Die administrative Ordnung des Bahá’í-Glaubens (Auflage 1947)/Text

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DIE ADMINISTRATIVE ORDNUNG des Bahá’í-Glaubens


Aus den Schriften von SHOGHI EFFENDI



Quellennachweis:

1) Shoghi Effendi : God passes by, S. XIII f.

2) Shoghi Effendi : Die Sendung Bahá’u’lláh’s IV S. 56

3) Shoghi Effendi : God passes by, S. 325-328

4) Shoghi Effendi : Die Sendung Bahá’u’lláh’s IV

5) Shoghi Effendi : Die Weltordnung von Bahá’u’lláh

6) Shoghi Effendi : Die Sendung Bahá’u’lláh’s IV

7) Shoghi Effendi : desgl.





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DIE ADMINISTRATIVE ORDNUNG


Stufen einer fortschreitenden Entwickelung.

In grossen Zügen kann vom ersten Jahrhundert der Bahá’í-Zeitrechnung gesagt werden, dass es das Heroische, das Ursprüngliche, das Apostolische Zeitalter des Glaubens Bahá’u’lláh’s sowie auch die Anfänge des Gestaltenden, Überleitenden, Eisernen Zeitalters umfasst, das von der Sammlung und Gestaltung der durch Seine Offenbarung ausgelösten schöpferischen Kräfte Zeugnis ablegen soll. Die ersten achtzig Jahre dieses Jahrhunderts umschliessen, rund, die ganze Periode des ersten Teiles, während die letzten zwei Jahrzehnte als Beleg für den Beginn des zweiten Teils betrachtet werden mögen. Der erste hebt mit der Erklärung des Báb an, enthält die Sendung Bahá’u’lláh’s und endet mit dem Hinscheiden ‘Abdu’l-Bahá’s. Der zweite wird durch den Letzen Willen und das Testament ‘Abdu’l-Bahá’s eingeleitet, das seinen Charakter bestimmt und die Grundlage dazu bildet. Das in Betracht stehende Jahrhundert kann darum als in vier verschiedene Perioden von ungleicher Dauer untergliedert angesehen werden, denen jeweils besondere Eigentümlichkeit und gewaltige, wahrhaft unabschätzbare Bedeutung zukommt. Diese vier Abschnitte hängen untereinander eng zusammen und stellen aufeinanderfolgende Akte eines einzigen in sich geschlossenen wunderbaren und erhabenen Dramas dar, dessen verborgensten Sinn kein Intellekt ergründen, dessen Steigerung kein Auge auch nur schattenhaft wahrnehmen und dessen Abschluss keine Geist angemessen ahnen kann. Jeder dieser Akte kreist um sein eigenes Thema, rühmt sich seiner eigenen Helden, verzeichnet seine besonderen Tragödien, hat seine besonderen Triumphe und seinen gesonderten Anteil an der Durchführung eines gemeinsamen, unveränderlichen Planes. Irgend einen derselben von den übrigen zu scheiden, die späteren Kundgebungen einer einzigen, allumfassenden Offenbarung von der sie in den frühesten Tagen beseelenden Urabsicht zu trennen, würde gleichbedeutend mit einer Verstümmelung des tragenden Unterbaues und einer beklagenswerten Verkehrung ihrer Wahrheit und Geschichte sein. Der erste Abschnitt (1844-1853) kreist um die edle, jugendliche und unwiderstehliche Persönlichkeit des Báb, des in Seiner Sanftmut unvergleichlichen, in Seiner heiteren Gelassenheit Unerschütterlichen, mit Seinen Aussprüchen magnetisch Anzieheden und in den dramatischen Ereignissen Seiner kurzen, tragischen Amtszeit Unvergleichlichen. Er beginnt mit der Erklärung Seiner Sendung, gipfelt in Seinem Märtyrertum und endet mit einem in seiner Scheusslichkeit abstossenden wahren Rausche religiösen Massenschlachtens. Er erhält sein Gepräge durch neun Jahre wilden und unbarmherzigen Kampfes, dessen Schauplatz das ganze Persien war, in dem mehr als zehntausend Helden ihr Leben hergaben, an dem zwei Herrscher der Kadscharen-Dynastie und ihre lasterhaften Minister teilhatten und der von der gesamten schiitischen Kirchenhierarchie, den militärischen Machtmitteln des Staates und der unversöhnlichen Feindseligkeit der Massen unterstützt wurde. Der zweite Abschnitt (1853-1892) leitet seine Eingebung von der erhabenen Gestalt Bahá’u’lláh’s her, der in Seiner Heiligkeit so hervorstechend, in der Erhabenheit Seiner Stärke und Macht so Ehrfurcht gebietend, in der das Irdische übersteigenden Helle Seines Glanzes so unerreichbar ist. Er setzt mit den ersten Regungen der vom Báb vorausgesehenen Offenbarung in der Seele Bahá’u’lláh’s

