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Die
Baha!i-
Welt-
religion
(8
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Ihr seid alle die Blätter eines Zweiges und die Früchte eines Baumes.
Diese Erde ist eine Heimat, laßt sie eine solche _ in Einigkeit sein!
Religion ist das vortrefflichste aller Mittel
zur Begründung von Ordnung in der Welt.
Der wahrlich ist ein Mensch, der sich heute dem Dienste am ganzen Menschengeschlecht weiht.
| 2 Bahd’u’llah
Herausgeber:
Bahä’i-Verlag G.m.b.H., Frankfurt a. Main,
Westendstr. 24
[Seite 3]Die Baha’ı-Weltreligion a
ER IHR SEP.
Der Glaube, der von Bahä’u’lläh begründet wurde, entstand in Persien um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Nach längerer Verbannung des Grün- ders, zuletzt nach der türkischen Strafkolonie von Akka, und späterhin nach Seinem Tod und Seiner Bei- setzung in Akka, hat der Glaube sein endgültiges Zen- trum im Heiligen Land gefunden, und er ist jetzt im Begriff, die Grundlagen seines Verwaltungszentrums für die ganze Welt in der Stadt Haifa aufzubauen.
Wenn man seinen Anspruch, wie er unmißverständ- lich durch seinen Begründer verfochten wurde, und die Art des Wachstums der Bahä’i-Gemeinde in allen Tei- len der Welt betrachtet, so kann dieser Glaube nicht anders angesehen werden als eine Weltreligion, die dazu bestimmt ist, sich im Laufe der Zeiten zu einem weltumfassenden Gemeinwesen zu entwickeln. Sein Kommen muß das goldene Zeitalter der Menschheit ankündigen, das Zeitalter, das die Einheit des Men- schengeschlechtes unerschütterlich begründen, seine Reife erreichen und seine Bestimmung durch die Ge- burt und Verwirklichung einer alles umfassenden Zi- vilisation erfüllen wird.
Neue Darlegung ewiger Wahrheiten
Obwohl dem schiitischen Islam entsprungen und in den ersten Entwicklungsphasen von den Anhängern des mohammedanischen und des christlichen Glaubens nur als eine obskure Sekte, ein asiatischer Kult oder
'ein Ableger der mohammedanischen Religion be-
trachtet, beweist dieser Glaube nunmehr in wachsen- dem Maße sein Anrecht auf eine andere Beurteilung als nur die eines weiteren religiösen Systems, das den. sich bekämpfenden Glaubensbekenntnissen zugesellt ward, die so viele Geschlechter lang die Menschheit zerspalten und ihre Wohlfahrt verwüstet haben. Viel- mehr ist er eine neue Darlegung der ewigen Wahr- heiten, die allen Religionen der Vergangenheit zu- grunde liegen, und eine einigende Macht, die den Anhängern dieser Religion einen neuen geistigen An- trieb, eine neue Hoffnung und Liebe zur Menschheit gibt und sie durch eine neue Betrachtungsart, die der grundsätzlichen Einheit der religiösen Lehren, anfeu- ert, und vor ihren Augen die herrliche Berufung dar- tut, die dem Menschengeschlecht winkt.
Die Anhänger dieses Glaubens stehen fest zu dem
grundlegenden Prinzip, wie es von Bahä’u’lläh ver-
kündet worden ist, daß religiöse Wahrheit nicht ab-
solut, sondern relativ ist, daß Gottesoffenbarung ein
fortdauerndes und fortschreitendes Geschehnis ist,
daß alle großen Religionen der Welt göttlich in. ihrem
Ursprung sind, daß ihre Grundsätze zueinander in
völligem Einklang stehen, daß. ihre Ziele und Ab-
sichten ein und dieselben sind, daß ihre Lehren nur
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Widerspiegelungen der einen Wahrheit sind, daß ihr Wirken sich ergänzt, daß sie’ sich nur in unwesent- lichen Teilen ihrer Lehren unterscheiden und daß ihre Sendungen aufeinanderfolgende geistige Entwick- lungsstufen der Menschheit darstellen.
