Heiligkeit. Solange er diese Kräfte nicht erwirbt und diesen Erfordernissen nicht gerecht wird, wird er des ewigen Lebens sicherlich beraubt sein. Doch wenn er Gott erkennt, vom Feuer der Gottesliebe entzündet und Zeuge der grossen und mächtigen Zeichen des Reiches Gottes wird, wenn er zur Ursache der Liebe unter den Menschen wird und in einem Zustand äusserster Heiligung und Heiligkeit leben, wird er gewiss von neuem geboren und durch den Heiligen Geist getauft werden und sich des immerwährenden Seins erfreuen. 4)


Mensch seit Anbeginn.

Der Mensch überragt das Tier durch seine Fähigkeit des Verstandes. Er ist mit zweierlei Wahrnehmung – der physischen u. sinnenmässigen, und der vernünftigen – ausgestattet, während die Wahrnehmungen des Tieres auf den Kreis der physischen Sinne beschränkt sind. Die sinnenmässigen Wahrnehmungen mögen mit der Kerze, die vernunftsmässigen mit dem Licht verglichen werden. Mathematische Berechnungen oder die Bestimmung der sphärischen Form der Erde erfolgen auf Grund des vernunftsmässigen Wahrnehmungsvermögens. Der Schwerpunk ist eine Annahme, eine Hypothese der Vernunft. Vernunft an sich ist nicht durch die physischen Sinne wahrnehmbar, sie ist eine verstandesmässige Wahrheit oder Wirklichkeit. Alle Eigenschaften sind gedankliche, nicht sinnenmässige Wirklichkeit-

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ten. So sagen wir z. B. von einem Mann, dass er gelehrt sei. Wissen ist eine gedankliche, den physischen Sinnen nicht wahrnehmbare Feststellung, denn wenn ihr den Gelehrten seht, so vermögt ihr weder mit den Augen sein Wissen wahrzunehmen, noch hört ihr mit den Ohren seine wissenschaftliche Kenntnis noch könnt ihr sie schmecken. Sie ist keine sinnlich wahrnehmbare Tatsache. Die Wissenschaft ist eine denkmässige Tatsache. So zeigt sich klar, dass das Wahrnehmungsvermögen des Menschen zweifach, nämlich vernunftsmässig und sinnenmässig ist. Das Tier ist nur mit sinnlichen Wahrnehmungsvermögen ausgestattet, es fehlt ihm also die vernunftsmässige Fassungskraft. Es kann keine gedanklichen Gegebenheiten fassen, kann also z. B. die Erde nicht als Kugel erkennen. Ein Tier in Europa hätte mit seiner Einsicht nie die Entdeckung des amerikanischen Kontinents planen können. Das Tierreich ist ausserstande, die schlummernden Naturgeheimnisse, wie etwa die Elektrizität zu enthüllen und sie aus dem Bereich des Unsichtbaren ins Sichtbare zu bringen. Es ist augenscheinlich, dass die Entdeckungen und Erfindungen das tierische Verständnis übersteigen. Das Tier kann nicht in die Geheimnisse des Werdens und der Schöpfung eindringen, mit seinem Geiste nicht die Tatsche des Äthers fassen und nicht um das Rätsel der Aniehungskraft wissen, weil es nicht mit den Gaben der abstrakten Schlussfolgerung und Erkenntnis ausgestattet ist. Das heisst, dass das Tier im Rahmen seiner Schöpfung ein Gefangener der Sinne ist. Über die Wahrnehmungen und Eindrücke der Sinne hinaus kann es nichts annehmen. Es verneint das alles, ist zu keiner gedanklichen Wahrnehmung imstande und darum gefangen in seinen Sinnen. Tugend oder Vollkommenheit sind dem Menschen eigen, der sowohl die Fähigkeit der Sinne als