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während Seines Verweilens im Siyáh-Chál von Teheran, ein, erfährt seine Fülle in der Verkündigung dieser Offenbarung an die Könige und geistlichen Führer der Erde und schliesst mit dem Aufstieg seines Urhebers unfern der Gefangenenstadt ‘Akká. Er erstreckt sich über neununddreissig Jahre anhaltender, beispielloser und überwältigender Offenbarung, hat die Ausbreitung des Glaubens in die Nachbargebiete der Türkei, Russlands, des Irak, Syriens, Aegyptens und Indiens zum Merkmal und zeichnet sich durch ein entsprechendes Anwachsen der Feindseligkeiten ab, wie sie durch die vereinten Angriffe des Schahs von Persien und des Sultans der Türkei, der zwei anerkanntermassen mächtigsten Herrscher des Ostens, wie auch durch die Gegnerschaft der beiden Priesterorden des schiitischen und des sunnitischen Islams dargetan sind. Der dritte Abschnitt (1892-1921) dreht sich um die ihrem Wesen nach verborgene, in ihrer Stufe einzigartige und in dem Reiz und der Stärke ihres Charakters überwältigende, schwingende Persönlichkeit ‘Abdu’l-Bahá’s. Er hat seinen Beginn in der Verkündigung des Bundes Bahá’u’lláh’s, einer Urkunde, die in der Geschichte aller früheren Sendungen keine Entsprechung hat, erreicht seinen Höhepunkt in der nachdrücklichen Bekräftigung des einzigartigen Charakters und der weittragenden Folgerungen dieses Schriftstücks durch den Mittelpunkt eben dieses Bundes in der Stadt des Bündnisses und schliesst mit Seinem Hinscheiden und der Beisetzung Seiner sterblichen Überreste auf dem Berge Karmel ab. Er wird in die Geschichte als eine Zeit von fast dreissig Jahren Dauer eingehen, in welcher sich Tragik und Sieg derartig ineinander verschlingen, dass sie zu einer Zeit die Bahn des Bündnisses verfinstern und dann wieder sein Licht über den europäischen Kontinent und das weitabliegende Australien, den fernen Osten und das nordamerikanische Festland ausgiessen. Die vierte Periode (seit 1921) wird durch die Kräfte motiviert, die vom Willen und Testament ‘Abdu’l-Bahá’s ausstrahlen, jener Charta der neuen Weltordnung Bahá’u’lláh’s, dem Kind der mystischen Verbindung Dessen, der die Quelle des Gesetzes Gottes, mit dem Geist Desjenigen, welcher der Vermittler und Ausleger jenes Gesetzes ist. Der Beginn dieses vierten Abschnitts des ersten Bahá’í-Jahrhunderts fällt zusammen mit der Geburt der formgebenden Periode des Bahá’í-Zeitalters, der Begründung der Administrativen Ordnung des Glaubens Bahá’u’lláh’s, eines Systems, das zugleich Vorläufer, Keimzelle und Muster Seiner Weltordnung ist. Diese Periode, die die ersten dreiundzwanzig Jahre des gestaltenden Zeitalters umfasst, ist bereits durch den Ausbruch weiterer, anders gearteter Feindseligkeiten ausgezeichnet worden, die einerseits die Ausbreitung des Glaubens über ein noch grösseres Gebiet in jedem der fünf Erdteile beschleunigen und anderseits die Herauslösung und Anerkennung der Unabhängigkeit als besondere Gemeinschaften in seinem Bereich ergeben. Diese vier Perioden sind nicht nur als die einzelnen, untrennbaren Teile eines wunderbaren Ganzen, sondern als fortschreitende Stufen einer einzigen weiten, stetigen und unwiderstehlichen Entwickelung anzusehen. Denn indem wir den ganzen Verlauf, den der Fortgang eines ein Jahrhundert alten Glaubens vor uns ausbreitete, überschauen, können wir uns nicht dem Schluss entziehen, dass uns, unter welchem Winkel wir dieses gewaltige Bild auch sehen mögen, die mit diesen Abschnitten verbundenen Ereignisse unmissverständliche Beweise eines allmählichen Reifevorgangs bieten, einer wohlgeordneten Entwickelung, innerer Festigung, äusserer Ausdehnung, einer gradweisen Lösung von den Fesseln religiöser Strenggläubigkeit und einer entsprechenden Verringerung bürgerlicher Rechtsunfähigkeit und Beschränkungen. Betrachten wir diese Abschnitte der Bahá’í-Geschichte als Bestandteile eines einzigen Ganzen, so bemerken wir die Kette von Ereignissen, die erfolgreich die Erscheinung eines Vorläufers, die

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Sendung von einem, dessen Kommen der Vorläufer verheissen hatte, die Errichtung eines durch die unmittelbare Autorität des Verheissenen selbst hervorgebrachten Bundes und schliesslich die Geburt eines Systems als Kind sowohl des Urhebers des Bündnisses als auch Seines erwählten Mittelpunktes künden. Wir sehen, wie der Báb, der Vorläufer, den nahen Anfang einer gottgegebenen Ordnung ansagte, wie Bahá’u’lláh, der Verheissene, ihre Gesetze und Gebote niederlegte, wie ‘Abdu’l-Bahá, der berufene Mittelpunkt, ihre äussere Form entwarf und wie das gegenwärtige Geschlecht Ihrer Nachfolger begonnen hat, das Fachwerk ihrer Einrichtungen aufzuschlagen. 1)

Die Bedeutung von ‘Abdu’l-Bahá’s Willen und Testament.

‘Abdu’l-Bahá, der eine Einrichtung verkörpert, für die wir keinerlei Gegenstück in irgend einem der anerkannten religiösen Weltsysteme finden, kann als Abschluss des Zeitalters, dem er selber angehörte, und zugleich als Eröffner desjenigen, in dem wir heute arbeiten, angesprochen werden. Sein Wille und Testament sollte daher als das dauernde, unzerstörbare Bindeglied betrachtet werden, das der Geist Dessen, der das Geheimnis Gottes ist, empfangen hat, um die Folge der drei die Bestandteile der Bahá’í-Sendung bildenden Zeitalter zu sichern. Die Periode, in der die Saat des Glaubens langsam zu keinem begonnen hatte, ist somit mit derjenigen, die Zeuge seines Aufblühens zu sein hat, wie auch mit dem späteren Zeitalter, in dem diese Saat schliesslich ihre goldenen Früchte tragen wird, eng verflochten. 2) War das Testament Bahá’u’lláh’s einzig und allein durch den unmittelbaren Akt Seines Willens und Zweckes errichtet worden, so mag der Wille und das Testament ‘Abdu’l-Bahá’s demgegenüber als das Ergebnis jener unenträtselbaren inneren Verbindung zwischen Ihm, dem Krafterreger eines gottgegebenen Glaubens, und Dem betrachtet werden, der zu dessen alleinigem Ausleger gesetzt und als sein vollkommenes Beispiel anerkannt worden war. Die vom Ausgangspunkt des Gesetzes Gottes in einem Zeitalter freigegebenen schöpferischen Kräfte haben durch ihr Auftreffen auf den Geist Dessen, der zum nichtirrenden Erklärer auserwählt war, jenes Instrument hervorgebracht, dessen volle Tragweite zu ermessen die gegenwärtige Generation bis jetzt, selbst nach Verlauf von zwanzig Jahren, noch nicht im Stande ist. Dieses Instrument kann, wenn wir es erst richtig abschätzen, ebenso wenig von Dem, der den treibenden Anstoss für seine Erschaffung abgegeben, wie von Dem, der es unmittelbar empfangen hat, getrennt werden. Der Sinn des Urhebers der Bahá’í-Offenbarung hatte … die Seele ‘Abdu’l-Bahá’s so vollständig durchdrungen und Sein Geist hatte dessen Wesen derartig tief geprägt, ihre Ziele und Beweggründe waren so völlig ineinander übergegangen, dass die Ablösung der vom ersten aufgestellten Lehre von der höchsten mit den Aufgaben des letzten verbundenen Tat gleichbedeutend mit einer Ablehnung einer der grundlegendsten Wahrheiten des Glaubens sein würde. Das (die administrative Ordnung des Glaubens Bahá’u’lláh’s) festlegende Schriftstück, die Charta einer künftigen Weltzivilisation, das in einigen seiner Züge als Ergänzung zu keinem geringeren Buch als dem Kitáb-i-Aqdas betrachtet werden mag, das ‘Abdu’l-Bahá selbst unterzeichnet, gesiegelt und ganz mit eigener Hand geschrieben hat und dessen erster Teil während einer der dunkelsten Zeiten seiner Einkerkerung im Festungsgefängnis von ‘Akká aufgezeichnet wurde, verkündet bestimmt und unzweideutig den grundlegenden Glauben der Anhänger des Glaubens Bahá’u’lláh’s, offenbart in nicht misszuverstehender Sprache den doppelten Charakter der Sendung des Báb, enthüllt die volle Stufe des Urhebers der Bahá’í-