Zur Versöhnung der sich streitenden Bekenntnisse
Das Ziel Bahä’u’llähs, des Propheten dieses neuen und großen Zeitalters, in das die Menschheit einge- treten ist — Sein Kommen erfüllt die Prophezeiungen des Neuen und Alten Testamentes wie auch des Ko- rans, die sich auf das Erscheinen des Verheißenen am Ende der Zeiten, am Tage des Gerichtes beziehen — ist nicht die Zerstörung, sondern die Erfüllung der Offenbarungen der Vergangenheit und viel mehr die Versöhnung als die Betonung der Gegensätze der sich streitenden Glaubensbekenntnisse, welche die heutige Menschheit noch zerreißen.
Er ist weit davon entfernt, die Stufe der Ihm vor- ausgegangenen Propheten herabsetzen oder ihre Leh- ren schmälern zu wollen. Vielmehr will Er die Grund- wahrheiten, die in allen diesen Lehren liegen, in einer Weise neu darlegen, wie sie den Nöten der Menschheit entspricht, auf ihre Fassungskraft abge- stimmt. und auf Fragen, Leiden und Verwirrungen der Zeit, in der wir leben, angewendet werden kann.
Seine Sendung ist, zu verkünden, daß die Zeiten der Kindheit und Unreife des Menschengeschlechtes vorbei sind, daß die Erschütterungen der heutigen
‚Stufe der Jugend langsam und schmerzvoll die Stufe
der Reife vorbereiten und das Nahen jener Zeit der Zeiten verkünden, da die Schwerter in Pflugscharen umgewandelt werden, das von Jesus Christus ver- heißene Reich begründet und der Friede auf diesem Planeten endgültig und dauernd gesichert sein wird.
Auch stellt Bahä’u’läh nicht den Anspruch auf Letztlichkeit Seiner eigenen Offenbarung, Er erklärt vielmehr ausdrücklich, daß in den späteren Phasen der endlos weiterschreitenden Menschheitsentwicklung ein volleres Maß der Wahrheit enthüllt werden muß, als Ihm von dem Allmächtigen in einem für die Mensch- heit so kritischen Zeitpunkt gestattet wurde.
Einheit des Menschengeschlechtes
Der Bahä’i-Glaube hält die Einheit Gottes hoch, anerkennt die Einheit Seiner Propheten und betont vor allem den Grundsatz der Einheit und Ganzheit aller Menschenrassen. Er verkündet, daß die Einigung der Menschheit notwendig und unvermeidbar ist, hebt hervor, daß wir uns ihr schrittweise nähern und stellt die These auf, daß nichts anderes als der verwan- delnde Geist Gottes, der durch Sein erwähltes Sprach-
[Seite 5]rohr an diesem Tage wirkt, letzten Endes diesen Zu-
stand herbeizuführen fähig ist. Noch mehr: Der
Bahä’i-Glaube legt seinen Anhängern vor allem die
Pflicht des ungehemmten Suchens nach Wahrheit auf,
verwirft alle Arten von Vorurteil und Aberg lauben
und erklärt, daß der Zweck der Religion die Fr örde-
rung von Freundschaft und Eintracht sei; er ver-
kündet in wesentlichen Fragen ihr ‚Zusammengehen
mit der Wissenschaft und erkennt sie als die größte
Kraft für die Befriedigung und den geregelten Fort-
schritt der Menschheit. Er hält eindeutig den Grund-
satz gleicher Rechte, gleicher Möglichkeiten und Vor-
rechte für Männer und Frauen hoch, besteht auf guter
Erziehung als Pflicht, beseitigt die Extreme von Ar-
mut und Reichtum, schafft die Einrichtung des Prie-
sterstandes ab, verbietet Sklaverei, Bin, Bettelei
und Mönchtum und schreibt Einehe vor, mißbilligt
Scheidung, betont die Notwendigkeit festen eh
sams gegenüber der Regierung, ‘erhöht jede Arbeit,
die im Geiste des Dienstes getan wird, auf den Rang
des Gottesdienstes, drängt auf die Schaffung oder
Auswahl einer Welthilfssprache und gibt einen Um-
riß für die Einrichtungen, welche den Weltfrieden be-
gründen und dauerhaft machen sollen.