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als auch diejenige der gedanklichen Erkenntnis hat. Die astronomischen Entdeckungen sind Errungenschaften des Menschen, und er hat dieses Wissen nicht durch seine physischen Sinne erworben, der grössere Teil von ihnen wurde vielmehr durch den Intellekt, die gedanklichen Sinne, erworben. Die Erfinden des Menschen sind auf dem Wege seines Denkvermögens erschienen, alle wissenschaftlichen Ergebnisse durch diese Fähigkeit vorgekommen. Kurz: die Zeichen der Erkenntniskraft oder Vernunft treten im Menschen an den Tag. Sie sind es, durch die er sich vom Tierreich unterscheidet. Darum ist die Tierwelt von der menschlichen verschieden und ihr unterlegen. Dennoch haben die abendländischen Denker gewisse Schlussfolgerungen oder Gedankengänge, mit denen sie zu beweisen versuchen, dass der Mensch vom Tierreich abstammt, dass er, obwohl er heute ein Wirbeltier ist, anfänglich im Meere lebte, von dort aufs Land kam und zum Wirbeltier wurde, dass allmählich seine Füsse und Hände als Ergebnis einer anatomischen Entwicklung erschienen, er dann zunächst auf allen Vieren zu wandeln angefangen, später den Menschenwuchs erlangt und seine aufrechte Gangart angenommen habe. Sie finden, dass sein Körperbau durch Wandlungen hindurchging, um schliesslich menschliche Formen anzunehmen und dass diese Zwischenformen oder Wandlungen gleich Gliedern einer Kette miteinander verbunden seien, doch fehlt ein Glied zwischen dem Menschen und dem Affen und bis heute haben es die Wissenschaftler nicht zu entdecken vermocht. Somit ist der Hauptbeweis dieser westlichen Auffassung von der Entwicklung des Menschen anatomisch, indem sie folgert, dass sich gewisse Spuren im Menschen fin-

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den, die dem Affen und gewissen niederen Tieren eigentümlich sind, woraus geschlossen wird, dass der Mensch diese heute nicht mehr arbeitenden aber als blosse Ansätze und Spuren erscheinenden Organe zu irgend einer Zeit seiner Aufwärtsentwicklung besessen habe. 5)

Gegen diese Beweisführung ist zunächst zu sagen, dass sich aus einem Auftreten des Tieres vor dem Menschen noch nicht auf eine Entwickelung, Wandlung und Veränderung der Gattungen noch ein Hervorgehen des Menschen aus der Tier- zu Menschenwelt ergibt. Denn während das individuelle Erscheinen dieser verschiedenen Wesen feststeht, bleibt doch noch die Frage offen, ob nicht der Mensch erst nach dem Tier ins Dasein trat. Betrachten wir das Pflanzenreich, so sehen wir, dass die Früchte der verschiedenen Bäume nicht gleichzeitig zur Reife kommen, im Gegenteil: manche reifen früher und manche später. Die grössere Frühe beweist nicht, dass die späteren Früchte eines Baumes aus den früheren eines andern hervorgegangen sein müssen. Weiter beruhen jene schwachen Zeichen und Spuren von Gliedmassen vielleicht auf einer Weisheit, die unser Verstand noch nicht erkannt hat. Wie vieles gibt es, dessen Sinn uns bis zur Stunde fremd ist! So stellt die Physiologie, die Wissenschaft vom Körperaufbau, fest, dass Grund und Ursache für die Verschiedenheit der Tönungen bei den Tieren und den Haaren der Menschen die Röte der Lippen und die Mannigfaltigkeit der Farben bei den Vögeln noch immer unbekannt ist und ein verborgenes Geheimnis darstellt, während wir wissen, dass die Pupille des Auges schwarz ist, um die Sonnenstrahlen aufzunehmen, was sie nicht bei einer anderen, vielleicht einheitlich weissen, Färbung täte. Und so mag noch wie bei den vor-

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erwähnten Fällen, in denen wir den Grund nicht kennen, der Sinn und die Weisheit jener Gliederspuren, gleichviel, ob sie nun menschlich oder tierisch sind, verborgen sein. Sicher haben sie einen Sinn, auch wenn er nicht bekannt ist. Nehmen wir, zum dritten, an, es habe eine Zeit gegeben, zu der gewisse Tiere oder auch der Mensch Gliedmassen hatten, die inzwischen verschwunden sind, so ist dies immerhin noch kein genügender Beweis für die Wandlung und Entwicklung der Gattungen. Denn der Mensch geht zwar von Anfang seiner embryonalen Entwicklung bis zur Erreichung seines Reifezustands durch verschiedene Formen und Erscheinungen hindurch, Aussehen, Form, Erscheinung und Farbe ändern sich, er geht von einer Gestalt, von einer Erscheinung in die andere über, gleichwohl aber gehörte er seit Anbeginn des embryonalen Abschnitts zu der Gattung Mensch, d.h. er war ein Menschenembryo, und nicht der eines Tieres, etwas, was nicht sogleich ersichtlich ist, dann aber klar erkennbar wird. Nehmen wir beispielsweise an, der Mensch hätte einst dem Tier geähnelt und sei nun fortgeschritten und gewandelt, gesetzt es sei dem so, so ist damit doch nicht die Wandlung der Gattungen bewiesen, nein es ist gleichsam, wie erwähnt, eine Wandlung und Veränderung des Embryos, wie sie der Mensch bis zur Erreichung der Stufe der Vernunft und der Vervollkommnung erfährt … Fassen wir noch einmal kurz zusammen: wie ein Mensch im Mutterleib von Form zu Form, von einer Gestalt zur anderen hindurchgeht, sich wandelt und entwickelt und dennoch wie zu Anbeginn des embryonalen Abschnitts immer noch zur Gattung Mensch