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Offenbarung und spricht aus, dass „alle übrigen Diener von Ihm und Seinem Gebote sind”. Es betont die Bedeutung des Kitáb-i-Aqdas, errichtet die Einrichtung der Hüterschaft als erbliches Amt und umreisst deren wesentliche Obliegenheiten, sieht die die Massnahmen für die Wahl des Internationalen Hauses der Gerechtigkeit vor, bestimmt dessen Aufgabenkreis und legt sein Verhältnis zu jenem fest, beschreibt die Pflichten der Hände der Sache Gottes, betont deren Verantwortung und preist die Kraft des von Bahá’u’lláh errichteten unzerstörbaren Bundes. Die Urkunde lobt ferner den Mut und die Beharrlichkeit derer, die zum Bunde Bahá’u’lláh’s stehen, ergeht sich über die erlittenen Leiden seines eingesetzten Mittelpunktes, erinnert an das üble Verhalten Mirzá Yahyá’s und seine Nichtbeachtung der Warnungen durch den Báb, führt in einer Reihe von Anklagen die Niedrigkeit und Auflehnung Mirzá Muhammad-‘Ali’s und die Mitbeteiligung seines Sohnes Shu’a’u’lláh sowie seines Bruders Mirzá Badi’u’lláh aus, bestätigt ihren Ausschluss und sagt die Vereitelung aller ihrer Hoffnungen voraus. Es fordert weiter die Afnánen (die verwandten des Báb), die Hände der Sache Gottes und die Gesamtheit der Anhänger Bahá’u’lláh’s auf, sich vereint zu erheben, um Seinen Glauben voranzutragen, sich weit und breit zu zerstreuen, unermüdlich zu arbeiten und dem heldenhaften Beispiel der Apostel Jesu Christi zu folgen, warnt sie vor den Gefahren der Verbindung mit den Bündnisbrechern, bittet sie, die Sache vor den Angriffen der Unaufrichtigen und Heuchler zu beschützen und rät ihnen an, in ihrer Lebensführung die Universalität des erwählten Glaubens kundzutun und seine hohen Grundsätze zu rechtfertigen. In der gleichen Urkunde zeigt ihr Verfasser die Bedeutung und den Sinn des bereits im Kitáb-i-Aqdas festgelegten Huqúqu’lláh (des „Rechtes Gottes”, einer festgesetzten Geldabgabe, die über den Hüter erfolgt und „für die Verbreitung der Düfte Gottes und die Erhöhung Seines Wortes, für wohltätige Zwecke und für das Allgemeinwohl verwendet werden kann”), befiehlt Er die Unterordnung und Treue gegenüber allen gerechten Herrschern, drückt Er Seine Sehnsucht nach Martertum aus und erhebt Er Sein Gebet für die Reue sowohl als auch für die Vergebung seiner Feinde. 3) Die Quellen der Autorität.

Die administrative Ordnung (des Glaubens Bahá’u’lláh’s) unterscheidet sich insofern grundlegend von allem, was irgendein Prophet vordem eingesetzt hat, als Bahá’u’lláh Selbst ihre Grundlagen geoffenbart, ihre Einrichtungen begründet, die Persönlichkeit, die Sein Wort auszulegen hat, berufen und der Körperschaft, die Seine gesetzgebenden Verordnungen zu ergänzen und anzuwenden bestimmt ist, die erforderliche Autorität verliehen hat. Hierin liegt das Geheimnis ihrer Kraft, ihr grundlegender Unterschied und die Gewähr vor Auflösung und Spaltung. Nirgendwo in den heiligen Schriften irgend eines der religiösen Weltsysteme, selbst nicht in den Schriften des Begründers der Bábi-Sendung, finden wir irgendwelche Vorkehrungen zur Errichtung eines Bündnisses oder für eine Verwaltungsordnung, die sich an Ausmass und Autorität mit denen vergleichen lassen, welche die eigentliche Grundlage der Bahá’í-Sendung bilden … Nur diesem Glauben allein ist es gegenüber allen ihm vorangegangenen Offenbarungen gelungen, durch die in seinen Lehren verkörperten und herausgearbeiteten ausdrücklichen Weisungen, wiederholten Ermahnungen und verbürgten Sicherungen, ein Bauwerk zu errichten, dem sich die verwirrten Anhänger zugrundegerichteter und zerbrochener Glaubensbekenntnisse ruhig nähern und das sie kritisch prüfen mögen, um, ehe es zu spät ist, die unverletzliche Sicherheit seines weltumfassenden Schutzes aufzusuchen.