Der Herold
Der Bahä’i-Glaube kreist um drei Hauptgestalten, deren erste ein Jüngling aus Schiras namens Mirzä Ali Muhammad war, bekannt als der Bäb (das Tor). Er erhob im Mai 1844, im Alter von 25 Jahren, unter Berufung auf die Heiligen Schriften früherer Offen- barungen den Anspruch, der Vorbote und Wegbereiter für das Kommen eines Größeren als Er selbst zu sein. Dessen Sendung sei, nach eben diesen Schriften, eine Ära des Friedens und der Gerechtigkeit einzu- leiten, die als die Vollendung aller früheren Sendun- gen begrüßt würde, und einen neuen Zyklus in der Religionsgeschichte der Menschheit zu begründen. Rasch setzte strenge Verfolgung ein, die von den or- ganisierten Mächten der Kirche und des Staates Seines Geburtslandes ausging und schließlich zu Seiner. Ge- fangenschaft, Verbannung und Hinrichtung im Juli
1850 in Täbris führte. Nicht weniger als 20 000 Seiner
Anhänger wurden mit so barbarischer Grausamkeit hingemordet, daß sie das warme Mitgefühl und die unbegrenzte Bewunderung a Allindischer Schrift- steller, Diplomaten,. Reisender und Gelehrter her- vorrief.
Bahä’u’lläh Mirzä Husayn’Ali, genannt Bahä’u’lläh (die Herr- lichkeit Gottes), aus der Provinz Mäzindarän stam- mend, dessen Kommen der Bäb verkündet hatte, wur-
de von diesen gleichen Mächten der Unwissenheit und
des Fanatismus angegriffen, in Teheran eingekerkert,
1852 aus Seinem Heimatland nach Bagdad, von dort
nach Konstantinopel und Adrianopel und schließlich
in die Gefängnisstadt Akka verbannt, wo Er nicht
weniger als 24 Jahre lang gefangengehalten wurde.
Unweit davon starb Er im Jahre 1892. In der Zeit
Seiner Verbannung, vor allem in Adrianopel und in
Akka, gab Er den Gesetzen und Vorschriften Seiner
Sendung Ausdruck. Er erklärte in mehr als hundert
I Bänden die Grundsätze Seines Glaubens und verkün-
\ dete Seine Botschaft den Königen und Herrschern des
h Ostens und des Westens, Christen sowohl wie Mo- 1.1 hammedanern.
‘Abdu’l-Bahá
Sein ältester Sohn, ‘Abbäs Effendi, bekannt als ‘Abdu’l-Bahá (Diener Gottes), war von Bahä’u’lläh } zu Seinem gesetzlichen Nachfolger und bevollmäch- it tigten Ausleger Seiner Lehren ernannt worden. Er war seit Seiner frühesten Kindheit Seinem Vater eng verbunden und teilte dessen Verbannung und Leiden. Er blieb ein Gefangener bis 1908, wo Er in Auswir- kung der jungtürkischen Revolution aus der Haft entlassen wurde. Nunmehr verlegte Er Seinen Wohn- sitz nach Haifa, schiffte sich dann bald zu einer drei Jahre währenden Reise nach Ägypten, Europa und Nordamerika ein, in deren Verlauf Er vor einer zahl- reichen Hörerschaft die Lehren Seines Vaters auslegte und das Nahen der Katastrophe voraussagte, die bald darauf die Menschheit überfallen sollte. Seine Rück- kehr erfolgte am Vorabend des ersten Weltkrieges, in dem Er bis zur Befreiung Palästinas dauernden Gefahren ausgesetzt war.
1921 verschied Er aus dieser Welt. Er wurde auf dem Berge Karmel in dem Grabmal beigesetzt, das
nach dem Gebot Bahä’u’llähs für die sterblichen Reste des Bäb errichtet worden war.
Die Verwaltungsordnung
Das Hinscheiden “Abdu’l-Bahás bedeutete das Ende des heroischen Zeitalters des Bahä’i-Glaubens und be- zeichnete zugleich den Beginn des gestaltgebenden Zeitalters, das den schrittweisen Aufstieg der Ver- waltungsordnung des Glaubens schaffen soll. Ihre Errichtung war vom Bäb vorhergesagt, ihre Gesetze wurden von Bahä’u’lläh geoffenbart und ihre Um- risse durch ‘Abdu’l-Bahá in Seinem Willen und Te- stament vorgezeichnet.