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gehört, so war auch der Mensch seit Anbeginn seines Daseins im Mutterleib der Welt eine besondere Gattung, d.h. dass sich der Mensch fortschreitend von einer Form zu anderen entwickelt hat. Deshalb vermag dieser Wechsel der Erscheinung, diese Entwicklung der Gliedmassen, dieses sich entfalten und Wachsen die Gattungen nicht daran zu hindern, von Anfang an in sich selber ursprünglich zu sein. Der Mensch war von vornherein in dieser vollkommenen Form und Zusammensetzung da und trug in sich die Möglichkeit und Neigung, materielle und geistige Vervollkommnung zu erlangen, die Offenbarung der Worte: „Lasset Uns Menschen machen nach Unserm Bild und Gleichnis.“ Er ist nur angenehmer, schöner und anmutvoller geworden. Die Zivilisation hat ihn über seinen wilden Zustand hinausgeführt, so, wie die von Gärtnerhand veredelten Früchte feiner und süsser werden und an Frische und Köstlichkeit gewinnen. Die Gärtner der Menschheit aber sind die Propheten Gottes. 6)


Die Doppelnatur im Menschen.

Der Mensch hat zwei Naturen in sich. Seine geistige oder höhere und seine materielle oder niedere Natur. In der einen nähert er sich Gott, während er in der anderen nur der Welt lebt. Von beiden Naturen finden sich im Menschen Zeichen. In seiner materiellen Art kommt Lüge, Grausamkeit und Ungerechtigkeit zum Ausdruck, die alle Auswirkungen seiner niederen Natur sind, wogegen sich die Eigenschaften seiner göttlichen Natur in Liebe, Erbarmen, Güte, Wahrheit und Gerechtigkeit – die eine wie die andere Ausdruck seines höheren Wesens – zeigen. Alles gute Gebaren, jeder edle Zug gehört der geistigen Natur des Menschen an, wo-


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gegen alle seine Unzulänglichkeiten und bösen Taten aus seiner materiellen Wesensart geboren werden. Beherrscht die göttliche Natur eines Menschen seine menschliche Natur, so haben wir einen Heiligen vor uns … Heilige sind Menschen, die sich von der Welt des Stoffes freigemacht haben und die Sünde überwunden haben. Sie leben in der Welt und sind doch nicht von ihr, weil ihre Gedanken dauernd in der geistigen Welt sind. Sie verbringen ihr Leben in Heiligkeit, und ihre Taten bekunden Liebe, Gerechtigkeit und Frommheit. Sie sind aus der Höhe erleuchtet gleich hellen, leuchtenden Lampen in den dunklen Erdenräumen. 7)

Die göttliche Seite oder die geistige Natur ist der Hauch des Heiligen Geistes. Die von Jesus erwähnte zweite Geburt bezieht sich auf die Erscheinung dieser himmlischen Natur im Menschen. Sie kommt in der Taufe durch den Heiligen Geist zum Ausdruck, und der durch den Heiligen Geist Getaufte ist eine wahre Verkörperung der Göttlichen Gnade für den Menschen, wird er doch gerecht und gütig gegen alle Menschen und frei von Vorurteilen und Übelwollen werden und keine Nation oder Völker meiden. 8)

Wenn sich der Mensch durch den die Seele durchdringen Geist erleuchten lässt, so schliesst er die ganze Schöpfung in sich, er ist das höchste der Geschöpfe, die Summe aller ihm vorausgegangenen Entwicklung. Durch die geistige Erleuchtung und die Einwirkung der Seele lässt ihn seine hohe Intelligenz zur Krone der Schöpfung werden. Doch wenn der Mensch Gemüt und Herz nicht für die Segnungen des Geistes öffnet, sondern seine Seele der materiellen Seite, dem körperli-