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Kann es darnach wundernehmen, wenn Er, (‘Abdu’l-Bahá), der durch die Äusserung Seines Willens eine derart weitreichende und einzigartige Ordnung ins Leben rief und der Mittelpunkt eines so mächtigen Bündnisses ist, die folgenden Worte niedergeschrieben hat: „So festgefügt und mächtig ist dieses Bündnis, dass seit Anbeginn der Zeiten bis zum heutigen Tag keine religiöse Sendung etwas gleiches hervorgebracht hat.” „Was auch immer im Innersten dieses heiligen Zyklusses verborgen ruht”, so schrieb Er in den trübsten und gefährlichsten Tagen Seines Wirkens, „wird nach und nach erscheinen und offenkundig werden, denn dies ist erst der Anfang seines Wachstums und der Tagesanbruch der Offenbarung seiner Zeichen.” „Fürchtet euch nicht”, lauten Seine wiederholt versichernden Worte, welche die Verwirklichung der in Seinem Willen niedergelegten Verwaltungsordnung vorausschauen lassen, „fürchtet euch nicht, wenn dieser Zweig von der stofflichen Welt getrennt wird und seine Blätter abwirft. Nein, seine Blätter sollen grünen, denn dieser Zeig wird wachsen, nachdem er von der Welt hier unten abgeschnitten wurde. Er soll die höchsten Gipfel der Herrlichkeit erreichen und Früchte tragen, welche die Welt mit ihrem Wohlgeruch erfüllen werden.” Aus den Tabletten Bahá’u’lláh’s, in denen die Einrichtungen des Internationalen und der örtlichen Häuser der Gerechtigkeit eingehend bezeichnet und förmlich festgelegt sind, aus der Einsetzung der Hände der Sache Gottes, die zuerst durch Bahá’u’lláh, darnach durch ‘Abdu’l-Bahá erfolgte, aus der Errichtung örtlicher und nationaler Räte, die in ihrer frühen Entwickelungsform bereits in den Tagen vor dem Hinscheiden ‘Abdu’l-Bahá’s tätig waren, aus der Autorität, womit sie der Gründer unseres Glaubens und der Mittelpunkt Seines Bündnisses in ihren Tableten auszustatten beliebten, aus der Einrichtung des lokalen Fonds, der nach den von ‘Abdu’l-Bahá an bestimmte Räte in Persien gerichteten besonderen Anweisungen gehandhabt wurde, aus den Versen des Kitáb-i-Aqdas, die in ihrer Ausfolgerung deutlich der Institution des Hütertums vorgreifen, aus der Erklärung, die ‘Abdu’l-Bahá in einem Seiner Tablete für das von den Propheten der Vergangenheit hochgehaltene Erbprinzip und das Gesetz des Erstgeburtsrechts gab, sowie aus dem Nachdruck, den Er darauf legte – aus dem allen können wir bereits den leichten Schimmer und die ersten Andeutungen des Wesens und Wirkens der Verwaltungsordnung erkennen, die dazu ausersehen war, zu einem späteren Zeitpunkt durch den Letzten Willen ‘Abdu’l-Bahá’s verkündet und förmlich eingeführt zu werden. 4)


Übereinstimmung von ‘Abdu’l-Bahá’s Willen und Testament mit dem Kitáb-i-Aqdas.

Ein Studium der Vorkehrungen (des Willens und Testaments ‘Abdu’l-Bahá’s und des Kitáb-i-Aqdas Bahá’u’lláh’s) werden den engen Zusammenhang zwischen ihnen und die durch sie eingeprägte Einheit von Ziel und Weg erkennen lassen. Weit davon entfernt, ihre besonderen Anordnungen als unvereinbar und einander dem Sinn nach widersprechend anzusehen, wird jeder aufrichtig Suchende bereitwillig bekräftigen, dass sie sich nicht nur gegenseitig ergänzen, sondern auch bestätigen und dass sie untrennbare Teile eines einzigen vollständigen Ganzen sind. Ein Vergleich ihres Inhalts mit den übrigen geheiligten Bahá’í-Schriften wird gleichfalls den Beweis ihrer sinn- und schriftgemässen Übereinstimmung mit den als echt erwiesenen Werken und Aussprüchen Bahá’u’lláh’s und ‘Abdu’l-Bahá’s erbringen. Wer den Kitáb-i-Aqdas sorgfältig und mit Fleiss liest, wird in der Tat nicht schwer herausfinden, dass das Heiligste Buch selbst wiederholt die Einrichtungen vorwegnimmt, die ‘Abdu’l-Bahá in seinem Willen angeordnet hat. Es scheint, dass Bahá’u’lláh dadurch, dass Er in Seinem Buch der Gesetze gewisse Angelegenheiten nicht näher um-

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rissen oder geregelt hat, absichtlich eine Lücke im allgemeinen Rahmen der Bahá’í-Sendung offen liess, die durch die nicht misszuverstehenden Anordnungen im Letzen Willen des Meisters ausgefällt ist. Ein Versuch, das eine vom andern zu trennen, oder zu unterstellen, dass die Lehre Bahá’u’lláh’s durch das, was ‘Abdu’l-Bahá in Seinem Letzten Willen offenbart hat, nicht in ihrer Ganzheit und unbedingten Unverdorbenheit gewahrt sei, ist eine unverzeihliche Beschimpfung der unerschütterlichen Treue, die kennzeichnend für das Leben und Werk unseres geliebten Meisters waren. Jeder Anhänger der Heiligen Sache sollte im Auge behalten, dass das Gefüge der Bahá’í-Verwaltungsordnung keine der Bahá’í-Welt seit dem Heimgang des Meisters willkürlich auferlegte Neuerung darstellt, sondern seine Autorität aus dem Willen und Testament ‘Abdu’l-Bahá’s entnimmt, in ungezählten Tableten ausdrücklich beschrieben ist und in einigen seiner wesentlichen Merkmale auf den ausdrücklichen Verfügungen im Kitáb-i-Aqdas ruht. Es vereinigt und verbindet so die von Bahá’u’lláh und ‘Abdu’l-Bahá gesondert niedergelegten Grundsätze und ist unlösbar mit den wesentlichen Glaubenstatsachen verbunden. Eine Abtrennung der administrativen Grundsätze der Heiligen Sache von den rein geistigen und humanitären Lehren käme einer Verstümmelung des Körpers der Sache und einer Trennung gleich, die nur zu einer Auflösung in ihre Bestandteile und zur Auslöschung des Glaubens selber führen würde. Es sollte sorgfältig erinnert werden, dass sowohl die örtlichen Häuser als auch das Internationale Haus der Gerechtigkeit im Kitáb-i-Aqdas ausdrücklich verordnet sind, dass die Einsetzung des Nationalen Geistigen Rates als einer vermittelnden Körperschaft – auf die in des Meisters Willen als dem „Nachgeordneten Haus der Gerechtigkeit” Bezug genommen ist – die ausdrückliche Bestätigung ‘Abdu’l-Bahá’s hat, und dass das für die Wahl des Internationalen und der Nationalen Häuser der Gerechtigkeit zu befolgende Wahlsystem von ihm sowohl in seinem Willen als auch in einer Anzahl seiner Tablete niedergelegt ist. Weiter ist die Einrichtung von örtlichen und nationalen Fonds, die nun notwendige Beifügungen aller örtlichen und Nationalen Geistigen Räte sind, von ‘Abdu’l-Bahá nicht nur in den von Ihm an die Bahá’í im Orient offenbarten Tableten festgelegt, sondern ihre Wichtigkeit und Notwendigkeit wurde von Ihm wiederholt in Seinen Äusserungen und Niederschriften nachdrücklich hervorgehoben. Die Vereinigung der Autorität in den Händen der erwählten Vertreterschaft der Gläubigen, die Notwendigkeit der Unterordnung jedes Anhängers des Glaubens unter das wohlbedachte Urteil der Bahá’í-Räte, seine Bevorzugung der einstimmigen Beschlussfassungen, die ausschlaggebende Natur der Stimmenmehrheit und selbst das Verlangen nach Ausübung einer geschlossenen Aufsicht über alle Bahá’í-Veröffentlichungen wurden von ‘Abdu’l-Bahá, wie seine authentischen und weitverbreiteten Tablete zeigen, unablässig eingeschärft. Seine umfassenden und humanitären Lehren anzunehmen und seine stärkerfordernden und unterscheidenden Gebote in nachlässiger Gleichgültigkeit zu verwerfen und abzulehnen, wäre eine offene Untreue gegenüber dem, was er in seinem Leben am meisten hegte. Dass die Nationalen Geistigen Räte von heute zur gegebenen Zeit durch die Häuser der Gerechtigkeit ersetzt werden und dass sie in jeder Hinsicht einheitliche und nicht getrennte Körperschaften sind, ist in reichem Mass durch ‘Abdu’l-Bahá Selbst bestätigt worden. So hat Er sich auch in einem Tablet an die Mitglieder des ersten Geistigen Rates von Chicago, der ersten gewählten Bahá’í-Körperschaft, die in den Vereinigten Staaten eingesetzt worden ist, als an die Mitglieder des „Hauses der Gerechtigkeit” für diese Stadt gewandt und damit eigenhändig und über jeden Zweifel erhaben die Identität der heutigen Geistigen Räte mit den von Bahá’u’lláh genannten Häusern der Gerechtigkeit bekundet. Aus leicht