Die Verwaltungsordnung des Glaubens von Bahä’- u’lläh ist dazu bestimmt, sich zu einem Bahä’i-Welt- gemeinwesen zu entwickeln. Sie hat schon die An-
[Seite 7]griffe überdauert, die so furchtbare Feinde wie die
Könige der Kadscharen-Dynastie, die Kalifen des
Islams, die führenden Geistlichen Ägyptens und die
Nationalsozialisten in Deutschland gegen ihre Ein-
richtungen gerichtet hatten, und hat ihre Zweige in
alle Teile der Erde von Island bis zum südlichsten
Chile ausgebreitet. Sie zählt in ihren Bereichen die
Vertreter von nicht weniger als 31 Rassen, darunter
Christen verschiedener Bekenntnisse, Muselmänner
der sunnitischen und schiitischen Sekten, Juden, Hin-
dus, Sikhs, Zoroastrier und Buddhisten. Sie hat durch
ihre eingesetzten Organe Bahä’i-Schriften in 48 Spra- chen veröffentlicht und verbreitet”). |
Diese Verwaltungsordnung ist, im Unterschied zu den anderen Systemen, die sich nach dem Tode der Gründer in den verschiedenen Religionen entwickelt haben, göttlich in ihrem Ursprung. Sie ruht fest auf den Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen und Ein- richtungen, die vom Begründer des Glaubens selbst ausdrücklich niedergelegt und festgesetzt sind und waltet in fester Übereinstimmung mit den eindeutig bevollmächtigten Auslegern der heiligen Texte.
Der Glaube, dem diese Ordnung dient, den sie | schützt und fördert, ist, wie in diesem Zusammen- | hang voll bemerkt werden sollte, in seinem Wesen | übernatürlich, übernational, völlig unpolitisch, partei- i los und allen Systemen oder Schulen von Ideen, die ' irgendeine besondere Rasse, Klasse oder Nation über | die andere zu stellen suchen, völlig entgegengesetzt. Er ist frei von jeglicher Form von Kirchentum, hat | weder Priesterstand noch Riten und wird allein durch freiwillige Gaben seiner erklärten Anhänger getragen.
Obwohl die Bekenner des Bahä’i-Glaubens ihren Regierungen treu ergeben, in Liebe ihrem Vaterland verhunden und darauf bedacht sind, zu allen Zeiten deren Wohl zu fördern, so werden sie doch, weil sie die Menschheit als eine Einheit betrachten und sich
7 deren Lebensinteressen tief verpflichtet fühlen, ohne Zögern jedes Einzelwohl, sei es persönlich, oder na- tional, dem übergeordneten Wohl der Menschheit als Ganzes unterordnen, denn sie wissen sehr wohl, daß in einer Welt der gegenseitigen Abhängigkeit der Völker und Nationen der Vorteil des Teiles am besten durch den Vorteil des Ganzen erreicht werden kann, und daß kein Dauererfolg durch einen der zugehöri- gen Teile erreicht werden kann, wenn das Allgemein- wohl des Ganzen hintangestellt wird.
u
Shoghi Effendi
°) 1962 auf 296 Sprachen angewachsen.
Zwölf Grundsätze der Baha’i-Weltreligion
ID
. Die gesamte Menschheit muß als eine
Einheit betrachtet werden.
Alle Menschen sollen die Wahrheit selb- ständig erforschen.
. Alle Religionen haben eine gemein-
same Grundlage.
. Die Religion muß die Ursache der Einig-
keit und Eintracht unter den Menschen sein.
. Die Religion muß mit Wissenschaft und
Vernunft übereinstimmen.
. Mann und Frau haben gleiche Rechte.
7. Vorurteile jeglicher Art müssen ab-
9,
10.
ik
12,
gelegt werden.
. Der Weltfrieden muß verwirklicht
werden.
Beide Geschlechter sollen die beste geistige und sittliche Bildung und Er- ziehung erfahren.
Die sozialen Fragen müssen gelöst werden.
Es muß eine Einheitssprache und eine Einheitsschrift eingeführt werden.
Es muß ein Weltschiedsgerichtshof eingesetzt werden.
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