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chen Teil seiner Natur zuwendet, so sinkt er von der hohen Stellung herab und reiht sich eher in das Tierreich ein. Ein solcher Mensch befindet sich in einem bedauernswerten Zustand, nehmen doch die für den Hauch des heiligen Geistes offenen Eigenschaften der Seele, wenn sie keine Benutzung erfahren, ab, sie werden schwächer und schwächer und schliesslich völlig kraftlos. Solange sich jemand nur der materiellen Eigenschaften seiner Seele bedient, erlangen sie grosse Stärke und der unglückliche, verführte Mensch wird wilder, ungerechter, schlechter, grausamer und böswilliger als die niedersten Tiere. Wenn all sein Dichten und Trachten und all seine Wünsche durch die niedere Seite der seelischen Natur gestärkt werden, wird er roher und roher, bis er schliesslich nicht mehr höher als ein verkommendes Tier steht. Derartige Menschen trachten nach Übel, suchen Andere zu schädigen und zu vernichten und sind ohne jedes göttliche Mitempfinden, da die himmlischen Eigenschaften ihrer Seele durch die materiellen Eigenschaften unterdrückt werden. Wird andererseits die geistige Natur der Seele so gekräftigt, dass sie die materielle unterwirft, dann nähert sich der Mensch dem Göttlichen, sein Wesen wird derart veredelt, dass sich die Tugenden der himmlischen Heerscharen in ihm offenbaren, er strahlt die Barmherzigkeit Gottes wieder und fördert die geistige Entwickelung der Menschheit, weil er dann zur Lampe wird, die den Weg der Menschen erleuchtet. 9)


Materieller und geistiger Fortschritt.

Das Leben mancher Menschen ist völlig von den Dingen dieser Welt erfüllt, ihr Geist derartig durch Äusserlichkeiten und herkömmliche

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Interessen eingeengt, dass sie für alle anderen Daseinsbereiche und die geistige Bedeutung aller Dinge blind sind. Sie denken und träumen von irdischem Ruhm und materiellem Fortschritt, sinnliches Behagen und eine bequeme Umgebung begrenzen ihren Horizont, ihr höchster Ehrgeiz kreist um den Erfolg in weltlichen Belangen und Gegebenheiten. Sie zügeln ihre niederen Neigungen nicht, sie essen, trinken, schlafen. Gleich dem Tier erheben sich ihre Gedanken nicht über das physische Wohlergehen. Gewiss, diesen Notwendigkeiten muss genügt werden. Das Leben ist eine Bürde, die wir tragen müssen, solange wir auf der Erde sind, doch sollten wir nicht gestatten, dass die Sorge für diese niederen Lebensdinge alles Denken, Dichten und Trachten eines Menschenwesens nur für sich beansprucht. Des Herzens Ehrgeiz sollte sich zu herrlichen Zielen erhaben, das Geistige sich in höhere Sphären schwingen. Die Menschen müssen in der Seele das Bild der himmlischen Vollkommenheit bewahren und darin eine Stätte für die unerschöpfliche Gabenfüllte des Gottesgeistes schaffen. Lasst uns unseren Ehrgeiz auf die Errichtung einer himmlischen Zivilisation auf Erden richten! Ich erbitte für euch den höchsten Segen, damit ihr von der Lebenskraft des Himmlischen Geistes so erfüllt sein möget, dass ihr für die Welt zur Ursache des Lebens werdet. 10)

Wenn ein Mensch in seinem Geschäft, in der Kunst oder im Beruf Erfolg hat, so kommt er dadurch in die Lage, sein physisches Wohlergehen zu heben und seinen Körper ein Mass von Annehmlichkeit und Wohlbehagen zu verschaffen, bei dem er sich wohlfühlt. Wir