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erfindlichen Gründen wurde es für ratsam erachtet, den gewählten Vertretern der Bahá’í-Gemeinschaften in der ganzen Welt die zeitlich beschränkte Benennung Geistige Räte zu geben, ein Ausdruck, der in dem Mass, in dem die Stellung und die Ziele des Bahá’í-Glaubens besser verstanden und voller erkannt werden, allmählich durch die bleibende und angemessenere Bezeichnung als Haus der Gerechtigkeit abgelöst werden wird. Die heutigen Geistigen Räte werden in der Zukunft nicht nur eine andere Benennung tragen, sondern dann auch noch in der Lage sein, zu ihren heutigen Aufgaben die Vollmachten, Pflichten und Vorrechte zu übernehmen, die durch die Anerkennung des Glaubens Bahá’u’lláh’s als nicht nur eines der anerkannten religiösen Systeme der Welt, sondern als die Staatsreligion einer unabhängigen, höchsten Staatsautorität erforderlich sein werden. Und in dem Mass, in dem der Bahá’í-Glaube die Volksmassen in Ost und West durchdringt und seine Wahrheit durch die Mehrheit der Bevölkerung einer Anzahl selbständiger Staaten in der Welt ergriffen wird, wird auch das Haus der Gerechtigkeit die Fülle seiner Macht erreichen und als oberstes Organ der Bahá’í-Weltgemeinschaft alle Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten ausüben, die dem zukünftigen Weltüberstaat obliegen werden. Es muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass … die Errichtung des obersten Hauses der Gerechtigkeit in keiner Weise von der Annahme des Bahá’í-Glaubens durch die Masse der Völker abhängt, noch dass sie seine Annahme durch die Mehrheit der Bevölkerung in irgend einem Land voraussetzt. Tatsache ist, dass ‘Abdu’l-Bahá in einem Seiner frühesten Tablete Selbst die Möglichkeit der Bildung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit zu Seinen eigenen Lebzeiten erwogen hat und mit aller Wahrscheinlichkeit nach die ersten Schritte zu dessen Errichtung unternommen haben würde, hätten nicht die ungünstigen Umstände unter der türkischen Regierung vorgeherrscht. Es ergibt sich daraus, dass, wenn günstige Umstände die Bahá’í Persiens und der angrenzenden Länder unter Sowjetregierung es gestatten werden, ihre nationalen Vertreter gemäss den in den Schriften ‘Abdu’l-Bahá’s niedergelegten Richtlinien zu wählen, das letzte verbleibende Hindernis auf dem Wege zur endgültigen Bildung des Internationalen Hauses der Gerechtigkeit behoben sein wird. Denn den Nationalen Häusern der Gerechtigkeit des Ostens und Westens fällt die Aufgabe zu, in Übereinstimmung mit den ausdrücklichen Verordnungen des Willens die Mitglieder des Internationalen Hauses der Gerechtigkeit unmittelbar zu wählen. Erst wenn sie selber voll die Reihen der Gläubigen in ihrem betreffenden Land vertreten und das Gewicht und die Erfahrungen erlangt haben, deren sie bedürfen, um im organischen Leben der Sache tatkräftig zu wirken, können sie an ihre heilige Aufgabe herantreten und die geistige Grundlage für die Bildung einer so erhabenen Körperschaft in der Bahá’í-Welt schaffen. Jede Gläubige muss auch klar erkennen, dass die Einsetzung des Hütertums die dem Universalen Haus der Gerechtigkeit durch Bahá’u’lláh im Kitáb-i-Aqdas und durch ‘Abdu’l-Bahá wiederholt und nachdrücklich in Seinem letzten Willen verliehene Machtbefugnis unter keinen Umständen aufhebt oder auch nur im geringsten davon abzieht. Es stellt in keiner Weise einen Widerspruch zum Willen und den Schriften Bahá’u’lláh’s dar, noch werden dadurch irgend welche Seiner geoffenbarten Anordnungen nichtig. Es erhöht das Ansehen dieses erhabenen Rates, festigt seine höchste Stellung, gewährleistet seine Einigkeit und den Fortgang seiner Arbeit, ohne sich den geringsten Eingriff in die Unverletzlichkeit des klar umrissenen Bereiches seine Spruchrechts anzumassen … Erst spätere Generationen werden den Wert und die Bedeutung fassen können, die sich mit diesem durch die Hand des Welt-Bildnermeisters für die Vereinheitlichung und den Sieg des weltumfassenden Bahá’í-Glaubens geschaffenen göttlichen Meisterwerk verbindet. Erst die nach uns

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Kommenden werden vermögen, die Wichtigkeit des überraschend starken Nachdrucks zu verstehen, der auf die Einrichtungen des Hauses der Gerechtigkeit und des Hütertums gelegt ist. Sie erst werden die Bedeutung der eindringlichen Sprache ‘Abdu’l-Bahá’s gegenüber den Verletzern des Bündnisses, die sich gegen Ihn erhoben hatten, richtig einschätzen und ihnen allein wird die Eignung der von ‘Abdu’l-Bahá als Ausdruck für die dereinst aus dem Chaos und den Wirren unserer Zeit hervorgehenden Gesellschaft eingeführten Einrichtungen offenkundig werden. 5)

Die Zwillingseinrichtung des Hütertums und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit.