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sehen ringsum, wie sich der Mensch mit aller neuzeitlichen Bequemlichkeit und Pracht umgibt und hinsichtlich seiner physischen, materiellen Wesensseite nichts versagt. Doch seid auf der Hut, dass ihr über der allzustarken Beschäftigung mit den Dingen des Körpers nicht die Bedürfnisse der Seele hintenan stellt, denn materieller Gewinn kann den menschlichen Geist nicht erheben. Vervollkommnung in weltlichen Dingen bringt dem Körper des Menschen Freude, verklärt aber keineswegs die Seele. Es mag geschehen, dass ein Mensch, dem jeder materielle Vorteil eignet und der von der äussersten Bequemlichkeit umgeben lebt, die ihm die moderne Zivilisation nur bieten kann, doch aller wichtigen Gaben des Heiligen Geistes bar ist. Gewiss ist materieller Fortschritt gut und rühmlich, doch lassen wir darüber nicht den wichtigeren geistigen Fortschritt ausser acht und schliessen wir nicht die Augen vor dem Göttlichen Licht, das unter uns leuchtet! Nur indem wir im Geistigen wie im Materiellen wachsen, können wir auch wirklich vorwärtsschreiten und zu vollkommenen Geschöpfen werden. 11)

Wildheit und Grausamkeit sind natürliche Eigenschaften des Tieres, der Mensch aber sollte Eigenschaften der Liebe und der Güte äussern. Gott sandte die Propheten in der einen Absicht in die Welt, dass sie Liebe und Güte in die Menschenherzen säen, und für diese grosse Aufgabe waren sie bereit zu leiden und zu sterben. Alle Heiligen Bücher wurden geschrieben, um die Menschen auf den Weg der Liebe und Einigkeit zu bringen. Dennoch sehen wir um uns das traurige Schauspiel des Kriegs und Blutvergiessens! Wenn wir das Buch der Vergangenheit und Ge-

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genwart durchblättern, so sehen wir die Erde von Menschenblut gerötet. Die Menschen töten einander wie die wilden Tiere und vergessen die Gesetze der Liebe und Duldsamkeit. Und nun ist dieses erleuchtete Zeitalter gekommen und hat eine wunderbare Zivilisation und materiellen Fortschritt mit sich gebracht. Der Verstand des Menschen ist gewachsen, sein Blick hat sich geweitet, doch ach, trotz allem wird täglich neues Blut vergossen … Dies zeigt uns, dass materieller Fortschritt alleine nicht den Menschen hebt. Im Gegenteil: je mehr er sich mit materiellem Fortschritt umgibt, desto mehr wird seine Geistigkeit verdunkelt. Früher war der materielle Fortschritt weniger rasch und wurde auch das Blut noch nicht in solchem Masse vergossen. Die alten Kriege kannten keine Geschütze, keine Flinten weder Dynamit noch Bomben, Kreuzer, Torpedo- und Unterseeboote. Heute haben wir das alles durch materielle Zivilisation erfunden, und der Krieg nimmt seine Entwicklung vom Schlimmen zum Nochschlimmeren … Ich möchte euch klar machen, dass materieller und geistiger Fortschritt zwei sehr verschiedene Dinge sind und dass es nur dann zu einem wirklichen Fortschritt kommen kann, wenn materieller Fortschritt mit Geistigkeit Hand in Hand gehen. 12)

Die geistigen Vollkommenheiten sind des Menschen angestammtes Recht, sie stehen ihm allein und niemanden sonst in der gesamten Schöpfung zu. Der Mensch ist in der Wirklichkeit ein geistiges Wesen, und er kann nur dann auch wirklich glücklich sein, wenn er im Geist lebt. 13)

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Fürwahr, es ist für den Menschen tausendmal besser zu sterben, als ohne Tugenden zu leben. Wir haben Augen, um zu sehen, doch was nützen sie uns, wenn wir sie nicht benutzen? Wir haben eine Zunge, um Gott zu preisen und durch sie die guten Botschaften zu künden. Der alliebende Gott erschuf den Menschen, um das Göttliche Licht zu spiegeln und die Welt durch Worte, Taten und Leben zu erleuchten. Besitzt er keine Tugenden, so ist er nicht mehr als ein blosses Tier, und ein Tier, das keinen Verstand hat, ist ein niedriges Wesen. Der Himmlische Vater gab dem Menschen die unschätzbare Gabe des Verstandes, dass er zu einem geistigen Licht, das die Dunkelheit des Materialismusses erhellt und Gütigkeit und Wahrheit in die Welt bringt, werde. Wenn ihr den Lehren Bahá’u’lláh’s ernstlich folgt, so werdet ihr in der Tat zum Licht der Welt, zur Seele für den Leib der Welt, zu Trost und Hilfe für die Menschheit und zur Quelle der Erlösung für das ganze Weltall werden. Darum strebet mit Herz und Seele, die Gebote der „Gesegneten Vollkommenheit“ (Bahá’u’lláh) zu halten. Seid versichert, dass ewiges Leben und unvergängliche Freude im Himmelreich euer Teil sein werden und himmlischer Beistand euch in allen euren Tagen stärken wird, wenn ihr das euch von Ihm vorgeschriebene Leben lebt. 14)


Wahre Glückseligkeit.

Wir werden in dieser Welt von zwei Gefühlen, der Freude und dem Leid, beeinflusst. Die Freude gibt uns Schwingen. In Zeiten der Freude ist unsere Kraft belebter, unser Verstand geschärfter und unser Begriffsvermögen klarer. Wir erscheinen geeigneter, uns mit der

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Welt zu messen und unseren zweckmässigen Wirkungskreis herauszufinden. Kehrt aber Traurigkeit bei uns ein, so werden wir schwach, die Kraft verlässt uns, unser Erfassen ist getrübt und unsere Einsichtsfähigkeit umzogen. Die Wirklichkeiten des Leben scheinen sich unseren Händen zu entwinden, das geistige Auge kann nicht in die heiligen Tiefen eindringen, und wir glauben am Ende toten Wesen. Kein menschliches Wesen kann sich diesen beiden Einflüssen entziehen, doch kommen alle herrschenden Sorgen und Kümmernisse aus der Welt des Stoffes. Die geistige Welt schenkt nur Freude! Leiden wir, so ist dies eine Auswirkung von Stofflichem, und alle Prüfungen und Plagen rühren aus dieser Welt des Scheines her. So mag z.B. ein Kaufmann, der sein Geschäft verliert und als Folge davon bedrückt wird. Ein Arbeiter wird entlassen, und der Hunger steht ihm im Gesicht geschrieben. Ein Bauer hat eine schlechte Erne, und in sein Gemüt kehrt Angst ein. Ein Mann baut sich ein Haus, das bis zum Grunde abbrennt, wird plötzlich obdachlos, steht vor dem Nichts und ist verzweifelt. Alle diese Beispiele mögen zeigen, dass die Prüfungen, die uns bei jedem Schritt befallen, unsere ganzen Sorgen, Mühe, Schande und Gram, ihren Ursprung in der Welt des Stoffes haben, wogegen das Reich des Geistes niemals Traurigkeit hervorruft, die mit ihren Gedanken in jenem Reich leben, wissen von ständiger Freude. Wohl lassen die Übel, die allen Fleisches Erbe sind, auch ihn nicht aus, doch rühren sie nur an der Obefläche seines Lebens. In der Tiefe bleibt es ruhig und heiter. Heute ist die Menschheit von Unruhe, Sor-

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ge und Leid gebeugt, die niemand fliehen kann. Die ganze Welt ist nass von Tränen. Doch danket Gott, der Heiler ist vor eurer Türe! Lasst uns die Herzen von der Welt des Stoffes abziehen und in der Welt des Geistes leben! Sie einzig kann uns Freiheit geben. Sind wir von Schwierigkeiten umringt, so brauchen wir nur Gott zu rufen, und durch Sein grosses Erbarmen wird uns Hilfe werden. Wenn Sorgen und Widerstände uns überkommen, so lasst uns unser Angesicht zum Reich des Geistes wenden, und himmlischer Trost wird aus ihm fliessen. Wenn wir erkranken und elend sind, so lasst uns zu Gott um Heilung flehen, und Er wird unser Beten erhören. Wenn unsere Gedanken von der Bitternis dieser Zeit erfüllt sind, so lasst uns auf die Süsse in Gottes mitleid achten und Er wird himmlische Ruhe senden. Sind wir auch in der Welt des Stoffes gefangen, kann unser Geist sich zum Himmel schwingen und uns in Wahrheit frei sein lassen. Wenn unsere Tage sich zum Ende neigen, so lasst uns an die ewigen Welten denke, und Freude wird in uns sein! Überall um euch seht ihr Beweise für die Unzulänglichkeit des Stoffes. Freude, Wohlbehagen, Frieden und Trost sind nicht in den Vergänglichkeiten dieser Welt zu finden. Wie töricht ist es da, die Kostbarkeiten nicht auch dort zu suchen, wo wir sie finden können. Die Türen des Geistigen Reiches stehen allen offen, und ausserhalb derselben ist nur Dunkel. Danket Gott, für diese Erkenntnis. Könntet ihr doch durch sie in allen Sorgen eures Lebens höchsten Trost erlange. Sind eure Gnadentage/Erdentage gezählt, so wisst ihr, dass immerwährendes Leben eurer wartet, hüllt euch die materielle Angst in dunkle Wolken, so wird euch geistiger Glanz den Weg erhellen. Wahrlich, wessen Sinn vom Geist des Höchsten erhellt ist, dem wird