Es soll … hier versucht werden, das Wesen und die Aufgaben der Zwillingspfeiler zu erklären, die diesen mächtigen Verwaltungsbau tragen, d.h. die Einrichtungen des Hütertums und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit … Es muss gliche zu Anfang klar und unzweideutig festgestellt werden, dass diese Zwillingseinrichtungen der Administrativen Ordnung Bahá’u’lláh’s ihrem Ursprung nach als göttlich, ihren Aufgaben nach als unbedingt notwendig und in ihrem Ziel und Zweck als einander ergänzend angesehen werden müssen. Ihre gemeinsame, grundlegende Aufgabe ist die Sicherung der Fortdauer jener göttlich verordneten Autorität, die aus der Quelle unseres Glaubens fliesst, die Wahrung der Einigkeit seiner Anhänger und die Aufrechterhaltung der Unverfälschtheit und Schmiegsamkeit seiner Lehren. In gemeinsamer Zusammenarbeit verwalten diese beiden untrennbaren Einrichtungen die Angelegenheiten des Glaubens, richten sie seine Arbeit aus, fördern sie seine Belange, vollziehen sie seine Gesetze und schützen sie seine Untergliederungen. In ihren Besonderheiten arbeitet jede von ihnen in einem klar abgegrenzten Rechtsbereich; jede ist mit eigenen Hilfseinrichtungen ausgestattet, die der wirksamen Entlastung in Durchführung ihrer besonderen Verantwortlichkeiten und Pflichten dienen. Jede übt innerhalb der ihr gesetzten Grenzen ihre Machtvollkommenheit, Autorität, Rechte und Vorrechte aus, die weder zueinander in Widerspruch stehen, noch im geringsten die Stellung, die jede dieser Einrichtungen einnimmt, schmälern. Weit davon entfernt, miteinander unvereinbar zu sein oder sich gegenseitig zu stören, ergänzen sie in ihrer Autorität und Wirksamkeit einander und sind sie in den Zielen dauernd und grundlegend vereinigt. Losgelöst von der Einrichtung des Hütertums würde die Weltordnung Bahá’u’lláh’s unvollkommen und dauernd des Grundsatzes der Erblichkeit beraubt sein, der, wie ‘Abdu’l-Bahá schreibt, unverändert durch das Gesetz Gottes hochgehalten worden ist. „In allen göttlichen Sendungen”, so erklärt Er in einem an einen Anhänger des Glaubens in Persien gerichteten Tablet, „ist dem ältesten Sohne eine ausserordentliche Auszeichnung zuteil geworden. Sogar die Stufe der Prophetenschaft ist das Recht der Erstgeburt gewesen”. Ohne eine solche Einrichtung würde die Ganzheit des Glaubens gefährdet und der Gang des gesamten Getriebes schwer bedroht sein. Sein Ansehen würde leiden, das erforderliche Mittel zur Ermöglichung einer weiten, ununterbrochenen Sicht über Reihen von Generationen völlig fehlen, und die zur Festlegung des Bereichs der gesetzgeberischen Tätigkeit seiner erwählten Vertreter nötige Führung ihm vollkommen entzogen sein. Getrennt von der nicht minder wesentlichen Einrichtung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit würde diese nämliche Ordnung des Willen ‘Abdu’l-Bahá’s in ihrer Wirksamkeit gehemmt und ausser Stande sein, die Lücken auszufüllen, die der Schöpfer des Kitáb-i-Aqdas mit Bedacht im Gefüge Seiner Gesetzes- und Verwaltungs-An-

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ordnungen gelassen hat. „Er ist der Ausleger des Wortes Gottes”, erklärt ‘Abdu’l-Bahá bezüglich der Aufgaben des Hüters des Glaubens, wobei Er in Seinem Letzen Willen genau den selben Ausdruck anwendet, den Er bei der Zurückweisung der Anfechtungsbegründung durch die Bündnisbrecher wählte, die sein Recht zur Auslegung der Äusserungen Bahá’u’lláh’s bestritten hatten. „Ihm wird”, fügt Er hinzu, „der Erstgeborene seiner unmittelbaren Abkömmlinge folgen”. „Die mächtigste Feste”, erklärt Er weiter, „wird durch den Gehorsam gegen ihn, der der Hüter der Sache Gottes ist, uneinnehmbar und sicher bleiben.” „Die Mitglieder des Hauses der Gerechtigkeit, alle Aghsán, die Afnán und die Hände der Sache Gottes sind verpflichtete, dem Hüter der Sache Gottes ihren Gehorsam, ihre Ergebenheit und Unterordnung zu erzeigen.” „Es ist den Mitgliedern des Hauses der Gerechtigkeit zur Pflicht gemacht”, erklärt Bahá’u’lláh andrerseits auf dem achten Blatt des „Erhabenen Paradieses”, „über diejenigen Fragen untereinander zu beraten, die nicht ausdrücklich im Buche offenbart sind, und durchzuführen, was sie für angebracht erachten. Gott wird ihnen wahrlich eingeben, was immer Er will, und Er ist wahrlich der Versorger, der Allwissende”. „Nach dem heiligsten Buch (dem Kitáb-i-Aqdas)”, erklärt ‘Abdu’l-Bahá in seinem willen, „muss sich jeder richten, und alles, was nicht ausdrücklich darin erwähnt ist, muss an das Universale Haus der Gerechtigkeit überwiesen werden. Was durch diese Körperschaft einstimmig oder durch Stimmenmehrheit angenommen wird, ist in der Tat die Wahrheit und Gottes Absicht. Wer davon abweicht, gehört fürwahr zu denen, die Zwietracht lieben, sich böswillig gezeigt und von dem Herrn des Bundes abgewendet haben”. ‘Abdu’l-Bahá bestätigt in seinem Willen nicht nur die oben erwähnte Erklärung Bahá’u’lláh’s, sondern Er belehnt diese Körperschaft auch mit dem weiteren Recht und der Vollmacht, ihre Verordnungen sowohl als auch solche eines vorangegangenen Hauses der Gerechtigkeit ja nach den Zeiterfordernissen aufzuheben. „Wie das Haus der Gerechtigkeit”, so heisst es ausdrücklich in Seinem Willen, „die Macht besitzt, Gesetze zu verfügen, die nicht ausdrücklich im Buch enthalten sind und zeitlichen Erfordernissen entspringen, so hat es auch die Befugnis, sie zu widerrufen … Es kann dies tun, weil diese Gesetze keinen Teil des ausdrücklichen göttlichen Textes bilden”. Hinsichtlich beider, des Hüters und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, lesen wir folgende eindringliche Worte: „Der heilige und jugendliche Zweig, der Hüter des Sache Gottes, sowie das Universale Haus der Gerechtigkeit, das universal zu wählen und einzusetzen ist, stehen beide unter dem Schutz und Schirm der Abhá-Schönheit, unter der Obhut und unfehlbaren Führung des Erhabenen (des Báb) – möge mein Leben für beide geopfert werden. Was immer sie bestimmen, ist von Gott.” Aus diesen Darlegungen wird unzweifelhaft klar und deutlich, dass der Hüter des Glaubens zum Ausleger des Wortes gemacht und das Universale Haus der Gerechtigkeit mit der Aufgabe der Gesetzgebung in den Fragen eingesetzt worden ist, die nicht ausdrücklich in den Lehren offenbart sind. Die Auslegung durch den Hüter ist innerhalb seine Bereiches ebenso autoritativ und bindend wie die Erlasse des Internationalen Hauses der Gerechtigkeit, dessen ausschliessliches Recht und Vorrecht es ist, über solche Gesetze und Verordnungen zu befinden und letztgültig zu entscheiden, die Bahá’u’lláh nicht ausdrücklich offenbart hat. Keiner von beiden kann und wird je in das geweihte und festgelegte Gebiet des andern übergreifen, keiner von ihnen versuchen, die besondere und unbestrittene Autorität zu schmälern, mit der beide von Gott her ausgestattet wurden. Obwohl der Hüter des Glaubens zum ständigen Haupt einer so erhabenen Körperschaft gemacht worden ist, kann er doch nie, und wäre