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höchste Tröstung werden … So ist denn Geistigkeit die grösste unter Gottes Gaben, und „immerwährendes Leben“ bedeutet, „sich Gott zuzuwenden“. Möget ihr doch, einer und alle, täglich mehr an Geistigkeit gewinnen und in allem Guten Kraft erhalten. Möget ihr immer neue Hilfe durch den Göttlichen Trost empfangen und durch Gottes Heiligen Geist Befreiung finden, und möge die Kraft des Himmlischen Reiches in eurer Mitte sein und wirken! 15)

Geistige Glückseligkeit ist die wahre Grundlage des menschlichen Lebens, denn das Leben ist um des Glückes, nicht um der Sorge willen, zur Freude, nicht zum Leid erschaffen. Glückseligkeit ist Leben, Sorge, Tod, Glückseligkeit des Geistes ewiges Leben. Dies ist ein Licht, dem keine Nacht folgt, dies ist ein Ruhm, dem keine Schmach folgt, dies ist ein Leben, auf das kein Tod folgt, dies ist ein Sein, das nicht zerstört wird. Diese grosse Segnung, diese köstlich Gabe wird dem Menschen nur durch Gottes Führung … Diese Glückseligkeit ist der Grund, aus dem die Menschen wurden, Welten wuchsen, die vergänglichen Wesen Leben haben und Gottes Erscheinungswelt der Sonne am Mittag gleich hervorkommt. Diese Glückseligkeit ist nichts als die Liebe Gottes … Wäre es nicht um dieser Glückseligkeit willen, die Welt des Daseins wäre nicht erschaffen. Wahre Glückseligkeit hängt vom Geistigen Gut ab, davon, dass wir unser Herz stets offen halten, um die Göttlichen Gaben anzunehmen. Wenn sich das Herz von den Segnungen, die Gott darreicht, abkehrt, wie kann es dann Glückseligkeit erhoffen? Wenn es sein Hoffen und Vertrauen nicht auf Gottes Erbar-

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men setzt, wo kann es dann wohl Ruhe finden! O, baut auf Gott, denn Seine Gabe ist immerwährend, und auf Seine Segnungen, denn sie sind köstlich. O, stellt euren Glauben auf den Allmächtigen, denn Er versagt nicht, und Seine Güte ist unvergänglich! Seine Sonne spendet dauernd Licht, und die Wolken Seiner Gnade sind voll vom Wasser des Erbarmens, mit dem er die Herzen aller netzt, die auf Ihn bauen. Sein erfrischender Hauch trägt in den Flügeln den ausgedörrten Menschenseelen stetig Heilung zu. Ist es wohl weise, sich von einem so liebevollen Vater abzuwenden, der Seinen Segen über uns giesst, und statt Seiner die Knechtschaft unter den Stoff zu wählen? Gott hat in Seiner unendlichen Güte zu so viel Ehren erhoben und uns zu Herren über die materielle Welt gesetzt. Sollen wir denn zu ihren Sklaven werden? Nein, lasst uns lieber unser Geburtsrecht geltend machen und darnach streben, dass wir das Leben der geistigen Söhne Gottes leben! 17)

Gottes Absicht bei Erschaffung des Menschen war und wird immer sein, dass Er befähigt werde, seinen Schöpfer zu erkennen und in Seine Gegenwart zu kommen. Dieses erhabenste Ziel, dieser höchste Sinn wird durch alle himmlischen Bücher und die von Gott geoffenbarten gewichtigen Schriften unfehlbar bekundet. Wer immer den Morgen der Göttlichen Führung erkannt und Seinen Heiligen Hof betreten hat, der ist Gott nahe gekommen und hat zu Seiner Gegenwart hingefunden, einer Gegenwart, die das wirkliche Paradies ist von der die erhabensten Behausungen des Himmels nur ein Sinnbild sind. 18)


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