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es nur vorübergehend, das Recht ausschliesslicher Gesetzgebung beanspruchen. Er kann die Entscheidung der Mehrheit seiner Mitglieder nicht umstossen, ist jedoch verpflichtet, auf eine nochmalige Behandlung durch sie in jedem Falle zu bestehen, der nach seinem Gewissen dem Sinn der durch Bahá’u’lláh geoffenbarten Äusserungen widerspricht und von deren Geist abweicht. Er legt aus, was ausdrücklich offenbart worden ist, und kann nicht gesetzgeberisch tätig sein, es sei denn in seiner Eigenschaft als Mitglied des Universalen Hauses der Gerechtigkeit. Es ist ihm verwehrt, allein die Verfassung zu schaffen, welche die geordnete Tätigkeit seiner Mitglieder leiten muss, oder seinen Einfluss in einer Weise auszuüben, durch welche die Freiheit derjenigen beeinträchtigt werden könnte, die als geheiligtes Recht den Kreis seiner Mitarbeiter wählen. Es sollte nicht vergessen werden, dass ‘Abdu’l-Bahá die Einrichtung des Hütertums bereits in einer Andeutung vorweggenommen hat, die Er, lang vor Seinem eigenen Heimgang, in einem Tablet an drei Seiner Freunde in Persien machte. Auf ihre Frage, ob irgend jemand da sei, an den sich alle Bahá’í nach Seinem Tod zu wenden hätten, gab Er folgende Antwort: „Was eure an mich gerichtete Frage anbelangt, so wisst fürwahr, dass die Antwort darauf ein wohlbehütetes Geheimnis ist. Es ist wie die Perle, die verborgen in der Muschel ruht. Dass es enthüllt werden soll, ist vorgesehen. Die Zeit wird kommen, da sein Licht erscheint, seine Zeichen kundgetan und seine Geheimnisse enträtselt werden”. … Wie erhaben die Stellung und wie wesentlich die Aufgabe der Einrichtung des Hütertums in der Verwaltungsordnung Bahá’u’lláh’s auch sein mag, wie überwältigend das Gewicht der von ihr getragenen Verantwortung immer bleiben muss, so darf doch seine Wichtigkeit, gleichviel wie die Sprache des Letzten Willens ist, durchaus nicht überbetont werden. Der Hüter des Glaubens darf unter keinen Umständen und wie gross auch seine Verdienste oder Taten seien, zu einem Rang erhoben werden, der ihn mit ‘Abdu’l-Bahá an jener einzigartigen Stellung teilhaben lässt, die der Mittelpunkt des Bundes einnimmt, und noch viel weniger zu der auschliesslich der Manifestation Gottes vorbehaltenen Stufe. Ein so schweres Abweichen von den feststehenden Grundsätzen unseres Glaubens würde nicht weniger als offenbare Gotteslästerung bedeuten, … wie gross auch der Abstand sein mag, der Ihn (‘Abdu’l-Bahá) von dem Urheber einer göttlichen Offenbarung trennt, so lässt sich dieser Abstand doch niemals mit demjenigen vergleichen, der zwischen Ihm, dem Mittelpunkt des Bundes Bahá’u’lláh’s, und Seinen auserwählten Werkzeugen, den Hütern, ist. Es liegt ein weit, weit grösserer Abstand zwischen dem Hüter und dem Mittelpunkt des Bundes, als er zwischen dem Mittelpunkt des Bundes und seinem Urheber besteht. Kein Hüter des Glaubens … kann je beanspruchen, dass er das vollkommene Beispiel der Lehren Bahá’u’lláh’s oder den fleckenlosen Spiegel darstellt, der Sein Licht zurückstrahlt. Obzwar er durch den unfehlbaren, nie irrenden Schutz Bahá’u’lláh’s und des Báb beschirmt wird und in so hohem Masse mit ‘Abdu’l-Bahá Recht und Pflicht, die Bahá’í-Lehren auszulegen, teilen mag, so bleibt er im Wesen dennoch Mensch und kann er, wenn er das ihm übertragene Treuamt wahren will, unter keinerlei Vorwand für sich die Rechte und Vorrechte in Anspruch nehmen, die Bahá’u’lláh Seinem Sohne zu verleihen beliebt hat. Zum Hüter des Glaubens zu beten, ihn als Herr und Meister anzureden, als „Seine Heiligkeit” zu bezeichnen, seinen Segen zu suchen, seinen Geburtstag zu feiern oder irgend ein Ereignis, das mit seinem Leben verknüpft ist, festlich zu begehen, würde im Lichte dieser Wahrheit gleichbedeutend mit einem Abgehen von den in unserem geliebten Glauben verankerten festgesetzten Wahrheiten. Die Tatsache, dass der Hüter mit der zur Sinnfindung und Ausfolgerung der Worte Bahá’u’lláh’s und ‘Abdu’l-Bahá’s erforderlichen besonderen Kraft begabt worden ist, braucht ihm

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nicht notwendig eine gleiche Stufe mit denen einzuräumen, deren Worte auszulegen er berufen ist. Er kann dieses Recht ausüben und dieser Verpflichtung nachkommen und doch gegenüber beiden im Rang unendlich viel niedriger und wesentlich von ihnen verschieden sein. Die Unverletzlichkeit dieses Hauptgrundsatzes unseres Glaubens muss durch die Worte und Taten seine gegenwärtigen Hüters wie auch der kommenden reich bezeugt werden. Sie müssen in Führung und Beispiel seine Wahrheit unerschütterlich festbegründet aufrichten und kommenden Geschlechtern unanfechtbare Beweise seiner Echtheit übermitteln. 6)


Haupttriebkraft zum „Größten Frieden”.

Wie bedeutsam der Ursprung dieses mächtigen Verwaltungsbaues und wie einzigartig seine Merkmale auch sein mögen, so erscheinen doch die Ereignisse, die gleichsam sein Entstehen angekündigt und den ersten Abschnitt seiner Entwickelung ausgezeichnet haben, nicht weniger bemerkenswert. Wie auffallend, wie lehrreich ist der Gegensatz zwischen dem Vorgang allmählicher und stetiger Befestigung, der das Wachstum seiner jungen Kraft bezeichnet, und dem verheerenden Ansturm der auflösenden Mächte, welche die veralteten religiösen und weltlichen Einrichtungen der heutigen Gesellschaft überrennen! Die Lebenskraft, welche die organischen Einrichtungen dieser grossen sich ständig ausbreitenden Ordnung in so hohem Masse zeigen, die Hindernisse, die bereits durch den hohen Mut und die kühne Entschlossenheit ihrer Sachwalter überwunden worden sind, das Feuer einer mit unverminderter Glut in den Herzen ihrer reisenden Lehrer glühenden und unauslöschbaren Begeisterung, die Höhe der Selbstaufopferung, die ihre Vorkämpfer erreichen, die Weite des Blicks, die zuversichtliche Hoffnung, die schöpferische Freude, der innere Friede, die unbestechliche Lauterkeit, die vorbildliche Selbstzucht, die unauflösliche Einigkeit und Einmütigkeit, die ihre mutigen Verfechter an den Tag legen, der Grad, in dem ihr beweglicher Geist sich fähig erwiesen hat, die vermannigfachten Elemente ihres Bereiches anzugleichen, sie von jeglicher Art von Vorurteil zu reinigen und in ihre eigene Gliederung einzufügen, dies sind Beweise einer Kraft, die zu übergehen sich eine enttäuschte und überaus erschütterte Gesellschaft schwerlich leisten kann … Die Entstehung und Errichtung dieser Administrativen Ordnung, der Schale, die eine solche Kostbarkeit birgt und hütet, bezeichnet die Wende dieses zweiten, gestaltenden Abschnitts des Bahá’í-Zeitalters. Er wird in dem Masse, in dem er vor unserem Blick zurücktritt, mehr und mehr als die Haupttriebkraft angesehen werden, welche die Macht hat, die letzte Phase, die Erfüllung dieser erhabenen Sendung, einzuleiten. Lasst niemanden, solange dieses System sich noch im Kindesalter befindet, dessen Charakter missverstehen, seine Bedeutung verkleinern oder seinen Zweck entstellen. Der Felsen, auf dem diese administrative Ordnung gründet, ist Gottes unwandelbarer Plan für die Menschheit dieses Tages, die Quelle ihrer Eingebung keine geringere als Bahá’u’lláh Selbst, ihr Schild und Schirm die Menge der Heerscharen des Abhá-Reiches, ihre Saat das Blut von nicht weniger als zwanzigtausend Märtyrern, die ihr Leben opferten, dass sie geboren werde und gedeihe. Die Achse, um die ihre Einrichtungen sich bewegen, sind die beglaubigten Anordnungen des Willens und Testaments ‘Abdu’l-Bahá’s, ihre Leitsätze die Wahrheiten, die Er, der unfehlbare Ausleger der Lehren unseres Glaubens, so deutlich in Seinen öffentlichen Ansprachen im Abendland verkündet hat. Die Gesetze, die ihre Durchführung beherrschen und ihren Wirkungskreis umreissen, sind diejenigen, die ausdrücklich im Kitáb-i-Aqdas verordnet wurden. Die Stätte, um die sich ihre geistigen, menschendienlichen und verwaltungsmässigen Unternehmungen sammeln werden, ist der Mashri-

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qu’l-Adhkár mit seinen zusätzlichen Einrichtungen. Die ihre Autorität tragenden und ihr Gefüge stützenden Säulen sind die Zwillingseinrichtungen des Hütertums und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit. Das sie anfeuernde Hauptziel ist die Errichtung der von Bahá’u’lláh umrissenen neuen Weltordnung. Die von ihr angewendete Methode und die durch sie gegebene Richtschnur neigen weder zum Osten noch zum Westen, weder zum Juden noch zum Heiden, weder zum Reichen noch zum Armen, weder zum Weissen noch zum Farbigen. Ihre Losung ist die Vereinigung des ganzen Menschengeschlechtes, ihr Banner der „Grösste Friede”, ihre Erfüllung der Anbruch jenes goldenen Jahrtausends, des Tages, da die Reiche dieser Welt zum reiche Gottes Selbst geworden sein werden, dass das Reich Bahá’u’lláh’s ist. 7)


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Inhaltsübersicht:

Stufen einer fortschreitenden Entwickelung Seite 1-3 Die Bedeutung von ‘Abdu’l-Bahá’s Willen und Testament Seite 3-4 Die Quellen der Autorität Seite 4-5 Übereinstimmung von ‘Abdu’l-Bahá’s Willen und Testament mit dem Kitáb-i-Aqdas Seite 5-8 Die Zwillingseinrichtungen des Hütertums und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit Seite 5-8 Haupttriebkraft zum „Grössten Frieden” Seite 11-12